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schüft erst nach seiner Rückkehr auf Schloß Liebenstein, von wo nun die ganze hohe Familie alsbald nach Baden-Baden an die Bahre des geliebten Sohnes abreiste. Seine Leiche wurde in der großherzoglich sächsischen Familiengruft zu Weimar bei­gesetzt. Die Tranernachricht hat in den weitesten Kreisen die aufrichtigste Teil­nahme hervorgerufcn.

Stuttgart. 9. Sept. Die gesamten ausgeschriebenen Grüudungsarbeiten zum Bau einer neuen Neckarbrücke bei Cann­statt im Betrage von ca. 340 000 ^ wur­den der Firma PH. Holzmann L Cie. in Frankfurt miteinem Aufgebot von 12 000 Mark über den Boranschlagspreisen" zur Ausführung übergeben.

Für die Plätze zu Buden auf dem Cannstatter Bolksfestplatz sind ein­schließlich Wasserzins 9355,10 bei der Versteigerung erzielt worden. Für eine Wirtschaftsbude wurde 975 für eine andere 835 ^ bezahlt.

Ulm, 10. Sept. Die beiden Raub­mörder, welche den Schullehrer von Heiningen niederschossen und ausraubten, sind von Geislingen hierher eingeliefert worden und werden bereits vom nächsten Schwurgericht abgeurteilt werden.

InHeilbronn nehmen die Skandale kein Ende. Ein Assistentsarzt am dortigen Spital hat den Spitalverwalter beohrfeigt und letzterer hat Strafklage erhoben. Der Spitalkrieg nimmt also bereits thätliche Formen an. Ein anderer Heilbronner Skandal, der Kampf zwischen dem Ober­bürgermeister Hegelmaier und den bürger­lichen Kollegien scheint seinem Ende ent­gegenzugehen. HegUmaier hat mittelst Schreiben aus St. Moritz mit Rücksicht auf die Vorgänge in allerneuester Zeit und mil Rücksicht auf seine schon lauge notleidende Gesundheit den Rücktritt von seinem Amte angeboren unter der be­dingungslosen Zusage einer lebenslänglichen Pension von 5000 okL. Die bürgerlichen Kollegien haben sich nun zunächst über letztere Frage schlüssig zu machen. Wie man hört sind die bürgerlichen Kollegien nicht geneigt, auf das Pensionsgesuch des Oberbürgermeisters Hegelmaier einzugehen und wollen dessen Absetzung erwirken. Die Neuwahlen!cs Heilbronner Skadtvorstandcs wird sich bereits gemäß den neuen Be­stimmungen des Verwaltungs - Gesetzes, welches mil dem 1. Oktober in Kraft tritt, zu vollziehen haben. Angesichts der total durchwühlten Gemeindeverhältnisse darf man heute schon auf die Neuwahl be­gierig sein.

In Bietigheim findet Sonntag, Montag und Dienstag den 13./15. d. die schon früher erwähnte 33. Wanderversamm­lung der württemb. Gewerbevereine statt. Der Sonntag und Dienstag ist dem Empfang und dem geselligen Teil gewidmet; am Montag finden die Verhandlungen statt. Wir heben aus demselben hervor: lieber Reform des Personentarifs." Be­richterstatter: Rechtsanwalt Jakob von Pforzheim.Die Gewerbegerichte." Be­richterstatter: Amtmann Dr. Schönmann von Stuttgart.Bericht über die Kölner Versammlung", erstattet vom Vorstand. Diskussion über die Novelle zur Gewerbe­

ordnung; Besprechung gewerblicher Ver­hältnisse rc. >

In Dörzbach, Künzelsauer Amts, schlug der Blitz in ein Bauernhaus, fuhr durchs Fenster in die Wohnstube und nahm dann seinen Weg in den mit '9 Stück be­setzten Biehstall, wo er 5 tötete. Die Be­wohner des Hauses, die gerade beim Nacht­essen saßen, kamen mit dem nicht geringen Schrecken davon.

A u s l a n d

Der Draht hat die Nachricht gebracht, daß Jules Grövy, der ehemalige Präsi­dent der Republik, in Folge einer Lungen­entzündung am 9. September gestorben ist. Mit diesem alten bewährten Repu­blikaner stirbt gewissermaßen die Jugend­zeit der dritten Republik ab, welche sich nun in erstarkter Manneskraft und in starker glänzender Rüstung zu neuen Thaten zu erheben scheint.

Das italienische Ministerium hat auf ausdrücklichen Wunsch des Königs auf alle geplanten Ersparnisse im Heeresbudgel verzichtet; man weiß eben auch in Italien wie viel es mit dem europäischen Frieden geschlagen hat

Die russischen Truppenansammlungen an der Grenze sind schon seit Jahr und Tag als ein gefährliches Sympton be­zeichnet. Eine vollständig feldmäßig aus­gerüstete Armee von 500000 Mann hat Rußland in Polen versammelt und schon wieder wird aus Petersburg gemeldet, daß mehrere neue Divisionen dorthin diri­giert werden. Von Kopenhagen aus will der Zar nach Warschau kommen, um diese gewaltige Armee persönlich zu inspizieren. Die Serben ziehen alle ihre Truppen an der bulgarischen Grenze zu­sammen, weshalb auch die Bulgaren Ge genmaßregeln ergreifen. DerartigeTruppen- konzentrationen und Manöver sind für den europäischen Frieden, was für rin Privathaus ein offenes Pulverfaß ist; ein einziger Funke genützt, um großartige Verheerungen anzurichten.

