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d-r Landwirte und des landwirtschaftlichen Be- rirksvercins, indem er an die Verbesserungen erinnert, die während der Thätigkeit des Hrn. Oderamtmann auf diesem Gebiete gemacht wur­den. Redner bat zum Schluß den Hrn. Re- aierungsrat. auch an der Zentrale, van wo aus die Bestrebungen für die Landwirtschaft gehen, den Bezirk im Auge zu behalten. In gleichem Sinne sprach der folgende Redner. Hr. H. Lerch von Höfen, indem er treffend ausführte, daß die Landwirtschaft auch des Handels »nd der In­dustrie bedarf, dem Scheidenden den Dank aus für das stets freundliche Entgegenkommen, namentlich auch mit Bezug auf die Durchführung der sozial­politischen Gesetzgebung. Im Namen der Kor­porationsbeamten feierte Hr. Obcramtsbaumeister Link in längerer, trefflicher Rede den scheidenden Vorgesetzten als tüchtigen Beamten, als wohlwollen­den, fürsorgenden Freund und Berater. Schon allein die Erledigung der Angelegenheiten auf dem Gebiete des Bauwesens (besonders öff. Wasserver­sorgungen,) welche in den letzten Jahren angefallen sind, seien Verdienste des scheidenden Oberbeamten. Wer die Geschichte eines solchen Bauwesens kenne, der wisse, wie viel Mühe und Sorge damit ver­bunden sei. Weiter seien die Schwierigkeiten der Uebernahme der Nachbarjchaftsstraßcn und Wege eines Instituts, das anfangs teuer zu stehen komme, aber mit der Zeit sich bewähren werde durch praktische Behandlung überwunden worden, ebenso die der Straßenprojekte. Bei der Landesfcuerlöschordnung mußte thunlichste Rücksicht auf die ökonomischen Verhältnisse ge­nommen werden u. s. w. Hierauf fühlte sich noch Hr. Stadtschultheiß Bätzner veranlaßt, dem Scheidenden noch den speziellen Dank der Ortsvorsteher für die liebenswürdige und zarte Behandlung auszudrücken, indem er in humor­istischer Weise die vielumstrittene Frage der .Lebenslänglichkeit" und die Stellungnahme des scheidenden Oberbeamten zum Stande der Orts- Msteher berührte. Der Scheidende könne ge­rade wegen seines herzlichen, liebenswürdigen Verkehrs mit den Ortsvorstehern von denselben verlangen, daß sie auch vem Nachfolger ihr volles Vertrauen entgegenbringen. Hr. Amtsauwalt Di, Schwabe drückte unter lebhaftem Beifall seine Freude aus über den herzerquickenden Zug, der sich in den heutigen Trinksprüchen gezeigt habe; es sei eine Ehre, wenn sich der Bezirk so um den Scheidenden schare. Die Stelle eines Oberamtmanns habe aber auch eine gewisse beneidenswerte Seite. Er möchte nur noch aus­drücklich von Seiten des K. Amtsgerichts die kollegialischen Gesinnungen des Scheidenden rühmend Hervorheden. Es müsse das Bestreben eines Beamten sein, daß man von ihm sagen könne, er hat nicht blos mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen seines Amtes gewaltet. Hr, Graf v. Uxkull widmete herzliche Abschieds- Worte der Familie des Hrn. Regierungsrats und gab hierauf die Anregung zu dem stimmungs­vollen Lied:Morgen muß ich fort von hier." Noch richtete Hr, Oberamtsverweser Maier als Freund der Natur tiefempfundene, sympatisch berührende Abschiedsworte an den Freund der Natur. Es werde dem Scheidenden in seinem neuen Wirkungskreis nicht mehr vergönnt sein, die Natur in dem Maße zu genießen. Man dürfe deshalb hoffen, daß die erfrischende Natur lhn veranlassen und zwingen möchte, von Zeit zu Zeit wieder zurückzukehren ins Enzlhal, um da Erholung zu suchen von dem aufregenden und aufreibenden Leben der Großstadt. Es werde der Familie Hosmann stets Gastfreund­schaft entgegengebrachl werden. In sämtliche, vorstehend der Reihenfolge nach aufgezählten Drinksprüche wurde mit einmütigem Beifall ein­gestimmt, wie überhaupt der Abschied einen un­gemein herzlichen Charakter trug. Die Stunde herangekommen; mit dem herr- N ^ ^EslledMuß i denn, muß i denn zum «tadtele naus" und mit noch einigen herzlichen, ^föewegten Dankesworten des allverehrten scheidenden schloß die schöne Feier. Es waren wenige, aber um so mehr Herz und Gemüt an- E^ude, genußreiche Stunden, die dem Gefeierten , w.w allen Teilnehmern in steter Erinner­ung bleiben werden.

Deutsches Meich.

