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Dies verordnete also das Landgericht, und eine dieserhalb von Hegelmaier an das Oberlandesgericht gerichtete Beschwerde ist zurückgewiesen worden. Das Landgericht in Heilbronn hat daher die Uebersührung Hegelmaiers nach Jllenau (Baden) verfügt, und zwar ist dieser Ort gewählt worden, um den Verdacht jeder Voreingenommenheit zu entkräften und weil an der Spitze der dortigen Heilanstalt eine anerkannte Fachautorität steht. Eine rasche Erledigung dieser Angelegenheit steht aber nicht zu erwarten, da der leitende Arzt, bevor er sein Gutachten abgeben kann, sich erst aus dem sehr umfangreichen Aktenmaterial informieren muß.
Bietigheim, 8. April. Diesen Mittag wurde unterhalb der Sägmühle der Leichnam eines aus Calmbach gebürligten älteren Mannes, der sich des Holzhandels wegen hier aufhielt, tot aus dem Wasser herausgezogen. Der Verunglückte muß in der Dunkelheit der gestrigen Nacht den Weg verfehlt und in die Enz gefallen sein, hat sich aber, wie man an der Lage des Körpers erkennen konnte, nicht mehr aus dem Wasser helfen können.
Auch in der Stadt Wangen im Allgäu ist nun eine elektrische Straßenbeleuchtung errichtet.
Anstand.
Die politischen Persönlichkeiten der französischen Republik können das Geflunkern mit glänzenden Phrasen nicht lassen. So hielt der Präsident der Deputierten - Kammer, Casimir Porier, in Trohes bei einem ihm zu Ehren veranstalteten Banket eine Rede, in welcher er namentlich betonte, die Republik sei gegen Angriffe und Neberraschungen geschützt. Was soll das heißen? Die französische Republik ist so wurmstichig, wie der Panamaskandal gezeigt hat, daß es nur einer kräftigen Faust bedarf, um ihr den Garaus zu machen! Weiter erklärte Porier, die Republik könne wohl ehemalige Monarchisten annehmen, aber nicht als Führer, sondern nur als Soldaten hätten sie dann in die republikanischen Reihen einzntreten. — Die zu einem Kompromiß mit der Republik geneigten monarchistischen Elemente dürften indessen sich mit dieser ihnen angebotenen subalternen Stellung gewiß nicht zufrieden geben. — Anläßlich der Neuwahlen zur städtischen Vertretung von Paris haben die gemäßigt-republikanischen Abgeordneten die Pariser Gemeindcwähler in einem Aufruf aufgefordert, gegen alle radikalen und sozialistischen Kandidaten zu stimmen. Die Kundgebung bezeichnet die etwaige Wiederwahl der bisherigen radikal-sozialistischen Mehrheit des Pariser Gemeinderates sehr richtig als eine Gefahr für die Republik.
Dem Gemeinderate von Madrid droht die Versetzung in den Anklagestand. Der schneidige Präfekt, Graf San Bernardo, verlangt diese Maßregel, weil der Gemeindehaushalt der spanischen Hauptstadt einen ungerechtfertigten Fehlbetrag von sechs Millionen aufweist. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Ministerrat dem Anträge des Präfekten bezüglich des Gemeinderates stattgibt.
Venedig, 6. April. Die Wächter im Dogenpalaste fanden das auf 200 000 Lire geschätzte Porträt eines venetianischen Edelmannes von Tintorctlto frevelhaft zerstört. Das Bild ist beim Kopfe durchstochen und ein Stück halb abgelrennt. Von dem Thäter hat man keine Spur.
Telegramme an den Enzthäler.
Friedrichsruh, 12. April. Unter zahlreicher Beteiligung fand gestern Abend zu Ehren des Fürstenpaares Bismarck ein Fackelzug statt, welcher unter herzlichen Kundgebungen für das Fürstenpaar verlief. Mittags hatten die Ratzeburger Jäger ein Ständchen gebracht.
Brüssel. 12. April. Der Generalrat der Arbeiterpartei beschloß gestern nach abgehaltener Plenarversammlung den sofortigen allgemeinen Streik, mehrere 1000 Sozialisten durchzogen
singend die Stadt. Bis Abends 11'/, Uhr fand keine Ruhestörung statt.
