411
eadiaung des Krieges wurde seine irdische Hülle nach Berlin überführt und auf dem Jnvaliden- Airchhof beigesetzt. Im Jahre 1834 ließ der König an seinem Grabe das Denkmal mit dem typisch gewordenen schlummernden Löwen errichten.
Ein Parteitag der freisinnigen Volks- xartci ist für Samstag und Sonntag, den 15 . und 16. Juli nach Berlin einberufen worden.
Aus Mannheim wird gemeldet -. „Daß der Mannheimer Wahlkreis in die Hände der Nalionalliberalen übergieng, hat seinen Grund in einem Kniffe, den die Sozialdemokraten, obwohl sie es jetzt in Abrede stellen, sich den Freisinnigen gegenüber bei der Wahl am 15. Juni erlaubt haben. Die Sozialdemokraten wollten cs verhüten, daß der Freisinn mit ihnen ja die Stichwahl komme, weil sie bei einem nationalliberalen Gegner ihr Mandat gesicherter glaubten. Darum kommandierten sie eine Anzahl ab zur Wahl Bassermann's. So kam Bassermann in die Stichwahl. Etwas zu offen und wohlgefällig thaten sich die Sozialdemokraten auf diesen gelungenen Coup zu Gute. Das verdroß die Mannheimer Demokraten und Freisinnigen und am 24. Juni setzten sie die Rache für verletzte „Ehre" über die Parteidisziplin and stimmten haufenweise für den nationallib. Bassermann.
Falsche Fünfmarkscheine giebt es in Mainz. Sie sind derart gut nachgeahmt, daß sie sogar an den öffentlichen Kaffen, ja selbst bei der Reichsbankstelle angenommen wurden. Lin etwas kräftigeres Papier und die um ein aerinaeres dunklere Färbung sind die einzigen Erkennungszeichen.
Württemberg.
Nach den Reichsgesctzen, betr. die Besteuerung des Branntweins, vom 24. Juni 1887 H 41 Ziff. II und vom 8. Juni 1891 sind den landw, Brennereien, welche an einem Tage durchschnittlich je nur einen beschränkten Bottich- raum bemaischen, bestimmte Ermäßigungen an der Maischbottichsteuer eingeräumt, vorausgesetzt, daß der Betrieb dieser Brennereien nicht über den 15. Juni hinaus sich erstreckt. Wird diese Frist überschritten, so gehen für die betreffenden Brennereien jene gesetzlichen Steuerbegünstigungen für die Zukunft verloren. In besonderen Bedürfnisfällen kann jedoch die Direktivbehörde aus Ansuchen die Frist bis 30. Juni ausdehnen. Nur muß für die Zeit vom 15. bis 30. Juni der volle Betrag der Steuer entrichtet werden. Mit Rücksicht auf die dermalen bestehende große Futternot hat nun, so berichtet der St.-Anz,, das Kgl. Finanzministerium in An- regung gebracht, der Bundesral möge den landw. Branntweinbrennereien behufs Gewinnung der für die Biehfütterung so wertvollen Schlempe den Fortbetrieb der Brennerei auch m den Monaten Juli und August d. I. .gestalten unter Verzicht auf die nach dem Vorstehenden an den Sommerbetrieb geknüpften steuerlichen Nachteile.
