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sonders gut gelungen ist ihm der Seelenkampf in der Klosterzelle. Auch der ehrwürdige Staupitz hatte einen guten Vertreter, der, wenn er auch die Körperlänge seines feurigen Schülers nicht erreichte, doch einen überaus ansprechenden Ein­druck machte. Ebenso verdienen die Leistungen der beiden Studenten rühmend hervorgehoben zu werden; eine würdige Erscheinung war auch der sanfte Melanchthon in seinem pelzverbrämten Reformatorcnmantel.

Während der Knabenchor die Aufführung mit einem Choral eröffnete, konnte man schon an dem Herold und Ratsherrn, die sich vor dem Vorhang aufgestellt hatten, die Farbenpracht der Kostüme bewundern. Der Herold hatte eine schwierige Aufgabe, indem an sein Gedächtnis große Anforderungen gestellt wurden; jedoch er hat sich seiner Aufgabe in anerkennenswerter Weise erledigt. Der greise Ratsherr hat sich durch ein gutes Gebärdenspiel ausgezeichnet; nur mußten wir Besitzer der letzten Plätze lebhaft bedauern, daß dieser würdige Inhaber eines einflußreichen Ratssessels nicht über einen aus­giebigeren Baß verfügen konnte. Obwohl sich die Mangelhaftigkeit des Bühnenraumes und seiner Einrichtungen etwas fühlbar machte, so bot doch die Reichstagsscene in Worms ein überaus farbenprächtiges Bild dar. Des Römi­schen Kaisers Majestät in reicher spanischer Kleidung und prächtigem Hermelinmantel war eine stattliche Erscheinung; allein da auch Kaiser irren können, so ist ihm im Drang seiner kaiser­lichen Geschäfte ein kleiner geschichtlicher Irrtum passiert. Wenn nämlich die Geschichtsschreiber nicht gröblich gelogen haben, so war Karl V. ein steifer Spanier, der alle Staatshandlungen mit einem großen Aufwand an Würde und Feierlichkeit vollzog. Es darf daher mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß er sich auch zur Aburteilung eines Ketzers die nötige Zeit gegönnt habe. Der Richterspruch des Kaisers machte indessen einen tiefen Eindruck auf die Zuhörer. In dieser Neichstagsscene zeichnete sich vor allem Dr. Eck vorteilhaft aus, während der Vertreter des hohen Kardinal- Kollegiums mit einem etwas zu behaglichen Schmunzeln den hochernsten Auseinandersetzungen zwischen Luther und Eck lauschte.

Ein lebhaftes Echo riefen Luthers Aus­führungen aus der Wartburg über deutsche Sprache und Deutschtum in den Herzen der Zuhörer hervor. Am meisten entsprach dem Alter der jungen Schauspieler die wilde Scene in Wittenberg; sie wurde denn auch am besten wiedergegeben. Der kleine wütende Schwärmer mit der Streitaxt, der hitzige Bauer im roten Wams und mit dem kühn geschwungenen Morgen­stern und der im Grunde recht gutmütig drein­schauende Landmann mit dem Dreschflegel waren gelungene Gestalten, die allgemeines Wohlge­fallen erregten.

Ein wirklich schönes und angenehm an­mutendes Bild gewährte auch noch die letzte Scene: Luther in seiner Häuslichkeit. Mit der objek­tiven Ruhe eines Gemäldes wirkte es auf die Zuschauer, und die ernsten Gedanken des lebens­müden Mannes sprachen Herz und Gemüt an. Frau Käthe war ebenfalls eine liebliche Er­scheinung und hat ihre Rolle gut gespielt, wenn auch ihre Abhandlung über die Willenlosigkeit und die Demut der Frauen nicht bei allen Ehe­männern unbedingte Zustimmung finden dürfte. Wirklich ergreifend war der Schluß des herr­lichen Festspiels. Der schöne Choral:Mit Fried und Freud ich fahr dahin" mit dem lieb­lichen Echo am Schluß eines jeden Verses hinter- ließ einen tiefen Eindruck bei den Anwesenden. Auch die übrigen Vorträge des Kirchenchors ver­dienten und fanden eine beifällige Ausnahme, wie denn Hr. Schullehrer Schramm überhaupt sich um das Gelingen der Aufführung wohl verdient gemacht hat. Nachdem wir mit freudigem Herzen so vielLobesames" über die gelungene Auf­führung sagen durften, ist es noch unsere Auf­gabe, des mühevollen und so erfolgreichen Waltens des Theaterintendanten, Regisseurs, Souffleurs und unsichtbar wirkenden Theater­maschinisten in einer Person, des Herrn Stadt­vikars Mader, zu gedenken und ihm öffentlich den Dank für die genußreichen Stunden aus­

zusprechen. Nicht vergessen sei auch das liebens­würdige Entgegenkommen des Herrn Röck zur Post'', der seinen Saal dem Vereine zu trockener Benützung bereitwillig zur Verfügung gestellt und damit manche Störungen in feinem Haus­wesen auf sich genommen hat.

