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Reisstreu vermischt, gute Dienste leistet. Vielleicht wird es den Bemühungen vieler Sachverständigen Berater, welche sich zur Zeit der Sache annehmen, insbesondere auch der intelligenteren Ortsvorsteher, gelingen, auch die bis jetzt noch nicht genügend benützten Futter- und Streumittel des Waldes mehr in Aufnahme zu bringen.
Im allgemeinen wird übrigens gesagt werden dürfen, daß von den süddeutschen Staaten Württemberg bis jetzt die weitest gehenden Einräumungen in der Unterstützung der Landwirtschaft von seiten des Waldes gemacht hat. Das finanzielle Interesse ist dabei überall erst in die dritte Linie, die Rücksicht auf den bestehenden und den noch weiter drohenden Notstand der Landwirtschaft überall vorangestellt. Daß aber daneben die Fürsorge für die Erhalt- ung einer geordneten Waldwirtschaft thunlichst gewahrt bleiben muß. dieser Einsicht wird sich kein billig Denkender verschließen wollen.
(St.-Anz.)
Anstand.
Um wenigstens einigermaßen aus den Wirrnissen mit den Czechen in Böhmen herauszukommen. beabsichtigt das österreichische Ministerium dem Reichsrat ein Reichsgesetz vorzulegen. wodurch die Regierung ermächtigt wird, in Böhmen die sprachliche Abgrenzung bei der Gerichtsorganisation auf dem Berordnungsweg, also ohne besondere Zustimmung des böhmischen Landtags vorzunehmen.
Paris, 28. Juni. Am Freitag wird in Paris eine Privatversammlung stattfinden, um ein französisches Komite zu organisieren mit dem Programm: „Abschaffung der Mac-Kinley-Bill, Handels-Uebereinkunft zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten."
Inder französischen Deputiertenkammer hat es vorige Woche eine Szene gegeben, die dem Ahlwardtsspektakel im letzten deutschen Reichstag sehr ähnlich sieht. Die an- geblichen Aktenstücke über die Bestechung Clemenceau's und anderer Deputierter durch die englische Regierung, welche mit großem Spektakel angekündigt wurden, erweisen sich als gefälscht. Doch dauert die Untersuchung bezüglich dieser Aktenstücke noch fort.
Die Russen werden auf einen Handelsvertrag mit Deutschland nun wohl verzichten müssen, nachdem ihnen die deutsche Regierung erklärt hat, daß die russischen Konzessionen für ungenügend befunden worden seien. Durch das energische Auftreten der deutschen Landwirte in Nord und Süd ist offenbar der Reichsregierung das Gewissen geschärft worden, und die Russen, die auch durch einen Handelsvertrag mit Deutschland nicht deutschfreundlicher geworden wären, wissen jetzt, daß sie von uns nach allen Seiten hin erkannt sind.
Im englischen Unterhaus hat Glad- stone bezüglich der finanziellen Seite seiner Homerule-Bill gegenüber den Unionisten abermals Nachgiebigkeit gezeigt, so daß die Iren außer Stand gesetzt werden, selbstständig Steuern zu erheben oder gar die Steuergelder in feindseliger Weise gegen England zu verwenden. Darüber herrscht nun unter den Iren die größte Verbitterung, und man glaubt in England mehr und mehr, daß Gladstone vom Amte zurücktreten und das ganze Homeruleprojekt in's Wasser fallen werde.
Unterhaltender Heil.
Um Tod und Leben.
Eine Erzählung aus den Ausläufern des Rothhaar.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung 7.)
