671
eines sonderbaren Zusammentreffens tragen die ineinandergefahrenen Lokomotiven die aufeinanderfolgenden Nummern 335 und 336, die ggae die Nummern 244 und 245. Der angeb. bch schuldige Weichenwärter wurde heute verhaftet. Inwieweit anderen Beamten Schuld beizumessen ist, bleibt zu untersuchen.
Greifswald, 17. Okl. Auf das gräflich Blücher'iche Ehepaar in Witzow wurde durch den herrschaftlichen Gärtner ein Mordanschlag verübt. Der Graf ist tot, die Gräfin schwer verwundet. Der Mörder entleibte sich dann selbst.
Hornberg, bad. Kreis Villingen, 14. Okt. Der diesjährige Ob st er trag im benachbarten Gutach wird auf 200000 geschätzt; das in einem Orte mit 2092 Personen. Es trifft somit nicht viel weniger als 100 ^ auf den Kopf der Bevölkerung.
Zu dem 80. Gedenktage der Völkerschlacht bei Leipzig.
Die herrlichen Siege, die Deutschlands „Volk in Waffen" in dem letzten Kriege gegen Frankreich ersocht, die Träume unserer Vorfahren verwirklichend, in dem aus dem zerrissenen, uneinigen Deutschland das herrliche deutsche Kaiserreich erblühte, ein Reich, das an Machtfülle hoch erhaben ist über dem deutschen Schattenkaiserreiche früherer Jahrhunderte, haben in der Erinnerung des jetzt lebenden Geschlechtes die Thaten unserer Eltern und Großeltern, die zu Beginn des 2. Jahrzehntes unseres Jahrhunderts der späteren Einigung Deutschlands bereits die Wege bahnten, erbleichen lassen.
Es wäre ein großes Unrecht und ein unverantwortlicher Undank, wenn wir der Hingabe und der Anstrengungen vergessen wollten, die damals das deutsche Volk machte, um das Joch der vom korsischen Usurpator ausgeübten Fremdherrschaft abzuschütteln.
Deutsche Männer und Jünglinge waren bereit, Gut und Blut zu opfern, um das lief gedemütigte Vaterland zu befreien und Deutschlands Frauen gaben bereitwillig ihre Habe hin, um zu den Kosten des Krieges beizusteuern. Seil Jahrhunderten ging das erste Mal wieder ein Wehen des deutschen Nationalgeistes durch unser Vaterland und in der großen Völkerschlacht bei Leipzig, deren achtzigjährigen Gedenktag wir jetzt begehen, fand dieses aufstrebende Deutschtum seinen ersten Lohn.
Der bis dahin für unbesiegbar gehaltene Franzosen-Kaiser erhielt bei Leipzig die erste seine Macht erschütternde Niederlage und die vom Marschall „Vorwärts" geführten deutschen Scharen waren es vornehmlich, die sie ihm bereiteten.
Möge die Erinnerung hieran uns nie entschwinden und in uns das Gefühl der Pflicht wach erhalten, uns unserer Voreltern würdig zu zeigen.
Die Schlacht bei Leipzig bedeutet einen Wendepunkt in den Geschicken Deutschlands; wenn durch die spätere Einmischung der Diplomaten auch die Erfolge derselben verringert wurden, wenn die spätere Reaktionszeit auch sich bemühte, dem deutschen Volksgeiste wieder Fesseln anzulegen, so gelang es, das einmal erwachte Bewußtsein der Stammverwandschaft und der Zusammengehörigkeit in den deutschen Völkern wohl vorübergehend einzuschläfern, aber nicht zu ertöten.
Wenn später dieser Drang nach Zusammengehörigkeit auch mehrfach falsche Bahnen ein- ichlug, so wird die Geschichte diese Zuckungen doch stets als die ersten Geburtswehen des sich immer mächtiger entwickelnden deutsche» Einheitsdranges bezeichnen müssen.
Ohne das für die Geschichte Deutschlands so bedeutungsvolle Jahr 1813, ohne die Völkerschlacht bei Leipzig hätten die Jahre 1870/71 nie Deutschlands Stern wieder aufgehen sehen. Darum wollen wir in den jetzigen Tagen uns der Heldenthaten der damaligen Befreier des Deutschen Vaterlandes in Dankbarkeit erinnern und uns, ihr Andenken segnend, geloben, unentwegt einzustehen für unser geliebtes großes deutsches Vaterland mit Wort und That gegen äußere und innere Feinde, eingedenk der sechs-,
zehntausend deutschen Krieger, die in der dreitägigen Völkerschlacht ihr Blut hergaben für die Sache Deutschlands und die Ruhe Europas.
Württemberg.