Wildbad, 15. Dez. (Zufällig verspätet). Bei der am heutigen Tage vorgenommenen Ge­meinderatswahl haben von 513 Wahlberechtigten 355 abgestimmt. Nach dem Ergebnis der Stimmenzählung sind zu Mitgliedern des Ge­meinderats auf 6 Jahre gewählt: Karl Bott, Jpsermeister, mit 215 Stimmen; Gottlob Rometfch, Stadtpfleger, mit 210 Stimmen; Johann Friedrich Gutbub, Kaufmann, mit 188 Stimmen; Wilhelm Weber, Privatier, mit 177 Stimmen.

Herren alb, 17. Dez. (Einges.) Die Be­teiligung bei der gestern ftattgehabten Ge­meinderatswahl war eine sehr starke. Es haben 84°/o der Wähler abgestimmt. Und ebenso groß wie die Beteiligung war die Ueber- einstimmung der Ansichten der Wähler. Von den 152 giltig abgegebenen Stimmen sind auf die seitherigen Gemeindcräte Sladtpfleger Gräßle 150, Hirschwirt Hädinger von Kullenmühle 147 entfallen, gewiß ein ehrendes Zeugnis der Bürgerschaft für die Wiedergewähltcn. Von den 7 zersplittert abgegebenen Stimmen hat eine der pens. Steuerkassier Hasenmaier erhalten, womit der Wähler ohne Zweifel seine Unzufriedenheit mit den hiesigen Wasserversorgungsverhältnissen, welche nach der Ansicht des Herrn Hasenmaier schon längst hätten bester werden mästen, zum Ausdruck bringen wollte.

Calw, 17. Dez. (Schwarzwaldverein ) In der gestern abend im Bad. Hof stattgehabten Versammlung machte Hr. Rektor Dr. Weizfäcker in einem Vortrag Mitteilungen über den jetzigen Stand der Sache des Vereins seit dem Bestehen des Vereinsorgans. Hienach sind dcm Unter­nehmen sympathischeKundgebungen von Touristen- und anderen Vereinen, zum Teil aus weiter Ferne zugekommen. Ferner hat der Verein eine große Anzahl sehr wertvoller Karten, speziell den württ Schwarzwald betreffend, vom Kgl. statistischen Landesamt zugesandt erhalten. Dieselben waren zur Ansicht der Anwesenden aufgelegt und gab der Vortragende hiezu die nötigen, sehr instruktiven Erklärungen.

Calw, 18. Dez. Der Rindvieh st and im Oberamt Calw hat seit 1. Dez. 1892 von 10819 Stück auf 7 791, somit um 3028 Stück abgeuommen. Schweine von 5896 auf 5325, somit um 571.

Die Flößerei auf der Nagold ist immer noch bedeutend. Von den sechs Wasserstuben an der oberen Nagold gingen diesen Sommer 110120 Flöße ab. Jeder derselben hatte 1624 Gestöre, ihre Länge betrug bis zu 286 Meter. Der Kubikinhalt an Festmetern wechselte zwischen 150 und 300. Es wurden somit auf dem Wasser ca. 24000 Festmeler Langholz befördert. Dazu kommt noch, daß aus den Flößen auch viel Sägwaren befördert wurden.

Deutsches Weich.

Wenn die französischen Offiziere, die jetzt von dem Reichsgericht zu Leipzig zu 6 bezw. 4 Jahren Festungshaft verurteilt wor­den sind, nach dem französischen Spionagegesetz von 1891 hätten gerichtet werden können, so würde man sie erschießen müssen! Der be­treffende Passus, der da in Betracht käme, lautet in jenem Gesetz, das sich so ganz besonders gegen deutsche, angeblich in Frankreich herumspionierende Offiziere richtet:Die Todesstrafe findet An­wendung: Gegen jeden (Militär oder Beamten des Landheeres und der Marine), der mittels Verkleidung oder mittels Beilegung eines falschen Namens und Standes oder mittels Verheim­lichung seines Standes oder Berufes oder seiner Staatsangehörigkeit sich Eingang verschafft in eine Festung, einen Kriegshafen, ein verschanztes Lager, in ein beliebiges Festungswerk, ein Staats­schiff oder eine dem Landheer oder der Marine gehörige Fabrik und dort zum Zweck der Spionage Nachrichten gesammelt oder entwendet hat, die für die Landesverteidigung oder äußere Sicherheit des Staats von Wichtigkeit sind."

