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Spandau. 2. Dez. Ein Mann, anscheinend den besseren Sländen ungehörig, beraubte am Postschalter eine Dame. Er entließ ihr eine Summe von etwa 1000 ^ und entkam im Dunkel der Nacht.
Kiel, 2. Dez. Unter den hiesigen Marinesoldaten tritt die Influenza äußerst heftig auf. Im Marinelazaret liegen über 300 Influenza- kranke.
Infolge anhaltenden Schneefalles haben, wie aus Altona gemeldet wird, sämtliche Eisenbahnzüge vom Norden Verspätung.
Der Südd. Eisenbahn-Reform-Verein beschloß, an den badischen Landtag eine Petition zu richten, in der gefordert wird: Einstellung der 3. Wagenklasse in alle Schnellzüge, Einführung von Abounementsbilleten für das badische Bahnnetz von 14tägiger Giltigkeit, Einführung von Abonnementskarten von den Haupt- stalionen nach den anderen Punkten nach dem Muster der Karlsruhe-Maxauerbahn, Einführung der Kilometerbillete mit 50 pCt. Ermäßigung, wie sie im Bodenseeverkehr eingeführt sind, Ermäßigung der Kinderbillete. Ermäßigung und Vereinfachung der Gepäcktaxen. Einführung von Sonntagsbilleten.
Von der Badenerhöhe, 30. Novbr. Allen Schwarzwaldfreunden, die zuweilen auch im Winter gerne die Berge besuchen, dürfte die Nachricht von der am 26. d. Mts. erfolgten Gründung eines „Ski-Klubs Badenerhöhe" gewiß willkommen sein. Der Ski (sprich Schieh), zu deutsch Schneeschuh, hat während der letzten Winter immer mehr Anhänger gefunden. Wer sich im Schneeschuhfahren geübt, ist begeistert davon, besonders wer auf Schneeschuhen Wege befährt, die des Menschen Fuß ohne dieses Hilfsmittel nicht betreten könnte. Das Fahren mit Ski erfordert nur wenig Uebung und schon nach wenigen Stunden ist es dem Anfänger möglich, in Gesellschaft geübterer Läufer eine kleine Tour mitzumachen. Das Gebiet der Badenerhöhe bis zur Hornisgründe eignet sich der hohen und lange liegenden Schneemassen wegen besonders zur Ausübung dieses schönen und gesundheits- kräfligenden Sportes, umsomehr, als den ermüdeten Läufer die bekannten Hotels Plättig, Sand, Herrenwiis, Hundseck zur ersehnten Einkehr einladen. Für seine Mitglieder besorgt der Skiklub auf Verlangen Schneeschuhe u. s. w. in bester Qualität zu Selbstkostenpreisen. Die zahlreichen Anmeldungen versprechen dem neuen Vereine gutes Gedeihen.
Abermals haben die deutschen Architekten bei einem Wettbewerb im Ausland den Sieg davongetragen. Diesmal handelte es sich um den Plan für ein neues Krankenhaus in Gothenburg. Der erste Preis von 3000 Kronen wurde dem Architekten Manchot in Mannheim, der zweite im Betrage von 1500 Kronen dem Architekten Emil Hagberg in Berlin zuerkannt. Der Verfasser des mit dem dritten Preise gekrönten Entwurfes hat keinen Namenszettel ein- gesandt und ist daher zur Zeit unbekannt,
Württemberg.
Se. Mas. der König hat dem Unterossizier Häußler im Ul.Reg. König Wilhelm I Nr. 20 wegen Rettung eines Menschen aus Todesgefahr unter Einsetzung des eigenen Lebens die silberne Verdienstmedaille verliehen.
Nach dem „St.-Anz." sind seit Ende August d. I, zu Gunsten von mehr als 1000 Personen, welche unter dem Drucke der Futter- u. Streunor sich des Forst die bsta hls oder des Forst - waidesrevels schuldig gemacht hatten, Gnadenakte ergangen. Diese bestanden zum weitaus größten Teil in völligem Strafnachlaß, bezw. in Niederschlagung des Strafverfahrens. In schwereren Strafsällen hat wenigstens eine namhafte Ermäßigung der Strafe stattgesunden. Weitere zahlreiche Gnadengesuche, im Ganzen mehr als 500, befinden sich derzeit in Behandlung.
Am vergangenen D.onnerstag feierte das Gren.-Regt. Nr. 119 u. am Samstag das Jnf-Reg. Nr. 125 die Erinnerung an die ruhmreichen Wafsenthalcn bei Villiers und Champigny durch Festesten der Mannschaften in den einzelnen Kompagnierevieren.
