Franzosen damals acht Armeekorps in der ersten ainie aufzustellen vermochten, während sie jetzt mit Reservetruppen selbst eine Aufstellung Men Italien stark berechnet etwa fünfund- zwanzig Armeekorps an der deutschen Grenze werden aufinarschiercn lassen. Was die deutsche radikale Presse hiezu sagen wird, das weiß man: Ausgeburten eines Chauvinisten, wird sie sagen. Aber diese alles Bisherige übertreffende Rüst­ung Frankreichs und die Entwürdigung zu den Men Rußlands, die beweisen vollgiltig, daß Kapitän Molard Recht hat, wenn er als einziges Kiel der französischen Politik die Revanche, die Demütigung und Beraubung Deutschlands be­bezeichnet."

In den höheren Kommando st eilen der preußischen Armee stehen mehrfache Veränderungen bevor. Als die bemerkenswerteste derselben bezeichnet man den Rücktritt des Generals v. d. Goltz Pascha aus türkischen Diensten in die preußische Armee, woselbst, wie versichert wird, der genannte hochbefähigte Offizier zunächst die durch das Ausscheiden des Generallieutenants Schreiber vakant werdende Stelle als Chef der Landesaufnahme im General­stabe erhalten soll, um später in eine der Ober- quartiermeisterstellen aufzurücken.

Karlsruhe. 16. März. Die Entscheid­ung über die Dauer der Rückfahrkarten ist erst nach Abschluß der zwischen den deutschen Bahnen gegenwärtig schwebenden Verhandlungen zu erwarten.

Molsheim. 13. März. Ein unbekannter Radfahrer hat gestern ganz in der Nähe unserer Stadt auf der breiten Landstraße eine Frau von hinten derart in voller Fahrt über­fahren, daß dieselbe Verletzungen am Körper davongetragen hat. Das Roheste bei der Sache ist aber, daß der ebenfalls zu Fall gekommene Fahrer, nachdem er sich schnell die Kleider ge­reinigt hatte, eiligst davon fuhr und sich um die hilflose Frau in keiner Weise mehr kümmerte. (Ist auch in unserer Gegend schon vorge­kommen. D. Red.)

Württemberg.

Stuttgart, 15. März. Gestern nahm die Kammer derAbgeordneten nach zwei­monatlicher Vertagung ihre Beratungen wieder auf. Präsident v. Hohl begrüßte die Mitglieder und gab eine Uebersicht über die Geschäfte, die der Erledigung harren. Dann trat die Kammer in die Tagesordnung ein: Beratung des Be­richts über die Prüfung der Staatsfinanzver­waltung von 1889/91. Auf eine Anregung von Sachs gab hier der Finanzminster Dr. v. Riecke Mitteilungen über die Vorarbeiten zur gesetzlichen Regelung der Kontrolle des Staatshaushalts. Auch über die Einnahmen au Strafen wegen Kapitalsteuergefährdung, die seit zehn Jahren erheblich zurückgegangen sind, und über Nachholungen zu wenig bezahlter Steuern machte der Finanzminister Mitteilung. Schließlich wurde der Antrag, wonach der Nach­weis der richtigen Verwendung der Steuern pro 1889/91 für erbracht erklärt wird, angenommen.

Peinliches Aufsehen in Württemberg erregt es, daß im Reichstag keine Beratung des Militäretats vorübergehen kann, ohne daß cs den einzelnen Abgeordneten möglich ist, schwere Fälle von Soldatenmißhandlungen unter den württembergischen Truppen, vor aller Welt zu rügen. Bei der letzten Etatsberatung war es der bekannte Fall Lauenstein und dies­mal ist es der Fall Herbert, des Vorstands des Festungsgefängnisses in Ulm. Wenn, wie kaum anders anzunehmen ist, die vom Abge­ordneten Haußmann im Reichstag vorgebrachten Dinge wahr sind, dann ist es höchste Zeit, daß die oberste Militärbehörde einmal gründliche Energie entwickelt, um allen Soldatcnmißhand- lungen ein Ende zu bereiten. Mit dem würt- lembergischen Armeekorps ist schließlich auch die ganze deutsche Armee bloßgestellt, wenn solche Dinge Vorkommen können. Ein sehr wirksames Abhilfsmittel wäre ohne Zweifel gegeben, wenn man einen Offizier, der sich schwere Mißhand­lungen zu schulden kommen läßt, ohne Pension uut schlichtem Abschied entließe oder noch besser,

