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mehr gegeben dem Kaiser vorgestellt und bei dem Monarchen Zustimmung gefunden. Selbstverständlich kann ein grober Miß­brauch dieser Erleichterung dazu führen, daß letzte wieder aufgehoben werde und sowohl den französisch gesinnten Elsäßern als den Franzosen selbst wird hierüber kein Zweifel gelassen werden.

Anläßlich der Kaiser Manöver in Thüringen haben beim 4. und beim 11. Armeekorps zahlreiche Beförderungen und Ordensverleihungen staltgefunden. Der kommandierende General des ll. Armee­korps, v. Grolemann, wurde durch Stellung g, la suibe des 1. Garde«Jnfanterie-Regi- ments vom Kaiser in besonderer Weise ausgezeichnet. Dies gilt auch vom General­stabschef Grafen Schlüssen, welchem der Monarch unter Verleihung des Kronen­ordens jl. Klasse in einer Kabinetsordre seinen Dank für die höchst gelungene Manöveranlage aussprach.

Im Dorfe Wöbbelin bei Ludwigs­lust i. Mecklenburg hat die Feier des 100jährigen Geburtslage Theodor K ö r- ner's am Sonntag stattgefunden. Um 2 Uhr ordnete sich auf der nach Schwerin führenden Landstraße der Festzug und marschierte nach dem kleinen Friedhof des Dorfes. Dort wurde die Feier eröffnet durch die Klänge des Liedes:Vater, ich rufe Dich!". Kirchenrat Danneel hielt die Festrede. An dieselbe schloß sich dasDu Schwert an meiner Linken", vorgetragen von mehreren Gesangvereinen. Nach einer Ansprache des Real-Gymnasiallehrer Metz­macher aus Schwerin wurde die vom ver- storb. Großherzog Friedrich Franz II. 1879 gestiftete Büste des Dichters mit einem E'chenkrauz geschmückt: Abordnungen aus mehreren deutschen Städten legten Kränze auf das Grab. Die Feier wurde geschlossen mit dem allgemeinen Gesänge Deutschland, Deutschland über alles!" In der beim Grabe errichteten Körner­halle zeugte eine Fülle von Kränzen von dem hohen Interesse, welches der Feier entgegengebracht wird. Auf einem Platze neben den Friedhof wurde die Feier unter Gesängen und turnerischen Spielen fort­gesetzt. Ans allen Teilen Deutschlands, insbesondere aus Sachsen, gehen Meld­ungen über festliche Begehung der hundert­sten Wiederkehr des Geburtstages Theodor Körners ein.

Leipzig, 22. Sept. Wie man der Rhein.-Wests. Ztg." schreibt, ist unser ausgezeichneter Pandektist Professor Windt> scheid anläßlich der Ausstellung des heiligen Rockes zu Trier zum Protestan­tismus übergetceten. Der Glaubenswechsel errege um so größeres Aufsehen, als Pro­fessor Windtscheid aus einer sehr streng katholischen rheinischen Familie stamme. Ec sei geborener Düsseldorfer.

München, 23. Sept. Die klerikale Augsburger Postzeitung" meldet, daß Graf Herbert Bismarck mit seiner Schwester, der Gräfin Rantzau in Wörrishofen bei Pfarrer Kneipp einge­troffen und im dortigen Kurhotel abge- stiegen sei.

Karlsruhe, 22. Sept. Die Zeit­ungsnachrichten über den bevorstehenden Rücktritt des badischen Ministerpräsidenten Dr. v. Turban sind z. Zt. unbegründet.

Mannheim, 24. Septbr. Bei den heutigen Wahlmänner-Wahlen zur 2. Kammer wurden gewählt l71 sozial­demokratische, 122 nationallibecale, 13 de­mokratische u. freisinnige Wahlmänner. In Baden-Baden hat die Wählerliste der liberalen Partei vollständig gesiegt.

Im Bezirk Bruchsal wurden ge­wählt: 30 Liberale und 28 Demokraten. Die Liberalen haben somit in dem bisher demokratisch vertretenen Wahlkreise gesiegt.

In Freiburg i. Br. sind die Liberalen gegen das Zentrum unterlegen.

Württemberg.

- Stuttgart. DerLi ed crkra nz" wird am 18 Oktober, am Tage der Leip­ziger Völkerschlacht, eine Körnerfeier veranstalten; bereits werden hierzu mehrere Körner'sche Lieder eingeübt.

Stuttgart, 21. Sept. Die deutsche Volkspartei hüll ihren diesjährigen Par­teitag am 4. Okt. in Pforzheim ab.

Oberbürgermeister Hegel maier ist am 20. ds. in Heilbronn eingekroffen und hat sein Amt wieder angetreten.

Aus dem Bezirk Oehringen, 18 Sept. Einer Bäuerin in Stolzcneck wur­den vor 14 Tagen von der Dreschmaschine Haarzopf und Kopfhaut bis zu den Augen­brauen weggerissen. Die Verletzte befindet sich noch am Leben und kann sogar das Bett verlassen In einigen Tagen soll dieselbe nach Tübingen reisen, um dort vollends geheilt zu werden.

Oesterreich.

