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Wgsverkehrs zu treffen. Diese Absicht mußte M fallen gelassen werden wegen zahlreicher Entwendungen und Beschädigungen. Von 1310 Thermometern, die bis jetzt angebracht wurden, sind 201 entwendet und 165 zertrümmert wor­den. In Zukunft wird die Eisenbahnverwaltung Thermometer nur noch in den für den Schnell­zugsverkehr bestimmten Personenwagen an­bringen lassen.

Stuttgart, 1. Sept. Die Zahl der Teilnehmer am 9. allgem. Vereinstag der deutschen landw. Genossenschaften betrug 220. Unter dem Vorsitz von Dr. Ravensteiu- Bonn wurden die Verhandlungen gepflogen. Dr. Nuckcrn-Bitburg führte aus, daß sich die Form der eingetragenen Genossenschaft zur An­wendung für ländliche Viehversicherungsvereine besonders eigne, wenn die kleinen Vereine sich zu Rückversicherungs - Genossenschaftsverbänden zusammenschließen. Ein Vertreter aus der Schweiz teilte mit, daß dort eine Anzahl von Kantone an die baldige obligatorische Einführ­ung der Biehversicherung denke. Um eine Besserung der Absatzverhältnisse für Molkerei­produkte anzubahnen, empfiehlt Mahlstett-Olden- burg die Gründung von Verkanfsvereinigungen innerhalb der Molkereigenossenschaften In Verbindung damit beantragt Chambeau-Prenzlau die Bildung starker leistungsfähiger Butterver­kaufs-Verbände und aus diesen heraus die Schaffung eines Zentralorgans. Das sei der beste Weg, um ein gegenseitiges Unterbieten des Preises zu verhindern. Inzwischen war ein K. Kabinetschrerben eingelaufen, in welchem S. M. der König sein Interesse an den Verhand­lungen kundgab, welches natürlich mit großem Beifall ausgenommen wurde. Dr. Schneider- München sprach über den Antrag des württ. Verbandes, betreffend den Verkauf der landw. Erzeugnisse auf genossenschaftlichem Wege ohne Zwischenhandel. Große Genugthuung rief die Mitteilung hervor, daß verschiedene Armee­korps man nennt das 7. und 17. die landw. Produkte nur noch direkt von den Pro­duzenten beziehen wollen und man will sämtliche Koipskommandanten um ein ähnliches ersuchen. Gutsbesitzer Pleher-Lichtenthal sprach gegen die Verfälschung der Butter und des Fettkäses. Hier müsse eine Aenderung der Gesetzgebung herbeigesührt werden, dahingehend, daß die Ver­mischung von Margarine mit Rahm oder Milch zu Butterfabrikation verboten wird. Das Gleiche gilt bezüglich des Fettkäses. Hiermit war die Tagesordnung der öffentlichen Verhandlungen erschöpft. Aus den geheimen Verhandlungen erwähnen wir noch eine an die württ. Eisen­bahndirektion beschlossene Eingabe um Herab­setzung der Fracht für Buttertransporte.

Der Württemb Obstbauverein, der auch die Frage der Obstverwertung sich be­sonders angelegen sein läßt, hat seinen Vorstand Gem.-Rat Fischer und den Kassier Fabrikant Herz nach Frankfurt a. M. entsendet zur Be­sichtigung der Einrichtungen des heule daselbst stattfindenden, vomKonnte für Obstmärkte" mit Unterstützung der dortigen Stadtverwaltung ver­anstalteten großen Obstmarktes.

Weinsberg, 4. Sept. Unsere Weinberge zeigen wirklich einen recht erfreulichen Stand und versprechen einen guten Ertrag. Die Trauben sind in der Reifeentwicklung schon so weit vorgeschritten, daß jetzt schon vielfach reife Trauben jeder Sorte geschnitten werden können, was wohl selten um diese Zeit in sonstigen Jahr­gängen der Fall war. Die Früchte sind nicht nur ziemlich zahlreich, sondern auch von seltener Vollkommenheit. Hält die günstige, warme Witterung an und spendet uns der Himmel von Zeit zu Zeit wieder erfrischenden Regen, so haben wir den Herbst 1893 sowohl nach Menge als Güte als einen günstigen zu verzeichnen.

