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rede, Sekretär Kielwein aus Stuttgart überbrachte Grüße vom Präsidium des württemb. Kriegerbuudes.

Teinach, OA. Calw, 25. Juli. Heute wurde unser altherkömmliches Jakobi­fest mit Eselswettrennen. Wassertragen, Kletterbaum, Sackhüpfen und dem seinem Ursprünge nach rätselhaften Hahnentanze unter ziemlichem Zulaufe von nah und fern gefeiert. Unser Kurtheater findet so wohlverdienten Beifall, daß eine weitere Reihe von Vorstellungen zu Stande gekommen ist. Am kommenden Dienstag soll die Eröffnung der Fernsprechstelle mit dem oberen Walde (Neuweiler) dahier erfolgen.

V om L a n de, 23. Juli. Vielfach wird geglaubt, die Düngung der Obst­bäume habe im Frühling oder Herbst zu geschehen. Allein das ist nicht so, viel­mehr ist jetzt nach der Heuernte die rechte Zeit der Düngung, da jetzt der Frucht­ansatz fürs nächste Jahr sich entwickelt und durch die Düngung begünstigt wird. Andererseits kommt solche auch noch den auf den Bäumen sich befindlichen heurigen Früchten zu gute, weshalb kein Obstbaum­besitzer diese so wichtige Arbeit versäume.

Am I. August wird, wie wir ver­nehmen, von vier Herren des statistischen Landesamtes und dem Hrn. Prof. Hammer vom K. Polytechnikum eine größere Ex­kursion zur Vermessung des Schwarz. Waldes vorgenommen werden. Dieselbe, von Althengstett ausgehend, wird vor­aussichtlich bis 1. Oktober dauern.

Ausland

St. Etienne, 30. Juli. Gestern abend fand in den Gruben von Pelissier eine furchtbare Explosion schlagender Wetter statt, gerade als die Nachtschicht in der Grube anlangte. Bisher wurden 10 Arbeiter unverletzt, 35 verwundet herausgeschafft. Die Zahl der Toten wird auf 120 geschätzt.

Paris, 30. Juli. Die Rettungs­arbeiten in den Gruben von Pelissier sind beendet. Es wurden gegen 100 Tote und 50 Verwundete geborgen. In den Schächten erfolgte kein Einsturz. Die Ursache der Schlagentzündung wird einer offenen Lampe zugemessen, die in den Werken gefunden wurde. Der Minister der öffentlichen Arbeiten wird sich heute Abend nach St. Etienne begeben. Schiffs­kapitän Maigret begiebt sich ebenfalls dort­hin, um im Aufträge des Präsidenten Carnot die Hilfsmittel zu verteilen.

Ostende, 31. Juli. Der Prinz von Wales trifft hier am Sonntag zur Be­grüßung des Kaisers Wilhelm ein.

In Rußland ist ein neues Wucher­gesetz erlassen worden. Wer des Wuchers überführt wird, hat die Strafe der Ver­bannung nach Sibirien zu gewärtigen.

In Mekka, dem berühmtesten Wall­fahrtsort der mohamedanischen Welt, ist die Cholera ausgebrochen. Von 13 Er­krankten sollen 7 gestorben sein, was auf einen bösartigen Charakter der Epidemie schließen ließe. Die türkischen Behörden in Mekka hoben alle Vorsichtsmaßregeln ergriffen, ob dieselben eine Weiterverbreit­ung der Seuche hindern werden, wird man ja bald sehen.

I Ein Wirbelsturm richtete an den Seen in der Umgegend der Stadt St. Paul in Nordamerika große Verheerungen an. Die Nachrichten von dem Gebiete sind nur dürftig. An die siebenzig Leichen sind von dem See bereits aufgegeben und geborgen worden. Biele Personen werden vermißt, und man befürchtet, daß die Zahl der Opfer mindestens 150 bis 175 er­reichen werde.

Bu e n os A ir es, 30. Juli. Die be­reits gemeldete Beendigung der Revolution bestätigt sich. Eine allgemeine Amnestie ist verkündet worden; der Kongreß ist zusammengetreten. Infolge der Unter­drückung der Revolution durch die Regier­ung haben die Börse und Geschäfte die gewohnte Thätigkeit wieder begonnen.

Misullcn.

Aer Schwanenritler.

Roman von E. von Martine;.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Zwei Tage gingen vorüber, ohne daß in dem Zustand Elsbeths eine Veränderung eintrat. Bewegungslos und starr wie eine Leiche lag sie da. Doktor Eltmann zeigte große Teilnahme, kaum daß er sich einige Stunden des Tages von der Kranken ent­fernte. Seine aufopfernde Sorgfalt wurde endlich am dritten Tage belohnt. Elsbeth öffnete die Angen und rührte die Hände. Kurz nachher richtete sie sich mit Hilfe des Arztes auf und sah erstaunt umher, zugleich bewegte sie die Lippen, als wollte sie sprechen, brachte aber keinen Laut hervor. Erschrocken beugte sich Doktor Eltmann über sie und fragte:

Können Sie nicht reden?"