Das offizielle Programm für den Besuch des deutschen Kaiserpaares in Neapel liegt nun ebenfalls vor. Die Majestäten treffen, von Rom kommend, am 27. d. M, Nachmittags l Uhr in Neapel ein, woselbst am Abend große Serenade zu Ehren der hohen Gäste stattfiudel. Für den 28. ist eine Rundfahrt des Kaijerpaares im Golfe von Neapel, sowie eine Gala-Oper im San-Carlo-Theater in Aussicht genommen. Am 29. April Besuch von Pompeji, Abends Ball im Casino Unione. Am 30. soll die Wiederabreise der Majestäten erfolgen.

Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland haben in ihrem Glückwunsch-Tele­gramm an den König von Dänemark anläßlich des am Samstag gefeierten Geburtstages des­selben zugleich ihren Besuch in Schloß Fre­densborg für diesen Sommer bestimmt zuge­sagt. Hiermit dürften die Gerüchte über eine im kommenden Sommer stattfindende Begegnung zwischen dem deutschen Kaiser und dem Zaren erneute Nahrung erhalten. Denn wie bekannt, wollten diese Gerüchte wissen, Kaiser Wilhelm gedenke im Falle eines abermaligen Erscheinens der russichen Majestäten in Schloß Fredensborg daselbst ebenfalls einen Besuch behufs eines Zu­sammentreffens mit dem Zaren abstatten.

Der Gesetzentwurf über den Hausier­handel, welcher dem Bundesrat vorliegt, wird voraussichtlich dem Reichstage in der laufenden Tagung nicht mehr zugehen.

Berlin, 10. April. Der dem Reichstage zugegangene Entwurf des Seucheng esetzes beschränkt, abweichend von der früher ver­öffentlichten Vorlage, die Anzeigepflicht auf die Cholera, das Fleckfieber, das gelbe Fieber, die Pest und die schwarzen Pocken.

Von Karlsruhe aus wird die Nachricht verbreitet, daß die Kaisermanöver in der Zelt vom 11. bis 16. September stattfinden. Der Kaiser würde am 9. September abends von dem Manöver des 16. und 8. Armeekorps kommend, in Karlsruhe einlreffen, der folgende Tag ist Ruhetag. Am 11. Seplbr. ist Parade des 14. Armeekorps bei Karlsruhe, am 12. und 13. Sept. finden Kriegsmärsche des 14. Armee­korps statt; am 12. Sept. ist Parade des 13. Armeekorps bei Ludwigsburg, der am 13. Sept. die Korps-Manöver des 13. Armeekorps folgen. Vom 14. bis 16. Sept. finden die Manöver des 13. Armeekorps gegen das 14. Armeekorps statt.

Karlsruhe, 10. April. Der s. Z. be­richtete Fall, wonach der 20 Jahre alte Fässer Ernst Schüler aus Ladenburg am 19. Novbr. v. I. in der Nähe von Eutingen d. Pforzheim einen 13 Jahre alten Knaben aus Kieselbronn beraubt und in der schauderhaftesten Weise miß­handelt hat, so daß der arme Junge für tot liegen blieb und erst nach ömonatl. Kranken­lager einigermaßen wiederhergestellt wurde, ge­langte heute vor dem hies. Schwurgericht zur Verhandlung. Der Angeklagte wurde, wie schon telegrapisch berichtet, zu 15 Jahr Zuchthaus verurteilt. Der Staatsanwalt hatte lebensläng­liche Zuchthausstrafe beantragt.

Lichtenthal, 7. April. Vor einigen Tagen brachte eine Kuh des Schmiedmeisters Kreideweis Hierselbst drei Junge zur Welt, wo­von das eine alsbald verendete, während die andern zwei, sowie das Muttertier, gesund und munter sind. Gewiß ein seltener Fall!

Württemberg.

Stuttgart, 11. April. II. MM. der König und die Königin haben sich heute Nachmittag zu vorübergehendem Aufenthalt nach Ludwigsburg begeben.

Der Kriegsminister, Gen.-Lieut. Freiherr Schott v. Schottenstein hat sich mit Major Funk nach Berlin begeben.

