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Bereinigungen, welche Haltung sie gegenüber der lür geplanten Weltausstellung in Antwerpen einnehmen, hatte nach hiesigen Blättern bei der rheinisch-westfälischen Eisenindustrie fast durch­weg ein negatives Ergebnis.

Berlin, 26. Juli. DieNordd. Allg. 8lq." weist in einem Artikel über den Ausfall der Manöver darauf hin. daß in weiten Kreisen der Wert der Manöver für die Ausbild­ung der Truppen und Truppenführer unter­schätzt werde. Jedes ausfallende Manöver füge der Armee einen beträchtlichen Schaden zu, das entstehende Manco an Ausbildung könne durch keine wie immer geartete sonstige Arbeit be­glichen werden. Die Phantasie des Soldaten werde angeregt, der kameradschaftliche Sinn werde durch die Manöver gepflegt. Nichtsdesto­weniger werde die Heereslcistung Rücksicht auf die gesammte Bevölkerung nehmen, wenn wirk­lich eingctretene oder zu befürchtende Notstände ein Ausfallen der Manöver oder Verschiebung nahelegen. llebrigens werde bei der Begründ­ung der mehrfach besprochenen Wünsche, die Manöver avsfallen zu lassen, zu wenig daran gedacht, daß kein verantwortliches Glied die Armeeleitung seine letzte Entscheidung bezüglich der Manöver trifft, ohne mit derjenigen Instanz der Zivilverwaltung sich ins Einvernehmen ge­setzt zu haben, von der auch die Parteien, welche bei jeder Gelegenheit ein Uebergreifen des Militarismus konstatieren möchten, nicht in Abrede stellen können, daß in dieser die Sorge für die Wohlfahrt aller Bürger konzentriert sei, uämlich mit dem Minister des Innern.

Als seine Lieblingssteuer bezeichnet? in der Reichstags-Sitzung vom 7. Juli der konservative Abgeordnete Frhr. v. Manteusfel die Jn- seratensteuer. welche er zu den sogenannten Luxussteuern zählt. DieDeutsche Buchdrucker- Zeitung schreibt dazu:Wenn Laien über Sachen reden, von denen sie wenig oder gar nichts ver­stehen, so kommen eben wundersame Ansichten zum Vorschein. Würde Herr v. Manteusfel den kostspieligen Zeitungs-Mechanismus mit seinen Ausgaben für Redaktion, Telegramme rc. kennen, so könnte er unmöglich auf den Gedanken einer Zliseratensteuer kommen, noch weniger solche den Luxussteuern zuzählen. Die Annonce ist heute dem Geschäftsmanne eine ebenso unentbehrliche Hilfsquelle, als sie für den Privatmann in vielen Lebenslagen eine Notwendigkeit geworden. Und daß die Behörden in der Annonce den einzigen Weg sehen, ihre Verfügungen und An­ordnungen dem beteiligten Publikum zur Kennt­nis zu bringen, wird doch ebenfalls tagtäglich schwarz auf weiß dargethan. Dem Verleger deckt die Annonce die Unkosten der Herstellung feines Blattes; also ist die Annonce eine Not­wendigkeit im wirtschaftlichen wie sozialen Leben und kann nie als Luxussteuer betrachtet werden, umsomehr als bei manchen Blättern die An­noncenkosten oft kaum die Herstellung ihrer Druckkosten decken. Was meint der Herr von Manteusfel übrigens zu einer Steuer auf künst­liche Düngermittel oder Saatgetreide? Nun, sie würde für den Landwirt dasselbe bedeuten, was für den rührigen Geschäftsmann die Anzeige­steuer sein würde."

F r ei b u r g i. B.. 26. Juli. Ein junger Tourist, der etwa 24jährige Postajsistent Eckert aus Metz suchte gestern die steile Felswand zu erklimmen, von der einst der sagenhafte Hirsch- sprung stattgcfunden haben soll. Wenige Minuten von der Bahnstation Hirschsprung verengert sich das Höllenthal, und die Berge scheinen auf­einander zuzustreben, die Entfernung ist aber n ^ große, daß der Hirschsprung von allen Bewohnern der Gegend ganz ins Märchen­reich verwiesen wird. Eckert mag in übermütiger <aunc den Plan gefaßt haben, den Punkt zu erreichen, auf dem sich das Standbild des Hirsches befindet. Ohne die Warnrufe verschiedener Holz­arbeiter, die ihn auf die Gefahr aufmerksam wachten, zu beachten, stieg er empor und schrieb vben einen Brief an seine Schwester, in dem er em Hochgefühl Ausdruck gab, von jenem Punkte bus zu schreiben, und das ferne Geläute des wndmden Viehes schilderte. Offenbar wollte er en Brief auf festem Boden beenden, aber nach- bw er ein Stück weit gut abgestiegen war,

strauchelte er, suchte sich vergebens zu halten und stürzte in die Tiefe. Der Bahnwärter, der ihn fallen sah, sprang rasch hinzu und konnte ihn noch lebend aus dem Bache ziehen. Doch kam der junge Mann nicht mehr zur Besinnung und starb nach etwa einer Stunde.