London, 12. April. Aus Pontypridd wird gemeldet: Nachmittags brach in der Maschinenhalle des benachbarten Kohlenbergwerks Greatwestern Feuer aus. 300 Bergarbeiter, welche in den Schächten arbeiten, konnten nicht heraufbefördert werden. Das Feuer ergriff die Schächte. Bisher wurden 5 Tote und 70 im Zustand äußerster Schwäche aufgesunden. Die übrigen sind noch in den Gruben.
Unterhaltender Heil.
Unter falschem Verdacht.
Kriminal-Novelle von H. v. Wlsseck.
1 .
Der Zug stand zur Abfahrt bereit und die Glocke hatte bereits zum zweiten Mal das Zeichen zum Einsteigen gegeben. Da kam ein Offizier die Straße heruntergejagt, parierte mit kräftigem Ruck das schäumende Pferd, sprang aus dem Sattel, warf die Zügel einem dort stehenden Dienstmann mit den Worten zu: „Zum Lieutenant v. Zackwitz, Mittelstraße 62!" und stürmte sofort nach dem Bahnhofsgebäude nach dem Bahnsteig
Der Zugführer überblickte soeben noch einmal den fertigen Zug und gab das Zeichen zur Abfahrt. Die Glocke schlug dreimal an, die Pfeife gurgelte und in demselben Augenblick schrillte auch schon der nervenerschütternde Miß- ton der Dampfpseife durch die Luft.
Der soeben angekommene Offizier eilte ohne Weiteres an den Zug, riß die Thür eines Wagens zweiter Klasse auf und sprang hinein.
Da der Zug bereits in Bewegung war, so half das Protestieren des Bahnhof-Inspektors nichts, — nur den Schaffner konnte er noch auf das reglementswidrige Benehmen des Lieutenants aufmerksam machen und ihm anbefehlen, den Zugführer, der den Vorgang nicht mehr mit angesehen hatte, davon in Kenntnis zu setzen.
In einem Damen-Coupce desselben Zuges saßen zwei Damen ganz allein.
Die ältere von ihnen, eine Brünette im Anfang der Dreißiger, hatte den leichten Mantel abgelegt. Das bequeme graue Reisekleid ließ die eleganten vollen Formen des Körpers deutlich hervortreten.
Die Dame hatte sich bequem in die Kiffen zurückgelehnt und blickte zerstreut auf ihre Begleiterin. Diese, ein nicht mehr zu junges Mädchen, ebenfalls im einfachen Reiseanzuge, las eifrig in einem Kursbuche.
„Sie haben doch der Anna gesagt, daß wir in F. die Fahrt unterbrechen werden, Fräulein?" begann die ältere der beiden Damen, indem sie ein kleines Notizbuch aus der Tasche des Regenmantels zog und darin blätterte.
„Jawohl, gnädige Frau," antwortete die Gefragte, in dem sie das Buch zukloppte und neben sich legte.
Da die „Gnädige" schwieg, trotzdem die Gesellschafterin sie fragend ansah, fuhr diese nach einigen Augenblicken fort:
„Sie hatten nicht die Güte, mir mitzu- teilcn, wann wir die Reise forlsetzen werden."
„Das weiß ich selbst noch nicht genau," meinte die Angeredete lächelnd, „ich will zunächst das Grab meines Großvaters aufsuchen, und denke dann mit dem Nachtzuge weiter zu fahren, da das Reisen bei der jetzt wahrhaft tropischen Hitze entschieden eine Strapaze ist."
„Sie brauchen mich auf diesem Ausfluge nicht zu begleiten," fuhr sie fort, als die Gesellschafterin Miene machte, sie zu unterbrechen, „ich weiß, Sie haben Verwandte in B., und da können Sie ja denselben während dieser Zeit einen Besuch machen. Die Anna kann das Handgepäck beim Portier abgebcn und die freie Zeit nach eigenem Belieben benützen — natürlich darf sie den Zug nicht wieder verpassen, wie kürzlich in Wiesbaden: Bitte, sehen Sie doch einmal im Kursbuch nach, wann der letzte Zug heute Abend abgeht."
Während die Gesellschafterin das Buck wieder durchblättert und die „Gnädige" zu» Fenster hinaussieht, wollen wir uns mit den Personen etwas näher bekannt machen.
