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giments Nr. 81 unter persönlicher Teil­nahme des Regimentschefs, des Grobher­zogs von Hessen, statt.

Darmstadt, 4. Novbr. Eine ent­setzliche Rohheit wurde heute am Hellen Mittag mitten in der Stadt auf der Rhein­straße verübt. Ein Bursche von etwa 17 Jahren schlug fast ohne vorausgegangenen Streit einen Knaben mit einem Beil derart auf den Kopf, daß dasselbe in dem Schädel des Getroffenen stecken blieb und auf dem Transport des zu Tode Verletzten, der so­fort bewußtlos nach dem Krankenhause ge­bracht wurde, stecken bleiben mußte, da es sich ohne Anwendung von Gewalt nicht entfernen ließ. Der verletzte Knabe dürfte schwerlich mit dem Leben davonkommen.

Die Weinernte in Oberelsaß ist nun überall zu Ende. Die außerordent­lich günstige Witterung der letzten Wochen brachte an manchen Orten einen uner­warteten Ertrag. Im großen Ganzen aber ist die Menge äußerst gering, und es zählt die Weinernte zu den geringsten seit 20 Jahren. Was die Blattfallkrankheit be­trifft, so sind die Zweifler gründlich be­lehrt, denn das Gesamtaussehen der Stöcke, sowie das junge Holz und der Ertrag wer­den bewirken, daß nächstes Jahr jeder Reb­mann seine Reben bespritzt.

Württemberg.

Stuttgart, 2. Nov. Von ver­schiedenen Blättern wurde die Nachricht gebracht, S. M. der König habe das glatt­rasierte Erscheinen sämtlicher Hosbedienste- ten befohlen Dieses ist jedoch nicht der Fall, sondern jene Meldung ist dahin rich­tig zu stellen, daß dieser Befehl nur die­jenigen Bediensteten trifft, welche zur direkten Bedienung Seiner Majestät be­stimmt sind, während die übrigen Hofbe^ diensteten gemäß einer speziellen Aeußer- ung S. M. des Königs nach wie vor nach Belieben einen Bari tragen dürfen.

Stuttgart, 2. Nov. Freunde des gestirnten Himmels machen wir aufmerksam, daß in der Zeit vom 12. bis 14. d. M. voraussichtlich wieder zahlreiche Stern- schnuppensälle beobachtet werden können. Dieselben gehen vom Kopf des Löwen aus und führen den NamenLeoniden".

Ein junger Kaufmann in Ulm fütterte den Elephanten einer Menagerie mit Brot und neckte sodann das Tier so lange, bis es die Geduld verlor, ihn erfaßte und heftig zu Boden warf. Glücklicherweise waren Wärter zur Hand zu seiner Rettung.

Tuttlingen, 3. Novbr. In dem nahen Koppenlandwald wurde heute von holzsammelnden Mädchen ein in einer von Wilddieben gelegten Drahtschlinge frisch verendeter Rehbock ausgefunden und dem Jagdpächter H. Zeeb zum deutschen Hof hier verbracht. Der Hals des gefangenen Tieres war in der, Vvn der Drahtschlinge festgehaltenen Stelle infolge des bitterlichen Todeskampfes schrecklich zerschunden und zeigte ringsum Einschnitte in die dadurch blosgelegten und rotunterlaufenen Fleisch­teile. Möchte es mit der Zeit doch ge­lingen, der frevelhaften und schändlichen Berüber solcher greulichen Tierquälereien habhaft zu werden, um sie ihrem gebühren­den Lohn entgegenführen zu können.

Ausland.

Mit den praktischen Ergebnissen der

interparlamentarischen Friedens­

konferenz in Rom dürfte es recht! windig ausjehen. Alle bisherigen Berichte! über die Konferenzverhandlungen lassen erkennen, daß unter den Konferenzteil­nehmern durchaus nicht die wünschenswerte Einigkeit herrscht, so daß es nicht Wunder nehmen kann, wenn noch keine positiven Beschlüsse vorliegen. Der Vorschlag, ein ständiges interparlamentarisches Komite der Friedenskonferenz zu schaffen, gilt als gescheitert, dafür sollen parlamentarische Friedens-KomiteS der einzelnen Staaten ins Leben gerufen werden. Weiter heißt es, es sei beabsichtigt, von der im nächsten Jahre abzuhaltenden Friedenskonferenz ein Exekutiv-Komitee einsetzen zu lassen, welches mit den Parlaments-Komitees der einzelnen Länder zu korrespondieren haben würde und zur Vermittlung dieser Korre­spondenz wiederum sollen die Parlaments­mitglieder eines jeden Landes je einen Vertreter ernennen. Das sind doch alles recht kuriose Vorschläge und man darf eigentlich neugierig sein, wie viele Komitees dann die Friedenskongreßler noch schaffen werden.

Die Berichte über die Weinlese in Frankreich lauten viel erfreulicher, als man am Ausgange des Sommers zu hoffen wagte, aus einigen Gegenden sogar sehr günstig. Ueberall hat der milde Herbst Wunder gewirkt, eine leidliche Ernte da er­möglicht, wo man schon alles für verloren hielt, und an anderen Orten es dazu ge­bracht, daß die Voranschläge weit überholt werden. Die Menge scheint überall gering zu sein, dagegen die Beschaffenheit ausge­zeichnet.

