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tracht Ihres entschiedenen Leugnens trotz der unwiderleglichen Ueberführung des Mordes sind Sie der Gnade nicht für würdig erachtet worden. Morgen früh 6 Uhr soll das Urteil vollstreckt werden. Bereiten Sie sich darauf vor! Haben Sie noch Wünsche, so sprechen Sie! Ich werde sie Ihnen gewähren."
Ruhig sah der Förster dem Staatsanwalt in die Augen — er bebte nicht mehr.
„Ich bin bereit, zu sterben." sagte er. „Schon längst habe ich diese Stunde herbeige, sehnt. Ich habe mit der Welt abgeschlossen — keine Wünsche mehr. Wenn ich um eins noch bitten darf, so ist es dies: Lassen Sie mich die wenigen Stunden, welche ich noch zu leben habe, einsam verbringen, ungestört von weiterem Besuch, auch nicht durch den Geistlichen. Es würde nur die Ruhe meiner Seele stören. Lassen Sie mich in Frieden fahren."
„Ihr Wunsch soll insofern gewährt werden, als ich jedem den Besuch bei Ihnen untersagen werde, mit Ausnahme des Herrn Anstaltsgeist, lichen," erwiderte der Staatsanwalt. „Die Pflicht des Dieners Gottes ist es, Ihnen mit den Tröstungen der Religion zu nahen, selbst wenn Sie dieselben verschmähen. Er darf das nicht unterlassen, dazu verpflichtet ihn sein heiliges Amt. Vielleicht erwacht unter seinen Mahnungen Ihr Gewissen und Angesichts des nahen Todes bekennen Sie: Ich bin schuldig!"
Mit trübem Lächeln schüttelte der Förster das Haupt.
„Lassen wir das, Herr Staatsanwalt! Ich habe nichts zu bekennen, sterbe unschuldig. Was Sie mir jetzt nicht glauben wollen und, ich räume ein, den Umständen nach auch wohl nicht können, werden Sie später glauben müssen, wenn der wahre Mörder Ihnen gegenübersteht! Er wird entdeckt werden — mir sagt's des Herzens Stimme — und dann. Herr Staatsanwalt, denken Sie daran, daß wir Menschen Kinder des Irrtums sind, blind richten, wo wir gerecht zu sein glauben. Wenn ich den Besuch des Herrn Anstaltsgeistlichen entgegennehmen muß, so sei er mir willkommen! Ich hoffe, es bedarf nicht vieler Worte zwischen uns. Ich bin mit Gott versöhnt und betrete ohne Zagen, mit ruhigem Gewissen den dunklen Todcspfad."
Der Staatsanwalt hatte erwartet, den Verurteilten durch die Todesbotschaft aufs tiefste zu erschüttern, gehofft, er werde in der Angst sich schuldig bekennen, da ja doch das Leugnen nichts mehr half, — er war daher aufs Höchste überrascht von der hohen Würde, mit der ihn der Fürsten empfangen hatte. Leise Zweifel an der Schuld desselben beschlichen zum ersten Mal seine Seele, aber er unterdrückte sie sofort wieder.
„Haben Sie mir sonst noch etwas mitzuteilen?" fragte er.
„Nein — ich danke Ihnen!"
Der Staatsanwalt blieb einen Augenblick zögernd stehen, als warte er auf eine fernere Anrede des Verurteilten. Da dieser schwieg, ging er mit den Worten: „Gott sei Ihrer armen Seele gnädig!" —
Der Förster sank auf den Schemel und stützte das Haupt auf die Hand. Woran mochte er denken? —
Wenige Minuten später wurde die Zelle wieder geöffnet — der Anstaltsgeistliche Taube kam.
Der Förster erhob sich.
„Ich weiß, warum Sie kommen, Herr Pfarrer," redete er ihn an. „Sie glauben dem Himmel eine verlorene Seele retten zu können — und doch — Sie irren sich! — Ich bedarf keines religiösen Trostes und bitte Sie daher, mich in Frieden mit meinem Gewissen zu lassen!"
„Mit ihrem Gewissen?" fragte überrascht der Geistliche.
