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Svaziergängen aller Art. Bei letzteren fällt -kdoch allgemein das Fehlen von geeigneten jgeaweiiern auf. so daß der Kurgast, wenn er Ml die Hilfe und resp. Begleitung recht Orts- kundiger in Anspruch nehmen kann, ganz dem »ufalle anheimgegeben ist. wohin er kommt und wann er wieder nach seinem Herrenalber Quar­tier zurückkehren kann. Tagtäglich hört man deshalb auch Klagen darüber, daß sich Kurgäste im Walde irrgelaufen. Karten helfen gar nichts, da es fast unmöglich ist. sich im Walde nach den Himmelsrichtungen zu orientieren, und die Berge ringsum in einem Kreise um Herrenalb Me hervorragende Erhöhungen, welche die Orientierung erleichtern könnten, gelagert sind. Dabei laufen eine Unmasse von Wegen gleicher Art nach allen Himmelsrichtungen und kann man diesen nicht ansehen. wohin sie führen und welchem Zwecke sie dienen; so laufen z. B. viele Wege und oft die befahrensten direkt im Walde Mr in einem Wiesengrunde aus, und muß man dann oft stundenlang zurückgehen, um wieder auf den Ausgangsweg zurückzukommen. So ist es beispielsweise Schreiber dieses passiert, daß er, vom Bernstein zurückgehend, einen an­deren als den Hinweg benutzen wollend, nicht Mniger als über 7 Stunden bei glühendster Hitze im Walde, ohne einen bewohnten Ort zu berühren, herumirrte, wobei er zweimal auf den .Holzweg" geriet. Mehreren Bekannten ist es schon ähnlich ergangen und können Einem solche Vorkommnisse den sonst so angenehmen und ge­suchten Aufenthalt in Herrenalb geradezu ver­leiden. Bei der sonst so sorgsamen Bemühung der Herrenalber Stadtverwaltung und Ein­wohnerschaft für die Annehmlichkeit und Zweck­mäßigkeit des Aufenthaltes der Kurgäste zu sorgen, ist der Mangel an ordentlichen Weg­weisern. die die Richtung und Entfernung genau angeben, gar nicht zu begreifen, und scheint es an den zuständigen Stellen nur an einer ge­eigneten Anregung zu fehlen, was wir hiermit im Namen vieler Kurgäste thun wollen, in der Hoffnung, daß diesem unangenehmen Mißstande bald möglichste Abhilfe zu Teil werde. - (Anm. der Red.) Der württ. und bad. Schwarzwald­verein und einzelne Gemeinden haben zwar in der Anbringung von Wegzeigern schon viel ge- than; doch müssen auch wir konstatieren, daß in dieser Richtung noch ein großes Feld der Thäligkeit übrig ist.

Deutsches Weich.

Berlin, 10. Juli. Der Kaiser unter­hielt sich gestern mit dem Präsidium des Reichs­tags im Garten des Neuen Palais in Potsdam Stunden lang über die Militärvorlage, den Futternotstand und andere öffentliche Angelegen­heiten huldvollst. Der nähere Inhalt der kais. Aeußerungen wird verschwiegen.

Wie man jetzt klar und deutlich übersehen kann, jst Resultat der ersten Beratung der Militär-Vorlage im Reichstage die wachsende, hohe Wahrscheinlichkeit, daß Ende dieser oder Anfang nächster Woche die Militär­vorlage im Sinne des Antrages Huene, also mit einem Sechstel Ermäßigung nnt einer ziem­lichen Mehrheit vom Reichstage angenommen wird, denn zu den Stimmen der Konservativen, der Rcichspartei, der Nationalliberalen, sowie zahlreicher Wilden sind auch im Prinzip für die Vorlage die Stimmen der Polen, der Anti­semiten (deutschsozialen), und der Freisinnigen Bereinigung hinzugetrclen. Die Redner der Opposition, (Abg. Gröber vom Zentrum, Lieb- lnecht seitens der Sozialdemokraten und Richter seitens der Freisinnigen Volkspartei) gaben sich alle Mühe, die Militärvorlage als mili­tärisch unnötig und wirtschaftlich schädlich zu .Avisen, aber dem Reichskanzler Grafen Caprivi ?/-doch gelungen, den Nachweis zu führen. c>8 die Heeresverstärkung gegenüber den fort- Leichten Rüstungen Frankreichs und Rußlands « '9 >st. Vom staatsmännischen Gesichtspunkte ""ch sehr gewandt der Führer der National- ki» v. Bennigsen, für die Vorlage

, und gipfelten seine Ausführungen vor allen gen darin, daß die verbündeten deutschen der n ln der großen Frage des Schutzes Unabhängigkeit des Vaterlandes großherzig

vom Reichstage unterstützt werden müßten. Großen Eindruck machten auch die Ausführungen des Führers der Freisinnigen Vereinigung, des Abg. Rickert, welcher betonte, daß wenn einem Abgeordneten die bessere Erkenntnis komme, er auch danach seine Abstimmung einrichten und jeden Fraktionszwang ablehnen müsse. Auch stände die Militärvorlage, weil sie die zweijähr. Dienstzeit und möglichste Heranziehung aller Wehrfähigen erstrebt, nicht im Widerspruche mit dem freisinnigen Programm.