Der Mittag kam und heiß brannte die Sonne. Durch die Schwärze, am Rande eines Tannenschlages hin. strich ein Weib. Der Kopf verschwand fast gänzlich in einem großen grellroten Tuche. Aber die Augen, die aus dem Tuche hervorblitzten, schienen den Wald zu durchbohren. Ab und zu griff die Hand einen der herumliegenden Kienäpfel, um ihn in die Kötze auf den Rücken zu werfen. Das Weib verschwand im Walde, umkreiste in weitem Bogen
die Stelle auf der am Morgen die Forstleute gestanden. Dort lag das verendete Reh. Schlich nicht ein Fuchs hinüber zur leckeren Beute? Das Weib hob den niederhängenden Zipfel des Kopftuches etwas. Wirklich, das Tier lag noch an demselben Platze wie heute Morgen. Sollte
—-Wieder fiel der Zipfel des Kopftuches
und eifrig sammelte das Weib Kienäpfel. Kleiner und kleiner wurden die Kreise und plötzlich tauchte das rote Kopftuch dicht bei dem verendeten Reh auf. Noch ein kurzer Blick in die Runde; mit raschen Griff war die Kötze herab- gerissen, die Tannenäpfel'rollten zur Erde, im Nu war die Drahtschlinge durchschnitten, mit einer Kraft, die man einer Frau nicht zugetraut, war die Riecke in dem Tragkorbe, dieser selbst ward auf die Schulter geworfen, noch ein scheuer Blick unter dem Kopftuch hervor und das dichte Unterholz schloß sich über der Dahineilenden.
Noch wenige Minuten! Ein neues Geräusch ! Aus dem dichten Geäst einer gewaltigen Tanne löste sich eine gedrungene Gestalt, glitt von Ast zu Ast bis zur Erde und verschwand in der Richtung, in welcher des WildhÄters Haus stand. —
Vesroth, der als Wilderer in der ganzen Gegend bekannt war, wohnte am Ausgange des Dorfes Holzhausen in einem alten, doch wohl erhaltenen Hause. Vor der Thür lehnte sich ein kleines mit Blumen geschmücktes Gärtchen an die Straße, ein schmaler Obstgarten grenzte hinten an das Haus und reichte fast bis an den Rand des die Südseite des ganzen Dorfes umfassenden Waldes. Hinter dem Walde ging die Sonne unter und eine mondlose Nacht sank herab auf die Flur. Um das Haus des Wilderers wurde es lebendig. Gestalten huschten hin und her.
„Ihr seid sicher, daß er das Haus nicht verlassen?" sEs war die Stimme des alten Wildhüters Ehrhardt, die in gedämpftem Tone so frug.
„Ich bin ganz sicher, seit er heute Morgen die Rieke hier her geschleppt, ist er noch nicht ausgezogen. Der Fuchs traut doch nicht dem Wetter so ganz, er liegt beobachtend selbst auf der Lauer."
„Ihr mögt Recht haben, wenn Ihr Euch nur heut' Morgen nicht irrtet. Ein Weib mit rotem Tuch und Vesroth ist zweierlei, wenn auch-
„Josthenner lächelte überlegen. „Abwarten!" sagte er leise.
Ein Forstgehilfe trat zu den beiden.
„Nichts Verdächtiges bemerkt?"
„Nichts, nur meine ich, es wäre doch besser gewesen, dem Oberförster von unserem Vorhaben Nachricht zu geben!" Josthenner nickte.
„Ich habe gute Gründe, den Herr aus dem Spiele zu lassen, es wäre mir lieber, wenn wir den Kerl allein unschädlich machen!"
Am Saume des Waldes ertönte ein Pfiff.
„Drauf!" und von allen Seiten stürmten dunkle Gestalten dem Hause zu. Die Mutter des Wilderers öffnete den suchenden und Einlaß begehrenden Forstleuten. In wenig Minuten war das Haus durchsucht. Vergebens! Nichts, auch der Wilderer war nicht zu finden.
„Ihr habt uns arg getäuscht, Josthenner," murrte Ehrhardt.
Der Hirt schüttelte den Kopf und stieg noch einmal zum Keller hinab. Der Wildhüter folgte. Da in einer Ecke lag ein Haufen Asche. Man hatte ihn kaum beachtet. Josthenner wühlte ihn um. Mit einem Ausruf der Freude fuhr er empor und zeigte dem neben ihm stehenden Ehrhardt die unter der Asche versteckte Rieke. Das Tier wurde mitgenommen. Der Wilderer selbst war nicht zu finden. Und die alte Frau Vesroth schloß hinter den abziehenden Forstleuten mit höhnischem Lächeln die Hausthür. In die Stube zurückgckehrt, öffnete sie ein Fenster und aus dem Geäst eines Odstbaumes glitt ihr Sohn in die Stube. Sein Gesicht war in Wut verzerrt.