Cannstatt, 3. Sept. Der Besuch der Bezirks-Ausstellung war heute ein über­aus zahlreicher. Die Gewerbevereine Geislingen, Altensteig, Künzelsau, Ebingen und der Arbeiter­bildungsverein Stuttgart, sowie die Arbeiter der Maschinenwerkstätte Eßlingen besichtigen gleichfalls die Ausstellung. Auf Mittwoch den 6. September ist der Besuch des Gewerbe­vereins Nagold angesagt.

Backnang, 30. Aug. Am letzten Vieh­markt verkaufte ein Bauer aus Althütte 2 Stück Vieh um 200 »-L Er begab sich in eine Wirt­schaft und schlief daselbst ein. Beim Erwachen war seine Barschaft verschwunden.

Weilderstadt, 1. Sept. Heute nachmit­tag brach in dem sogen. Storchenturme, einem Ueverbleibsel der ehemaligen Befestigungsmauer, durch unbekannte Ursache Feuer aus, welches denselben gänzlich hohlbrannte. Da dasselbe in den untern Gelassen seinen Ausgang nahm, kamen vier in den oberen Wohnräumen befind­ende Kinder im Alter bis zu fünf Jahren in den Flammen um. Bedauerlicherweise waren im kritischen Momente zwei Kinder benachbarter Familien auf dem Turme. Die Mutter der zwei andern Kinder, die ebenfalls oben sich be­fand, floh bei Ausbruch des Brandes schleunigst, ohne auch nur eines der unglücklichen Kinder mitzunchmen. Die Erregung hier ist groß.

Ueberberg, 29. Aug. Ein hies. Bürger mußte eine Kuh schlachten, die an der Milz­krankheit litt. Er half bei dem Geschäft dem Metzger, war aber so unvorsichtig, daß von dem Milzgift in eine kleine kaum bemerkbare Ver­letzung am Handgelenk kam. Die Vergiftung teilte sich rasch dem ganzen Arm mit, und der Mann schwebt nun in größter Lebensgefahr.

Stuttgart. fLandesproduktenbörse. Bericht vom 4. Sept. von dem Vorstand Fritz Kreglinger.j Die abgelaufene Woche hat auf dem Getreideweltmarkte wenig Veränderung gebracht. Das Geschäft blieb be­langlos. Die Preise sind unverändert geblieben. An den süddeutschen Märkten waren die Preise, mit Aus­nahme von Hafer, maßgebend. Die Börse ist gut be­sucht. Geschäft ohne Belang. Wir notieren per 100 Kilogramm" Weizen, Kansas 17 Mk. 80 Pf., La Plata 17 Mk. 25 Pf., Rumänier 17 Mk. 25 Pf., bayr.

17 Mk. 25 Pf. bis 17 Mk. 75 Ps., Gerste, Ungar. 18 Mk. 75 Pf., Gerste württemb. 16 Mk. 25 Pf., Hafer alt

18 Mk. 50 Pf., Mais Donau 12 Mk. 50 Pf. Mehlpreise pr. 100 Kilogr. inkl. Sack bei Wagen­ladung: Mehl Nr. 0: 29 Mk. 50 Pf. bis 30 Mk., Nr. 1: 27 Mk. 50 Pf. bis 28 Mk. 50 Pf., Nr. 2: 26 Mk. bis 26 Mk. 50 Pf., Nr. 3: 23 Mk. 50 Pf. bis 24 Mk. Nr. 4: 19 Mk. 50 Pf. bis 20 Mk. Suppen­gries: 30 Mk. 50 Pf. Kleie mit Sack 11 Mk. per 100 Kilo je nach Qualität.

