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Bundestag versammelten 8000 Kameraden d-z württcmbergischen Kriegerbundes mit ehr­furchtsvollem Gruß und dem Ausdrucke treuester Lmqcbuiig für Kaiser, Reich. König und Vater- Wd." Hierauf antwortete der Kaiser sofort, cr sei hocherfreut durch den Huldigungsgruß und -reche dem württcmbergischen Kriegerbunde für den Ausdruck der Treue und Hingebung für Kaiser und Reich seinen herzlichsten Donk aus.

Berlin, 16. Mai. Die preußische Eisen- bahnverwallung hat nach einer Mitteilung der Deutschen Verkehrszeitung" kürzlich den Ver­such gemacht, die höchste Fahrgeschwindig­keit eines Zuges innerhalb der Grenzen eines gesicherten Betriebes fcstzustellen. Zu diesem Zwecke wurde unter Beteiligung einer größeren Zahl höherer Eiscnbahnbeamten ein aus sieben dreiachsigen und 2 zweiachsigen Personenwagen bestehender Sonderzug vom Bahnhofe Grünwald bei Berlin nach Schneidemühl abgclasfen. Er wurde durch eine Schnellzugslokomotive neuester Art befördert. Der Zug fuhr um 7 Uhr 6 Min. früh ab und traf in Schneidemühl um I I Uhr 52 Minuten ein; die Entfernung beträgt 346 Wometer. Wenn man 51 Minuten für den Aufenthalt an den Haltestellen abrechnet, wurden in der Stunde 88,34 Kilometer durchfahren, die schnellste Fahrzeit, die auf deutschen Bahnen bisher erreicht worden ist.

Noch befinden wir uns nicht auf dem Höhe­punkt der Reichstagswahl-Bewegung und schon werden von verschiedenen Seiten allerhand Betrachtungen über den Zeitpunkt des Beginnes der neuen Reichstagssession über deren mutmaß­lichen Verlauf u. s. w. angestellt. Vorläufig kann man indesfen alle diese Erörterungen wohl als verfrüht bezeichnen, zu ihnen wird es nach dem Vollzüge der Wahlen am 15. Juni noch früh genug sein. Auch wissen Berliner Mels­ungen bestimmt zu versichern, daß von zuständiger Seite bislang weder über den Tag des Zu­sammentritts des neuen Parlamentes noch über die Form der ihm erneut zu unterbreitenden Miluärvorlage und ebensowenig über die ander­weitige Gestaltung der Deckungsfrage Beschlüsse gesüßt worden feien.

Breslau, 20. Mai. Die Schles. Volksz. (Zcntrumsblatt) bestätigt, daß die Vertrauens­männer der schlesischen Zentrumspartei beschlossen haben, man müsse den Kandidaten in der Militärvorlage freie Hand lassen.

Innerhalb des Zentrums scheint sich eine Schwenkung zu Gunsten einer Verständigung mit der Regierung wegen der Militärvorlage vorzbereiten. Hierauf deuten wenigstens eine ganze Reihe von Vorgängen, die mit der Wahl- dewegung zusammenhängen, im Lager der Zentrumspartei hin; aus ihnen erhellt, daß in der Zentrumswählcrschaft wett mehr Elemente, die zu einer solchen Verständigung neigen, vor­handen sein müssen, als dies nach der oppo­sitionellen Haltung des weitaus größten Teiles der Zentrumsfraktion gegenüber dem Kompromiß Huene anzunehmen war. Vielleicht darf'man den Umstand, daß der offizielle Wahlaufruf der Zentrumspartei noch immer nicht erschienen ist, diesem Einlenken wenigstens eines Teiles der Zentrumswählerschaft in der Militärfrage mit zuschreiben.

Als ein immerhin bedeutsamer Vorgang in der Wahlbewegung der letzten Tage erscheint der Beschluß der in Breslau versammelt ge­wesenen Vertrauensmänner der schlesstschen Zen- ttumspartei, den Zentrumskandidaten in der Müitärvorlage-Angelegenheit freie Hand zu lassen. Denn dieser Beschluß markiert eine offen­bare Schwenkung in einem Teile des Zentrums nach der Richtung einer Verständigung mit der zfEMrung in derMilitärfrage" hin, und allem Anschein nach wird dieses Einlenken nicht nur

d'k Zentrumswählerschaft Schlesiens be-

nll bleiben. Denn auch in anderen Teilen es Reiches gibt sich unter den Anhängern der Zentrumspartei ein ähnliches Bestreben kund, etches in verschiedenen Wahlkreisen bereits da- bu geführt hat, daß zwei Zentrumskandldaten v- m ^ worden sind, von denen der eine auf m Boden der Miluärvorlage steht, während ia» "" Gegner derselben ist. Diese zwei­te Strömung innerhalb der Zentrumspartei

spielt offenbar auch in der so auffälligen Ver­zögerung des offiziellen Wahlaufrufes des Zen­trums ihre Rolle.

