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scklüvft welches vier wohlgeformte Beinchen mit ur Welt brachte. Das Tierchen ist sehr munter und als viersüßiges Geflügel seinen neun Geschwistern in Schnelligkeit weit überlegen.
Württemberg.
Das Komite zur Errichtung eines gemeinsamen Erinnerungszeichens für König Karl und Königin Olga von Württemberg erläßt ein KonkurrenzauSichreiben .für württem- bergische und alle in Württemberg lebenden Künstler. Das Denkmal soll in den oberen königlichen Anlagen in Stuttgart errichtet werden.
Stuttgart, 8. April. Kammer der Abgeordneten. Die Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend das landwirtschaftliche Nachbarrecht wurde fortgesetzt. Bei Art. 10. welcher die Entfernung der Hecken von der Grenze auf 1 w (bei Weinbergen auf 4 w) festsetzr, traten Egger, Nußbaumer. Frhr. W. v. König und Frhr. v. Wöllwarth für einen geringeren Abstand ein, da bei einem Abstand von 1 m zu befürchten fei, daß überhaupt weniger Hecken bepflanzt werden, was im Interesse des Vogelschutzes zu bedauern wäre. Dagegen verteidigten Stockmayer, v. Ow, Bantleon, sowie Minister v. Schmid die Vorlage unter Hinweis auf die schädlichen Tiere. Mäuse u. Raupen, die in den Hecken ihre Zuflucht finden. Der Artikel wurde schließlich nach der Regierungsvorlage angenommen. Bei Artikel 19, der die Abstände für neue Waldanlagen aus 3—6 in (gegenüber Weinbergen in südlicher, südwestlicher und südöstlicher Lage aufs Doppelte) und bei Verjüngung von Waldanlagen auf 2 m festsetzt, beantragte Hartmann gleiche Grenzabstände für alle Waldungen derart, daß auch die bestehenden Kulturen nach und nach auf diese größere» Abstände zu reduzieren wären. Hartmann begründete den Antrag damit, daß die Waldungen ohnedies meist in den Händen des Staates oder wohlhabender Familien sich befinden ; man spreche gegenwärtig so viel davon, daß für die Landwirtschaft etwas geschehen müsse, so möge man dies auch bei dieser Gelegenheit lhun. Stockmayer. Spieß und Minister v. Schmid sprachen sich mit Entschiedenheit gegen den Antrag aus. dessen Annahme die ganze Vorlage wieder zum Scheitern bringen würde, nachdem bekanntlich schon die frühere Vorlage gerade über den Meinungsverschiedenheiten, die sich bezüglich der Abgrenzung von Waldanlagen ergeben hatten, zu Fall gekommen war; der Antrag würde einen ungeheuerlichen Eingriff in das Eigentumsrecht in sich schließen. Frhr. H. v. Ow, sowie Minister von Riecke nannten denselben eine förmliche Expropriation, der eine Entschädigung folgen müßte. Nur Haußmann- Gerabronn meinte, er sehe nicht ein, warum man gerade hier von einem Eingriff in das Privateigentum sprechen wolle, da doch das ganze Gesetz solche Eingriffe enthalte; er werde jedenfalls in erster Lesung für den Antrag stimmen. Essig hätte wenigstens größere Abstände gegenüber dem Feld und den Weinbergen gewünscht. Der Antrag Hartmann wurde schließlich mit großer Mehrheit abgelehnt. Dagegen wurde der tags zuvor zurückgestellte Artikel 17 mit dem Amendement Stälin und v. Hofacker angenommen, wonach zu Gunsten bevorzugter Weinberge ohne Rücksicht auf ihre Lage die Grenzabstände durch Ortsstalut verdoppelt werden können. Artikel 21, der von der Beseitigung überhängender Zweige handelt, macht eine besondere Ausnahme zu Gunsten der sogenannten Traufbäume und bestimmt, daß darüber, ob die Ausnahme zu machen sei, im einzelnen Falle der Richter nach Vernehmung von Sachverständigen zu entscheiden habe. Diese Worte »nach Vernehmung von Sachverständigen" wurden auf Antrag von Dr. Göz gestrichen, da, wie der Antragsteller bemerkte, unsere Landesgesetzgebung nicht das Recht hat» den Richter unter allen Umständen zur Vernehmung von sachverständigen zu zwingen. Artikel 24 bestimmt, daß Früchte, die von einem Baum auf em Nachbargrundstück herüderfaüen, als Früchte >es.es Grundstücks gelten sollen; dagegen sollen »ruchie, die auf eine Slraße, einen öffentlichen kg oder ein öffentliches Gewässer herabfallen,
als auf dem Grundstück, auf welchem der Baum steht, niedergefallen zu ^betrachten sein. Dieser Artikel wurde im Absatz 1 in einer jvon Landauer beantragten besseren redaktionellen Fassung angenommen; in Absatz 2 wurden auf Antrag der Kommission die Worte „oder ein öffentliche-; Gewässer" und weiterhin auf Antrag Göz noch das Wort „Straße"Agestrichen.
