und wenn das günstige Erntewetter einige Zeit anhalte (was inzwischen eingetroffen ist), so werde die gute Qualität desselben den Ausfall beim Wintergetreide größtenteils ersetzen.
Stuttgart, 1. Sept. Finanzminister Dr. v. Renner hat in Anbetracht seines noch immer leidenden Zustandes einen weiteren Urlaub für den Monat September erhalten. Mit der Stellvertretung ist wie bisher Finanzdirektor v. Zeyer betraut.
Stuttgart, 2. Sept. Am 21. ds. wird von hier aus ein Pilgcrzug zur Ausstellung des heil. Rockes nach Trier abgelassen.
Aus dem Schönbuch, 3. Septbr. Heute nachm, kurz nach 5 Uhr zog ein schweres Gewitter über den Schönbuch, welches denselben Gegenden des Schönbuchs , die am Sonntag vor acht Tagen von Hagelschlag gestreift wurden, wieder agel brachte. Die Schlossen sielen in ettenhausen 10 Minuten lang in bedenklicher Menge und in der Größe von Kirschen; vereinzelte Schlossen hatten die Größe von Taubeneiern.
Bei Freu den stadt ist ein Knecht, der vom Heuboden auf die Scheuer herabsprang, in seine Heugabel gefallen, deren Zinken ihm vom Arzte hcrausgeschnitten werden mußten Er wird wohl feine Unvorsichtigkeit mit dem Leben bezahlen müssen.
Ausland.
Die Engländer sind in schwerer Sorge wegen der orientalischen Frage, -welche nach ihrer Ansicht in ein gefährliches Stadium geraten ist. Es handelt sich vor Allem um die sogenannte Dar- dancllenfrage. Die Türkei hat wiederholt, wenn auch erst nach Reklamationen des russischen Botschafters, russischen Truppentransportschiffen den Durchgang durch die Dardanellen gestattet und englische Blätter schlugen darüber Alarm mit der Behauptung, die Türkei habe mit Rußland ein geheimes Abkommen getroffen, wonach russische, aber keine andern fremden Kriegsschiffe die Dardanellen passieren dürfen. Die Pforte bestreitet die Existenz eines solchen Vertrages; aber der schon vor mehreren Wochen auf seinen Posten nach Konstantinopel zurückgekehrte englische Botschafter White hat bis jetzt noch keine Audienz beim Sultan erlangen können und Pessimisten ziehen daraus schon den Schluß, daß die Türkei bereits für das russisch-französische Bündnis gewonnen sei. Letzteres ist zwar nicht recht glaublich; denn es liegt im höchsten Interesse der Türken, im nächsten Weltkrieg womöglich neutral zu bleiben. Aber im Orient ist offenbar die politische Luft nicht ganz rein.
i (Englische Grausamkeiten in Indien.) Vor einigen Tagen wurde in Manipur der an dem letzten indischen Aufstande beteiligte Senaputti (Thronfolger) von Manipur samt einem seiner Generale durch den Strang hingerichtet. Die Kunde von der Vollziehung des Todesurteils kam um so überraschender, als aus den Berichten über den Manipur-Aufstand und die Ermordung des englischen Kommissärs Quin- ton klar hervorging, daß der Senaputty sich Quinton gegenüber gewissermaßen im
Zustand der Notwehr befunden habe. Die Hinrichtung des Prinzen hat denn auch, wie aus Kalkutta gemeldet wird, in ganz Indien außerordentliche Aufregung hec- vorgerufen. Gesteigert wurde dieselbe noch durch die Veröffentlichung der Verteidigungsrede des Anwaltes des Prinzen. Aus ihr geht nämlich deutlich hervor, daß Manipur ein absolut unabhängiger Staat ist und als solcher von der britischen Regierung betrachtet wird, sowie dah die Prinzen keine unparteiische Untersuchung erhielten. Die gesamte indische Presse ver dämmt den überstürzten telegraphischen Befehl, den Senaputty hinzurichten, lieber die Hinrichtung des Tongal-Generals giebr sich gleichfalls lebhafte Aufregung kund. Der alte Mann, der krank war, mußte auf einem Stuhl zum Richtplatz getragen werden.
A1is)t-llen.
Am Meer.
Erzählung von L. Frank.
(Nachdruck verboten.) lFortsetzung.)
