Dort hat die Strenge des Winters manche Reben so vernichtet, daß auch die Kraft der brennenden Sonnenstrahlen keine Hilfe bringen konnte. Besonders schön stehen die Reben im Uhlbacher. Dort giebls Lagen mit großen Mengen weit entwickelter Trauben, daß auch ältere Weingärtner sich eines ähnlich großen Segens nicht erinnern können. Aber auch anderwärts, so an den Gehängen des Hain­bachthals von Liebersbronn bis Oberthal erfreut in wohlgepflegten Weingärten die Menge und Größe der Früchte das Herz. Nimmt man dazu, daß im Durchschnitt aus unseren Höhen Stern- und Kernobst herrlich stehen, so ist doch der Trost geblieben, daß manchemaus dem Holz" eine Einnahme winkt, durch die mancher andere Ausfall gedeckt werden kann.

Zustand.

Wien, 10. Juli. Nach einer Meldung der Polit. Korr." aus Konstantinopel wurde mit General v. der Goltz wegen dessen Verbleiben in türkischen Diensten verhandelt. Goltz Pascha soll den Rang eines Marschalls mit einem Ge­halt bis etwa 20000 Frcs. erhalten.

Wien, 10. Juli. Bei der Durchforschung einer Tropfsteinhöhle bei St. Stephan in der Nähe von Graz sind gestern drei Männer ab­gestürzt. Zwei, die angeseilt waren, kamen mit leichten Verletzungen davon, der dritte, welcher die Anseilung abgelehnt hatte, blieb mit zer­schmettertem Schädel tot.

Chicago, 11. Juli. Eine Meldung des Bureaus Reuter besagt: Ein unweit der Aus­stellung belegenes Lagerhaus ist abgebrannt. Infolge des Einsturzes des Daches sind 20 Feuerwehrleute in die Flammen gestürzt und sind umgekommen, 5 andere wurden durch den Einsturz des Turmes zerschmettert. 60 Menschen sind verwundet. Der Schaden beträgt eine halbe Million Dollars. Die Ausstellungsgebäude sind beschädigt.

Aus Amerika, lO.Juli. AusChicago wird berichtet, daß am gestrigen Sonntag ein furchtbarer Sturm auf dem Michigansee gewütet und unter den Besuchern der Weltausstellung, welche ja dicht am See liegt, einen großen Schrecken verbreitet habe. Dreißig Leute, die sich auf Schiffen befanden, seien ertrunken.

Nach einer Meldung aus Hongkong trat der Fluß Welling bei Shaking Woole in Folge starken Regens aus. Ueber tausend Menschen ertranken. Der unaufhörliche Regen verursachte auch verheerende Ueberschwemmungen in Nanningfu. Die chinesischen Behörden in Shanghai empfingen ein Telegramm, daß nahezu 10000 Personen ertranken oder durch Häuser­einsturz getötet wurden.

Telegramme an den Enzthäler.

Berlin, 12. Juli. Bei dem Diner zu Ehren des Großfürsten Thronfolgers waren außer den Hofstaaten und dem Gefolge auch der Staatssekretär Frhr. v. Marschall anwesend. Der Großfürst saß zur Rechten der Kaiserin, zur Rechten des Kaisers saß der Botschafter Graf Schuwalow. Auf der Fahrt nach Berlin verweilte der Kaiser allein mit dem Großfürsten im kaiserl. Salonwagen. Nachdem sich der Kaiser auf dem Bahnhof Friedrichstraße vom Großfürsten herzlichst verabschiedet hatte, trat der Großfürst seine Weiterreise nach Peters­burg um 11 Uhr 15 Min. an. Der Kaiser kehrte nach der Wildparkstation zurück.

Berlin, 12. Juli. Eine von 800 Personen besuchte Anarchistenversammlung wurde gestern polizeilich aufgelöst.

Unterhaltender Heil.

Um Tod und Leben.

Eine Erzählung aus den Ausläufern des Rothhaar.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung 13.)