Die sozialdemokratische Partei tritt in diesen Wahlkampf mit großer Energie ein. Nicht weniger als 300,000 Wahlflugblätter sind durch den Parteivorstand für die 17 Wahlkreise Württembergs versandt worden. Dieselben ge­langten in einzelnen Wahlkreisen zum Teil breits während der Psingstfelertage zur Verteilung.

Der deutsch-spanische Handels. Ver­trag soll nach monatelangen Verhandlungen unmittelbar vor seinem Abschlüsse stehen. Die Unterzeichnung erfolgt dem Vernehmen nach dieser Tage in Madrid.

Berlin, 17. Mai. Eine Anklage wegen Beschimpfung der Kirche wurde gestern gegen den Buchhalter Wilhelm Köster verhandelt. In einem sozialdemokratischen Wahlverein bemängelte Köster, daß das Abgeordnetenhaus 10 Millionen Mark zur Erbauung des Domes, diesesVer­dummungsinstituts" bewilligt habe. Wegen dieses Ausdrucks erkannte das Gericht auf einen Monat Gefängnis.

Charlottenburg, 16. Mai. Am Sonn­tag Nachmittag wurde der 6'/r jährige Knabe Erich Klinger von dem 27jährigen Barbierge­hilfen Ernst Koppler in der Nähe des Exerzier­platzes ins Gebüsch gelockt, schauderhaft mißbraucht, verstümmelt und dann erwürgt. Ein des Wegs kommender Arbeiter ergriff den Thäter und lieferte ihn der Polizei aus. In den Taschen des Lustmörders fanden sich Bonbons vor, wo­mit er sein Opfer angelockt hatte. Kappler ist ein sittlich vollständig verrohter Mensch, der auch noch bei seiner Festnahme die Worte äußerte: Na. nun ist die Warnung meiner Mutter doch in Erfüllung gegangen; der Scharfrichter Reindel wird jetzt an meinem Kopf 100 ^ verdienen." Kappler giebt zu. mit Vorsatz und Ueberlegung die That vollführt zu haben. Bezüglich der Verstümmelung erklärt er, einmal gelesen zu haben, daß der ein langes Leben vor sich habe, der einen solchen Körperteil von einer Leiche lostrenne und verzehre. Dieser Gedanke sei ihm erst nach dem Tode des Knaben gekommen. Bei seiner Vernehmung äußerte er wiederholt: Ach, wenn cs doch gleich zu Ende wäre, ich weiß, daß ich um einen Kopf kürzer gemacht werde." Der erdrosselte Knabe hatte die mütter­liche Wohnung verlassen, um Blumen zu suchen für das Grab seines Vaters, der vor 3 Jahren in einer Fabrik tödlich verunglückt ist.

Bei der Firma A. Dreißig acker in der Launitzstraße in Frankfurt a. M. wurde in einer der letzten Nächte eingebrochen und aus dem Kontor das mehrere Zentner schwere Mittel­stück des Kassenschrankes gestohlen. Die Diebe brachen vier Thüren ein, ehe sie an den Schrank kamen. Zum Transport benutzten sie einen im Hof stehenden Drückkarren, mit dem sie ihren Weg durch die hinter dem Hause befindlichen Gärten nahmen. Die sofort nach dem Bekannt- werden des Einbruchs angestellten Nachforsch­ungen hatten das Resultat, daß der Schrank im Walde hinter Louisa erbrochen gefunden wurde. Außer Geschäftsbüchern war nichts darin, da der Eigentümer vorsichtig genug ist, jeden Abend den Geld- und Wechselvorrat an anderer Stelle aufzubewahren. Die große Arbeit, die die Spitzbuben leisteten, hat sich also schlecht gelohnt. Im Kontor hatten sie noch 2 Pulte aufgebrochen und die Portokasse sowie den Vor­rat an Freimarken mitgenommen.

Karlsruhe, 22. Mai. Unser Ver­brecherwesen nimmt allmählich einen großstädt­ischen Charakter an. Zwei Schutzleute, welche in der Nacht vom 20. auf den 21. d. Mts. in einer etwas berüchtigten Straße einige Ver­haftungen Vornahmen, wurden von den Ver­hafteten angegriffen und Schutzmann Haß durch einen Stich, der die Halsschlagader traf, so schwer verwundet, daß er nach kurzer Zeit starb. Auch der zweite Schutzmann Gegenwart, der sich mit der Waffe zur Wehre setzte, wurde schwer verletzt. Die Thäter entflohen, wurden jedoch später verhaftet. Der Mörder des Haß, ein Eisengießer namens Härting, suchte, als die Sicherheitspolizei in seine Wohnung drang, sich mit der falschen Ausflucht auszureden, daß er

schon früh am Abend zu Bett gegangen sei. Allein das Gegenteil wurde durch die Haus­bewohner außer Zweifel gestellt, und auch die blutbefleckten Kleider gaben Zeugnis gegen den Verhafteten.

