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und drang dem jungen Nägele in die Stirn. Nach 24stündigem Schmerzenslager erlag derselbe der Verletzung.

Die Amtsversammlung Ulm hat dem Assistenten Jakober, der unter dem falschen Verdachte gestanden hatte, eine Mappe mit Wertpapieren entwendet zu haben, eine Entschädigung von 2000 Mk. verwilligt.

Ulm. 7. Aug. Von den erkrankten Soldaten des Grenadier-Regiments 123 sind alle bis auf 2 aus dem Lazaret heute entlassen worden. Eine eigentliche Ver­giftung durch Lebensmittel konnte nicht festgestellt werden. Doch verbietet ein Regimentsbefehl bis auf Weiteres, daß in den Kantinen schwarze Würste, sogenannte Pfefferwürste, geführt werden.

Riedl ingen, 6. Aug. Eine Mißge­burt eigentümlicher Art brachte ein Schwein des Oekonomcn Baier dahier zur Welt. Das Junge hat nämlich 1 Kopf, 4 Ohren, 2 Leiber und 8 Füße, worunter 2 auf dem Rücken.

In der Gmünder Stadtpfarrkirche ertappte der Mesner zwei Strolche, wie sie eben dabei waren, mittelst Leimruten Geld aus dem Opferstock zu ziehen. Anstatt die Flucht zu ergreifen, packten die Ein­brecher den Mesner und würgten ihn derart, daß er kaum um Hilfe rufen konnte. Dem rechtzeitigen Eintreffen eines Geist­lichen ist es zu verdanken, daß weiteres Unglück abgewendet wurde. Die Thäter suchten das Weite, sind aber noch am gleichen Tage in Straßdorf dingfest ge­macht worden.

Gül klingen, 7. Aug. Unerwartet rasch hat die hiesige Gemeinde durch den Tod des Hrn. Pfarrer Le uze ein herber Schlag getroffen. Derselbe befand sich am Mittwoch den 30 Juli noch gesund und wohl bei der Bezirkssynode in Nagold. Kaum war er abends wieder einige Stunden zu Hause, als sich die ersten Symptome eines gefährlichen Unterleibsleidens ein­stellten. Der Zustand verschlimmerte sich so rasch, daß am folgenden Tage ein Ueberführen nach Tübingen notwendig wurde. Ohne Abschied von seinen zwei Gemeinden nehmen zu können, mußte er sein Arbeitsfeld auf Nimmerwiedersehen verlassen. Schon am Samstag den 1. ds. wurde er in die Ewigkeit abgerusen. Welch innige Gemeinschaft zwischen dem Dahin­geschiedenen und seinen Gemeindegliedern bestand, bewies die überaus große Zahl Leidtragender, die sich von hier u. Holz­bronn zu seinem Begräbnis in Eningen bei Reutlingen, seinem Geburtsort, einge­funden hatte. Sein Leben brachte er auf 56 Jahre.

Ausland.

Ueber die Ursache der plötzlichen Er­krankung der Königin von Belgien werden jetzt furchtbare Einzelheiten aus Brüssel gemeldet. Die Königin wollte sich am Dienstag nach Bad Spa begeben und drängte es sie, noch vorher ihrer Schwägerin, der unglücklichen Kaiserin Charlotte einen Besuch zu machen. Als die Königin letzten Montag die Zimmer der Kranken betrat, fand sie diese in furchtbarer Auf­regung. Einige Worte guten Zuspruchs machten die Wahnsinnige nur noch un­

ruhiger; sie sprang plötzlich voll Raserei auf die Königin los, würgte sie und schlug sie unter lautem Geschrei. Die Königin flüchtete durch mehrere Zimmer, von der Tobenden verfolgt, die erst nach einiger Zeit überwältigt und fortgebracht werden konnte. Die Königin war durch diesen Vorfall aufs Aeußerste erschüttert worden. Nach Schloß Laeken zurückgekehrt, machte sie auf Bitten ihrer besorgten Tochter mit dieser einen Spaziergang durch den Park, ohne jedoch der Erregung Meister werden zu können und bald darauf verlor sie das Bewußtsein. Ihre Umgebung glaubte, die Königin sei von einem Schlaganfall ge­troffen. Die Kranke kam aber bald wieder zu sich. Bis jetzt hat die Besserung in dem Befinden der Königin angehalten.

Petersburg, 10. Aug. Auf un­mittelbaren Befehl des Zaren erhielt General Tschernajeff wegen seines kriegerischen Trinkspruches in Moskau einen strengen Verweis. (Der General sagte u. A.:Wenn bei Euch der Ruf: L.ux arm68, eibo^eiw! (Zu den Waffen, Bürger!) erschallt, so werden auch wir unsere Ba­taillone bilden von der Weichsel bis nach Kamtschatka.")

Petersburg, 11. Aug. Der deutsche Botschafter General v. Schweinitz ist für heute zum Umritt des Zaren beim Zapfen­streich im Lager von Krasnoje Selo und für morgen zur Kaiserparade geladen. (Den Franzosen waren diese Dinge ab­geschlagen worden.)