Stuttgart, 6. April. Die Kammer der Abgeordneten nahm gestern ihre Thätig­keit wieder auf. Unter den Einläufen befindet sich ein Gesetzentwurf, betreffend die Entlassung dienstunfähiger Körperschaftsbeamten/ Den ersten Gegenstand der Beratung bildete der Gesetzentwurf, betreffend die Dienstaufsicht über die Gewerbegerichte, wonach die letzteren der

Dicnstaufstcht der Landgerichte unterstellt werden. Nach Erledigung weiterer Angelegenheiten wurde die Elaksberatung fortgesetzt und zwar Kap. 108 Ständische Kasse, Kap. 109 Reservefonds und Kap. 110a Aufwand und Postporlo infolge der Aushebung der Portofreiheit in Dienstsachen er­ledigt. Bei Kap. 108 hatte Aldingec als Berichterstatter im Namen der Kommission die Abrundung der ständischen Taggelder nach unten d. h. von 9 43 ^ auf 9 40 ange«

regt; nachdem aber der Finanzminister darauf hingewiesen, daß der jetzige Satz auf einer gesetz­lichen Bestimmung beruhe, die nicht ohne weiteres sich abändern lasse, wurde nach einigen weiteren Bemerkungen mehrerer Abgeordneten der Gegen­stand verlassen. Bei Kap 100a brachte Meyder zur Sprache, daß den Ortsbehörden seitens der Bezirksbehörden oft Vorhalte auf Postkarten ge­macht werden; so sei irgend ein Schultheißenamt einmal mittelst Postkarte darauf hingewiesen worden, daß Oberamtsrichter, Obcramtsärzte

u. s. w. zu grüßen seien, worauf der Finanz­minister versprach, dafür Sorge zu tragen, daß derartige Taktlosigkeiten nicht mehr Vorkommen. Die Beratung des Etats wurde abgebrochen und darauf in die Beratung des Gesetzentwurfs, be­treffend das landwirtschaftliche Nachbarrecht ein­getreten. Die Generaldebatte wurde eingelcitek durch die Berichterstatter Stockmayer und Landauer, die beide den Eintritt in die Be­ratung des Gesetzes empfahlen, welches einem Bedürfnis entgegenkomme, das sich, seitdem der Landtag das letztemal mit dem Gegenstand sich beschäftigt (bekanntlich wurde damals keine Einig­ung zwischen beiden Ständekammern erzielt, so daß das Gesetz nicht zur Verabschiedung gelangen konnte), immer fühlbarer gemacht habe. Landauer hob noch besonders hervor, daß die Bedenken, die er gegen den früheren Entwurf gehabt habe, weil er gefürchtet, derselbe könnte mir der reichs­gesetzlichen Regelung des bürgerlichen Rechtes kollidieren, nunmehr geschwunden seien, da es als sicher betrachtet werden dürfe, daß gerade auf dem Gebiete des landwirtschaftlichen Nach­barrechts die Berücksichtigung der besonderen lokalen Bedürfnisse den Landesgesetzgebungen überlassen bleiben solle. Auch mehrere weitere Redner, Gock, v. Hosacker, Fchr. H. v. Ow, Auer, sprachen ihre Befriedigung über die Ein­bringung der Vorlage aus, und nur der Abge­ordnete Es sich meinte, in seiner Gegend, wo der Weinbau vorherrsche, sei das Bedürfnis für das Gesetz nicht besonders groß, wogegen Weis­haar betonte, daß in Besigheim ebensowohl wie im andern Lande ein solches Bedürfnis bestehe. Im Laufe der Debatte sprachen auch die Minister

v. Schmid und v. Faber, von welchen der elftere die Bedürfnisfrage erörterte und auf den Unterschied der jetzigen gegen die frühere Vor­lage hinwies, während der letztere über das Ver­hältnis der Landes- und der bevorstehenden Reichsgesetzgebung auf dem Gebiete des land­wirtschaftlichen Nachbarrechts sich verbreitete. Die Generaldebatte wurde sodann geschlossen und in die Einzelberatung des Entwurfs einge­treten, wobei die Artikel 19 nach den An­trägen der Kommission angenommen wurden.

Das Neue Tagbl. von Stuttgart hat in der Angelegenheit Hegelmaier Erkundigungen an zuverläffigem Ort eingezogen und kann nun folgendes als verbürgt mitteilen: Hegelmaier war bekanntlich wegen Urkundenfälschung ange­klagt, wurde aber vom Landgericht Heilbronn freigesprochen, weil der Gerichtshof annahm, daß das gefälschte Schriftstück keine öffentliche Urkunde im Sinne des Strafgesetzbuchs sei. Das Reichs­gericht hat dieses Urteil aufgehoben, weil das­selbe das Schriftstück für eine öffentliche Urkunde anerkannte. Mithin hatte das Landgericht Heil­bronn in dieser Sache von neuem zu entscheiden. Inzwischen war im Disziplinarverfahren festge­stellt worden, daß Hegelmaier geistig nicht zu­rechnungsfähig sei. Wenn diese Feststellung für den Strafrichter auch nicht bindend war, so war es doch dessen Pflicht, besonders da ein so schweres Vergehen wie Urkundenfälschung vorlag, dem Z 81 der Strafprozeßordnung gemäß den Geisteszustand des Angeklagten untersuchen und denselben dem Gesetze gemäß zur Beobachtung in eine öffentliche Irrenanstalt bringen zu lassen