Vor zweihundert Jahren fiel der Pfingstsonntag auf denselben Tag wie diesmal. Der 21. Mai 1693 aber war ein Tag der Schande für ganz Deutschland, ein Schreckens­tag MrAlt Heidelberg, Du feine!" Die schöne Neckarstadt wurde durch rohe Hände ge­plündert, verwüstet, in Flammen gesteckt. General Melac hieß der französische Bluthund, der seinen vielen Heldenthaten, die er in Süddeutschland verübt, an jenem Tage eine neue anreihte.

Heidelberg, 16. Mai. Als Seitenstück zu der Thalsache, daß es in vielen Gasthäusern kein Zimmer mit der von abergläubischen Leuten gefürchteten Nr. 13 giebt, wird berichtet, daß es sich bei der letzten amtlichen Besichtigung der hiesigen Droschken herausgestellt hat, daß es hier keine Droschke mit der verhängnisvollen Nummer giebt. Jeder Fuhrwerksbesitzer, heißt es, habe sich entschieden gegen die Nummer ge­wehrt. sO du Jahrhundert der Aufklärung.)

Metz, 19. Mai. Vom 1. Oktober 1892 bis 1. März 1893 sind nach derMetzer Ztg." in Lothringen an schädlichen Tieren erlegt wor­den: 4 Wölfe, 49 Fischotten sowie 234 Schlangen (Kreuzottern), letztere sämtlich im Kreise Metz. Der Gesamtbetrag der dafür bewilligten Prämien beläuft sich auf 45 vIL für die Wölfe, 367 v-L 50 für die Fischottern und 320 für die Schlangen.

Die alte und die neue Reform.

DiegroßeThatKönigWilhelms I. Im vorigen Jahrhundert wurde das stehende Heer in Preußen teils durch Werbungen. teils durch Aushebungen vollzählig erhalten. Nach den schweren Stürmen, die am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts über Preußen herein­gebrochen waren, trat an die Stelle des Systems der Aushebung (Conscription) das System der allgemeinen Wehrpflicht (Gesetz vom 3. September 1814). Hiernach gehörte der Wehr­fähige 3 Jahre dem aktiven Heere, 2 Jahre der Reserve. 7 Jahre der Landwehr I und 7 Jahre der Landwehr II an.

Mit der Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht hatte es jedoch in der folgenden langen Friedenszeit gute Wege.

Bei den Mobilmachungen von 1849, 1850 und 1859 hatte sich gezeigt, daß unter den Mannschaften die Hälfte verheiratet und Familien­väter waren, deren Tod einen ganzen Haus­stand ruinieren mußte, und die man dennoch dem feindlichen Feuer aussetzte, während man viele Tausende lediger Jünglinge ruhig hinter dem Ofen sitzen ließ." (v. Sybel, Begründung des Deutschen Reichs, Bd. II.)

Da das stehende Heer nur aus 150 000 Mann bestand, mußte ein großer Teil der Land­wehr mit einberufen werden, d. h. es wurden viele verheiratete Leute mit verminderter Kriegs­tauglichkett ihren Familien und ihrem Berufe entzogen. Vor der Reorganisation der Armee, der großen That unseres Königs Wilhelm I., konnte kein einziges Linienregiment auf Kriegs­fuß gesetzt werden, ohne daß zugleich ein Land­wehrregiment mobilisiert wurde; jede Jnfanterie- brigade bestand aus einem Linien- und einem Landwehrregiment. Der leitende Gedanke der Reform war also, einerseits die Feldtruppen durch Mehreinstellung von Rekruten und Aus­dehnung der Reservepflicht zu verjüngen, anderer­seits die persönliche Militärlast durch Abkürzung der Gesamtdienstzeit sowohl als auch durch Er­weiterung der Beurlaubungen zur Disposition zu erleichtern.

Wenn es heißt, trotz der Verjüngung des Heeres durch die That König Wilhelms hätte doch die Landwehr 1866 in die Feldschlacht ziehen müssen, so lauten die Daten der Geschichte darüber anders. Im Jahre 1866 kam die Landwehr abgesehen von den Attacken einiger Landwehrschwadronen nur bei Langensalza und bei Oswiecim, und zwar in geringer Zahl, ins Feuer. Im Uebrigen konnte die Landwehr ge­schont, und vom Gefechte fern gehalten werden,