Die Stichwahlen in Württemberg haben bekanntlich in Stuttgart dem nationalen Kandidaten den Sieg über den Sozialisten, in den übrigen Wahlkreisen den Demokraten den Tieg über deren Gegner gebracht. In den Meisten ländlichen Stichwahlkreisen haben die Katholiken den Ausschlag für die Demokraten gegeben, im 5. Wahlkreis Eßlingen die Sozialdemokraten. Letztere sind über ihre Niederlage n> Stuttgart ungeheuer erbittert und schimpfen Rohrspatzen. Sie wollen wegen an- geblcher Wahlbeeinflussung bei dem Reichtag e «Zahl anfechten, haben aber bis jetzt irgend wen plausiblen Anfechlungsgrund nicht nahmst gemacht. Auch im 14. Wahlkreis Ulm Bolkspartei die Wahl des Herrn MMleon anfechten, obgleich ihr Kandidat Hänle ^ ter Herrn Bantleon um eine schöne Zahl k zurückgeblieben ist. Ein großer vwr ^er Bürgerschaft der Stadt Ulm namentlich in eigenen wirtschaftlichen Interessen
dipl-n"E^ergrund stellte; Herr Bantleon kam .. Forderungen des Mittelstandes weit ent- nicht nur in Ulm und Umgebung, stnni, ü -"Ä ^ Lande empfindet der Mittel-
das Bedürfnis zu einer inneren Organi
sation behufs Abwehr weiterer Schädigung seiner Lebensinteressen. In Stuttgart sind deshalb auch bereits viel versprechende Schritte geschehen, um gleich dem bereits organisierten Kaufmannsstand nun auch den Handwerkerstand unter eine unpolitische rein wirtschaftliche Fahne zu sammeln, und es kann nicht ausbleiben, daß auch der Bauernstand organisiert wird, damit er für seine Interessen sorgen kann. Gerade die jetzige Futternot in den meisten Teilen des Landes zeigt eindringlich, wie notwendig es ist, dauernd iür den Bauernstand zu sorgen. Die König!. Staatsregierung thut zwar in anerkennenswertester Weise ihr Möglichstes, um die erwähnte Not zu lindern, und auch die Landwirte selbst thun hiebei kräftig mit, so daß der erste Schrecken schon als überwunden gelten kann, aber die Nachwirkungen der Futternot werden noch lange empfunden werden, namentlich, wenn es gilt, daß die minder bemittelten Bauern nichi nur die Kraftfuttermittel, die Streu rc bezahlen, sondern auch ihren gelichteten Viehstand wieder ergänzen sollen. So dankenswert die bisherigen Maßnahmen für die Landwirte auch sind, so bleibt doch noch viel zu thun übrig.
Stuttgart, 21. Juni. Das Konsistorium hat dem Gesuch der württ. Volksschullehrer um Gleichstellung in Sachen der Ferientage mit den höheren Anstalten dahin entsprochen, daß den Volksschulen eine Steigerung der Ferientage bis zu 50 Werktagen gestaltet wurde; zur Bedingung ist jedoch hiebei gemacht, daß die Weihnachtsferien sich auf die ganze Zeit vom Christfest bis Neujahr und die Osterferien auf die ganze Zeit vom Gründonnerstag bis zum Ostermontag erstrecken. Im übrigen kann die Ver- teilung den lokalen Verhältnissen entsprechend vorgenommen werden.
Altensteig, 24. Juni. In der letzten Woche traf ein Ingenieur aus Petersburg mit Direktor Theurer aus der Maschinenfabrik Eßlingen. Maschineningenieur Zütt von Rottweil und Betriebsinspektor Huzenlaub von Calw hier ein. Der Russe wollte sich über die Anlagen und den Betrieb unserer Schmalspurbahn, namentlich auch über die Konstruktion und Verwendung der „Transporteure" unterrichten.
Nagold, 27. Juni. Am vergangenen Donnerstag Abend wurde das Elektrizitätswerk der Stadt Nagold in Betrieb gesetzt; es arbeitet vom ersten Augenblick an tadellos. Das von Herrn Klingler von der unteren Nagoldwasserkraft aus betriebene Elektrizitätswerk ist vor kaum 2'i, Monaten begonnen worden und heute sind sämtliche Hauptleitungen gezogen und in 70 Häusern über 400 Lampen und 7 Elektromotoren von 1—5 Pdst. angeschlossen. Die Anlage ist nach dem Dreileitersystem gebaut mit einer Dynamo von 240 Volt Spannung und einer Akkumulatorenbatterie, aus 132 Elementen bestehend, von welcher aus erst drei Leitungen abzweigen. Die Hauptleitung ist geführt zu 2 Verteilungspunkten, welche unter sich durch eine Rtngleitung wieder mit einander verbunden sind. In der nächsten Zeit ist noch eine größere Anzahl Glühlampen anzuschließen und es wird auch wohl das Lehrerseminar und die Präparanden- anstalt von der günstigen Gelegenheit, eine gute und zweckmäßige Beleuchtung zu bekommen, bald Gebrauch machen. Ausgeführt wurde das Elektrizitätswerk durch die elektrotechnische Abteilung der Maschinenfabrik Eßlingen.
Nagold, 28. Juni. Die Sägmühle von Werkmeister Wilhelm Benz mit kleinerem Dampfbetrieb ist gestern nachmittag abgebrannt. Das nahestehende Wohnhaus war in Gefahr, ist aber gerettet.
Als Preisrichter werden von seiten Deutschlands etwa 40 Sachverständige nach Chicago gehen. Der Reichskommissär Geheim- ral Wermuth hatte mehr vorgeschlagen. Das scheiterte aber an der Geldfrage. Die Sachverständigen erhalten insgesamt eine Entschädigung von 750 Doll, per Person, die von der amerikanischen Regierung gezahlt werden. Aus Württemberg sind dabei: Graf Adelmann und Bergrat Dr. Klüpfel.