Stuttgart, 24 Nov. Im Württ. Verein für Handelsgeographie hielt heute Banquier Max Hausmeister einen Vortrag über die „Währungsfrage in ihrer historischen u. wirtschaftlichen Entwicklung." In eingehender und interessanter Weise beschrieb Redner das Geldwesen. wie es sich schon im assyrisch-babylonischen und dann später im römischen Weltreich darstellte. Das älteste römische Münzgeld war Kupfer „Geld gierig" waren die Menschen damals schon und sind es nicht erst seit heute. Das Verhältnis des Goldes zu Silber war in Babylonien 1 : I3'/r, in Egypten 1:12'/,. Redner besprach eingehend die Wirkung der Entdeckung von Amerika auf das Münzwesen der europäischen Staaten, insbesondere den Einfluß der großen Goldausbeute in der Mitte dieses Jahrhunderts in Californien und Australien, die verschiedenen Aenderungen im Geldwesen von Amerika. England , Frankreich. den deutsch - österreichischen Münzverlrag von 1857 u.s.w. Er betonte wie außerordentlich wichtig es sei, daß Werlschwankungen soweit als möglich unterbleiben, was er an einigen Beispielen erläuterte. Diese Möglichkeit sei am ehesten bei der Doppelwährung gegeben, da die Produktions-Erschütterungen bei dem einen oder andern Metall in dem Fall nicht so einschneidend wirken könnten. Der innere Werl des Goldes entspricht dem Wert nicht, dem wir ihm heute beilegen, auch bei dem Silber ist das der Fall nur nicht in dem hohen Grade. Im Umlauf befinden sich derzeit 41 Milliarden Silber und 34 Milliarden Gold. Redner sprich! zum Schluß die Hoffnung aus, daß Silber und Gold bald nicht mehr allein das Geld der Menschen sein wird. Reichen Beifall wurde ihm von den zahlreichen Zuhörern zu Teil. Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar hatte dem Bortrag angewohni.
Leonberg, 26. Nov. Die gestrige Einweihung unserer neuen Turnhalle war für die > ganze Stadt ein schöner Festtag. Der staatliche Festzug, an dem sich die Beamten, bürgerliche» Kollegien, die Lehrer mit den Turuklassen, der Turnverein, Liederkranz und die Feuerwehr beteiligten, sammelte sich um 11 Uhr auf dem Marktplatz und zog mit Musikbegleitung durch die Stadt in die Turnhalle. Werkmeister Güthler hat die schwierige Aufgabe, mit be scheidenen Mitteln (der Bau kommt einschließlich des Staatsbeitrags auf 12500 eine zweckentsprechende geräumige Turnhalle zu erstellen, in musiergilkiger eingenartiger Weife gelöst Derselbe ist 26 Meter lang. 12 Meter breit, in romanischem Stil ausgeführl, von ebenso geschmackvoller Bauart wie zweckmäßiger Einrichtung.
A ltensteig, 1. Dez. Der hies. Veteranen- und Kriegerverein hielt gestern Abend in der neuen Bahnhofrcstauralion. wie jedes Jahr seit 1870, seine Champignyfeier. Dabei sprach Lehrer Krößler über das Erwachen des deutschen Volks und über den echten deutschen Sinn. Das ousgebrachte Hoch galt Kaiser und König. Vor und nach der Rede wurden patriotische Lieder vorgetrogen.
Außer 1406648 Evangelischen und 609594 Katholiken zählt Württemberg noch 745l „sonstige Christen." In diesen sind begriffen: 3282 Methodisten und Mitglieder der evangelischen Gemeinschaft, 1639 Baptisten, 509 Zwinglianer und Reformi rte, 454 Apostolische und Jrvingiancr. 416 Templer und Jerusalemsfreunde. 229 Nazarener, Neukirchliche, 204 Mennoniten. 136 Freireligiöse und Freikirchliche. 133 Griechisch- und Russisch-Katholische. 128 Dissidenten, 67 Altkatholiken. 56 Englische und Schottische Kirche, PreSbyierianer, 41 Da- risten, 25 Deutsch-Katholische. 22 Evangelische Brüderkirche.