Sie schüttelte den Kopf. Annette war darüber ganz entsetzt.

Mein Gott." rief sie,sie ist stumm!"

Eltmann suchte sie zu beruhigen und als Elsbeth nach einiger Zeit in einen tiefen Schlaf verfiel, tröstete er Frau Alsenhorn mit den Worten:

Ihre Tochter kann die Sprache wieder erhalten, wir wollen es wenigstens hoffen. Wie ich von dem Grafen erfahren, ist eine heftige Gemütsbewegung an ihrem Unfall schuld, wir werden die Leidende beobachten. Bis jetzt scheint sie sich an nichts zu er­innern. Vielleicht kommt die Erinnerung zurück, wenn sie erwacht. Wir müssen auf alle Fälle sie mit der größten Vorsicht behandeln, Niemand als Sie darf das Krankenzimmer betreten."

Als Elsbeth erwachte, setzte sie sich auf und stützte den Kopf auf die Hand, als dächte sie über etwas nach, dann verlangte sie mittelst Zeichen nach Papier und Blei­stift. Als ihr die Mutter beides gereicht, schrieb sie die Worte:

Warum kann ich nicht sprechen? Was ist mit mir geschehen?"

Annette wußte nicht, welche Antwort sie geben sollte, sie sah fragend nach dem Doktor, der eben hereintrat. Elsbeth deutete wieder auf das Papier zum Zeichen, daß sie Antwort wolle.

Ich werde Ihnen alles sagen. mein Fräulein, für jetzt aber müssen Sie noch ein wenig ruhen, nachher stehen Sie auf, Sie brauchen das Bett nicht mehr hüten."

Als er sich dann entfernte, winkte er Frau Alsenhorn, ihm zu folgen.

Versuchen Sie es Ihrer Tochter die­jenige Person, welche die Ursache ihres Schreckens war. unvermutet vorzuführen, vielleicht gelingt es uns, auf diese Weise die Lähmung der Zunge zu lösen.

Sie überlegte seinen Rat. Alsenhorn oder sein Weib konnte sie nicht in ihrem Hause sehen, und Kolenberg, würde sein Erscheinen nicht zu überraschend und erschreckend auf Elsbeth wirken? Er hatte ihr erzählt, daß Lilli zu ihm geflohen sei, sie wäre noch keine zehn Minuten bei ihm gewesen, als Elsbeth und Alsenhorn er­schienen wären.

Der frevelhafte Wunsch Annettens sei zwar jetzt erfüllt, denn Alsenhorn habe sich selbst von der Untreue seines Weibes überzeugen können, aber um welch hohen Preis sei diese sündhafte Rache befriedigt worden!"

Annette betete eben mit einer Inbrunst, wie noch nie in ihrem Leben, daß der Herr ihre Tochter schonen möge, da kam Kolenberg.

Heute." sagte sie, dürfen Sie zu ihr, ich fetze meine ganze Hoffnung auf die Macht, die Sie über mein armes Kind ausüben, gehen Sie hinein, Gott sei mit Ihnen."

Leise öffnete er die Thür. Elsbeth hatte die Hände im Schoß gefaltet, ihr Auge blickte zum Himmel auf. Er rief ihren Namen und trat rasch auf sie zu.

Sie sprang erschrocken auf und rief lautEmmerich" und sank kraftlos in ihren Sessel zurück. Ec stürzte auf seine Kniee und lehnte sein Haupt auf ihren Schoß. Aber ihre Hände legten sich nicht segnend über ihn, sondern abwehrend beugte sie sich zurück und bedeckte schaudernd ihr Gesicht. Wie mit einem Schlag stand die Szene auf der Terrasse vor ihrer Seele, jetzt wußte sie, daß nicht ein wüstes Phantasiebild sie quälte, sondern daß alles Wahrheit, entsetzliche Wahrheit war. Ein krampfhaftes Zittern schüttelte ihre Glieder, schwere Thränen fielen durch ihre Finger auf sein Haupt.

Höre mich," flehte er,und richte mich nicht zu streng, es war auf Befehl Deiner Mutter. Die Beweise der Untreue von Alsenhorns Frau war der Preis, um den ich Dich erringen sollte."

Sie ließ die Hände sinken und rief: Was sagst Du! Ein Spiel das Ganze! Ein Betrug an dem Herzen eines Weibes,

des Weibes meines Vaters, und das wagst Du mir zu sagen, o mein Gott, und ich lebe noch! Pfui, mir graut,

geh hinweg und berühre mich nicht. Du hast mir mehr als das Licht der Augen ge­nommen, Du hast mir das heilige Ideal der Seele zertrümmert. Du warst mein Glaube, Du warst mein Gott.

Und alles, alles ist nun verloren. Kein Wunder könnte mir das Vertrauen mehr zurückbringen. Du hast mich arm, Du hast mich einsam für mein ganzes Leben gemacht. In mir ist Alles zerbrochen und elend, geh und schone wenigstens meinen Schmerz."

Aber er ging nicht, in den stehendsten Worten bat er doch Vernunft anzunehmen und die Sache nicht in solch tragischer