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heuere Massen von Schlick abgelagert und ein 24 km breites Sumpsland gebildet, das nach allen Richtungen von den ge­nannten Flußarmen oder Wasseradern durchzogen wird. Dieses Sumpsgebiet ist überall mit Mangrovebäumen, einem düster­grünen, weidenartigen Sumpfholz mit eigen­artigem, weitverzweigten Wurzelwerk, dicht bewachsen. Zur. Zeit der Ebbe ist der schwarze Schlammgrund und das Wirrsal der Mangrovewurzeln sichtbar, während zur Zeit der Flut das Meerwasser zwischen den gewaltigen Waldbäumen dahinrauscht. Eben dieses Sumpfland ist der Herd der für den Europäer so gefährlichen Fieber­dünste, welche die darüber glühende Tropen- svnne erzeugt, und somit die Hauptursache des ungesunden Klimas des Flußgebiets. In zwei Stunden wird das Kamerunbecken von den Dampfern durchschnitten, worauf sie in die Wurimündung, den sogenannten Kainerunfluß, einlenken. Hier erheben sich die Ufer rechts und links bis zu einer Hohe von 1520 w und bilden eine plattform- artige Fläche, die stets von der Seeluft bestrichen wird. Hier aus dieser Höhe liegen links am Ufer hin in einer Reihe die viel­genannten Duallastädte, 21 an der Zahl, mit den wunderlichsten, unaussprechlichsten Namen, die aber alle unter den Sammel­namen Joßstadt, Bellstadt, Aquastadt ver­einigt sind. In der Mitte zwischen diesen Ansiedlungen liegt die Missionsstation Bethel, ein von den Engländern über­nommenes, schön und solid gebautes An­wesen. In der Nähe der Bellstadt steht das stattliche deutsche Regierungsgebäude, dessen roter Ziegelbau weithin sichtbar ist und wie ein Herrschersitz daliegt. Hinter demselben dehnt sich ein Quadratkilometer groß der prächtige, von Frhrn. v. Soden angelegte Park aus, in dem zerstreut die sauberen Häuser der übrigen Beamten liegen. Unfern davon liegt auch die Reichs­schule, an der Christaller thätig ist. In dem Park ist das Grabdenkmal des be­rühmten Afrikaforschers Nachtigall aufge­stellt worden, und in der Nähe ist der Schauplatz der Kämpfe, den unsere Marine­soldaten Weihnachten 1884 mit den Be­wohnern der Joßstadt zu bestehen hatten. Bon der Baranda des Regierungsgebäudes aus hat man eine herrliche Fernsicht über das im Sonnenschein glänzende Kamerun­becken, die dunkelgrünen Sumpfwaldungen, das Meer und die fernen Gebirge. Der breite Fluß wimmelt von großen und kleinen Booten, die auf und nieder treiben, und es bewegt sich der lebhafteste Verkehr in Kamerun auf dem Wasser, zumal wenn ein Ozeandampfer eingelaufen und vor Anker gegangen ist. Gegenüber von Aqua­stadt am rechten Ufer des Flußes liegt Hickorystadt, die 1884 ebenfalls von den Deutschen zerstört, nun aber schöner auf­gebaut und zu einer Missionsstation ge­worden ist. Die etwas südlich vom Ka­merunbecken sich vollziehende Mündung des Jdiaflusses, der durch einen schiffbaren Arm mit jenem in Verbindung steht, ist ebenso dicht bevölkert, wie die des Wuri; der be­deutendste Ort ist Malimba, dessenKönig" seinerzeit auch den Schutzvertrag mit Nachti­gall unterzeichnet hat. Das Hinterland von Kamerun ist einige Tagreisen weit genau erforscht, namentlich durch die Afrika­

reisenden Zintgraff, Zeuner, Kund, Tappen­beck. Nördlich vom Kamerungebirge, im Flußgebiet des Mungo und je einige Tag­reisen von einander entfernt, liegen zwei große Seen, der Barombi- und der Ele­fantensee, an denen Stationen errichtet worden sind.

(Fortsetzung und Schluß folgt.)

Wlt'lllleii.

Der alte Gott lebt noch!

Eme Kriminalgeschichte von Fritz Horn.

(Nachdruck verboten.)

(2. Fortsetzung.)

2. Kapitel.

Unterdessen war der Pächter mit seinen Leuten, dem Gefangenen und den Ver­wundeten wieder ans dem Gute angelangt und hatte sofort zwei seiner Knechte nach der Stadt gesandt, um einen Arzt und Gerichtspersonen herbeiholen zu lassen.

Jetzt beschäftigte sich seine Frau und Tochter mit der Schwerverwundeten, denn nicht das geringste Lebenszeichen gab sie von sich, weder als die beiden Frauen sie ihrer blutigen Kleider entledigten noch als sie ihr Charpie in die klaffenden, noch immer blutenden Wunden legten.

Sie wird wohl tot sein, Mutter!" flüsterte das junge Mädchen ihrer Mutter zu, während sie ihr hilfreiche Hand leistete.

