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deutschc Krieger." Redner weiht den Toten ein Wes Glas. Sensenschmied Kade dankt seinem verehrten Vorredner für diese ergreifenden Mit- leilungen und zugleich für alle Mühe, die sich Graf Uxkull immer gemacht, um eine schöne Gedenkfeier zustande zu bringen. Die Versammelten stimmen diesen Worten bei, während Gras Uxkull den Dank für seine Person bescheiden ablehnt und ihn ans die ganze Versammlung überträgt mit dem Wunsche, es möchten sich jederzeit deutsche Männer finden, die der Thaten dieser Helden dankbar gedenken. Nun läßt stull. moä. Otto Loos die deutsche Zugcnd versprechen, daß sie, eingedenk des Wortes:
,Was Du ererbt von Deinen Vätern hast,
Erwirb es, um es zu besitzen,"
das frsthalten wolle, was 1813 und 70/71 errungen worden sei. Die Friedensarbeit, sei es im bürgerlichen Gewand, sei es in des Königs Rock, fei unsere Gegenleistung dafür. Und wenn die Notwendigkeit an uns heranlritt, sollen unsere Feinde erfahren, daß sie gegen würdige Söhne und Enkel derer von 1813 und 1870 kämpfen. „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst niemand auf der Welt" sei der Wahlspruch der deutschen Jugend und „Das Vaterland über Alles, ihre Losung in Krieg und Frieden. Präzeptor Calmbach feiert die Männer, deren in Stein gemeißelte Büsten auf dem Charlottenplatz in Stuttgart nur die kurze Inschrift: „Bismarck" — „Moltke", tragen. Moltke, der geniale Stratege, wäre selbst von Napoleon I.. wenn er ihn gekannt hätte, für den größten Feldherrn erklärt worden. Seine feinen Berechnungen wurden bei Sedan ebenso vom Erfolg gekrönt, wie bei Sadowa. Bismarck habe schon 1849 ausgesprochen, daß die Reichsfrage nur durch Blut und Eisen gelöst werden könne. Die Lösung vieler vorher so viel erörterten Frage sei ihm über alles Erwarten trefflich gelungen; ihm vor allem gebühre als Reichsgründer unser Dank. Als letzter Redner gedenkt Justizreferendär Adolf Seeg er im Anschluß an das gesungene Lied: „Steh ich in finstrer Mitternacht," der deutschen Frauen, die in dem großen Kriege dem Vaterlande wesentliche Dienste geleistet haben. In den nächsten Wochen werde unsere Kaiserin, das Muster einer deutschen Frau, auch unser schwäbische Hauptstadt besuchen und mit Begeisterung empfangen werden. Diese warmen Worte schloßen ml einem begeisterten Hoch auf die Gefeierten. Zum Schlüsse dankt der Vorsitzende dem Turnergesangverein, der unter Leitung von Reallehrer Geiger in dankenswerter Weise zum Gelingen des Festes beigetragen. — Es war eine erhebende patriotische Feier. Möchte dieselbe jedes Jahr abgehalten werden und immer einen solch gelungenen Verlauf nehmen. — Dekan Cranz erinnerte in der heutigen Vormittagspredigt auch an die herrliche Zeit von 70/71 und knüpfte daran ernste und eindringliche Worte herzlicher Mahnung, den Dank gegen diejenigen, die damals mitgewirkt haben, vor allem aber den Dank gegen Gott nicht zu vergessen. Beherzigen wir dies!
"Ottenhausen. 4. Sept. Der hiesige Beteranen- und Militärverein feierte am gestrigen Sonntage bei seinem Mitglied Huchmüller Schmidt den 2. September. Vorstand Bürkle gab zuerst in beredten Worten seiner Freude Ausdruck über das zahlreiche Erscheinen der Kameraden und schloß mit einem mit Begeister- ung ,ausgenommenen Hoch auf Se. Maj. den deutschen Kaiser und Se. Map. unfern König Wilhelm. Hieraus ergriff Kamerad Verw.-Kand. Seufer das Wort, um die hohe Bedeutung des Sedanstages als nationaler Gedenktag hcrvor- zuheben, worauf am Schluffe die Versammlung, um ihrer Vaterlandsliebe den rechten Ausdruck Hu geben, das Lied anstimmte: „Deutschland, Demschland über alles." Die am Schluffe verunstaltete Sammlung zu Gunsten der Witwen- unü Waisenkasse ergab die schöne Summe von "uhezu io Mit Befriedigung wird jeder Teilnehmer auf diesen froh verlebten Sonntag
zurückblicken.
y, Pforzheim, 1. Sept. Der Pforzheirner oeobachler ist mit dem heutigen Tage in eßtz des Hrn. Max Klemm aus Ulm, seit
herigen Redakteurs am Schwäbischen Merkur, übergegangen. Die seitherige Richtung des Beobachters soll beibehalten werden.