Die Pforte hat zwar der englischen Regierung Mitteilen lassen, daß sie weit entfernt sei, die Bestimmungen des Pariser Friedens und des B e r l i n e r Kongresses zu grinsten Rußlands aufzuheben und die mit unbewaffneten russischen Soldaten die Meerenge passierenden Schiffe der russischen Kreuzerflotte. als Handelsschiffe betrachte; aber die Engländer lassen sich durch diese Ausreden weder beruhigen noch irreführen und treffen energische Anstalten, um so­wohl ihre Mittelmeerflotte als ihre Be­satzungstruppen in Egypten bedeutend zu verstärken und sobald dies geschehen, werden wohl auch die diplomatischen Aktionen, die vorläufig zu ruhen scheinen, ein etwas leb­hafteres Tempo annehmen.

New-Jork. 10. Sept. DerNcw- Jork Herald" meldet, daß ein Erdbeben San Salvador betroffen habe, durch welches die größte Verheerung in der Hauptstadt sowie im ganzen Lande mit Ausnahme der Küste angerichtet worden und viele Menschenleben verloren gegangen seien. Der Eigentumsverlust wird auf Millionen geschätzt.

Aus einer Höhe von 5000 Fuß stürzte in Pcoria (Illinois) die Luftschifferitt Frau

Kiefer als sie bei einer Ballonfahrt sich mittelst Fallschirm zur Erde lassen wollte. Der Schirm ging nicht auf und die Luft­schifferin stürzte in den See von Peoria. Sic wurde besinnungslos aus dem Wasser gezogen.

Die im Juli untergegangenen Seeschiffe sind soeben in der Liste auf­gezählt. welche das BureauVeritas" in Brüssel veröffentlicht. Hiernach beträgt die Zahl der untergegangenen Segelschiffe 49, von denen 16 englische, II nord­amerikanische, 8 norwegische, 4 französische, 2 Schwedische und je I belgische, dänische, spannische. griechische, hawaiische, holländi­sche, russische und italienische Schiffe waren. Dampfer gingen insgesammt 13 unter, nämlich 7 englische, 3 deutsche, 1 span- nischcr, I norwegischer und 1 japanischer.

(Menschenwürdiges Dasein.) Studiosus:Wenn ich aus meinem Dachs­bau krieche, wo ich wie ein Murmeltier geschlafen, arbeite ich wie ein Kameel, bis ich einen Wolfshunger und einen Bärendurst habe. Nach der Mahlzeit wird wieder geochst, und wenn ich mir darnach nicht unversehens einen kleinen Spitz oder Affen hole, wird wieder gebüffelt!" (Heroische) Liebe.)Ach, Bertha, ich bin schrecklich unglücklich ... Du weißt ja, wie ich in den Zahnarzt verliebt bin! Ich habe doch alles schon versucht, ihm zu verstehen zu geben, daß ich ihn liebe; sechs Zähne Hab' ich mir jetzt schon von ihm ausziehen lassen und doch macht er immer noch keine Miene, sich zu erklären!"

Gemeinnütziges.

sDas Obstessen.j Jede Hausfrau weiß sehr gut, daß eine saftige Frucht zum Nachtisch und etwas Kompot im Winter ein köstlicher Genuß ist. Aber nur wenige Frauen sind je belehrt worden, daß wir im Obst auch ein hervorragen­des Nähr- und Heilmittel besitzen; denn wenn sie sich dessen bewußt wären, würden sie wenig­stens während der Obstzeit beständig einen Korb Kirschen, Aepfel oder Birnen zur allgemeinen Benützung seitens der Familie im Hause haben und Konserven nicht nur Sonntags als Lecker­bissen dem Braten zutcilen. Sie würden das Obst, namentlich in Jahren wo es billig ist, zu einem nie ausgehenden Küchenartikel machen. Wie manche Mutter klagt darüber, daß ihre Kinder keine Farbe bekommen wollen, daß sie immer und ewig an Blutmangel leiden! Und dabei liegt das Mittel, das dem Blutmangel bei dauernder Anwendung abhilft, in ihrem eigenen Keller: das Obst! Womöglich jeden Tag setzt irgend eine Frucht auf die Tafel, und eure Kleinen laßt nur Obst essen, soviel sie Lust haben. Gekocht kann das Obst in größeren Mengen ge­nossen werden, als roh, da es in letzterem Zu­stande leicht Blähungen verursacht.

Ein Milchkocher mit selbstthätiger Löschvorrichtung wurde unter Nr. 5734g der Pfälzer Metallwarenfabrik, L. Moll in Lambrecht patentiert. Der Kocher wird durch eine Spiritus­lampe beheizt. Beim Kochen wird durch die entstehenden Dämpfe der Deckel des Kochgeschirres angehoben; hierdurch wird der längere Arm eines Hebels freigegeben, der Hebel senkt sich und der zweite Arm desselben wirft den Deckel der Lampe über die Flamme, so daß diese er­lischt.

Logogryph.

Ich wünsch mit H dir's auf den Tisch, Doch nie mit K auf deiner Seele.

Seis's nie mit D, ziehst du ein Los, So greif' in dem mit N nicht fehle.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.

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Mit einer Netlage.