„Ja!" entgegnete der Förster. „Ihre Worte können für mich nur eine geistige Folter sein. Sie halten mich für einen Mörder — Ich verzeihe es Ihnen! — Begreifen Sie nicht, daß der Unschuldige unter der steten Anklage einer furchtbaren Blutschuld gefoltert wird? — Können Sie sich die Marter einer Seele denken, welche sich stets wiederholen muß: Du bist blutbedeckt! und welche doch so rein ist wie frischgefallener
Schnee?! — Das können Sie nicht, nur der der es selbst erlebt, kennt die unermeßliche Qual dieses Gefühls! — Ich möchte nicht die Schuld auf mich laden, der Bitte einer solchen Seele um Ruhe, um Einsamkeit widersprochen zu haben, — ich empfinde das als ein namenloses Verbrechen, so groß und schwer, daß es nur ein Gott verzeihen könnte! Deshalb, Herr Pfarrer, erfüllen Sie die letzte einzige Bitte eines Sterbenden: Verlosten Sie mich!"
Der Pfarrer stand ratlos und verlegen da. Auf das, was er gehört hatte, war er nicht gefaßt gewesen. Was sollte er antworten? — Gehen — sich ohne Weiteres verabschieden, ohne den Versuch gemacht zu haben, dem Verurteilten ins Gewissen zu reden, — nein, das durfte er nicht.
„Unglücklicher!" begann er, „noch am Rande des Grabes wagen Sie es, dem ewigen und allwissenden Gott ins Antlitz zu lügen? Sich für unschuldig zu erklären trotz der sonnenklaren Beweise für Ihre That?! — Glauben Sie, unser allcrgnädigster König hätte das Urteil bestätigt, wenn auch nur der leiseste Zweifel an Ihrer Schuld vorhanden wäre?! — Sie denken wohl, die hartnäckige Lüge könne Sie jetzt noch vor dem Richtschwert schützen?! — Unseliger! Indem Sie dadurch Ihr irdisches Leben zu verlängern meinen, verscherzen Sie sich das ewige Leben, die ewige Seligkeit im Schoße göttlicher Gnade!"
„Ich fürchte mich nicht vor dem ewigen Richter, er weiß, daß ich schuldlos bin", erwiderte der Förster und die Weihe der Unschuld verklärte sein Antlitz. „Einem Sterbenden soll man nicht die letzte Bitte versagen, Herr Pfarrer! — Gehen Sie. lassen Sie mich allein — mit Gott und meinen Gedanken!"
Flehend sah er ihn an.
Der Geistliche war tief bewegt. Sollte der Verurteilte doch unschuldig sein? — Zweifel zerrissen seine Seele.
Er blickte den' Unglücklichen lange mit traurigem Ernste an. dann sprach er:
„Ich kann nichts weiter für Sie thun, als beten! — Ich gehe, weil Sie es wollen! Sei Gott Ihnen gnädig!"
Die Thür fiel hinter dem Geistlichen ins Schloß. — wieder war der Verurteilte allein mit seinen Gedanken.
Die Unterredung hatte ihn zwar aufgeregt, aber ihm doch nicht den Seelenfrieden stören können. Auf Flügeln des Gebetes schwang sich sein Geist empor zu der ewigen Liebe, der unendlichen, der er entflossen war und der er wieder angehören sollte! —
Ruhig schlief er die Nacht hindurch, traumlos, süß wie ein Kind in den Armen der Mutter.
Er wurde um fünf Uhr von einem Gefängnisaufseher geweckt.
„Erheben Sie sich! Sie müssen Toilette machen!"
Er schlug die Augen auf, sah eine Weile vor sich hin. als müsse er sich erst erinnern, wo er sich befinde — dann erhob er sich hastig. Sein letzter Morgen war angebrochen — noch eine Stunde und er durfte schlafen — schlafen ohne Aufhören!
Ein Barbier erschien, schnitt dem Förster den Bart ab, den dieser so lange in Ehren getragen hatte und der nun in der Schande in einer Nacht ergraut war, schor ihm das Haar.
Damit verging die Zeit — es fehlten nur noch wenige Minuten an seiner letzten Stunde.
Auf seinem Antlitz lag die Weihe der Unschuld — sie leuchtete aus den Augen wie ein glänzender Sonnenstrahl. Eine heilige Ruhe war über ihn gekommen und beseligte sein Herz.
(Schluß folgt.)