Hoffentlich nicht, mein Kind; doch wir müssen auf Gottes Hilfe hoffen! wenn nur der Arzt bald käme und das Nötige verordnete. Das arme Kind! Welche Schmerzen wird sie noch ausstehen müssen, wenn sie nicht gar stirbt!" ent- gegnetc die Matrone, indem sie mit zittern­der Hand, doch äußerst behutsam, das feine Batlisthemd, welches durch geronnenes Blut an dem Busen der Verwundeten fest­klebte, mit warmem Wasser und einem feinen Schwamm loszulösen bemüht war. Doch so vorsichtig sie auch dabei verfuhr, sie mochte doch in derartigen Verrichtungen nicht geübt genug sein, denn auf einmal zuckte die Verwundete heftig zusaminen und ein ängstliches Stöhnen entfloh ihrem Munde. Gleich darauf öffneten sich ihre Augen und starrten angstvoll auf die Beiden, dann flüsterte sie leise:Wasser!"

Sofort wurde ihr Begehren erfüllt, doch kaum hatte sie getrunken, als sie auch schon wieder die Besinnung verlor.

Während sich so die Pächterin mit ihrer Tochter um die Verwundete bemühte, die allem Anschein nach aus vornehmem Stande sein mußte, saß der Pächter und sein Sohn in einem Nebenzimmer und bewachten den jungen Mann, welchen sie gefangen und hierher transportiert hatten.

Dieser lehnte noch immer gefesselt, mit totenbleichem Antlitz an der Wand und hatte schon einige Male seine Unschuld bethcuert, ohne jedoch von seinen beiden Wächtern einer Antwort gewürdigt zu werden. Stumm und düster mit festge­schlossenen Lippen und finsteren Blicken schaute er von Zeit zu Zeit hinüber zu dem Pächter und dessen Sohn, die sich manchmal flüsternd unterhielten.

Nur als die Tochter des Hauses herein­kam und dem Alten die Nachricht brachte, daß die verwundete junge Dame soeben, wenn auch nur auf einen Augenblick zur

> Besinnung gekommen sei und auch Wasser getrunken habe, erhellten sich die Züge des Gefangenen und er murmelte leise aber freudig:Gott sei' Dank! Bertha lebt und wird mich retten!"

Der Pächter hörte seine Worte ohne sie zu verstehen und mochte wohl vermuten, fein Gefangener sei von der Nachricht daß die Verwundete das Bewußtsein wieder erlangt habe, wegen seiner Entdeckung be­stürzt und rief ihm daher höhnisch zu: Ja, ja. Du Hallunke! Es ist Nichts so fein gesponnen, cs kommt doch an das Licht der Sonnen! Dir werden sie drinnen auf dem Kriminalgericht schon das Morden und Totschlägen vertreiben;"

Der Gefangene zuckte nicht mit der Wimper bei diesen Worten des Pächters, nur ein unendlich schmerzlicher Blick folgte dem Mädchen, welches jetzt das Zimmer wieder verließ, um zu der Verwundeten zurückzukehren.

So vergingen mehrere Stunden; end­lich kehrte der eine Knecht in Begleitung eines Arztes zurück. Sofort verfügte sich dieser nach dem Zimmer, wo die Ver­wundete lag, und untersuchte ihre Wunden. Achselzuckend gab er auf die Frage der Pächtersleute. ob das Mädchen gerettet werden würde, die Antwort:Das steht in Gottes Hand! liebe Leute; denn ein jeder der drei Dolchstiche ist gefährlich und wenn er edle innere Organe verletzt hat, absolut tötlich. Wir wollen indessen hoffen. daß dieser Fall nicht eingetreten ist. wofür der Umstand zu sprechen scheint, daß die junge Dame noch Lebenszeichen von sich giebt! Wenn sie der starke Blut­verlust nicht tötet!?"

Während er noch damit beschäftigt war, die Unglückliche zu verbinden, er­schienen die Gerichtspersonen nebst dem Gerichtsarzt und zwei Gcusdarmen.

Der Gerichtsarzt besprach sich mit dem bereits anwesenden Doktor, billigte dessen Anordnungen in jeder Hinsicht, und unter­stützte ihn kräftig bei den noch auszu­führenden Verbänden, ohne daß cs ihren fortgesetzten Bemühungen jedoch gelungen wäre, die Schwerverwundete auf längere Zeit ins Bewußtsein zurückzurufen.

Währenddem war der herbeigerufene Kriminalrat mit seinem Aktuar und den Gensdarmen hinüber in das andere Zimmer gegangen, wo der gefesselte junge Mann von dem Pächter und dessen Sohn noch immer bewacht wurde, um das Nötigste vorläufig zu Protokoll zu nehmen.

(Fortsetzung folgt.)

(Unsere Dienstboten.) Hausfrau:Hier, Marie, schenke ich Ihnen ein ganz neues Kleid!" Dienstmädchen:Das kann ich nicht annehmen, gnädige Frau!" Haus­rau :Genieren Sie ftch doch nicht, nehmen Sic es ruhig an!" Dienstmädchen: Gnä- dige Frau, ich kann nicht, das Kleid ist a seit zwei Jahren außer Mode!"

(Durchschaut). Rekrur: Ich bitte pm Urlaub für heute; meine beiden Schwestern kommen mich besuchen! Feld­webel : Wie, Sie dienen erst sechs Wochen und haben schon zwei Schwestern?

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.