Dieselbe war mumienartig verändert und durch Aies und Sand vollständig inkrustiert.
Karlsruhe. 2. Febr. Auf Anfang März ist ein zweimaliges Gastspiel von Emil Götze in Aussicht genommen; der Künstler soll auch wieder den Evangelisten in der Matthäuspassion singen.
Württemberg.
Der württembergische Landtag wird, so viel wir hören, auf Anfang März einberufen werden, um zunächst die Gesetzesvorlagen über die Entlaßbarkeit unverschuldet dienstunfähig gewordener Korporalionsbeamter und über die Pensionierung derselben in Behandlung zu nehmen. Die Berichterstattung über die Kommisionsberatungen hat nach dem Tode Ebners der Abgeordnete für Nagold, v. Luz, übernommen Während der Beratung dieser Entwürfe soll der Kammer eine Vorlage über Verfassungsrevision und eine Notstandsvorlage zugehen, die nach der Osterpause zur Beratung und Erledigung gelangen würden.
Der Schwäb. Merk, erhält „Vom Lande" eine Zuschrift, welche über den neuen Post- taris berechtigte Klage führt und welche wir daher wiedergeben wollen: Der neue Posttarif hat schon viel von sich reden gemacht, auch in diesen Blättern. Ein Punkt aber ist unseres Wissens noch nicht berührt worden, und doch betrifft er die bedauerlichste Folge der unbeliebten Neuerung. Durch die Erhöhung der Brieftaxe für einen Brief von 16—250 Ar auf 10 L statt bisher 5. und des Packetportos auf 25 ^ für 1 Packet von über 1 Kilo Gewicht (statt 15 4 Z) im Bezirksverkehr ist ganz besonders hart betroffen worden eine Reihe gemeinnütziger, teils obrigkeitlich angeordneter, teils frei stehender Einrichtungen. Genossenschaften und ihrer meist armen Kassen. Da sind z. B. die Lesegesellschaften der Lehrer und Geistlichen, die behördlich angeordnet sind und keine Portofreiheit genießen. Durch Erhöhung des Portos sind deren Kassen, die hauptsächlich durch die Beiträge der zur Lcsegesellschaft Verpflichteten gespeist werden, hart angelegt worden; die Sendungen müssen nunmehr höher frankiert werden. Die Post duldet nicht, daß sie als Drucksachen versendet werden, wegen der beigegebenen unentbehrlichen Laufzettel. Aus den Kassen kann nun um so weniger Material zur Fortbildung angeschafft werden und der einzelne Lehrer, der die Sendung weiter zu schicken hat, ist härter noch als bisher schon, wo er das Porto allerdings auch zu tragen hatte, angelegt! Dann aber sind durch den Portoaufschlag hart betroffen eine Reihe wohlthätiger Einrichtungen, wie Krankenkassen, Wohlthätigkeits-, Kinderrettungsvereine, sowie die Vereine zur Hebung der Landwirtschaft und der verschiedenen Zweige derselben; diese Kassen sind meist ohnehin sehr dürftig bestellt und stark in Anspruch genommen. Da nun ge. wohnlich den Schreibereien solcher Vereine rc. außer den Bittgesuchen u. Verwilligungsdekreten Zeugnisse, Belege angeschlossen sein müssen, so erhöht sich für dieselben der Posten des Porto ums Doppelte. Was hiefür mehr ausgegeben werden muß, muß an den Vereinsbewilligungen, Unterstützungen u. s. w. abgebrochen werden, da es nicht angehen wird, die Beiträge und Einnahmen auf andere Weise in die Höhe zu schrauben. Darin liegt die Härte der Neuerung.
Stuttgart. Dem am 2. Februar versammelten Eisenbahnbeirat wurde vom Präsidenten der würltembergischen Eisenbahnverwaltung bezüglich der Daimlermotorwagen, welche man bekanntlich in Oberschwaben einer Probe unterworfen hat, die Mitteilung gemacht, daß sich dieselben bewährt haben, so daß daran gedacht werden könne, dieselben in weitere Verwendung zu nehmen.