Altensteig, 31. Aug. Gestern Abend fand in der Traube der Abschied des zum Forstmeister in Urach ernannten Oberförsters Stock statt. Die überfüllten Räume des Gasthauses zeugten von der großen Beliebtheit der scheidenden Familie und in einer Reihe von Reden wurde warm der Verdienste und trefflichen Charaktereigenschaften des Scheidenden gedacht.
Deutsches Weich.
In der Presse finden sich widersprechende Mitteilungen darüber, ob zwischen dem deutschen Kaiser und dem Fürsten Ferdinand von Bulgarien anläßlich der gleichzeitigen Anwesenheit beider Fürstlichkeiten beim Begräbnisse des Herzogs Ernst in Coburg eine nähere perönliche Berührung stattgefunden habe oder nicht. Auf der einen Seite wird versichert, Kaiser Wilhelm habe in Coburg keinerlei Verkehr mit dem Bulgarenfürsten gepflogen, auf der anderen Seite dagegen behauptet man das direkte Gegenteil. Da soll der Kaiser bei der Galatafel mit dem Fürsten Ferdinand bei der Verabschiedung die Hand wiederholt und herzlich geschüttelt. Sollte sich diese Meldung bestätigen, so würde man es mit einem immerhin bemerkenswerten Vorgänge zu thun haben. Jedenfalls könnte durch denselben die noch immer schwierige und heikele internationale Stellung des Fürsten Ferdinand nur eine Stärkung erfahren. Viel bemerkt ist übrigens der Umstand worden, daß bei den Trauerfeierlichkelten in Coburg der russische Hof unverlreten war, obwohl doch die neue Herzogin Marie von Coburg die Schwester des Zaren ist. Er ist ein Mangel an Rücksicht, der sich kaum anders als durch den kleinlichen, aber nach- haltigen Haß des Zaren gegen den jetzigen Inhaber des bulgarischen Thrones erklären läßt.
Berlin, 1. Septbr. Eine halbamtliche Meldung, wonach das Abschiedsgesuch des Kriegsministers Generals v. Kaltenborn-Stachau vom Kaiser abgelehnt worden sei und der Minister auf seinem Posten verbleiben würde, hat in weiten Kreisen überrascht und begegnet vielfachen Zweifeln. Thatsache ist, daß General v. Kaltenborn dringend seinen Rücktritt wünscht. Es hieß noch vor kurzem mit voller Bestimmtheit, dem General würde das Kommando des XIII. (württembergischen) Armeekorps übertragen werden. Allem Anschein nach wird der Knegs- minister nur so lange auf seinem Platze verbleiben, bis der Kaiser einen geeigneten Nachfolger gefunden hat.
Trier, 2. Sept. Das Kaiserpaar ist bei Regenwetler um 9,20 Uhr hier angekommen und ritt, von vielen Tausenden begrüßt, auf das Paradefeld. Die Parade ist glänzend verlaufen. Bei derselben führten der Großherzog von Weimar, Prinz Leopold von Bayern, Fürst von Hohenzollern und General v. Strubberg ihre Regimenter vorbei. Der Kaiser stellte sich zweimal an die «spitze des Kaiserin-Augusta- Regiments. Nach der Parade fand ein Umritt bei den Kriegervereinen statt. Der Kaiser sprach in leutseliger Weise viele Mitglieder derselben an.
Metz. 2. Septbr. Zum Empfange des Kaisers ist die Stadt auf das prächtigste geschmückt; in der Bevölkerung herrscht eine freudige Stimmung. Der F.remdenzufluß ist stark. Der kaiserliche Statthalter, Fürst v. Hohenlohe, ist heute Nachmittag hier eingetroffen.
Karlsruhe, 1. Sept. Die Ankunft des Kaisers dahier soll am Nachmittag des
10. Septembers in feierlichem Einzug erfolgen. Der Kaiser wird sich demnach zum Geburlsfeste des Großherzogs am 9. September noch nicht hier befinden. Das Hauptquartier des Kaisers soll für die Uebungen auf dem linken Rheinufer hier verbleiben, und die fürstlichen Persönlichkeiten würden sich, wie erwähnt, jeweils mit Sonderzug nach Lauterburg begeben. Die Kaiserparade auf dem Forchheimer Felde soll Montag
11. September, vormittags 10 Uhr, ihren Anfang nehmen.
Karlsruhe, 1. Sept. Wie man hört, werden für den Kaiser und sein Gefolge zu
den großen Truppenübungen 158 Pferde Hierher verbracht. Auf das Manöverfeld nach Metz soll ein hies. Kutscher über Pirmasenz mit 30 zweispännigen Droschken abgegangen sein.