- In Roubaix in Frankreich hat man entdeckt, daß ein dortiger Metzger seit zwei Jahren Hundefleisch für Hammelfleisch ver­kaufte.

London, 6. Nov. Die japanische Gesandtschaft teilt nachfolgende Depesche mit: Bei dem furchtbaren Erdbeben am 28. Oktober sind in den Verwaltungs­bezirken Aichi und Gifn 6500 Menschen getötet und 9000 verwundet worden. Die Zahl der zerstörten Häuser beträgt 75 000; die der beschädigten wird auf 1200 ange­geben.

London 5. Nov. Zwei Knaben 8- und lljährig die aus bloßem Zerstörungs­trieb vor einigen Wochen den nach East- bourne fahrenden Eilzug zur Entgleisung zu bringen suchten, wurden vom Richter, der eine zu 6, der andere zu 8 Ruten­hieben verurteilt.

Die Lage in Brasilien ist viel schwieriger und verwickelter als man beim Eintreffen der ersten dürftigen Nachrichten über den Staatsstreich des Präsidenten Fonseca annahm. Unbedeutende Mein­ungsverschiedenheiten zwischen dem Präsi­denten und dem Kongresse so hieß es damals hätten die Auflösung des Letz­teren notwendig gemacht. Später wurde die amtliche Meldung dahin ergänzt, daß monarchistische Umtriebe zur Auflösung des Kongresses und Wiedererrichtung der Diktatur gezwungen hätten. Wie sich jetzt hcrauSstcllt, liegen die Dinge ganz anders. Nicht von Monarchisten sondern von guten Republikanern ist die Bewegung gegen die Regierung des Marschalls Fonseca ausgegangen. Mit dem ersten Tage seiner Präsidentschaft befand sich Fonseca im

Gegensatz zu dem Kongresse, welcher mit dem noch immer diktatorischen Austreten des Präsidenten und dem von ihm be­günstigten Militarismus nicht einverstanden war. Gleichwohl hielt sich der Kongreß streng in den von der Verfassung gezoge­nen Grenzen, auch in der Frage, die den unmittelbaren Anlaß zu den gegenwärtigen Verwickelungen gegeben hat. Der Staats­streich war von langer Hand vorbereitet und da Fonseca nicht versäumt hat, sich der Unterstützung des Heeres und der Flotte zu versichern, ist das Ende der Militärdik­tatur in Brasilien vorläufig nicht abzusehen.

ZUU'U'llcn.

Der alte Gott lebt noch!

Eme Kriminalqeschichte von Fritz Horn.

(Nachdruck verboten.^ iSchlutz.t

In derselben Nacht aber wurden die vom Kriminalrat Doktor Fuchs angeord­neten Verhaftungen von der Polizei unter Anführung ihres Direktor vorgenommen. Der starke August führte sie in alle Schlupfwinkel und Verstecke seiner ehe­maligen Genossen und ganze Trupps ge­fesselter Verbrecher wurden in die Gefäng­nisse abgeführt. Doch nicht ohne Kampf ging es ab. Viele Polizisten wurden bei der verzweifelten Gegenwehr der Strolche und ihrer Dirnen verwundet, und erst nach hartnäckigem Kampfe und wildem Handgemenge konnten die verwegenen Ge­sellen der Diebesnester überwältigt werden. Unter den Verwundeten befand sich auch der lange Hans, welcher sich diese Nacht wieder ganz besonders ausgezeichnet und seltenen Mul und Kaltblütigkeit gezeigt hatte. Der Erfolg dieser nächtlichen Ex­pedition war ein glänzender zu nennen; denn eine Menge der gefährlichsten Gauner und Diebe wurden dabei abgefoßt.

Die ganze nächste Woche aber wurden noch Verhaftungen in der Residenz und ebenso in der Provinz vorgenommen. Ganze Wagenladungen von Diebeshehlern und anderer gemeingefährlicher Subjekte langten, von Militärpatrouillen umgeben, in der Residenz an. Finster starrten die gebundenen Männer mit den bärtigen ver­wegenen Gesichtern auf das zujammen- lausende Volk und mehr als Einer knirschte wütend mit den Zähnen.

Die Untersuchung dauerte mehrere Jahre und die Behörden konnten diese Riesen­arbeit kaum bewältigen. Immer neue Schandthaten wurden entdeckt und immer mehr Verbrecherspelunken aufgehoben. Kaum vermochte man die Unmasse Uebel- thäter in den bereits überfüllten Gefäng­nissen unterzubringen, und immer noch waren nicht Alle verhaftet, die zu der großen gemeinsamen Bande gehört hatten. Der größte Teil der Verbrecher waren Trödler und Handelsleute, und sie hatten namentlich als Diebeshehlec und Verkäufer des gestohlenen Gutes wesentliche Dienste geleistet.

Jetzt endlich durch die Gefangennchmung des starken August und dessen Aussagen hatte mau das ganze Treiben zu enthüllen vermocht, und die Bewohner der Residenz, welche am schwersten darunter gelitten hatten, atmeten wieder auf.