Die offiziellen Nachrichten über den Stand der Reben in Italien sind im Allgemeinen sehr befriedigend. In der Lombardei stehen sie durchweg gut.

L o nd v n, 10. Aug. Nach einer Meld­ung des Standard aus New-Aovk wird der Ertrag der Getreideernte der Ver. Staaten auf 600 Mill. Scheffel ge­schätzt, von denen 200 Mill. für die Aus­fuhr bestimmt sind. Chicago allein speichert 7mal so viel Getreide aus wie 1890, 5 mal so viel Roggen, 2mal so viel Gerste. Die Preise seien indessen nicht wesentlich gesunken.

London, 9 Aug. Als der von Leeds kommende Frühzug gestern Morgen in Bedford eintraf, entdeckte man in einem Abteil erster Klasse eine etwa 28jährige Dame, welche aus einer Schußwunde in der Brust blutete. Die Dame hatte das Bewußtsein nicht verloren und gab auf Befragen an, daß ein 30jähriger Mann auf der Fahrt einen Revolver auf sie abgefeuert habe und dann in Leicester ausgestiegen sei.

London. 9. Aug. Der Luftschiffer Higgins stürzte gestern Nachmittag bei einer Auffahrt in der Nähe von Leeds aus seinem Ballon, brach das Rückgrat und starb bald darauf.

Aus Am erika , 5. Aug. Edward Bellamy, der durch seinenRückblick aus dem Jahre 2000 auf das Jahr 1887" so schnell berühmt gewordene Bostoner Lehrer, hat aus dem Vertrieb dieses seines sozialistischen Werkes bisher mehr als 150 000 M. Gewinnanteil bezogen.

Meldungen aus Shanghai zufolge, ist zwischen China und Japan ein Ver­trag abgeschlossen worden, der auf eine nähere Vereinigung der beiden Reiche hin­

zielt zum Zweck der Entwicklung dxz Handels und zur Sicherung nach Außen. Der Vertrag wurde den höchsten Würden, trägern gebilligt.

ANsjt'lleii.

(Einstellung brodloser Rekruten.) Einer längeren Wahrnehmung zufolge wird all­jährlich eine Anzahl zum Militärdienst ausgehobener Rekruten kurz vor ihrer Ein­stellung in den Truppenteil brvdlos, indem sie keine Beschäftigung mehr erhalten. Die Militärbehörde gestattet demnach aus Grund der Gesetzesvorschriften, daß derart brodlos gewordene Rekruten vor der au- geordneten Einstellungsfrist zum Militär­dienste zugelassen werden. Die Über­weisung solcher Rekruten erfolgt mit Ge­nehmigung der Vorgesetzten Jnfanterie- brigade an einen Truppenteil derselben, nachdem vom Bezirksseldwebel der poli­zeiliche Nachweis der Brodlosigkeit her­gebracht worden ist.

Stockholm. Wie Stockholmer Blätter mitteilen, hat kürzlich die Durchstöbermg des dortigen städtischen Archivs das Vor­handensein eines städtischen Bürgermeisters Bismarck ergeben. Johann Bismarck ent­stammt einem nach Lübeck aus Stendal verzogenen Zweige des Geschlechts und wurde seinerseits durch eine Familienver- bindung mit dem Lübecker Hause der Greverode nach Stockholm geführt; dort erwarb er 1421 das Bürgerrecht und mr in der damals halbdeutschen Stadt, IW bis. 1438 Bürgermeister. In dem letztem Jahre scheint er nach Lübeck zurückgekehri zu sein, wo man die Namen seiner Erben 1448 wiedcrsindet; zum mindesten ver­äußerte er 1438 seine Stockholmer Liegen­schaften ; in Schweden griff damals eine Bewegung gegen die Deutfchen und vor Allem gegen die Hanseaten um sich; auch hatte sich früher Hans Bismarck Schwieger­vater Alf (Adolf) Greverode durch mehrere Totschläge verhaßt gemacht. Angehörige von Johann Bismarck scheinen indes m Lande geblieben zu sein; zum mindeste» finden sich in der Provinz HollandBis­marcks," die sich der Geschlechtsverwandt- wandtschaft mit dem ersten deutschen Reichs­kanzler rühmen. Ein in Stockholm vor­handenes Siegel jenes Johann Bismari! unterstützt die Annahme der Verwandt­schaft; im wagrecht gespaltenen Schild zeigt es drei Kleeblätter, zwei oben und eines unten, während das deutsche Ge­schlecht Bismarck bekanntlich im ungeteilw- Schilde ein dreifaches Kleeblatt führt, s

Bei den ländlichen Festen in Frank­reich spielen verschiedene Arten von Wett- läufen eine Rolle. Auf einem Proganm war neulich auch ein Esels- und ein Schwein-Wettrennen angekündigt mit der Bemerkung:Zu diesem Rennen sind bl»S die Einwohner des Fleckens zugelassen."

(Ein Feind der Revolution.) Barbier (in Chile): Wie wünschen Sie rassiert z» werden, mein Herr?" Der Künder Gut bürgerlich; in Ruhe und ohne- Blutvergießen!"

Mit einer Aetla-e.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.