Im Häuschen des Wildhüters Ehrhardt lag zurückgelehnt in die Polster des Großvater­

stuhls der Oberförster Dornap. Hierher hatten ihn seine Retter getragen, hier war er seit einigen Tagen. Noch war das Antlitz bleich, noch sprach Erschöpfung aus der ganzen Haltung des starken Mannes. Schon unter den Liebkosungen des treuen Hundes war Dornap aus seiner Be­täubung erwacht, doch hatte er kein Glied zu regen vermocht. Der Kopf schmerzte, die Glieder waren ihm steif und kalt, die Kleider klebten am Körper. Im warmem Bette des Wildhüters erst war er zu vollständigem Bewußtsein ge­kommen, und das am Tage Erlebte war wieder lebendig vor seine Seele getreten. Und da lag er nun, nicht Herr der widerstreitendsten Em­pfindungen. Wie war das alles so plötzlich gekommen? Noch sah er den zuckenden Blitz vor sich niederfahren, hörte den grollenden Donner und zwischen dem Rollen hindurch den scharfen Knall eines Schusses. Unwillkürlich greift die Hand an die schmerzenden Schläfe. Was ist weiter geschehen? Der an's Bett tretende Ehrhardt heißt ihn ruhen und ein Glas stärkenden Weins trinken. Er schlürft den laben­den Trunk und sinkt wieder zurück in die Kiffen. Eins ist und bleibt ihm Thatsache, er ist besiegt worden, besiegt von seinem Totfeinde, dessen Kraft er unterschätzt. Was nun, was weiter?

Dann war der vom Wildhüter benachrichtigte Graf zu dem Lager getreten. Er hatte die Hand des Kranken gefaßt und nach dem Erlebten gefragt. Aus der Erzählung des Försters, aus den Worten des Hirten hatte man bald combi- niert, wie niederträchtig erbärmlich der Wilderer gehandelt. Dann war verabredet worden, die ganze Angelegenheit heimlich zu halten, niemand, außer den bereits Beteiligten sollte davon etwas erfahren. Man wollte den Wilderer sicher machen, um ihn dann sicherer abfaffen zu können.

Unterdessen blieb der Förster in treuer Hut seines Wildhüters Ehrhardt.

9.

Gerächt.

Mondhelle Sommernacht! Dort über den wogenden Bergeshäuptern hellt sich der Himmel, größer und leuchtender wird der Schein, dann steigt das Nachtgestirn empor aus dem Bett von Blättergewirr und sendet seine milde Strahlen über die stille Erde.

Still? diese Erde? Nein, auch in silber­heller Mondnacht, im ruhigen Mondschein, der träumerisch über die schlummernde Erde ruht, birgt sich Schmerz und Kummer, Not, Elend, Kampf und Tod.

Im Lehnstuhl zurückgesunken saß Dornap. Die Mondstrahlen huschten über die Tannen­wipfel hinein in das enge Stübchen des Wild­hüterhauses. Sie schlüpften über die Decke, die orgsam die Glieder des Erschöpften umhüllen, zuckten über die Hand, die in lebhafter Beweg­ung auf der Decke spielte. Und die flimmernden Strahlen führten den Geist, den immer regen, wie im bösen Traum hinaus in den Wald, sie suchten hinab ins dunkle Thal der unheimlichen Schwärze, glitzern in den springenden Tropfen des silberhellen Bächleins, huschen über den chmalen Raum, auf dem einst ein Brücklein zestanden, das die empörten Wogen zu Thale geführt, huschen hinauf auf die steile Höhe des Bilsteins, der im jähen Schwünge hinabfällt in's Thal und auf dessen Höhe einst gleich schaurige That geschehen, wie dort unten im engen Thale. Und die Mondstrahlcn locken und ziehen wie an unsichtbaren Fesseln. Die Augen des Ruhenden flackern auf und heften sich auf dem mondbeschienenen Walde; dann fällt die hüllende Decke, der Mann im Lehnstuhl reckt sich empor, tritt zur Thür, tritt hinaus. Wie hebt sich die Brust im erquickenden Odem der mondhellen Waldnacht. Hinter dem Wanderer schließt sich der Vorhang, der düstere Wald nimmt ihn auf, er wandert dorthin, wo fernher der Fluß rauscht und der Bilstein abfällt zum wütenden Strom. Und die Mondstrahlen huschen durch das Gezweig und zeigen notdürftig den Weg durch den düsteren Tann.-

Und der treue Ehrhardt des Kranken, der Wildhüter Ehrhardt? Er ist in's Thal ge­wandert zum Wirtshaus im Dorfe, um für seinen Herren notwendige Einkäufe zu machen.