Die bisherige sommerliche Stille in der inneren deutschen Politik scheint am längsten gedauert zu haben. In den nächsten Tagen beginnen in Berlin die angekündiglen Verhandlungen der bundesstaatlichen Kommissarien über die auf der Frankfurter Finanzministerkonferenz vereinbarten neuen Reich s- steuerprojekle und wird man jetzt hoffentlich bald Authentisches über die Steuerpläne hören. Noch vor letzteren Beratungen hat der definitive Wechsel in der obersten Leitung der Reichssinanzverwaltung stattgefunden, am 1. September ist der Posten eines Staatssekretärs im Reichsschatzamte von Herrn v. Maltzzahn- Gültz tatsächlich an den Grafen von Posadowsky- Wehner übergegangen, und vielleicht wird es sich schon bald zeigen, weh' Geistes Kind der neue Reichsschatzsekretär eigentlich ist.
Aus Deutsch-Südwestafrika wird über Kapstadt ein Gefecht der deutschen Schutztrunpe mit den aufrührerischen Witbois gemeldet. Letztere hatten bei dem Zusammenstoß fünf Töle, deutscherseits würden die Reiter Baum» garten, Grünberg und Hoch verwundet. Der Ausgang des Gefechtes läßt sich aus der erwähnten Meldung nicht ersehen.
Halle a. S., 30. August. Der „Franks. Ztg." wird von hier gemeldet: In der zahnärztlichen Klinik des Professors Holländer hier starb gestern ein 15jähriges Dienstmädchen, Charlotte Berger, in der Narkose. Das junge Mädchen war sehr erregt, und es mußte dreimal Chloroform angewendet werden. Ob hierbei ein Zuviel geschehen ist, wird wohl die sofort eingeleitete Untersuchung ergeben.
Tanten, 1. Sept. Zum Knabenmord in Tanten erfährt die „Staatsb.-Ztg.", daß die Untersuchung wider Busch off wieder ausgenommen und zu näheren Ermittlungen ein Kriminal-Kommissar von Berlin nach dem That- ort entsandt worden ist.
Ausland.
In der Schweiz steht eine neue bedeutsame Volksabstimmung bevor. In der Bundeskanzlei zu Bern ist ein mit 59 090 Unterschriften bedeckter Antrag der schweizerischen Arbeiterpartei eingegangen, welcher die Einführung des Grundsatzes des Rechtes auf Arbeit in die Bundesverfassung verlangt. Da der Antrag eine mehr als genügende Zahl von Unterschriften aufweist, so muß über ihn eine Volksabstimmung stallfinden. Dieselbe dürfte einen Schluß darauf gestatten, inwieweit heute die sozialdemokratischen Lehren im Schweizervolke bereits Wurzel geschlagen haben.
Die Jtalienerhetze in Frankreich dauert noch immer fort. Die italienischen Arbeiter in Nancy und der weiteren Umgebung dieser Stadt verlassen schaarenweise ihre Arbeitsplätze infolge der Bedrohungen seitens der französischen Arbeiter. Letztere wollen in Nancy sogar einen allgemeinen Streik inscenieren, um alle noch anwesenden italienischen Arbeiter fort- zugranlen.
London, 2. Sept. Das Unterhaus nahm mit 301 gegen 267 Stimmen in dritter Lesung die Home - Rule - Vorlage an. Dem Ergebnis folgte der lebhafteste Beifall der Nationalisten und Radikalen, die sich von den Sitzen erhebend Hüte und Tücher schwenkten. Beim Verlassen des Unterhauses wurden Glad- stone und seine Frau von einer großen Volksmenge begeistert begrüßt. Das Oberhaus nahm in 1. Lesung die Vorlage ebenfalls an.
Die Silberpartei in Nordamerika muß eine schwere Niederlage verzeichnen. Am Montag ist im Repräscntantenhause die Aufhebung der seinerzeit zu Gunsten der Silberinteressenten erlassenen Shermanbiü mit großer Mehrheit beschlossen worden und den gleichen Beschluß dürfte inzwischen auch der Senat gefaßt haben. In der Mittwochssitzung des Senats hielt Sherman, der Vater des Silbergesetzes, eine große Rede gegen sein eigenes Werk, natürlich erregte Sherman durch seine Schwenkung