Die österreichischen Blätter ver­ursachten letzter Tage Aufsehen mit der Behauptung, JohannOrth (vormals Erzherzog Salvator) sei noch am Leben und habe nur deswegen alle seine Spuren verwischt, um unter angenommenem Namen an dem Bürgerkrieg in Chile und zwar auf Seite der inzwischen siegreichen Kon­greßpartei teilzunchmen. Die romantisch klingende Geschichte dürfte sich als ein Märchen entpuppen. Die Kronprinzessin Stefanie von Oesterreich scheint ihres Witwenstandes satt zu sein und soll sich binnen kurzem wieder verheiraten wollen. Die Sache wird aber so geheimnisvoll betrieben, daß man nicht einmal den Namen des Bräutigams sicher zu erfahren weiß. Letzter Tage soll sie mit dem Fürstbischof Kopp von Breslau und dem österreichischen Handelminister Bacquehem eine diesbezüg­liche Verhandlung gepflogen haben. Infolge des ablehnenden Verhaltens der Finanzminister beider Reichshälften von Oesterreich-Ungarn mußte der gemeinsame Kriegsminister Bauer auf den größten Teil seiner geplanten Mehrfordernngen für die gemeinsame Armee verzichten, so daß nur noch 9 Millionen Gulden mehr von den Delegationen gefordert werden.

Ausland

Die Franzosen scheinen immer wieder ein Haar in der neuen russischen Anleihe zu finden, was hauptsächlich davon herrührt, daß die jüdische haute üuanee von Frankreich, Rotschild und andere Firmen, nach wie vor jede Beteiligung ab­lehnen; während ursprünglich von einem Emissionskurs von 87°/v die Rede war. soll derselbe neueren Meldungen zufolge

nur noch ca. 79°/o betragen und in Börsenkreisen will man wissen, daß die Hauptuuternehmerin der Anleihe, die baue cks karis, den Anleihevertrag noch immer nicht unterzeichnet habe. Außerhalb Frank­reich will ohnehin kein Mensch etwas von der russischen Anleihe wissen und überdies wird der Geldstand täglich knapper, so daß möglicherweise das ganze Anlehen verkrachen kann, bevor es auf den Markt kommt. Hierdurch werden natürlich die Gefühle Rußlands für Frankreich stark abgekühlt, und gleichzeitig auch die Kriegs­gefahr erheblich zurückgeschraubt. Die Oper Lohengrin hat in Paris nun schon drei Aufführungen erlebt und die Polizei hat mit den boulaugistischen Skandal­machern wenig Federlesens gemacht. Die Kunst hat also doch über den Chauvinis­mus die Oberhand behauptet.

Rußland wirft trotz aller Geldnot, welche den Fiuanzminister zwang, aber­mals 25 Millionen Rubelnoten zu emmit- tieren, immer noch mehr Truppen an seine Westgrenze. Gerade entlang der deutschen Grenze sind neuerdings zwei weitere Reichsdivisionen ausgestellt worden. Die neuerbauten und gemieteten Kajerne- ments zur Unterbringung der Truppen entlang der Westgrenze sind innerhalb Jahresfrist verdreifacht worden.

Balmaceda hat sich erschossen.

Das ist die neueste Meldung aus Chile! Nachdem der chilenische Ex-Präsi- dent vergeblich verschiedene Versuche unter­nommen, durch die Flucht zu entkommen, hielt er sich seit dem 2. September im Gebäude der argentinischen Gesandtschaft in Santiago verborgen und hier gab sich Balmaceda am Morgen des 19. Septbr. durch einen Nevolverschuß den Tod.

Man meldet aus Santiago den Ausbruch einer Meuterei der Kongreß­truppen ; mehrere Läden seien geplündert worden. 200 Meuterer wurden verhaftet.

(Schlaumeier.) Onkel:Zu teuer, sagst Du, sind Dir die Cigarren?! Ich versichere Dir. sie sind halb geschenkt!"

Neffe:Meinetwegen, ich muß so viel auch gar nicht haben! G>eb mir die Hälfte aber die geschenkte!" (Ein Ereignis.) Städter: Hier bei Euch am Orte muß es doch furchtbar langweilig fein; cs gehl hier doch nie 'was vor! Landonkel: O, tagen Sie das nicht, es ist noch keine drei Wochen, da haben wir eine Mondsfinsterais gehabt! (Ein Hindernis.) Ein romantisches Fräulein fällt ins Wasser und ist nahe daran, zu ertrinken. Bewußtlos wird sie ans Land gebracht. Zu Hause erklärt sie ihrer Fa­milie, nur den heiraten zu wollen, der sie gerettet hat. Der Vater ist dagegen.

Unmöglich!" sagt er.Ist er ver­heiratet?" fragt sie.Nein aber er ist ein Neufundländer!" (Miß­glückte Phrase.) Kunde: Die Land- Eier, die Sie mir nculich geschickt haben, waren aber nicht gerade schön! Eier­händler: Wie ist das möglich! Gerade auf diesen Artikel lege ich mich besonders stark! Münchener Zeit. Sramm- gast: Wie spät ist es denn, Rosa? Kellnerin: Erst zehn Seidel, Herr Ge- richlsrat, drei haben's noch zu trinken.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.

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