Stuttgart, 18. Okt. Der Erzherzog Franz Ferdinand, der östreichisch-ungarische Thronfolger, ist gestern früh mit dem Orientexpreßzug von Paris hier eingetroffen und bei seinem Schwager Herzog Alb recht abgestiegen. Da er incognito reist, macht er bei Ihren Majestäten in Ludwigsburg keinen Besuch; dagegen einen solchen bei der Mutter des Königs. Prinzessin Katharine. Nachmittags machte er mit seinem Schwager eine Fahrt nach der Solitude. Heute früh ist der Erzherzog, vom Herzog Albrecht zur Bahn begleitet, mit dem Orienlzug nach Wien abgereist. Morgen triffl die Herzogin Philipp von Württemberg zu längerem Besuch des Herzog Albrccht'schen Ehepaares hier ein. Am 27. ds. Mts. trifft die Erzherzogin Maria Theresia, Mutter der Herzogin Albrecht. welche demnächst ihrer Niederkunft entgegen sieht, ein. Auch Erzherzog Karl Ludwig, Vater der Herzogin Albrecht, Herzog Philipp und dessen sämtlichen Kinder werden gegen Ende ds. Mts. hier erwartet.
Ulm, 16. Okt. Se. Excellenz der Staatsminister v. Schmid wird nächsten Donnerstag hierher kommen und die Oberamtmänner des Donaukreises um sich versammeln.
Stuttgart, 16. Okt. Der langjährige Landtagsabgeordnete für Neckarsulm, Oekonomie- rat Ege, ist heute gestorben.
Stuttgart Der Straßburger Männergesangverein trat am Samstag im Festsaal der Liederhalle auf, begrüßt von hiesigen und zahlreichen auswärtigen Sangessreunden. Unter Leitung seines Dirigenten, des Musikdirektors Herrn Bruno Hilpert, ließ der Verein zuerst seinen Wahlspruch „Grüß Gott mit Hellem Klang, Heil deutschem Wort und Sang" ertönen, woran sich der erste Chor „Gut Württemberg", Gedicht von dem Vereinsmilglied Chr. Schmitt, komponiert von Bruno Hilpert, auschloß. Die Komposition mit lebhaft bewegter Stimmführung machte einen hübschen Eindruck. Darauf richtete Oberbürgermeister Rümelin eine warme Ansprache an den Verein und das ganze Programmen nahm den gelungensten Verlauf. Am Sonntag früh besichtigten die Gäste die Stadt und begaben sich dann in den Wilhelmspalast. Als Ihre Majestäten der König und die Königin mit Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Pauline eintraten, scholl ihnen der Wahlspruch der Straßburger entgegen. Seine Majestät ließ sich zunächst den Vorstand Fryrn. Schott v. Schottenstein vorstellen. Dann begann die Huldigung mit dem Vortrag des Chors „Gut Württemberg", welchem die Majestäten mit großem Interesse und sichtlicher Freude folgten. Nunmehr brachte der Vorstand ein Hoch auf Württembergs geliebtes Herrscherhaus und das ganze württembergische Volk aus, in das die Sänger begeistert einstimmten. Nachdem die Vorträge beendigt waren, trat Seine Majestät der König zu den Sängern und dankte ihnen für den Kunstgenuß. Er erblicke in dem Besuch der Straßburger bei dem Stuttgarts Liederkranz den Beweis der freundlichen Beziehungen zwischen dem wiedergewonnenen Reichsland und dem deutschen Mutterlande, in welchem Sinn er nochmals ganz besonders für die Huldigung danke. — Am Montag Vormittag machten die Sänger unter Führung der Liederkranzvorstände Steidle und Otto Mayer einen Ausflug nach Degerloch mit der Zahnradbahn, bestiegen denAus- sichtsturm und frühstückten alsdann auf der Schillereiche. Die herrliche Aussicht weit ins Land hinein und auf die Stadt entzückte die Fremden, welche ihren Gefühlen der Bewunderung in einigen Liedern Ausdruck gaben. Nachmittags wurden die Schlösser Rosenstein und Wilhclma, die Wilhelms- und neue Karlsbrücke besichtigt, worauf im Leuze'schen Bade der letzte Abschieds- lrunk genommen wurde. Um 6 Uhr Abends erfolgte die Rückfahrt nach Straßburg.
Heilbronn, 15. Okt. Nachdem, wie man unlängst berichtet hat, die Regierungsbehörde darauf beharrt, daß O.B.M. Hegelmaier in
Folge eingetretener Schwäche seiner geistigen Kräfte zur Bekleidung eines öffentlichen Amtes dauernd unfähig sei, hat derselbe nunmehr seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei dem kgl. Landgericht dahier beantragt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen kann die beantragte Zulassung wohl nicht versagt werden; eventuell ist Verfolgung bis zum Ehrengerichtshof des Reichsgerichts in Leipzig zulässig. Es wird aber kaum angängig sein, daß ein bei Gericht zugelasfener Rechtsanwalt für untauglich oder unfähig zur Versetzung der Stelle eines Ortövorstehers erklärt wird. Man sieht, die Sache wird immer verwirrter.