Dieser Vergehen sind die Franzosen zweifel­los für schuldig erachtet worden, aber nach dem deutschen Z 92 konnten sie nur mitZuchthaus nicht unter 5 Jahren", wenn Milderungsgründe angenommen werden, sogar mit Festungshaft nicht unter 6 Monaten bestraft werden. Das französische Gesetz kennt freilich auch einen Milder­ungsgrund. für den Fall nämlich, daß die ge­faßte Persönlichkeit nicht Soldat oder Beamter ist und dann tritt lebenslängliche Zwangs­arbeit ein! Nun hat das Geschick es gewollt, daß nicht den Franzosen ein Deutscher, sondern uns Deutschen zwei Franzosen als Spione in die Hände gefallen sind; für das französische Gesetz aber bot sich bisher keine Gelegenheit zur Anwendung. Trotzdem unterliegt es keinem Zweifel, daß man es in seiner ganzen Schärfe hätte wirke« lassen, falls man einen deutschen aktiven Olfizier erwischt man hätte ihn eben nach französischem Gesetz unter allen Umständen erschossen!

Berlin. 18. Dez. In einigen ungarischen Komitaten soll die gefürchtete Saatenzerstöreriu, die sogenannteHessenfliege" aufgetreten sein. Die Landwirte fürchten, daß bei dem dies­jährigen milden Winter das Insekt die ganze Wintersaat zerstören wird.

Berlin, 18. Dezbr. Auf Anregung des Reichsgesundheitsamts werden gegenwärtig wieder in allen Bundesstaaten Erhebungen über den Umfang und die Bedeutung der Influenza vorgenommen.

Eine öffentliche Protest Versammlung gegen den Abgeordneten Eugen Richter wegen dessen Haltung in der Jesuiten frage wird in Hagen in Westfalen, wo der Abgeordnete Richter der Unterstützung der Zentrumswäyler sein Reichstagsmandal verdankt, von Seiten der dortigen Katholiken geplant. Auch ein Beweis, daß die Wähler das von ihnen erteilte Mandat imperativ auffassen.

Weimar, 15. Dez. In Bestätigung der Annahme, daß die preußische Staatsvahn- oerwaltung dank dem nun einmal herrschenden Systeme, die für Süddeutschland eingtführle allgemeine lOtägige Giltigkeit der Rückfahr­karten nicht annehmen werde, womit dieselbe für Norddeutschland überhaupt unmöglich wird, wird heule telegraphisch aus Berlin gemeldet, daß bei Gelegenheit der im Sitzungsjaalc des Potsdamer Bahnhofs stattgehabten General» konserenz der deutschen Eisenbahnen die bestimmte Erklärung abgegeben worden ist, daß Preußen auf der unveränderten Beibehaltung des Per- jonentarifs verharre und alle Neuerungen, die Süddeutschland bislang geschafft, im Prinzip ablehne. Auch für die treffliche, bereits in Württemberg in Kraft getretene Einrichtung, wonach zur beliebigen Befahrung aller Staats­bahnen des Königreichs (Württemberg hat, von 2 kleinen Nebenlinien abgesehen, nur Staats­bahnen) innerhalb eines halben Monats eine Avonnementskarte für resp. 45, 30 u. 20 »-L lösen kann, hatte der preußische Bahnfiskus keine Neigung.

München, 15. Dez. Seine Kgl. Hoheit der Prinz-Regent beging heute sein 50jähriges Jubiläum als bayerischer General. Er wurde am 15. Dez. 1843 zum Generalmajor und Kommandeur der 1. Artilleriebrigade ernannt.

Straßburg. 18. Dezbr. Das von dem Abg. Baron v. Bulach ins Werk gesetzte Unter­nehmen, der Bodenkultur unseres Landes auf­zuhelfen durch Errichtung einer Zuckerfabrik, ist jetzt als gesichert zu betrachten, obwohl die Lust der Bauern, sich zum Zuckerrübenbau zu verpflichten, keine große war. Auch badische Landwirte wollen das Unternehmen unterstützen und der ins Leben tretenden Fabrrk die Zucker­rüben liefern, die sie bisher nach Wagyäusel geliefert hatten.

Württemberg.

Stuttgart, 18. Dez. Gestern als am zweiten Sonntage vor Weihnachten durften die Geschäftsläden bis 7 Uhr abends geöffnet sein und cs haben auch die meisten der hiesigen Geschäfte von dieser Erlaubnis Gebrauch gemacht. Indes hat der Verkehr in den einzelnen Etablissements wohl den verschiedenen Erwart»