„Haben sie etwas gefunden?"
„Leider, der Dallart, der Josthenner hat die Rieke unter der Asche aufgefunden."
„Verdammt, der Kröte dreh' ich den Hals um, wo ich sie treffe!"
„Ich glaube, Du halst Dich einige st«, ruhig. Ich sage. Du seiest mit Deiner hölzerne» Ware auf Reisen." ^ ^
Der Wilderer nickte, doch aus seinen Au»-» schossen Blitze des Hasses.
„Dein Rat ist gut. ich thue wie Du sagtest doch ruhig bleibe ich nimmer!" '
(Fortsetzung soigt.i
(Ein achtjähriger Schulknabe mit Backenbart.) Es giebt keine Kinder mehr, das ist eine oft gehörte Klage. Aber sie wurde bisher nicht aus dem Grunde erhoben, weil die Kinder auch schon Manneszier, einen wahrhaften Bart, besitzen. Von einer solchen Ausnahme, die trotz ihrer kindlichen acht Jahre einen wirklichen Bart besitzt, sei hier berichtet: Es ist dies der 8jährige Ludwig Kern; der Knabe, Schüler in der zweiten Normalklasse in Wien, ist Besitzer eines recht gut ausgewachsenen Backenbarts, der ihm unter seinen Kameraden eine ganz exceptionelle Stellung einräumt. Der Knabe ist Aerzten wiederholt vorgestellt worden, deren Interesse das ausfallende Naturschauspiel in hohem Grade erlegt hat.
Lagartijo, der spanische Stiertöter, der kürzlich Abschied vom Publikum genommen und das Zeichen seiner Würde, den Zopf, abgeschnitten hat, hat, der „Köln. Ztg." zufolge, während der Zeit, in welcher er fein Handwerk, oder wie man in Spanien sagt, seine Kunst ausübte, mehr als 400 Stieren den Garaus gemacht und dafür, wie ihm nachgerechnet wird.' 5 Mill. Pesetas eingenommen. Viel hat er für Wohlthätigkeitszwecke hergegeben und viel haben die Feste gekostet, welche er seinen Bewunderern gab, zumal diejenigen auf den Weiden seiner Stiere, die an Glanz denen der mächtigsten Großen nicht nachgestanden haben sollen.
Ldercder: lg. lonnns! Der Berliner Berichterstatter der Daily Chronicle hat eine einfache und ansprechende Theorie zur Erklärung der Spaltung in der deutsch-freisinnigen Partei. Er hat die Frau gefunden. „Herr Rickert", so läßt seine Weisheit sich vernehmen, „hat eine Schottin namens Sloddart zur Frau, und ihrem vernünftigen und mäßigenden Eindruck ist es in nicht geringem Grade zu verdanken, daß er sich den Militärforderungen der Regierung gegenüber entgegenkommender beweist, als sein einstiger Waffengenosse Eugen Richter, der als rauher, ungezähmter Junggeselle keiner Autorität, nur seinen eigenen wilden Leidenschaften gehorcht."
(Pech.) Gastwirt (in einem Kurort): „Ich sage Ihnen, mit den Leuten hier ist nichts anzufangen! Schon seit zwei Jahren suche ich eine Gesellschaft zusammenzubringen, damit wir uns zur Besteigung des Gebirgs einige Esel für die Kurgäste halten könnten, aber bis jetzt stehe ich noch immer allein da."
(Immer Geschäftsmann.) „Ach Gott", seufzt der Herr Bankdirektor, als er morgens in feinem Arbeitszimmer das Blatt für den gestrigen Tag vom Abreißkalender entfernt, „wieder ein Kupon weg von meinem Leben!"
(Das Einfachste.) Lehrerin: „Wie bereitet man Bouillon, Fräulein v. Spatz?" — Fuiumn v. Spatz: „Man kauft eine Büchse Licdigs Fleischextrakt und verfährt nach Gebrauchsanweisung!" .
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