Wort. Seine Rede lautet nach der Post: Ich kann mich den Ausführungen, welche der Abg. Rembold gemacht hat. nur anschließen. Meinen Standpunkt zu der Vorlage habe ich bereits früher dargelegt, und wenn ich heute das Wort ergreife, so geschieht es nur. um mich gegen einen persönlichen Angriff zu verteidigen, welchen der Abq. Dietz (Soz.) bei der Beratung des Weinsteuergesetzes gegen mich gerichtet hat. Der Abg. Dietz hat einen Satz, den ich bei der 1. Lesung des vorliegenden Gesetzes ausgesprochen habe, aus dem Zusammenhang meiner Rede ge­rissen und Bemerkungen daran geknüpft. die einen persönlich beleidigenden Charakter trugen. Dietz bezeichnet cs als eine merkwürdige Redens­art. welche der Vergessenheit entrissen werden müsse, daß ich mich dahin geäußert, die Land­wirtschaft werde von dem vorliegenden Gesetz­entwurf eine Schädigung erfahren, weil ihr durch denselben noch mehr Arbeitskräfte entzogen werden würden; die jungen Leute würden aus ihrer ländlichen Heimat in die Städte ziehen und deren Verlockungen unterliegen. Er sagte mit Bezug darauf, man entblöde sich nicht, die Arbeiter in den Städten zu beschimpfen und ihnen vorzuwerfen, daß sie ein lockeres Leben führen. Aus meinen Worten ist Derartiges doch nicht herauszulesen. (Sehr richtig rechts). Man sollte sich doch hüten, eine solche Behaupt­ung aufzustellen, um so mehr, als von jener Seile Beschimpfungen der ländlichen Bevölker­ung ausgegangen sind, welche von schwerster Art sind. In dem sozialdem. Zentralblatt wird der Bauer als ein roher, gefühlloser und vertierter Mensch geschildert, bei dem die Selbst­sucht alle anderen Triebe überwuchere. Etwas anderes als tierische Liebe komme beim Bauer gar nicht vor, heißt es in diesem sozaldem. Organ; der Grundbesitz gelte dem Bauer mehr als seine Familie, und wenn sein Sohn Soldat werden müsse, so bedauere er das hauptsächlich darum, weil er dann einen Knecht bezahlen müsse. In der sozialdem.Schwäb. Tagwacht" Nr. 214 vom Jahre 1891 stand zu lesen, man prämiiere jetzt nicht nur Rinder und Pferde, Hunde und Katzen, sondern auch die Dienstboten. Warum auch nicht, da von dem Dienstboten doch die Treue des Hundes und die Reinlichkeit der Katze verlangt wird?" (Allgemeine Pfui­rufe rechts.) Das ist doch eine Beschimpfung der ländlichen Bevölkernng, wie sie schlimmer nicht gedacht werden kann. Ich meine, wer in einem Glashause sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Der Zweck meiner Ausführungen war, gegen die Kampfesweise zu protestieren, wie sie von sozialdem. Seite beliebt wird. (Bravo rechts.)

Stuttgart, 5. Febr. Dem Stadtpolizei- amt wurde heute Vormittag der vielfach mit dem bei Neckarrems Ermordeten für identisch gehaltene Schwinghammer als unterstandslos eingeliefert.

Stuttgart, 6. Febr. Die gegenwärtig einer starken Durchforstung unterzogene Planie ist eine Anlage von Herzog Ludwig Eugen (179395). Der Platz wurde durch den da­maligen Hofgärtner Leilner mit Kastaniendäumen bepflanzt. Herzog Ludwig Eugen hat bekannt­lich auch die Hohe Karlsschule 1794 aufgehoben. Er lebte längere Zeit in stiller Zurückgezogen­heit in Bönnigheim. Letzten Samstag starb hier eine der ältesten Einwohnerinnen Stuttgarts, die 90jährige Frln. Baumeister, Schwester des vormaligen Professors in Hohenheim und In­haberin des Olgaordens. Sie hatte nicht weniger als 54 Jahre in dem gleichen Hause Wilhelms- Platz Nr. 8 gewohnt.