ihn vor dieser Ausstoßung aus der Armee zum Gemeinen degradieren würde. Ein einziges der­artiges Exempel würde lOOmal mehr erreichen als alle Verfügungen der oberen Kommandos. Es giebt keinen gefährlicheren Feind des deutschen Reiches und der festesten Stütze des Reiches, nämlich der Armee, als ein Offizier, der seine Soldaten roh behandelt. Denn nicht nur die mißhandelten Soldaten selbst, sondern all ihre Freunde und Bekannte sind in begreiflicher Ent­rüstung über derartige Rohheiten nur allzuleicht geneigt, lieber gleich die ganze Armee abzu­schaffen, um solche Vorkommnisse für die Zukunft unmöglich zu machen. Schon aus diesen patrio­tischen Erwägungen heraus muß auch der reichs­treueste und konservativste Mann eine harte Be­strafung jedes Offizirs verlangen, der sich Dinge zu schulden kommen läßt, welche die öffentliche Ent­rüstung herausfordern müssen. Mißhandlungen von Soldaten sind seitens eines Offiziers stets auch ein Akt der Feigheit, denn der Soldat darf sich ja gegen den Offizier nicht einmal wehren, und wenn sonst irgendwo ein Offizier eine Feig­heit begeht, so wird er doch immer als ehrlos betrachtet und behandelt.

Auf nächsten Sonntag sind die württemb. Landwirte,groß und klein", d. h. die Klein­bauern ebensosehr wie die mittleren und Groß­grundbesitzer, nach Stuttgart zu einer Ver­sammlung eingcladen, um im Anschluß an die Berliner Beschlüsse der landwirtschaftlichen Ver­einigung von ganz Deutschland zu den wichtig­sten Fragen Stellung zu nehmen, welche auch die schwäbischen Landwirte nicht minder inter­essieren als die preußischen, sächsischen u. s. w. Man darf auf die Verhandlungen vom nächsten Sonntag umsomehr gespannt sein, als in Würt­temberg Preßstimmen darüber laut wurden, daß die schwäbischen Landwirte durchaus keinen Grund hätten, mit den Handelsverträgen und deren Wirkungen unzufrieden zu sein.

Stuttgart, 15. März. Im nächsten Monat soll eine Vcrbandsversammlung der württ. Darlehenskassenvereine hier statt­finden, um über die schon seit einiger Zeit ge­plante Errichtung einer Zentralkafse als Genoffenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht für die Zwecke des Geldausgleichs unter den einzelnen Darlehenskaffenvereinen und der Kreditgewähr­ung an dieselben Beschluß zu fassen. Um diese Zentralkasse auch den übrigen landw. Genossen­schaften (Kosumgenosfenschaften Molkereigenossen­schaften re.) zugänglich zu machen, ist weiter ge­plant, den Verband landw. Kreditgenossenschaften zu einem Verband landw. Genossenschaften zu erweitern. Die Statutentwürfe für die Zentral­kasse und den erweiterten Verband sollen dem­nächst den Darlehenskaffenvereincn zugestellt werden.

Stuttgart, 15. März. Heute Abend hielt Pfarrer Seb. Kneipp von Wöristzofen zu Gunsten seines dortigen Kinderasyls einen öffentlichen Vortrag im Festsaal der Liederhalle. Der Kaufmännische Verein Stuttgart, der Kauf­männische Verein Lätitia sowie der Verein gegen Impfzwang und derjenige für Naturheilkunde hatten öffentliche Einladung hiezu ergehen lassen. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt und seit zwei Tagen schon konnte man keine Eintrittskarte mehr bekommen. Jedermann, begann der Redner, werde mit ihm einverstanden sein, wenn er behaupte, daß Niemand sterben wolle, daß Jeder sein ganzes Leben soviel als möglich gesund sein wolle und endlich die Absicht habe seine Lebensaufgabe so gut zu lösen, als möglich. Dafür lassen sich die Leute alles ge­fallen und doch sehe man bei einem Blick ins Leben und als stiller Beobachter, daß um das Gewünschte zu erreichen so viel Verkehrtes ge­macht werde. Vor 45 Jahren habe er die Wasserkur bei sich angefangen und da er gute Erfahrungen damit gemacht, habe er auch be­gonnen Andern zu helfen. In zweistündigem Vortrag schilderte Redner in launiger und volks­tümlicher Weise die Grundsätze seines Verfahrens und ging insbesondere auf die Nervosität ein, von welcher Krankheit mit Wasser sicher geheilt werden könne. Heutzutage sind der Vater, die Mutter und die Kinder nervös und wenn nach