„Die „Gnädige" war die Wittwe des im französischen Feldzuge vor dem Feinde gebliebenen Oberst v. Sterncck, geb. Gräfin von Waldenfels, und befand sich auf der Reise »ach einem von den Gütern ihres verstorbenen Ge- mahls, welches nahe an der russisch-polnischen Grenze lag. wo sie den Herbst zuzubringen gedachte. um mit Beginn der Wintersaison wieder in der Residenz ernzutrcffen.
Frau Oberst von Sterneck war eine ebenso schöne als reiche Wittwe. Ihre kurze Ehe mit dem um vieles älteren Galten war kinderlos geblieben. Ein großes Vermögen aber hatte sie von ihm geerbt, so daß sie im Stande war ihren Neigungen entsprechend zu leben. Während der Sommermonate war sie stets auf Reisen den Winter aber verlebte sie in Berlin, wo sie ein großes Haus führte. Die Zahl der Be> Werber um ihre Hand war nicht gering. Gleichwohl hatte sie sich bisher nicht entschließen können, sich zum zweiten Male für's Leben zu bindend
Die ihr gegenübersitzende Dame, Fräulein Wegner, die Tochter eines Landpfarrers, die bei ihr als Gesellschafterin in Stellung war, hatte inzwischen die gewünschten Angaben aus dem Kursbuch ermittelt.
„Der letzte Zug geht Abends kurz vor 8 Uhr ab." berichtete sie.
„Das ist mir angenehm. Ich habe also vollständig Zeit, nicht nur das Grab, sondern auch die hübschen Anlagen, die den Westen der Stadl F. schmücken, zu besuchen. Schärfe» sie nur der Anna ein, mich um 8 Uhr im Wartesaal oder auf dem Bahnsteig zu erwarten."
(Fortsetzung folgt.)
120 000 Gulden für — einen Hund werden auf der gegenwärtig in Rotterdam statt- findenden Internationalen Hundeausstellung gefordert. Das Tier, ein Fox-terricr, heißt ^Eoombe Baroneß" und gehört einem Herrn Norman Higgs. Auch sonst noch befinden sich auf da Ausstellung, welche mehr als 700 Exemplare, darunter eine große Anzahl deutscher Tiere, und sehr viele „Prachtstücke" aufweist, verschiedene Raritäten, die ganz enorm bewertet sind.
Für Briefmarken-Sammler wird es von Interesse sein, zu hören, daß die schönste und größte Sammlung sich in Paris im Besitz Ferrari befindet. Der Wert derselben beläust sich, wie eine englische Autorität sagt, auf 250 000 Pfund (5 000 000 ^) Das britische Museum besitzt ebenfalls eine sehr schöne Sammlung. Die obige Autorität sagt, daß falsche Briefmarken hauptsächlich in Deutschland und den Vereinigten Staaten angefertigt werden.
(Zusammengeschossen.) „Denke Dir, mein Schätzchen, ich war heute mit dem Amlsgerichls- rat Schlaurat auf der Rehjagd!" — „Nun, was habt Ihr da zusammengeschossen?" — »sMi Mark zu 'ner Waldmeister-Bowle!"
(Das beste Wasser.) Einst kam zwischen mehreren Bauern das Gespräch darauf, wo etwa im Dorf das beste Wasser sein könne. Ein Witzbold erwiderte: „Ich meine, das beste Wasser hält der Fuchswirt, denn er schüttet seinen GäM etwas Wein hinein."
Gemeinnütziges.
(Mittel gegen das Ungeziefer der Hundes Ein einfaches Mittel besteht darin, daß man wochenmm zweimal die Hunde mit der Bürste und dem Putzzeug putzt, mit welchem man kurz vorher ein Pferd gerewigl hat. — Ein anderes Mittel bereitet man sich aulwS) Weise: Man gießt 20 Gr. Benzin in 160 Gr. Wa,l-r fügt noch 10 Gr. Schmierseife hinzu und reibt alsoam den Hund-mit einem Tuche ab, welches man zuvor m dieser Flüssigkeit geträngt hat.
Neuenbürg, 12. April. Der heutige Vierteljahrsviehmarkt war mit Großvieh wenig befahren. — Die Preise der Läuserschwcw bewegten sich vvn 40—80 die der M> w'
schweme von 24—36 pr. Paar.
Redaktion, Druck und Berlag von Chrn. Meeh iu Neuenbürg.