Stuttgart,^27. Jan. Gestern Abend hielt Hr. Dr. O. Seebaß im Würltembergischen Verein für Handels-Geographie einen Vortrag über den „deutschen venetianischen Handelsverkehr E Mittelalter." In höchst interessanter Weise schildert der Vortragende das Aufblühen der Stadt Venedig, die sich im Mittelalter in Folge
Hmneigung ihrer Bewohner zur Schiffahrt und Handel zur ersten Handelsstadt und Be
herrscherin der Meere erhob. Durch die Kreuzzüge inssondere, an denen sich auch Venedig beteiligte, nahm die Stadt bezw. die venetianische Republik einen ganz besonderen Aufschwung. Während anfangs Pisa und Genua mit Venedig als Handelsstadt wetteiferten, blieb doch der letzteren zu Anfang des 13. Jahrhunderts die Vorherrschaft. Die Waaren, die die Venetianer von Aegypten und andern überrseeischen Ländern bezogen, setzten sie hauptsächlich im römischen Reich deutscher Nation ab und es entspann sich zu jener Zeit ein äußerst lebhafter Handelsverkehr der Oesterreicher, Schwaben, Bayern u. s. w. mit Venedig. Insbesondere die Städte Regensburg, Augsburg. Nürnberg und Ulm hatten sehr lebhaften Anteil an diesem Verkehr, namentlich auch die Kaufhäuser Fugger und Welser. In jener Zeit sagte man. Nürnberg sei von Nichts zu Reichtürmern gelangt, durch Venedig, andererseits konnten die deutschen Kaufleute auch sagen, es wäre traurig in Venedig bestellt, wenn die deutschen Kaufleute nicht wären. Die Venezianer bauten und unterhielten in jener Zeit ein eigens für die deutschen bestimmtes Lager». Kauf- und Wohnhaus — Fon- daco dei Tedeschi — genannt, das erst Anfangs dieses Jahrhunderts als solches aufgehoben wurde. Durch diesen Handelsverkehr wurde viel zur Kulturentwicklung und Kunst und Wissenschaft in unserem deutschen Vaterland gefördert. Nach der Entdeckung des Seewegs nach Ostindien verlor Venedig seine Bedeutung zum größten Teil. — Reicher Beifall wurde dem Redner für seinen wirklich gediegenen Vortrag zu teil.
Anstand.
Paris, 3. Febr. In Tourcoing verhaftete die Polizei einen anarchistischen Falschmünzer. In der Werkstatt wurden zahlreiche belgische Fünffrankenstücke, Werkzeug für die Münzprägung, ein Porträt Vaillants, anarchistische Zeitungen und Broschüren gefunden.
Paris, 4. Febr. Die letzte Nummer der „Revue Hebdomadaier" einer, nebenbei bemerkt, sehr empfehlenswerten Wochenschrift für Romane, Geschichte, Reisen rc., enthält eine gelungene Ueber- setzung von Gerhard Hauptmann's „Hannele". Die dramatische Bühnendichtung wurde in Paris am MieLtre libro aufgeführl mit einem allerdings ebenso geteilten Erfolg wie in Deutschland.
Marscille, 3. Febr. Der von Sebastopol mit 4000 Tonnen Getreide hierher bestimmte Stahldampfer „Henri Stephanowitsch" ist mit mit der ganzen Mannschaft untergegangen.
Budapest, 4. Febr. Am Dienstag wird der Ausschuß den Gesetzentwurf über das Eherecht dem Unterhause vorlegen. Der Entscheidungskampf beginnt nächste Woche.
In England wird das öffentliche Interesse augenblicklich durch die Frage in Anspruch genommen, ob der alte Gladstone vielleicht nächstens schon von der Leitung der Staatsgeschäfte zurücktreten werde. Gladstone weilt mit seiner Gattin gegenwärtig in dem französischen Seebade Biarritz zur Erholung und aus genanntem Orte waren neulich Gerüchte über die Absicht Gladstone's, zu demissionieren, nach London gedrungen. Wie inzwischen „Rcuter's Bureau" mitzutcilen weiß, sind diese Gerüchte zwar unbegründet, aber es ließen Gladstone sein hohes Alter, seine schwächer werdende Sehkraft und Hörvermögen doch als wünschenswert erscheinen, seines Postens enthoben zu sein, da er jeden Augenblick in der Erfüllung seiner Pflichten unterbrochen werden könnte. Demnach kann eines Tages recht wohl die Kunde von dem frei- willigen Rücktritte des greisen englischen Premiers kommen.