Von de» Geld- und Warenbörsen
Stuttgart, 30. Nov. Der täglich flüssiger werdende Geldstand, der günstige Wochenausweis der deutschen Reichsbank und das freilich am letzten Tag der Berichtswoche, wieder unterbrochene Zurückweichen des Goldagios an den österr.-ungarischen Börsen, der glatte Verlauf der Ultimoliquidation und endlich die immer bestimmter austretenden Gerüchte über die angeblich erzielte prinzipielle Einigung der deutschen und russischen Zollvertragsunterhändler versetzten die Geldbörsen in eine ziemlich günstige Stimmung, welche auch
durch die Nachricht von dem Moratoriumsgesuch des Credito-Mobiliare-Instituts nur wenig abgeschwächt wurde. — Auf den Getreidemärkten war der Verkehr in der abgelaufenen Woche sehr beschränkt und mit Ausnahme von effektivem Weizen die Preise um Kleinigkeiten abgeschwächt. Weizen Pr. Nov.—Dez. stieg in Berlin von 142.75 auf 143.50 und blieb Pr. Mai unverändert auf 150.50. Roggen per Nov.—Dez. fiel von 127 aus 126.70 und Pr. Mai von 132 auf 130.50. Hafer pr. Nov. fiel von 154 auf 153.70 und pr. Dez. von 154 auf 153. Die Mehlpreise blieben unverändert. Mais pr. Mai—Juni fiel in Wien von 5 fl. 49 aus 5 fl. 43. — Die Baumwollmärkte verkehrten trotz der normalen Umsätze in lustloser Haltung bei weichenden Preisen. Die amerikanischen Terminpreise verloren gegenüber dem Schluß der Vorwoche ca. 5 Points. Das Garn- und Tüchergeschäft ist ziemlich ruhig, und die nicht unter Kontrakt stehenden Eigner müssen sich zu kleinen Preisermäßigungen Herbeilasien. — Auf den Zuckermärkten dauerte die schwache Haltung der Vorwoche an, und die Preise erlitten weitere Abschläge. — Auch auf den Kaffeemärkten hielt die matte Simmung der Vorwoche an. Bei sehr stillem Geschäfte litten die Preise weitere Abschwächungen.
Anstand.
Paris, 2. Dez Casimir - Pecier hatte heute Vormittag dem Präsidenten Carnot angekündigt, daß fei» Kabine! lert'g sei, um 5 Uhr wird ec die neuen Minister im Elyioe vorltellen.
Sofia, I. Dez. In den letzten Tagen sind verschiedene Verhaftungen erfolgt, weil gegen den Fürsten Ferdinand ein Mordanschlag geplant war. Ec sollte am Tage vor der Ankunft der Leiche des Grasen Hartenau gelötet werden. Der Hauptschuldige ist ein früherer bulgarischer Offizier Iwanow, der vor drei Jahren als Brigadeadjulant mit der Brigadekasse durchging. Durch Zufall wurde der Mordplan zwei Tage vor der Ankunft der Leiche entdeckt. Iwanow, der einen ruisischen Paß hatte, wurde im Eifenbahnzuge von einem früheren Kameraden erkannt; er entfloh auf Station Karilichane und wurde verfolgt von Gendarmen und Bauern, auf die er wiederholt feuerte. Die Polizei von Sofia, unter Führung des Polizeichefs Bukanow, gelang es nach langer Verfolgung. Iwanow zu verhaften. Er legte ein völliges Geständnis ab, aus welchem hervorging, daß er im russischen Dienst stehe. — Finanzminister Salabascheff äußerte sich einem Redakteur gegenüber, daß durch die Vereitelung des Attentats Iwanow ein großes Unglück verhütet, da Anhaltspunkte oorliegen. daß Iwanow die Bombe mitten unter das Frauengesolge im Leichenzugc des Grafen Hartenau schleudern wollte.
In K on st a n ti n op e l sieht man dem Besuche des Admirals Avellan, des Kommandanten des russischen Mittelmeergejchwaders, entgegen. Die offiziöse „Agence de Conslanli- uople" bezeichnet diesen Besuch als selbstverständlich. derselbe wird Mitte Dezember erwartet. Das genannte Blatt versichert. Admiral Avellan werde in Konstantinapel mit denselben Ehren- bezeugungen empfangen werden, wie die übrigen fremdländischen Admirale. Jedenfalls würde sich das signalisierte Erscheinen des russischen Admirals in der tückifchen Hauptstadt zunächst nur als ein internationaler Höflichkeitsakt charakterisieren und wäre es daher verkehrt, dem Vorgänge eine besondere politische Bedeutung zuschreiben zu wollen. Immerhin ließe das Ereignis die gegenwärtigen Beziehungen zwischen Rußland und der Pforte in recht freundlichem Lichte erscheinen.
Marquis Salisbury, der frühere Premierminister Englands, hat in einer politischen Versammlung zu Carzliff eine Rede gehalten, in welcher er die allgemeine Lage Europas als eine ziemlich bedenkliche kritisierte. Der geringste Irrtum könne eine Katastrophe herbeisührcn. Schließlich betonte Salisbury die Notwendigkeit einer erheblichen Verstärkung der englischen Flotte
Telegramme an den Enzthäler.
Stuttgart, 4. Dezbr. Gestery abend wurde am Rosenstcintunnel ein Soldat vom Ulanenregiment Nr 19 vom Orientzug überfahren. Selbstmord liegt vor.
London, 4. April. Trotz des Verbots versuchten die Anarchisten am Trafalgar Square ein Meeting abzuhalten. Viele Neugierige, darunter zahlreiche Ausländer waren anwesend.