Wie schon mitgeteilt, findet an diesem Sonntag den 16. April eine vollständige Sonnenfinsternis oder richtiger Sonnen- bedeckung statt. Sie ist in Südamerika, dem daran grenzenden Teil des Stillen und dem mittleren Teil des Atlantischen Ozeans, in Afrika mit Ausnahme der Südspitze, in der Südhälfte Europas, in Kleinasien und im nordwestlichen Arabien sichtbar. Die nördliche Grenze der Sichtbarkeit geht in Europa durch Nordfrankreich, Luxemburg, die südliche Rheinprovinz. Rheinhessen, Hessen-Darmstadt, Unter- und Oberfranken. Böhmen. Galizien. Rumänien und Südrußland. Die Linie der zentralen Verfinsterung läuft vom Stillen Ozean nach Chile, dem nördlichen Teil Argentinien und Brasilien; dann durchschneidet sie den Atlantischen Ozean, Senegambien, den südlichen Teil der Sahara und endet im ehemals ägyptischen Sudan. Die Finsternis beginnt mittags 12 Uhr 57,5 Min. mitteleurop. Zeit. In Stuttgart findet um 5 Uhr eine Verfinsterung des Südrandes statt. Die Dauer der völligen Verfinsterung beträgt >m Großen Ozean 2^/«, im westlichen Südamerika
3 Minuten; im atlant. Ozean steigt sie bis auf
4 Min. 49 S., eine Dauer, die nur bei einer Sonnenfinsternis im letzten Viertel dieses Jahrh., der vom 6. Mai 1883 übertroffen wurde. Zur Beobachtung der Finsternis wurden verschiedene Expeditionen nach Afrika und Südamerika ausgesandt. — Den 16. April bezeichnet bekanntlich Falb als einen kritischen Tag erster Güte. Auch von anderen Seiten wird übereinstimmend gegen Mitte dieses Monats ein Wettersturz angekündigt. Die Sonnenfinsternis wird wohl einen solchen bringen.
Ausland.
Paris, 13. April. Der Cassationshof hat heute die Revision von Lesseps und Blondin gegen ihre Verurteilung zu 1, bezw. 2 Jahren Gefängnis wegen Bestechungsoersuchs verworfen.
Aus Serbien, 12. April. Ein Erdbeben ist am Samstag besonders im Moravathale aufgetreten. In Cuprija spaltete sich die Erde und warf eine gelbe Masse aus. In Svilajnatz bildeten sich mehrere Erdspalten, aus welchen Wasserdämpfe und heißes Wasser hervordrangen. In beiden Orten sind viele Häuser eingestürzt. Die erschreckte Bevölkerung hatte sich auf die nahen Anhöhen geflüchtet und lagert im Freien. Eine Kommission ist nach Svilajnatz abgegangen, um die Naturerscheinung an Ort und Stelle zu prüfen. Die Erschütterungen haben sich in den folgenden Nächten erneuert, jedoch fehr leicht und kurz.
London, 13. April. Aus Pontypridd liegt folgende Meldung vor: Der Einstieg in das brennende Bergwerk war im Laufe des Tages unmöglich; erst abends gelang derselbe. 53 Leichen sind bis jetzt aufgefunden.
New-Jork, 12. April. Ein heftiger Wirbel sturm trat äußerst verheerend in den Staaten Kansas, Iowa, Nebraska und Missouri auf. Mehrere kleine Städte sind angeblich zerstört worden. Zahlreicher Menjchenverlust wird befürchtet. Auch in Chicago soll das Unwetter großen Schaden angenchtet haben.