Stuttgart, 5. Sept. Der Lebensmittelmarkt war heute mit etwa 600 Körben Früchten aller Art und daneben noch mit etwa 200 Körben Zwetschgen befahren. Schönste Portugiesertrauben werden pfund­weise zu 35 abgegeben. Einiges Aufsehen erregt eine Sendung von prachtvollen Tafeläpfeln aus Süd­tirol; es sind vorzügliche haltbare Sorten, 56 Pfg. das Pfund.

Obstpreiszettel vom 2. September.

Eßlingen. Zufuhr an Mostobst 400 Zt., die zu 2 ^LL 80 bis 3 -4L 20 der Ztr. verkauft wurden. Ludwigsburg. Zufuhr r. 600 Ztr. Mostobst, Preis per Ztr. 2-4L 50 bis 2 -4L 80 ^Z. Heilbronn. Gemischtes Obst 2 -4L 30 bis 2 -4L 80 ^ gebrochenes Obst 4 -,/L bis 4 -4L 50 Zwetschgen 4 ^L bis 4 ^4L 50 per Ztr. Tübingen. Zufuhr 300 Säcke Aepsel u. Birnen. Aepfel per Ztr. 1 -4L 20 bis 1 -4L 60 Birnen 2-4L. Stuttgart, 5. Sept. Wilhelmsplatz: 2500 Ztr. Mostobst, Aepfel 2 Mk. 60 Pf. bis 2 Mk. 80 Pf., Birnen 2 Mk. 40 Pf. per Ztr.

Stuttgart, 5. Sept. Kartoffel- und Kraut­markt. Zufuhr am Leonhardsplatz: 200 Ztr. Kar­toffel, Preis per Ztr. 3 Mk. bis 3 Mk. 50 Pf. Zu­fuhr am Marktplatz: 6000 Stück Filderkraut, Preis per 100 Stück 1520 Mk.

Ausland.

Am Sonntag sind in Frankreich die Stichwahlen zur Deputierlenkammer vorge­nommen worden. Wie nicht anders zu er­warten stand, ergänzen dieselben den Sieg der Republikaner bei den Hauptwahlen in einer Weise, daß man von einer Niederschmettcrung der monarchistischen Parteien sprechen kann. Von 152 bekannten Stichwahlen entfallen nur 9 aus die Monarchisten, die erdrückende Mehr­zahl aber, 132, aus die Republikaner der ver­schiedenen Schattierungen, während die restieren- den 11 Wahlen zu Gunsten derRalliirten", der mit der Republik ausgeföhnten Konservativen, ausfielen. Bon bemerkenswerteren Einzelzügen der Stichwahlen ist besonders die Niederlage Ciemenceaus in seinem alten Wahlkreise Dra- guignan hervorzuheben, die Radikalen haben demnach ihren parlamentarischen Führer ver­loren; ob vielleicht einer der gewählten radikalen Abgeordneten zu Gunsten Ciemenceaus auf sein Mandat verzichten wird, bleibt abzuwarlen. In Paris siegle ferner der Sozialist Faberol über den ehemaligen Ministerpräsidenten und nach-

herigcn Kammerpräsidenten Floquet, welchen Durchfall" die radikalen Freunde Floquet's nicht minder schmerzlich empfinden werden, als er selber.

Der Gegenbesuch des russischen Ge­schwaders in Frankreich wird nicht Ende September, sondern warscheinlich schon gegen den 13. September erfolgen. Auch wird das Geschwader nicht Cherbourg oder Brest, sondern Toulon anlaufen. Es wird aus fünf Schiffen bestehen, von ihnen kehren zwei nach Beendig­ung des Besuches nach der Ostsee zurück, die übrigen drei Schiffe sollen während des ganzen Winters im Mittelmeere kreuzen.