Gegen Alkoholgenuß. Der badische Oberschulrat hat an alle Direktionen der Mittel­schulen, sowie an die Rektoren der Volksschulen einen Erlaß gerichtet, in welchem diese beauftragt wurden, die Schüler beim Unterricht auf die Schädlichkeit des Alkoholgenusses aufmerksam zu machen und so auf eine möglichst große Be­schränkung im Genüsse alkoholischer Getränke hinzuwirken.

Aus der Pfalz. 26. Juli. Eine für den Kartoffelbau wichtige Mitteilung bringt derPfälz. Cur." aus Weisenheim a. S.:Be­kanntlich gingen dieses Jahr infolge der großen Trockenheit viele Kartoffeln nicht auf oder die zu früh gesteckten erfroren. Die Bauersleute waren genötigt, die Kartoffeläcker umzupflügen. Nun haben dieselben Ende Mai bis Mitte Juni Kartoffeln zum zweitenmal gepflanzt, oder auch Kartoffeln anderweitig zum erstenmal gesteckt. Und siehe da! Diese spät gesteckten Kartoffeln gingen jetzt rasch und schön auf. entwickelten sich prächtig, und weil unterdessen Regen eingetreten, ist bei vorausgesetzt guter Witterung sicher an­zunehmen, daß dieselben noch eine gute Ernte liefern. Sollten sie allenfalls nur für Vieh ver­wendet werden, was ich aber bezweifle, so wäre schon viel gewonnen! Es ist aber anzunehmen, daß dieselben bis Ende Oktober vollständig aus­reifen. Dadurch ist aber der Beweis geliefert, daß man bei uns noch Ende Mai bis Mitte Juni im Notfälle Kartoffeln pflanzen kann." Das wäre wohl^zu beachten.

Württemberg.

Generalmajor v. Deltinger, Kom­mandeur der 52. Jnfanterie-Brigade (2. kgl. württ.), wurde zum GeneraUieulenant befördert.

Stuttgart, 28. Juli. Wie derSchw. Merk." erfährt, ist auf Befehl Sr. Maj. des Königs ist eine wesentliche Einschränkung der diesjährigen Manöver in die Bahn ge­leitet und stehen die diesbezüglichen Anordnungen unmittelbar bevor.

In Stuttgart hat letzten Freitag die konstituierende Generalversammlung des Schwäb. Handwerkerbundes stattgefunden. Dieser Bund wird von einzelnen politischen Parteien sehr un­begründeter Weise mit eifersüchtigen Augen be­trachtet. Der Handwerkerbund will und darf niemals den politischen Parteien den Fehdehand­schuh hinwerfen oder umgekehrt Handlangerdienste leisten, weil er andernfalls binnen kurzer Frist wieder in die Brüche gehen müßte. Der Bund wird zunächst dafür sorgen, möglichst viele Mit­glieder im ganzen Lande zu gewinnen, deshalb mußte er auch in seinen Statuten sagen, was alles er in der Hauptsache und zunächst an­strebt, damit die Handwerker auch sehen, daß und wie der Handwcrkerbund ihnen helfen kann und will. Unbillig wäre es, von diesem Bunde gleich erfolgreiche Thaten zu verlangen, an der nötigen Energie wird es den Leitern des Bundes indessen nicht fehlen. Bon einer Seite hat man dem neugeschaffenen Bund zugemutet, er solle die Grenzen seiner Mitgliedschaft nicht allzu enge ziehen, d. h. an den Beitritt zum Bunde keine spezifizierten Bedingungen stellen; der Bund kann aber nach der Ueberzeugung sehr vieler Hand­werker auf einige grundlegende Forderungen wie diejenige des Befähigungsnachweises und der pro­gressiven Gewerbesteuer unmöglich verzichten. Von anderer Seite ist dem Handwerkerbund bereits der Vorwurf gemacht worden, er zeige große Furcht als reaktionär zu erscheinen, weshalb er von vornherein obligatorische Innungen hätte ver­langen müssen. Nun wird es aber vernünftig sein, zuerst eine ehrliche Probe mit den frei­willigen Innungen zu machen, sollte sich nach dieser Probe Herausstellen, daß mit freiwilligen Inn­ungen absolut nichts anzusangen sei, so werden sich auch für den Handwerkerbund die nötigen Konsequenzen von selbst ergeben. Am unklugsten handeln aber diejenigen Blätter, welche den Bund von vornherein als verkracht bezeichnen und ihm ein Uebelwollen entgegenbringen, das