Die von dem Abgeordneten Dr. Osann mit Unterstützung der nationalliberalen Fraktion in Bezug auf die Manöver und die Futternot eingebrachte Interpellation lautet wie folgt: Der Unterzeichnete erlaubt sich an den Herrn Reichskanzler die Anfrage zu richten, ob nicht angesichts des bedauerlichen Notstandes in Be­treff von Futter- und Streumitteln, welcher in verschiedenen Teilen von Deutschland herrscht, von der geplanten Abhaltung von Manövern in diesen Landesteilen für das gegenwärtige Jahr abgesehen werden kann. Die Beantwort­ung dieser Anfrage wird wohl erst Mitte der nächsten Woche erfolgen können, da mit Rück­sicht auf die bayrischen Landtagswahlen, die am Mittwoch stattsinden, am Donnerstag die Plenarsitzungen wieder ausgenommen werden. Bei der Entscheidung über den etwanigen Ausfall der Manöver muß man berück­sichtigen. daß auch im Vorjahr dir Kaisermanöver wegen der Choleragefahr unterblieben und sich daher wichtige mili­tärische Gesichtspunkte in den Vordergrund drängen.

Der deutsche Journ alisten- u. Schrift- stcll erlag, welcher am 9. und 10. Juli in München abgehalten wurde, hat durch eine Rede, welche Prinz Ludwig hielt, eine für die Presse und ihre Vertreter, sowie auch für die Behand­lung der politischen Angelegenheit hochwichtige Bedeutung erlangt. Im Festsaale des Odeon fand die Festversammlung des Journalisten- und Schriftstellertages statt, der Prinz Ludwig und die Minister Crailsheim und Feilitzsch beiwohn­ten. Prinz Ludwig hielt eine warm empfundene, stellenweise hochpolitische Rede, die oft von großem Beifall begleitet wurde. Das Zeitungs­lesen sei eine Kunst, besonders für allerhöchst gestellte Personen des Staates. Wenn sie diese Kunst verständen und die Blätter aller Parteien berücksichtigen, sei das Zeitungslesen das beste Mittel, sie der mit dem fürstlichen Stande ver­knüpften Isolierung und dem übermäßigen Ein­fluß ihrer Umgebung zu entziehen und ihnen ein eigenes, selbstständiges Urteil zu ermöglichen. Gelegentliche Jrrtümer der Journalisten seien wegen der schnellen Arbeit verzeihlich, nie aber dürfe ein Journalist wissentlich die Unwahrheit sagen oder Jemand verläumden. Das höchste Ziel des Schriftstellers, des Journalisten sei die Wahrheit. Die deutsche Journalistik habe eine über die Grenzen Deutschlands hinausgehende nationale Bedeutung, indem sie im Sinne des Schulvereins ein Band bilde mit den außerhalb Deutschlands lebenden Deutschen. Auf offiziellem Wege könne nichts für die Erhaltung des Deutsch­tums geschehen. Vieles aber durch eine patrio­tische Journalistik. In Anbetracht der Bedeut­ung des einflußreichen Standes habe er gern das Protektorat über den Journalisten- und Schriftstellertag übernommen.

Aus Baden, 10. Juli. Abgesehen von der in einzelnen Landesteilen sehr schweren Futternot darf das Jahr als gesegnet be­zeichnet werden. In manchen Gegenden, unter anderem auch in Teilen des Karserstuhles, ge­deiht gradezu alles in ungewöhnlicher Weise, und wenn die Hoffnungen auf den Herbst sich annähernd erfüllen, so erhalten wir ein Wein­jahr ersten Ranges. Man hat daher keinen Grund, besonders trübe in die Zukunft zu blicken. Auch hier spielt eben die Politik und das einseitige Parteiwesen oft verwirrend mit hinein.