„Potz Piraten und Wal! unterbrecht mich doch nicht immer!" fuhr Klausen ärgerlich auf. „Nun also, von Westen her nahten fünf Boote — natürlich die Manerooger. Unsere Leute gingen nun bei, riefen den Schuft an, und als er nicht Farbe bekannte, legten sie rechts und links an seiner Breitseite an. Nun soll es einen Höllenspektakel gegeben haben. Donnerwetter, daß ich nicht habe dabei sein können! Karsten habe hasseliert und geschimpft wie ein bankrotter Türke und der Jack habe die Augen gerollt wie ein echter Räuberhauptmann und einen Hagel von Flüchen aus allen menschlichen und tierischen Sprachen losgeschlagen. Endlich ist es ihm aber doch zu viel geworden und er hat mit seinem langen Ruderscheit einen wuchtigen Schlag gegen Karsten geführt, der gerade noch zurückweichen konnte. Weil er aber immer seine brennende Pfeife zwischen den Zähnen haben muß, so konnte er in der Eile nicht mehr verhindern, daß der Schlag des Jack sie gerade noch derart traf, daß sie zischend im Meer versank und sein bester Schneidezahn ihr ins nasse Grab nachfolgte. Trotz der nicht ungefährlichen Lage seien die Jungens auf diesen Vorfall hin in ein brüllendes Gelächter ausgebrochen, während Karsten ganz verdutzt dagestanden sei, ha, ha! — — Nun ist aber der Franz Jenssen von Karstens Boot aus wie ein zorniger Löwe auf den Schooner des Jack hinübergesprungen und hat den Jack an der Gurgel gefaßt und niedergeworfen. In dem Augenblick hat jedoch ein anderer von den drei Kerlen Karstens Boot einen solchen Stoß versetzt, daß es weit zurückgegangen ist, und in Gefahr war zu kentern, und nun gingen sie ihrer zwei auf Franz los, der sich wie ein Held wehrte, schlugen ihn ins Gesicht, daß das Blut herunterströmte, warfen ihn nieder, fesselten und knebelten ihn."
„Um Gottes Willen, armer Franz —" hauchte erbleichend das junge Mädchen.
„Warum ließen die andern fünf das geschehen? Für solche Feiglinge hätte ich
sie doch nicht gehalten," bemerkte aufgebracht die Mutter.
„Nur gemach mit Eurer Zunge! Keine Feiglinge, Helden waren es! Denn die herannahenden Boote trugen keine Manerooger Leute, sondern Spießgesellen des Jack. Die warfen sich nun ans die andern, die eben Franz zu Hilfe kommen wollten, und machten es ihnen nach einem erbitterten Kampf ebenso wie diesem. Sie waren ja in der Ueberzahl. Die armen Jungens wurden auf den Schooner des Jack geschleift, am Hinterteil desselben hingeworfen und mit Segeltüchern zugedeckt — und dann gings mit frischem Wind England zu."
„Armer Franz, ach Gott, ach Gott!" jammerte das Mädchen, und auch der Mutter waren Thrünen in die Augen getreten. Der Steuermann nahm eine gewaltige Prise, räusperte sich und fuhr dann fort:
„Nur Mut, Mariechen, die Geschichte ist gottlob noch nicht aus. Die ganze Nacht lagen die armen Leute ganz durchnäßt von den hochgehenden Wellen, die zuweilen über Bord schlugen, und halb erstarrt von der Kälte da. Endlich wurde es Morgen. — Daß ich's nicht vergesse, der Jack hatte die vollen Boote der Unsrigen ins Schlepptau genommen. — Nun also, wie es Heller wurde, änderte der Jack auf einmal den Kurs, denn am Horizont erschien ein Kriegsschiff, das gerade auf ihn loszusteuern schien. Schnell wurde die englische Flagge gehißt und jedes verfügbare Segel ausgelegt. Dem Kriegsschiff mußte aber die sonderbare Flottille verdächtig vorgekommen sein, denn es gab Volldampf und hatte den Schooner bald eingeholt. Es gab nun keinen Ausweg mehr; ein Kanonenschuß erdröhnte, und wohl oder übel mußte der Jack beidrehen. Das Kriegsschiff war das deutsche Kanonenboot „Hyäne," das in der Nordsee kreuzte. Der Jack und seine Helfer wurden gefesselt und an Bord der „Hyäne" gebracht; die Unseligen wurden aus ihrer üblen Lage befreit. Hierauf ging es Bremerhafen zu, wo die Engländer den Gerichten übergeben und die Unsrigen frei gelassen wurden, nachdem sie ihre Erlebnisse zu Protokoll gegeben hatten. Vorgestern sind sie wieder angekommen."
„Ach Onkel, wo ist denn jetzt Franz?" fragte Marie bebend.
„Ja so, habe ich das nicht gesagt? — Der ist in der Nacht vorher, che sie nach Skanderoog zurückkehrten, heimlich fort, wahrscheinlich nach Bremen. Es soll etwas vorgekommen sein mit seinem Großvater, und da wollte er nicht mehr zurück, obgleich Karsten ihn mit Gewalt mitnehmen wollte."
Marie saß eine Zeit lag da, das Gesicht in Thränen gebadet, die Augen stier vor sich hin auf den Boden geheftet. Plötzlich erhob sie sich, wankend verließ sie die Stube und stieg hinauf in ihr Dachstübchen, das sie hinter sich verriegelte. Sie wollte allein sein mit ihrem Schmerz und mit ihren Gedanken an ihren armen Franz. Vor ihrem Fenster, das eine Aussicht weit über die See hin bot, sank sie auf ihre Knice nieder, und während ihre Thränen stoffen, schickte sie ein heißes Geber hinauf zu dem Lenker der Schicksale,