Ein süddeutscher „Honigfabrikant" hatte bis vor kurzer Zeit seinen von ihm fabrizierten „Schweizer Alpenhonig" zum Verkaufe angepriesen. Sein Fabrikat wurde jedoch vom Landgericht einer Prüfung unterzogen, wobei es sich herausstellte, daß der gepriesene „Schweizer Alpenhonig" aus Chile bezogen war, ein Kunstprodukt sei und 58 Prozent Glykose — aus Kartoffel- und Stärkezucker enthalte, im übrigen
aber aus einem Absud verschiedener Kräuter bestehe. Das Landgericht glaubte den Begriff „Honig" dahin definieren zu müssen, daß darunter der von den Bienen gesammelte Blütensaft zu verstehen sei und verurteilte den Honigfabrikanten zu 3 Wochen Gefängnis und 1000 Geldstrafe. Hiergegen legte der Honigfabrikant Revision beim Reichsgericht ein. weil nach seiner Ansicht der Begriff „Honig" vom Landgericht unrichtig definiert worden sei. Das Reichsgericht trat jedoch den Ausführungen des Angeklagten entgegen und bestätigte das Urteil des Landgerichts in allen Punkten. Diese reichsgerichtliche Entscheidung über den Begriff Honig wird eine Warnung sein für alle diejenigen, welche sich mit dem Verkauf von sogenanntem Tafel- und Schweizerhonig befassen. Der Bienenzüchter da- gegen wird sein Bienenprodukt zu schützen suchen und alle diejenigen zur Anzeige bringen, welche eine derartige Schmiere unter dem Namen „Schweizer- oder Tafelhonig in den Verkauf bringen.
Riesenforelle. Am Fischmarkt in Zürich kam eine Seeforelle von 36 Pfund Gewicht auf den Verkaufstisch. Das Tier war w lang und hatte an der dicksten Leibesstelle einen Umfang von 120 orn. Es ist im Sem- pachersee gefangen worden uud wurde vom Fischer Zwimpfer in Sempach an den Fischhändler Weidmann in Zürich geliefert.
Dr. Sigl schreibt in seinem Bahr. Vaterl.: „Mehrere Krieger von Obertoufkirchen (Oberbayern) ließen in der Filialkirche Steinkirchen ein heiliges Seclenamt halten für den verstorbenen Marschall — Mac Mahon. Ein ehemaliger Unteroffizier gab während der heiligen Wandlung 6 Schüsse ab. Wird das die Franzosen freuen und — den Marschall auch, wenn ers im Mühldorfer Anzeiger liest! O Michel!"
(Ein neues Gericht.) Frau (am Samstag): „Es haben sich während der Woche wieder so viele Ueberreste angesammelt — wir müssen heute wieder mal tabula rasa machen." — Dienstmädchen: „Ißt denn das der Herr so gerne?"
(In der Pferdebahn) „Sie, Kondukteur, läuft denn das Wasser immer durchs Dach?" — „„Nein, Herr, nur wenns regnet?""
(Die Hauptsache.) Professor (im Laden): „Bitte, ich wünsche einige Sacktücher . . . aber solche, in die ich viel' Knoten machen kann!"
sDas Süßwerden der Kartoffeln) hat nach den Untersuchungen von Dr. H. Müller nichts mit dem Erfrieren derselben gemein. Kartoffeln erfrieren, wenn unter 3 Grad Kälte gelagert, ohne süß zu werden; bei geringerer Kälte werden sie süß, ohne zu erfrieren und ohne ihre Keimfähigkeit zu verlieren. Bei der Lagerung wird in jeder Temperatur die Stärke der Kartoffeln allmählich in Zucker verwandelt; bei Temperaturen über den Gefrierpunkt wird der Zucker durch eine Art Atmungsprozeß konsumiert, während sich bei dem Kältegrad ein Zuckerüber- schuß anhäuft. Bringt man daher süße Kartoffeln in höhere Temperaturen, bis 20 Grad etwa, in die Küche, so nimmt der Zuckergehalt derselben ab und sie werden schon nach 6 Tagen brauchbar.
Biel Geld
spart jede Hausfrau, wenn sie ihre wollenen Abfälle nicht in eine sogenannte Kunstwollfadrik schickt, sondern die betreffenden Artikel z. B- Buxkin, Kleider- u. Regenmantelstoffe, Läuferstoffe, Teppiche rc. 25—40 °/° billiger, sowie in größeren Breiten und viel besseren Qualitäten bei Ludwig Becker, vorm. Chr. Erhard) m Pforzheim kauft. Jedermann wird sich bei einem Versuch von der Richtigkeit dieser Angabe überzeugen und für die Folge keine wollenen Abfälle mehr fortschicken.
Redaktion» Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.