nur allzu deutlich das böse Gewissen über die seitens der betr. Partei gegenüber dem Mittel­stand überhaupt und dem Handwerkerstand ins­besondere begangenen direkten und Unterlassungs­sünden bekundet. Der Handwerkerbund hält indessen wie die Menschen so die Parteien als besserungsfähig und giebt deswegen vorerst auch die Hoffnung nicht auf, daß die ihm.ent­

gegengebrachte mißtrauische oder gar feindliche Gesinnung über kurz oder lang einer freund­licheren und wohlwollenderen Stimmung Platz machen werde.

Stuttgart, 25. Juli. Gegen denBe­obachter" ist von der K. Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Majestätsbeleidigung erhoben worden. Es handelt sich um einen am 13. Juli erschienenen Artikel über den Richtempfang der Bauerndeputation von Laichingcn.

Stuttgart, 28. Juli. Heute ist der Tag, da vor 25 Jahren der erste Versuch einer Pferdebahn eröffnet werden konnte; sie hatte verschiedene Veränderungen durchzumachen, bis sie ihre heutige Leistungsfähigkeit und ihre Be­liebtheit bei der Bevölkerung erlangte.

Stuttgart. 26. Juli. Der bekannte große Zeitungsverleger Pullitzer von New-Aork, welcher sich mit Familie hier aufgehalten, hatte vorgestern das Malheur, den Zug nach Freuden­stadt zu versäumen. Rasch entschlossen, bestellte er sich einen Extrazug, der ihn noch eher an Ort und Stelle brachte, als der fahrplanmäßige Zug. Pullitzer. der heute als dicker Millionär gilt, hat bekanntlich seine Laufbahn in Newyork als Zeitungsausträger begonnen.

Pfalzgrafenweiler, 27. Juli. Die Schultheißenwahl machte in letzter Zeit hier viel Aufregung, es waren ein halb Dutzend Kan­didaten aufgetreten. Zum Schluß kam doch eine ziemliche Einigung der Wähler zustande, denn heute bei der Wahl siegte Hr. Verwaltungs- Aktuar Decker von Freudenstadt über seine Gegner mit einem Plus von 96 Stimmen.

Ausland.

Bern, 28. Juli. Der Bundesrat erläßt kein Ausfuhrverbot, belegt aber vom 1. August Heu, Stroh und Häcksel mit einem Ausfuhrzoll von 50 Francs für den Meterzentner.

Paris, 28. Juli. Heute Vormittag brach in einem Futlermagazin ein Großfeuer aus, welches sich auf eine Faßniederlage und die be­nachbarten Lagerhäuser ausdehnte. Die Brand­stätte umfaßte schließlich 150000 Quadratmeter. Pferde und Hausgerät wurde gerettet, 3 Feuer­wehrleute schwer verwundet. .Der Schaden wird auf vier Millionen Franken geschätzt.

London, 28. Juli. Unterhaus. Kurz vor 10 Uhr als Chamberlain bei dem neue« Finanzparagraphen der Homerulebill Glad- stone bekämpfte, fiel auf den Bänken der Nati­onalisten das Wort Judas. Die Konservativen verlangten einen Ordnungsruf gegen P. P. O'Connor und Zurückziehung des Worts. Es herrschte starke Erregung. Mehrere Nationalisten und Konservativen gerieten in Faustkampf, der nur mühsam unterdrückt wurde. Der Sprecher wurde in den Sitzungssaal berufen und veran- laßte O'Connor sich zu entschuldigen und forderte das Haus auf, den bedauerlichen Vorfall zu vergessen und die Verhandlungen so fortzuführen, daß sie der Ehre und den Traditionen des Hauses entsprechen. Nach 1 Uhr war im Unterhaus die Spezialdebatte der Homerulebill erledigt.

London, 28. Juli. Wie derStandard" aus Peking vom 27. d. meldet, würde die chinesische Regierung Einsprüche erheben, falls die Franzosen in Siam über den 21. Breite­grad hinausgehen würden.

Vermischtes.

Leipzig, 17. Juli. Ein Rechtsanwalt in einer rheinischen großen Stadt hatte für einen Ingenieur einen Prozeß in zweiter Instanz ver­loren. Die Kosten beliefen sich laut einem Kostenfestsetzungsbeschlusse auf 25 vkL 10 L. Der Ingenieur zahlte die 25 ^ 10 ^ auf eine Postanweisung an den Anwalt ein, bedachte aber nicht, daß auch der Gelder spendende