Cannstatt, 16. Okt. In der Ziehung der Bez.-Gewerbe-Ausstellungs-Lotterie siel der Gewinn Nr. 1 (eine Zimmereinrichtung) auf Nr. 112, Gew. Nr. 2 (ein Viktoriawagen) auf 4103, die folgenden Gewinne auf Nr. 8887, 11 131, 15 052, 2540, 9032, 7363, 6649, 2285, 16197. 11926, 445. 8769.
Plattenhardt, 13. Okt. Gestern wollten 4 Kinder am Losbrennen eines Feuerteufels sich vergnügen. In unvorsichtiger Weise versuchte ein I3jähriger Knabe Pulver nachzuschütten, worauf das Päckchen in seiner Hand sich entzündete, seine Kleider in Brand setzte und ihn, besonders im Gesicht, das teilweise geröstet wurde, schwer verletzte. Die Kleider seiner zehnjährigen Schwester, welche in der Tasche ein zweites Päckchen hatte, gerieten ebenfalls durch Explosion dieses Päckchens in Brand, so daß auch dieses Kind schwere Brandwunden und für den Fall der Wiederherstellung dauernde Verunstaltung davontrug. Sein Befinden war gestern abend sehr bedenklich. Zwei andere Kinder wurden durch die Pulverexplosion leichter verletzt.
Dürrmenz-Mühlacker, 16. Okt. Die neue eiserne Enzbrücke, die Verbindung von Mühlacker und Dürrmenz, sowie die Vermittlerin des Verkehrs mit den Orten auf der Platte, ist nun fertig. Letzten Samstag fand in Gegenwart eines Mimsterialbeamten und des Amts- versammlungs-Ausschusses die Belastungsprobe statt. Dieselbe fiel sehr günstig aus. Die Brücke, mit schönen Fußwegen zu beiden Seiten, ist einfach aber solid gebaut. Gleichzeitig mit dem Brückenbau wurde die Wasserleitung, welche seither nur bis zu der Brücke ging, über die Enz hinübergeführt, so daß nun auch Dürrmenz sich derselben erfreut. Auf den Marktplatz soll ein schöner Monumentalbrunncn kommen. Längs der Auffahrtsrampe werden Kastanienbäume gepflanzt, so daß das Ganze eine Schöpfung bildet, an der Jedermann seine Freude haben kann.
Stuttgart. (Landesproduktenbörse. Bericht vom 16. Okt. von dem Vorstand Fritz Kreglinger.j Die Stimmung am Weltmärkte ist gleich der Vorwoche für alle Cerealien träge und lustlos; nur Hafer ist gesucht. Die schwach befahrenen süddeutschen Märkte verkehrten in ruhiger Haltung bei sich gleichbleibenden Preisen; Gerste fest. Der Hopfenmarkt hatte 53 Balle» Umsatz. Preise für geringe Ware 200—215 Mk., mittet bis 225 Mk., Prima 230 Mk. Die Börse ist gut besucht. Umsatz ca. 20 000 Mk. Wir notieren per 100 Kilogramm: Weizen, La Plata 17 Mk bis 17 Mk. 50 Pf., rumän. 17 Mk. bis 17 Mk. 25 Pf., Kansas 17 Mk. 75 Ps., bahr. 17 Mk. 75 Pf. bis 18 Mk, Kernen 18 Mk., Gerste, Oberl. 18 Mk. bis 18 Mk. 75 Ps., bayr. 18 Mk. 75 Ps. bis 19 Mk., Ungar. 19 Mk. 25 Pf. bis 20 Mk. 50 Pf., Nördl. 18 Mk. 80 Pf. bis 19 Mk., Hafer, inländ. 18 Mk. 80 Pf. bis 19 Mk. 50 Pf., dto. rumän. In. 18 Mk. 25 Pf. Ila. 17 Mk. 25 Pf., Mais, Donau 12 Mk. 50 Pf. — Mehlpreise per 100 Kilo, inkl. Sack bei Wagenladung: Mehl Nr. 0: 29 Mk. bis 29 Mk. 50 Pf., Nr. 1: 27 Mk. bis 28 Mk., Nr. 2; 25 Mk. 50 Pf. bis 26 Mk., Nr. 3: 23 Mk. bis 24 Mk., Nr. 4: 19 Mk. bis 19 Mk. 50 Pf. Suppengries: 30 Mk. Kleie mit Sack 10 Mk. per 100 Kilo je nach Qualität.
Ausland.
Toulon und immer wieder Toulon hört man durch alle Zeitungen klingen. Alles Andere, was in der Welt passiert, tritt vor dem einen Ereignis zurück, das sich seit Freitag in Toulon und Paris vollzieht. Nicht nur das am Hafen von Toulon versammelte Volk, sondern die ganze Welt soll nun jedes der bei dieser Begrüßung gefallenen Worte erfahren, die Welt wird durch Telegramme und Korrespondenzen über alle Einzelheiten unterrichtet, die bei dieser Begegnung sich zugctragen, und Franzosen und Russen fordern im Augenblick Arm in Arm ihr Jahrhundert in die Schranken. Aber nicht auf Toulon allein