Paris, 4. Sept. Die Pariser Presse be­reitet Festlichkeiten vor für den Empfang der russischen Marineoffiziere in Paris. Gestern Abend zogen Gruppen junger Leute mit franz. und russischen Fahnen durch Paris.

Bei den jüngsten Unruhen in Spanien soll der alte Verschwörer Ruiz Zorilla die Hand im Spiele gehabt haben. Es sind angeblich Agenten von ihm unter den Rädelsführern bei den Unruhen bemerkt worden. Zorilla selbst soll sich in Bordeaux befunden haben, um im Falle des Gelingens des Putsches sofort die spanische Grenze überschreiten zu können.

Es liegt etwas Imponierendes in der Zähig­keit, mit der Rußland seine Rüstung für den Zukunftskrieg vervollständigt. Mochte die Ernte mißraten sein, die Hungersnot breite Schichten des Volkes bedrohen, mag der europäische Kapi­talmarkt den Anleihebegehrern des Zarenreichs hartnäckigen Widerstand entgegensetzen und der Finanzminister in Sorgen sein, woher er den Bedarf nimmt nicht einen Augenblick ruhen die kriegerischen Vorbereitungen. Sie sind für Rußland wichtiger als alles andere, und wenn selbst Frankreich zögert und sich fragt, ob diese oder jene militärische Verbesserung nicht der wirtschaftlichen Kraft des Landes zuviel zumute, geht Rußland entschlossen, ohne Bedenken auf seinem Wege weiter. In letzter Zeit war Rußland besonders rührig. Auf die Schaffung der Mittelmeerflotte folgt jetzt die Grundstein­legung des Kriegshafens in Libau. Dient die Mittelmeerflotte zum einstigen Kampf gegen die Geschwader Englands und Italiens, so soll der Knegshafen in Libau, wie ein russisches Blatt recht offenherzig hervorhebt, dazu dienen, den Aktionen der deutschen Flotte zu begegnen. Der Hafen vermindere mit einem Schlage sehr wesent­lich die strategische Bedeutung des Nvrdsee- kanals, auf den Deutschland so große Hoffnungen gesetzt habe. Merkwürdig! Rußland wittert überall feindliche Absichten. Das Mißtrauen ist hier in der That einRückschluß auf sich selbst.« Es interessiert, auf dem Umweg über Moskau zu erfahren. daß bei der Anlage des Nordsee­kanals in erster Reihe strategische Zwecke und nicht, wie man in Deutschland harmlos glaubt, wirtschaftliche Zwecke in Betracht kamen.

London, 4. Sept. Einer Meldung des Bureau Reuter zufolge gab der aus Udjidje zurückgekehrte Missionar Swann eine ausführliche Schilderung der Ermordung Emin Paschas Ein in Udjidje eingelroffener Brief enthalte nach der Angabe eines Arabers die ausführliche Be­schreibung des Reisewegs Emins und dessen Ver­folgung durch Araber. Als Emin bei dem Häuptling Seyd den Abed eingetroffen, sei ein Araber herausgetreten und habe gesagt:Ihr seid der Emin, welcher die Araber am Viktorm Nyanza-See tötete" und habe Emin den Kops abgeschlagen. Hierauf seien auch seine sechszig nubischen Begleiter getötet und deren Leichen verzehrt worden.

Die Erhebung Malaafas und seiner An­hänger gegen den rechtmäßigen König Malietoa von Samoa ist nunmehr gänzlich unterdrückt. Mataafa wurde nebst seiner Tochter und zehn seiner hervorragendsten Parteigänger von dem KanonenbootSperber" behufs lebenslänglicher Internierung nach der Kakaofo-Jnjel (Unions­gruppe) gebracht. Von übrigen Aufständischen wurden 24 zu je dreijähriger Zwangsarbeit und 87 zu einer Geldbuse von 200 Dollars verurteilt.

Czernowitz, 1. Sept. In Rarancze hatte eine Bäuerin namens Alexandra Stenzer ihren