Zur Futternot.
Stuttgart. Am Montag den 26. ds. hat unter dem Vorsitz des Staatsmini stfers der Finanzen eine außerordentliche Beratung der Forstdirektion stattgefunden, zu welcher eine größere Zahl von Forstmeistern des Landes berufen war, um den Stand der bis jetzt zur Linderung der Futter- und Streunot von der Staatsforstverwaltung getroffenen Maßnahmen festzustellen und zu erörtern, was in dieser Hinsicht noch etwas weiteres geschehen könnte. Was die Futtermittel des Waldes betrifft, so ist die Grasnutzung in den Staatswaldungen für den Augenblick so ziemlich erschöpft. In dem von der Not besonders hart betroffenen Haller Forstbezirk ist, unter Beschränkung auf reine Fichtenkulturen und auf bestimmte Tagesstunden, mit gutem Erfolg auch die Waldweide eingeräumt worden.
Von dem reichlich vorhandenen und angebotenen Futterlaub wird auffallenderweise bei weitem noch nicht der Gebrauch gemacht, den man bei dem doch herrschenden Bedürfnis erwarten sollte. Es scheint, daß der Wert des Futterlaubes noch lange nicht genug erkannt und gewürdigt wird, und es wäre sehr zu wünschen, daß hierüber eine bessere Einsicht sich Bahn brechen würde, da gerade dieses Futtermittel, das so äußerst billig zu bekommen und auch jetzt noch in den nächsten 4 Wochen noch von guter Beschaffenheit ist. den ärmeren Leuten ermöglicht, ihr Vieh mit Zuhilfenahme von wenig Kraftfutter über die schlimmste Zeit hinüber zu erhalten.
An Streumitteln ist der Vorrat von Torfstreu und -Mull bei dem staatlichen Torfwerk Schussenried vollständig vergriffen. Eine Verstärkung des Betriebs, namentlich durch Anschaffung einer neuen Maschine für Mullbercit- ung, um auch das harte Material, das man bis jetzt erst ausfrieren lassen mußte, sogleich verarbeiten zu können, wird ermöglichen, im nächsten Jahr frühzeitig größere Mengen abgeben zu können.
Die Nachfrage nach Laubstreu und Moosstreu ist an vielen Orten weit über die Möglichkeit der Befriedigung gestiegen, während an anderen Orten wieder die eingeräumteu Nutzungen noch wenig im Angriff genommen sind. Einer Preissteigerung beim Verkauf wird durch Beschränkung der Verkäufe auf einzelne Gemeinden und Vorbesprechung mit den Ortsvorsteher» und den Kauflustigen thunlichst entgegenwirkt, so daß die Verkaufspreise überall heruntergegangen sind. Weitere Preisermäßigung wurde in Aussicht genommen. Eine, wen« auch mäßige Vergütung muß im Interesse der Ordnung und zur Vermeidung von verschwenderischem Gebrauch, selbst Mißbrauch, beibehalten bleiben. Soweit die Verhältnisse eS nicht gestatten, den Streubedürftigen die Gewinnung selbst zu überlassen, wird darauf Bedacht genommen, daß dieselben in der Aufbereitung im Taglohn sich beteiligen können und auf diese Weise die Ausbereitungskosten, welche in dem von ihnen zu bezahlenden Kaufpreis begriffen sind, wieder ersetzt erhalten.
Allerdings wurde betont, daß im kommenden Herbst und nächsten Frühjahr das Bedürfnis nach Waldstreu voraussichtlich wieder und vielleicht in verstärktem Maße sich geltend mache« werde, und eine mäßige Reserve hiefür Vorbehalten bleiben sollte. Dringend ist deshalb zn empfehlen, jede Vergeudung dieser Streumittel sorgsam zu vermeiden. Außerdem wurde daran erinnert, daß nach dem Laubabfall im Herbst bis zum Wiederausbruch des Laubes im Frühjahr die Laubstreunutzung ruhen muß, da über Winter der Wald die schützende Decke nicht ganz entbehren darf.
Nadelreisstreu wird noch nicht in dem Umfang begehrt und benützt, wie sie verdient und angeboren ist. Vielleicht wird der diesjährige Notstand dazu beitragen, den Wert dieses, dauernd zur Verfügung stehenden Sleu- mittels erkennen zu lassen und demselben mehr Eingang zu verschaffen, was unserer Landwirtschaft für die Zukunft zu gut käme. Ebenso vernachlässigt ist, wie sich zeigte, bis jetzt noch die Erdstreu, welche mit Laub-, Moos- ua