Karlsruhe, 10. Juli. In dem Viertel der Radaumacher und Zuhälter fand in der Nacht vom Samstag auf Sonntag wieder ein Zusammenstoß der Schu tzmannscha st mit einer

Anzahl bekannter und teilweise vorbestrafter Strolche statt. Glücklicherweise kam es nicht zu einem Totschlag wie in der Pfingstnacht bei dem bedauernswerten Schutzmann Haß. Die Schutzmannschaft mußte aber auch diesmal von ihrer Waffe Gebrauch machen. Wie gemeldet wird, nahmen diesmal die anständigen Leute die Par­tei der Polizei gegen die Sippe der Strolche; das ist immerhin ein Fortschritt. Der neue Lautersee" unweit des Stadtgartens mit einer Tiefe von über 2 Meter war in diesem Sommer vorerst nur Badeversuchsstation. Es soll nun dort ein Volks bad eingerichtet werden. Auf der anderen Seite des Stadtgartens wird eine Arbeiter-Speisehalle errichtet, wofür eine Stiftung von 10 000 aus dem Nachlaß der Renlnerin Philippine Großholz die Mittel liefert.

Aus dem Sauerthal, 7. Juli. Die Roggenernle hat begonnen, und bringt in allen guten Lagen einen sehr reichen Ertrag an Körnern und Stroh. Des Futtermangels wegen mußte jedoch dieses Frühjahr ein großer Teil des Roggens als Grünfutter verfüttert werden, sodaß der Landmann jetzt einen bedeutenden Ausfall bei dieser Ernte zu verzeichnen hat. Der Weizen, der ebenfalls schon zu reifen beginnt, steht im Ertrag weit hinter dem Roggen zurück und liefert nur wenig Stroh, während der Körnerertrag ein ziemlich befriedigender ist.

Wie die Blätter melden, sind an den Bund der Landwirte 194 von 994 vor drei Tagen versendeten Fragebogen, betreffend die Futter- verhältnisse zurückgekommen; 61 derselben sprechen von Futternot, 77 von Futtermangel, 56 halten erne Besserung durch Regen für möglich.

Württemberg.

Kaisermanöver. Nach einer Karls­ruher Meldung der Frankfurter Zeitung sollen die für diesen Herbst geplanten Kaisermanöver zwischen dem XIII. und XIV. Armeekorps wegen der Futternot aufgegeben sein. Wie wir hören, ist beim württemb. Kriegsministerium offiziell hierüber nichts bekannt. Es sind jedoch von württemb. Seile dagegen Vorstellungen erhoben worden, daß die badischen Truppen auf württ. Boden verpflegt werden sollen.

Um die im Lokaloerkehr der württemb. Staatseisenbahnen mit Rücksicht auf den vor­handenen Futter- und Streumangel für den wagenladungsweisen Bezug bewilligten Fracht­erleichterungen bei kleinerrn Sendungen zu ge­währen, wodurch sie leichter dem wirtschaftlich Schwächeren zu Gute kommen können, hat das kgl. Ministerium der auswärtigen Angelegen­heiten Abt. für die Berkehrsanstalten, am 7. ds. Mts. den Tarif für die Beförderung der Futter- und Streumittel im Lokalverkehr bei Aufgabe als Einzelsendung auf die halben Taxen der normalen Stückgutklasse mit sofortiger Wirkung bis aus Weiteres ermäßigt. Wegen der Ausdehnung des auf den preuß. Staats­eisenbahnen eingeführten Ausnahmetarifs für Torfstreu, Torfmull und Futtermittel auf den Verkehr mit Württemberg sind mit den beteiligten Bahnen Verhandlungen eingeleitet worden, die wohl in kürzester Zeit den gewünschten Abschluß erhalten werden.

Zuffenhausen. Am Samstag Vorm. 8'/, Uhr ist ein großer Luftballon der königl. bayr. Militär-Luftschifferabteilung auf einer Wiese in der Nähe von hier gelandet. Der Ballon, mit 3 Begleitern besetzt, ist früh 3 Uhr in München aufgestiegen und hat um 6 Uhr Ulm passiert.

Eßlingen, 5. Juli. DieEßl. Ztg." schreibt: Ein Gang durch viele Lagen der Wein­berge macht das Herz höher schlagen, denn der Sonnenbrand, welcher die übrige Flur aus- dorrte, hat an den Reben in den adgelaufenen Wochen Wunder gewirkt. In allen Lagen, welche nicht erfroren sind, stehen die Reben vielversprechend. Selbst schwächliche Reiser haben so viele Trauben angesetzl, daß bei günstiger Weiterentwicklung ein reicher und guter Herbst nicht ausbleiben kann. Anders stehts freilich in manchen unserer wertvollsten Lagen, wie einem Teil der Neckarhalde, der Mettinger-, Sulzgrießer- und anderer Berge<