den Gründen gefragt werde, so sind es Ver­weichlichung, nicht entsprechende Nahrung und unvernünftige Kleidung. Die Kinder find oft umhüllt, als ob man Eisbären aus ihnen machen wollte. Die einfachste und billigste Nahrung ist auch die beste. Redner tadelte das Bier- und Wein-Trinken bei den Männern und das Kaffee- und Thee-Trinken bei demFrauenvolk." Gegen die Mode und insbesondere gegen das unsinnige Schnüren sprach er sich sehr scharf aus. Bezüglich des Trinkens riet er seinen Grundsatz zu befolgen: Das Bier trinke er nicht, weil es ihm zu schlecht sei und er das Geld besser verwenden könne, der Wein sei ihm zu teuer, auch bekomme man im Bayerland keinen guten und das Wasser sei ihm zu naß, daher er auch von diesem wenig trinke. DasBar­fußgehen" sei sehr zu empfehlen, selbst wenn man deßwegen hie und da für verrückt gehalten werde. Ebenso ist zweckmäßig 34 Minuten in Wasser zu gehen und 24mal in der Woche ein kaltes Bad zu nehmen. Redner ist der festen Ueberzeugung, daß die Krankheit, welche durch das Wasser nicht geheilt wird, überhaupt durch keine Mittel geheilt werden kann. Unter Anderem wies er auf die durch sein Verfahren erfolgte völlige Genesung von an Zuckerkrankheit leiden­den Personen, und weiterer von den Aerztcn be­reits aufgegcbenen Patienten hin. Reicher Bei­fall wurde dem Redner für seine interessanten und lehrreichen Mitteilungen gezollt.

Buchau, 14 März. Dem Metzger Schirmer im benachbarten Kappel wurde letzten Sonntag der 8. Knabe zur Taufe getragen, bei der Se. Maj. der König die Patenstelle übernahm und die Eltern mit einem Patengeschenk erfreute.

Benningen b. Marbach, 13. März. Eine rohe That geschah gestern Abend vor einer hiesigen Wirtschaft. Als ein etwa 50 Jahre alter Mann aus derselben zum Heimgang treten wollte, wurde er unversehens von einem jüngeren Menschen, mit welchem jener kurz vorher einen Wortwechsel gehabt, überfallen und die Staffel hinabgeworfen. In Folge des Sturzes brach der Uebersallene das Genick und verschied innerhalb kurzer Zeit.

Möckmühl, 13. März. Vor einigen Tagen ereignete sich hier ein sehr bedauerlicher Fall von Vergiftung. Ein hiesiger Bauer hatte vor einiger Zeit ein krankes Pferd, zu dem der Tierarzt berufen wurde, der dem kranken Tier 20 Pulver verordnete, in denen sich Arsenik befand; dem Pferd wurden nach und nach 17 Pulver gegeben, die weiteren 3 Pulver wurden aufgehoben. In voriger Woche nahm nun der Mann diese drei Pulver selbst auf einmal ein. Es erfolgte natürlich heftiges Erbrechen und schreckliche Schmerzen und am 3. Tage der Tod.

Altenste ig, 12. März. In einer Ver­sammlung der Mitglieder des Evang. Bundes von hier und von der nächsten Umgebung sprach heute Herr Stadtpfarrer Hetterich von hier über die Stellung der Frau un Lichte der Reformation. Dem in jeder Beziehung wohl vorbereiteten und mit vielem Studium ausge­arbeiteten interessanten Vortrag folgten die zahlreichen Zuhörer mit größter Aufmerksamkeit. Nachdem Herr Redner die Stellung der Frau im Altertum und bei den heidnischen Völkern kurz geschildert, zeigte er, wie erst das Christen­tum der Frau zur würdigen Stellung verholsen, daß auch die kathol. Kirche namentlich durch den Mariakultus, die Jungfräulichkeit und die Mutter, die Ideale im Frauenleben, geehrt und hoch­gehalten; wie aber erst die Reformation der Frau ihre richtige Stellung angewiesen habe, nämlich im Familienleben als Gattin und Mutter, mit priesterlichem Beruf und Mffsions- aufgabe.

Alten steig, 14. März. Heute abend fiel ein 4'/- Jahr altes Kind in einen Nebenkanal der Nagold und wurde vom Wasser fortge­schwemmt. Am Rechen der Schill'jchen Mühle wurde es tot herausgezogen. Die Mutter des verunglückten Kindes hat noch 2 Kinder, vor 4 Jahren verlor sie ihren Mann, ebenfalls durch einen Unglücksfall, indem derselbe von einem umgestürzten mit Reis beladenen Wagen er­drückt wurde.