Er verweilt nicht lange in der Wirtsstube das Gespräch da drinnen dreht sich, wie vor nur um den einen Punkt, um das Verschwind des Oberförsters Dornap. Wie immer wird Ehrhardt mit Fragen bestürmt, er schweigt und geht hinaus. Er tritt in den Schatten der Linde, da fühlt er seine Schulter berührt und um sich schauend, sieht er in das Auge der Wirtstochter. Wie hat sich das Mädchen in wenig Tagen verändert! Die rote Farbe der Wangen ist fahler Blässe gewichen, die Augen sind wie verweint und über das abgehärmte Antlitz huschten die Strahlen des Mondes.

Der Wildhütcr steht erstaunt, verwundert

Noch immer keine Nachricht, keinen folg von Euren Nachforschungen?"

Kopfschütteln ist die Antwort auf die banne Frage.

So gebt Ihr alle Hoffnung auf?"

Der Alte nickt. Da lehnt das Mädchen an den Stamm der Linde und schluchzt herzzer. brechend auf. Dem Wildhüter packt's am Herzen. War er nicht auch einmal jung im frischen grünen Wald? Sein Jägerauge ist hell und sein Jägerherz ein rechtes. Aus dem Schluchzen des Mädchens da vor ihm leuchtet ihm hervor ein Strahl gewaltiger herzbewegender Liebe eines jungen Menschenherzens, das gebrochen werden könnte, wenn Und ist das Mäd­chen da nicht seit Jahren sein Liebling gewesen? Er tritt näher und zieht die Hände der Weinenden leise nieder vom thränenbeströmten Antlitz.

Still. Kind, kannst Du schweigen?"

Sie sieht ihn an, erst verständnislos und dann in ahnungsvollem Hoffen. Sie faßt seine Hand.

Komm, Du sollst ihn sehen!"

Sie will aufschreien, er schließt ihr mit der Hand den Mund.

Ihn sehen? Tot oder lebendig?" flüsterten die bebenden Lippen.

Lebendig!"

Lebendig!" jauchzte es im Herzen des Mädchens.

In ein Tuch gehüllt, schreitet Elsbeth ini! rüstigen Schritten neben dem Forstmann die Höhen hinauf. Leise, flüsternd erzählt der Alte seiner Begleiterin, was sich in den letzten Tagen zugetragen, und Elsbeths Bitte, den Förster, wenn auch aus der Ferne, mit pflegen zu helfen, ward angenommen. Dort liegt die Wildhüterhütte im Mondschein. Die Fenster sind von innen verhängt.Hier werde ich den Vorhang etwas lüften und innen Lust machen.

Er schreitet zum Haus, verwundert tastet er auf den Raum unter der Thür, wo der Schlüssel liegen muß die Thür ist unver­schlossen. Eilig betritt er seine Stube. Der Sessel ist leer. Ist der Förster zu Bett ge­gangen? Er schlägt Licht, alles ist leer, winselnd schmiegt sich Tyras an den Eintretenden. Ein leiser Schrei entringt sich der Brust des Ueber- raschten. Der Schrei ruft daS wartende erregte Mädchen an seine Seite. Fragend schaut Els­beth sich um, fragend ruht ihr Blick auf den

Alten.

Fort!" stöhnt dieser,fort! o mein Gott. Dann sinkt er wie betäubt halb ohnmächtig m den Sessel, auf dem sein Herr geruht.

Starr vor Schrecken steht das Mädchen. Fort? Wohin? Da fühlt es etwas Kaltes an der herabhängenden Hand. Tyras lsts, der die alte Bekannte auf sich aufmerksam macht. Da zuckt das Mädchen zusammen.

Hierher, Tyras, hierher!"

Der Hund folgt bis zur Thür.

Such, Tyras, such!" Das kluge Der senkt den Kopf zur Erde, dann geht's wmfein hinein in den Wald. Ihm nach Elsbeth. Wohin?-

(Fortsetzung folgt.;

(Individuelle Ansicht.) Karlchen (waym° der Soiree beim Vortrag eines jugendlich Klaviervirtuosen):Mama, muß der Schläg' gekriegt haben, bis er da 8 lernt hat!"

Redaktion, Druck und Verlag von Ehrn. Meeh i» Neuenbürg.