Stuttgart, 3. Febr. Gestern abend hielt Herr Lieutenant W. Werther (Sohn des früheren Hostheater-Jntendanten Werther in Stuttgart) im Württemberg. Verein für Handelsgeographie seinen angekündigten Vortrag über:Der Süd­osten des Viktoria Nyansa u. die Insel Ukerewe." Redner schilderte in fließendem Vortrag seine Erlebnisse während seines Aufenthalts in der Gegend des Viktoria Nyansa und auf seinem Zug von dem See durch das Innere Afrikas auf unbekannten Wegen nach Bagamoyo. Der Ertragende hegt bezüglich der Zukunft Deulsch- Ostafrikas große Hoffnungen und teilte mit, daß

die Fruchtbarkeit im Innern namentlich an den Flüssen und Gebirgsthälern ganz enorm sei. Auf der im Viktoria Nyansa sich befindlichen Insel Ukerewe, welche Redner besuchte, residieren 2 Sultane, die Bewohner derselben sind große intelligente Leute, die Bewohnerinnen von schöner Gestalt und Form und graziösem Auf­treten. Der nicht angebaute Teil der Insel ist dicht bewaldet. Dieselbe ist die größte bekannte Insel des Sees, welcher noch nie vollständig durchquert wurde. Auf Ukerewe befinde sich auch eine Zweigniederlassung des deutschen Anti- sklaverei-Komitcs. Gegen die Missionare ver­halten sich die Bewohner ziemlich ablehnend. Von außerordentlichem Interesse war die Be­schreibung des Zugs vom Viktoria Nyansa nach Bagamoyo, welcher unter den mannigfachsten Abenteuern und Kämpfen mit den Eingeborenen durch Steppen und Urwälder, über Gebirge und Flüsse erfolgen mußte. Im Anschluß an seinen Vortrag führte Redner noch eine Reihe von seine Mitteilungen illustrierenden Lichtbildern vor, auch waren Photographien, sowie Waffen und Kleidungsstücke der Eingeborenen im Saale ausgestellt. Das sehr zahlreich anwesende Pub­likum spendete dem Redner reichen Beifvll.

Crailsheim, 31. Jan. Der Stadtfeier­tag, das sogenannte Haraffenscst, Erinnerungs­feier an die vor über 500 Jahren stattgefundene Belagerung Crailsheims durch drei benachbarte Reichsstädte, wurde heute wieder in herkömlicher Weise gefeiert mit Zapfenstreich, Tagwache. Fest­zug in die St. Johanniskirche und Festgottes­dienst; nach Schluß desselben Verteilung des NationalaebäcksHaraffen" an die Schuljugend.

Stuttgart. (Landesproduktenbörse. Bericht vom 5. Februar von dem Vorstand Fritz Kreglinger.) Aus allen Ländern lauten die Nachrichten über den Stand der Saaten gleich günstig. Niederschläge in größerer Menge wären sehr wünschenswert, da es über­all an Winterfeuchtigkeit fehlt. In der abgelaufenen Woche hat sich am Getreideweltmarkte nichts geändert, die Stimmung war und bleibt flau. Frankreich will den Getreidezoll auf 8 Fr. erhöhen. Auch an den süddeutschen Märkten hat sich die Lage nicht gebessert. Die Börse ist schlecht besucht. Geschäft ohne Bedeutung Wir notieren per 100 Kilogramm: Weizen, rumän. 17 La Plata 16 50 bayr. 15 80

fränk. 15^ 75 Land 16-/L 25^), Kernen 16 Gerste, sränk. 18

Ausland.

Wien, 6. Febr. Der Wiener Professor Theodor Billroth ist heute Nacht in Abbazia an Herzschlag gestorben. Billroth, bekanntlich einer der hervorragendsten Chirurgen, ist 1829 auf Rügen geboren.

In der französischen Deputiertenkammer war von dem Abgeordneten Lockroy eine Inter­pellation über die von ihm behaupteten schweren Schäden in der Kriegsmarine Frankreichs und über die Unzulänglichkeit der Küstenverteidigung des Landes im Kriegsfälle eingebracht worden. In der Donnerstagssitzung der Kammer wies nun der Marineminister Lefovre diese Angriffe in allen ihren Punkten entschieden zurück, nament­lich betonend, daß zur Küstenverleidigung weit über 200000 Mann zur Verfügung stünden; das Haus spendete den vom patriotischen Tone durchwehten Darlegungen des Ministers lebhaf­ten Beifall. Als dann Lockroy die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission beantragte, widersprach dem der Ministerpräsident Casimir Pürier entschieden, wobei er hervorhob, daß das Kabinet für diese Marine-Angelegen­heiten bereits eine außerparlamentarische Kom­mission ernannt habe; auch dem Kabinetschef wurde lebhafter Beifall , zu Teil. Hierauf ge­nehmigte die Kammer eine Vertrauen zur Re­gierung aussprechende Tagesordnung mit 356 gegen 160 Stimmen. Das Ministerium Casimir- Poricr kann also einen neuen beachtenswerten Erfolg verzeichnen. Die Debatten über die Zustände in der Kriegsmarine Frankreichs haben aber auch noch ein sensationelles Nachspiel ge­zeitigt. Der Admiral Gervais, der Held von Kronstadt, hatte in der am 2. Februar stattge- fundenen Sitzung des außerparlamentarischen Marine-Ausschusses die radikalen Abgeordneten Lockroy und Guyeffe wegen ihrer abfälligen Aeußerungen über die französische Flotte be- j leidigt. Infolgedessen ist vom Ministerrate be­