London, 3. Febr. Die Ueberzeugung kommt zum Durchbruch, daß Gladstone entweder zurücktreten oder Neuwahlen zum Frühjahr ausschreiben werde, da mit der jetzigen buntscheckigen Mehrheit auf die Dauer keine Regierung möglich ist.
Mons, 31. Jan. Den Erben eines unlängst verstorbenen alten Fräuleins namens Celestine Allard, die ihr ganzes Leben lang in äußerst bescheidenen Verhältnissen gelebt hatte,
wurde eine angenehme Ueberraschung zuteil, als man gestern bei der Aufnahme des Nach, lasses in einer Schublade nahezu eine Million Franken vorfand, darunter 800 000 Franken in Gold uud Papiergeld, der Rest in verschiedenen Wertpapieren, von denen freilich ein großer Teil ungiltig geworden ist.
Wien, I. Febr. Ein entsetzlicher Unglücks fall hat sich in der Familie des Grafen Jakob Zichy auf dessen Gute in Enyicske zugetragen. Der junge Graf Zichy, berichtet das „N. W. Tagbl.". und die jungen Komtessen Martha und Klara wurden während des Spiels von dem Neufundländer des Grafen gebissen. Anfangs wurde den unbedeutenden Verletzungen wenig Beachtung geschenkt, doch verbreitete sich allgemeines Entsetzen, als sich an dem Tiere die Merkmale der Tollwut zeigten. Der junge Graf ist mit seinen beiden Schwestern sofort zu Pasteur nach Paris gereist.
Telegramme an den Enzthäler.
Wien, 5. Febr. Der Kaiser ist gestern abend hierher zurückgekehrt.
Paris, 5. Febr. Die Hinrichtung Vaillants wurde gestern nach dem Besuche des Verteidigers La Boris bei Carnot beschlossen. Die Nachricht wurde erst spät abends bekannt. Seit Mitternacht strömen große Massen nach dem Platze Roquette, woselbst die Hinrichtung stattfindet. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung sind umfangreiche Maßregeln getroffen. Mehrere Kompagnien der republikanischen Garde und 500 Polizisten bilden eine Kette um den Platz.
Paris, 5. Febr. Eine den Zeitungen von der Agence Havas zugestellte Mitteilung erklärt die Behauptungen, Cornelius Herz besitze wichtige Aktenstücke der Regierung und man habe Schritte gethan, um deren Veröffentlichung zu verhindern, als jeder Grundlage entbehrend.
Petersburg. 5. Febr. Zwischen Rußland und Griechenland haben Verhandlungen behufs Abschlusses eines Handelsvertrags begonnen.
New-Z)ork, 5. Febr. Eine Depesche aus Rio de Janeiro von gestern meldet: Die Regierungstruppen wurden bei Curitiba geschlagen. 200 Mann sind gefallen. Demallo sandte 1000 Mann nach einem Orte südwestlich von Curitiba.
Buenos-Ayres, 5. Febr. Die Radikalen haben bei den Wahlen zum Kongreß die Oberhand.
Unterhaltender Heil.
In den Höllengrund.
Novelle von Reinhold Ortmann.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung 16 .)
Aber ihre schweigende Zustimmung war nicht die einzige, welche ihm zuteil wurde. Als er inmitten der stummen, in peinlicher Verlegenheit gleichsam erstarrten Gesellschaft den schön geschliffenen Kristallkelch an die Lippen setzen wollte, erhob sich die Gattin des reichen Do- mänenpächters an seiner Seile und sagte mit lauter Stimme:
„Lassen Sie mich mit Ihnen anstoßen, Herr Pastor!"
Das klang in der Art, wie sie es vorbrachte, geradezu komisch; aber es fiel doch keinem ein, darüber zu lachen. Jedenfalls hatte das entschlossene Wort der Bäckerstochler den Bann gelöst, welcher schwer und bedrückend auf allen gelegen hatte. Ein leises Gemurmel wurde vernehmlich und jeder tauschte mit seinem Nachbar flüsternde Bemerkungen aus. Graf Recke aber, ver mit seinem dunkelgeröteten Gesicht und mit den hoch angeschwoüenen Adern an den Schläfen das Besorgnis erregende Bild eines Menschen dargeboten hatte, welcher in Gefahr ist, von einem Schlaganfall getroffen zn werden — Graf Recke war durch das unerwartete Dazwischentreten einer Dame daran verhindert, die heftigen