JnHinterasicn gehen jetzt die Franzosen an die „Abrundung" ihres dortigen Kolonialbesitzes gegen Siam hin. Französische Truppen besetzten am 4. d. M. ohne Schwertstreich die im Mekongflusse gelegene Insel Khone, da sich der siamesische Kommissar und die siamesischen
Soldaten sofort zurückzogen; auch Stundung und das Dorf Khone sind von den Franzosen bereits in Besitz genommen worden. Der Mekong bildete bislang zum größeren Teile die Grenze zwischen Annam und Siam; jetzt schicken sich nun die Franzosen an, auch das westliche, also siamesische. Ufer des Mekongflusses zu besetzen . anscheinend ohne Widerstand seitens der Siamesen zu finden.
Unterhaltender Heil.
Unter falschem Verdacht.
Kriminal-Novelle von H. v. Miss eck.
(Fortsetzung l.l
2.
Der Offizier, der so eilig in den Zug gestiegen war, befand sich allein im Coupee und hatte es sich bequem gemacht.
Mütze und Degen hatte er in eine Ecke geworfen, den engen Waffenrock geöffnet und sich selbst so an das offene Fenster gesetzt, daß der Zugwind ihm über die nasse Stirn strich. —
Graf Zackwitz war ein schöner Mann, etwa dreißig Jahr alt. Wenn auch der schon etwas dünne Scheitel, sowie einige scharfe Linien im Gesicht erkennen ließen, daß er etwas schnell gelebt hatte, so verdeckte die ihm angeborene straffe und dabei vornehme Haltung, und die elastische Beweglichkeit des Körpers, dessen elegante Formen die knappe Uniform recht vorteilhaft hervortrelen ließ, dem oberflächlichen Beobachter die Spuren des jugendlichen Leichtsinns.
Kurt Zackwitz war einer der eifrigsten Ver- ehrer der Frau Sterneck. Er war von der schönen Wittwe eine Zeit lang sogar besonders bevorzugt worden, bis ihr zu Ohren gekommen, daß der junge Graf sein väterliches Erbteil bereits verbraucht hatte und in nicht unbedeutenden Schulden steckte.
Obgleich nun der Lieutenant seinerseits die Person der Frau von Sterneck aufrichtig liebte und an deren Vermögen Wohl erst in zweiter Linie dachte, so hatte er, als er in aller Form um die Hand der vielbegehrrcn Wittwe anyielt, einen Korb bekommen. Seine gleichwohl fortgesetzten Bewerbungen waren vielleicht die Ur>ache, wkShalb sich Frau v. Sterneck entschlossen hatte, vorläufig die Residenz zu meiden.
„Es ist, um wahnsinnig zu werden," murmelte Kurl Zackwitz zwischen den Zähnen und strich mit dem Taschentuch über die feuchte Stirn, „aber ich will doch sehen, ob sie em Herz von Stein hat. Und sollte sie bis ans Ende der Welt gehen, ich folge ihr!"
Jetzt hielt der Zug auf der nächsten Station und eilig öffnet der Schaffner das Coupee.
„Ich kann mir denken was Sie wünschen," fuhr ihn der Offizier unwirsch an. „Hier ist Geld; es wird ausreichen zur Deckung der Strafe und für einen nachträglichen Fahrschein."
Der Beamte, ein früherer Soldat, nahm den befehlenden Ton ruhig hin und fragte:
„Einen Fahrschein? Wohin Herr Lieutenant?"
Der Graf sah ihn mit großen Augen an. Wohin? Ja, das wußte er eigentlich felvst nicht. Nur zufällig halte er die Frau Oberst nach dem Bahnhofe fahren sehen und war ihr sofort nach- geeilt. Er hatte sie vor der Abreise auf dem Bahnhofe noch einmal sprechen wollen, um noch einmal zu versuchen, wenn auch nicht sofort das Jawort, so doch eine Hoffnung für später zu erhalten.
„Wie lange habe ich in F. Zeit, wenn ich mit dem nächsten Zuge zurück will?" fragte er nach kurzem Besinnen den Schaffner.
„Bis 5 Uhr Nachmittags."
„Und wie lange hält dieser Zug in F.?"
„Zwanzig Minuten."
„Gut, lösen Sie mir einen Fahrschein bis F.!"
Der Beamte ging und kam nach einigen Augenblicken mit dem Fahrschein und dem über- schießenden Gelde zurück. Der Offizier nahm den elfteren, das letztere wies er kopfschüttelnd zurück.
„Meinen besten Dank, Herr Lieutenant,"