schlossen worden, über Admiral Gervais eine strenge Disziplinarstrafe zu verhängen, was aber den Admiral veranlaßte, dem Marineminister Lesevre seine Zeugen zu schicken. Der Pariser Telegraph meldet noch nichts darüber, ob Lefevre die Herausforderung des sich offenbar gekränkt fühlenden Helden von Kronstadt angenommen hat, jedenfalls wäre ein Duell zwischen dem französischen Marineminister und einer der aktiven Admiräle Frankreichskn-clo-siede!"

Paris, 5. Febr. Die Hinrichtung Vaillants ist, wie wir schon meldeten, heute Morgen 7'i» Uhr erfolgt. Vaillaut wurde genau 15 Min. vor der Exekution aus tiefem Schlafe geweckt; er war sehr gefaßt und fiel bis zum letzten Augenblicke nicht aus der Rolle des anarchistischen Apostels und Weltverbessers. Seine letzten Worte auf dem Schaffst waren: Tod der bürgerlichen Gesellschaft. - Es lebe die Anarchie.

Sofia, 6. Febr. Die Brüder Iwanow haben an Fürst Ferdinand ein Gnadengesuch gerichtet, worin sie erklären, den Attentatsversuch ernstlich zu bereuen. Der Fürst möge sie be­gnadigen, damit sie beweisen können, daß sie auch bulgarische Patrioten sein können.

Das Gerücht, König Alexander von Serbien wolle wegen der sich häufenden Schwierigkeiten seiner Regierung abdanken und würde alsdann Milan die Regentschaft führen, tritt immer wieder auf. Vermutlich hat man es hierbei mit einer bloßen Combination zu thun, offenbar ist aber die Lage in Serbien fortgesetzt eine ernste, wenn auch die Radikalen vorläufig noch Ruhe halten. Die Sprache in den tonangebenden radikalen Blättern gegen die Regierung wie gegen Milan ist eine äußerst drohende, offenbar werden die Radikalen nur durch die Erkenntnis, daß sie nicht auf die Armee zählen können, von der Inszenierung eines Pulsches zurückgehalten.

Die brasilianischen Regierungstruppen sind von den Insurgenten bei Curitiba, der Hauptstadt des Staates Parana, geschlagen worden. Der Jnsurgentenadmiral de Mello soll eine Abteilung von 1000 Mann nach einem Platze südwestlich von Curitiba entsandt haben; es ist noch unbekannt, was de Mello mit diesem Borstoße bezweckt.

In Chile haben die Anhänger des ge­fallenen Diktators Balmaceda einen Putsch ver­sucht. Ehemalige Offiziere Balmaeedas griffen die Artillerie-Kaserne in der Hauptstadt Santiago an, wurden jedoch zurückgeschlagen. 5 Personen wurden hierbei getötet; die Regierung ließ zahl­reiche Verhaftungen vornehmen. Nähere Nach­richten über den Vorgang fehlen noch, es läßt sich daher auch noch nicht beurteilen, ob er viel­leicht eine größere Bedeutung besitzt.

Telegramme an den Enzthäler.

Berlin, 7. Febr. Gestern abend fand im Kgl. Schlosse ein Fastnachtsball statt, dem auch der Kronprinz von Schweden beiwohnte.

Berlin, 6. Febr. Wie zuverlässig ver­lautet, ist in vergangener Nacht die Zustimm­ung Rußlands zu einer zehnjährigen Dauer des neuen deutsch-russischen Handelsvertrages ejngetroffen.

Die Morgenblätter melden aus Köln: Am Samstag fuhr in Folge Zerreißens des Taues der Fesselballon der Militärluftjchiffer- Abteilung fort. Im Beobachtungskorb be­fanden sich ein Offizier u. 2 Mann. Nachrichten über den Verbleib derselben fehlen bisher.

Stuttgart, 7. Febr. Der Landtag dürfte anfangs März, man spricht vom 6., er­öffnet werden.

Stuttgart, 7. Febr. K. Hoftheater. Charley's Tante, der tolle Schwank, hatte bei seiner gestrigen Erstaufführung einen großen Lacherfolg.

Pest, 7. Febr. Der Bericht des Justiz- Ausschusses über den Entwurf des Ehereform- Gesetzes fand gestern im Abgcordnelenhause großen Beifall.