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bei Gelegenheit des jetzigen Ausstandes der Brauergeselleu recht zum Ausdruck. Die „Lohnkommission" erläßt einen Aufruf, der von Entstellung von Thatsachen strotzt. Trotzdem wird die Unterstützung der ganzen Arbeiterschaft angerufen. Die „B. Ztg." bemerkt dazu: Die Unterstützung ist thatsächlich erfolgt und erfolgt noch, und diese Beteiligung der gesamten Arbeiterschaft an einer nur einen kleinen Bruchteil der Arbeiter betreffenden Streitfrage ist ein bedeutsames Zeichen für den veränderten Charakter der Arbeiterbewegung. Es ist nicht mehr ein Kampf um die Lohnfrage, sondern ein Kampf um die Macht zwischen Arbeitgebern und Arbeitern, der um so ernster ist, je mehr sich zeigt, daß unter der scheinbar ruhigen Oberfläche sich Gährungsstoffe der bedenklichsten Art befinden.
In der G ew erb eg ert ch ts - Kommission beantragte Reichstagsabgeordneler v. Gültlingen zu §6 (Kosten der Gewerbegerichte) daß der Staat die Kosten trägt. Nach Bekämpfung dieses Antrags durch den Staatssekretär v. Bötticher und die Abg. Bachem, Grieß und Eberty (Zentr. und Freis.) wurde der Antrag abgelehnt und Z 6 nach der Vorlage angenommen.
Wiesbaden, 22. Mai. Der General der Infanterie v. Frans ecky ist heute Nacht nach einem schmerzvollen Krankenlager hier gestorben.
Rüdesheim, 20. Mai. (Niederwaldbahn.) Zu Pfingsten beginnt der Sommerdienst auf beiden Niederwaldbahnen. Es verkehren sodann auf der Rüdesheimer Seite 18 Züge sowohl bergauf wie bergab, auf der Aßmannshäuser Strecke 14 Züge in jeder Richtung. Außerdem werden nach Bedarf noch Extrazüge eingelegt.
Mainz, 20. Mai. Eine bereits mit zahlreichen Unterschriften versehene Eingabe an den Reichstag zirkuliert hier, in welcher dieLadenbesitzerden Reichstag ersuchen, bei Gelegenheit der Beratung über die Sonntagsruhezu beschließen, daß die Ladengeschäfte schon von 12 oder 1 Uhr mittags ab geschlossen sein müssen.
Mit Bezug auf die auch in unserem Blatte (letzte Nr.) gebrachte Notiz aus Pforzheim betr. das Fällen der sog. Friedenslinde auf dem Bahnhofsplatz möchten wir gerechterweise einem „Eingesandt" in Pforzh. Beob. teilweise Raum geben. Es heißt da. daß schon in der Generalversammlung des Verschönerungsvereins das beklagenswerte Schicksal fragl. Lindenbaums erwähnt worden sei. Bekanntlich hätten einige Arbeiter denselben irrtümlicher Weise gefällt, welches Versehen jedoch nur eine Folge des Umstandes war, daß der Baum nicht das geringste Kennzeichen trug, welches auf seine historische Bedeutung schließen ließ. Der Vorfall ist gewiß im höchsten Grade mißlich und wird zweifellos von der Stadtverwaltung sowie von der ganzen Bewohnerschaft, bedauert. Eine Schuld trifft aber eigentlich Niemand; am allerwenigsten jedoch hat man Ursache, den jetzigen Stadtrat für das leidige Geschehnis verantwortlich zu machen. Wäre der Baum umzäunt und durch eine Tafel oder eine sonstige Inschrift kenntlich gemacht gewesen, so hätte das Versehen nicht stattfinden können.
Doppelt verwerflich erscheint es deshalb, wenn ein hiesiger Einwohner — jedenfalls der ständige Korrespondent der demokrat. „Neuen Badischen Landes - Zeitung" in Mannheim — sich über den Vorgang in der auswärtigen Presse lustig macht. Soviel man wahrnehmen konnte, hat die genannte Zeitung die Sache zuerst in durchaus einseitiger Darstellung und mit der unverkennbaren Absicht breitgetreten, die hiesige Stadtverwaltung lächerlich zu machen und sie neben den Schildbürgern und Lalenburgern figurieren zu lassen. Ein solches Vorgehen verdient die schärfste Zurückweisung; denn es zeugt wahrhaftig von wenig Lokalpatriotismus. Hätte der betr. Herr Korrespondent die Angelegenheit so erzählt, wie sie sich wirklich zugetragen hat, so hätte Niemand etwas dagegen einzuwenden und auch Niemand Ursache gehabt, über den Vorfall zu spotten. Durch die schiefe Darstellung des Sachverhalt setzt er jedoch den Vorgang in ein ganz falsches Licht, und dagegen möchten wir uns verwahren.
Schiffs-Bewegung der Hamburg- Amerikanischen Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft. „Sorrento". von Hamburg, am 11. Mai in Newyork angekommen, „California" , von Hamburg, am 15. Mai in Newyork angekommen; „Columbia", von Hamburg, am 16. Mai in Newyork angekommen; „Geliert", von Hamburg, am 16. Mai in Newyork angekommen; „Jtalia" von Hamburg, am 17. Mai in Newyork angekommen.
Württemberg.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, die erledigte Stelle eines Bahnhofverwalters I. Kl. in Wildbad dem Sekretär La Roche bei der Generaldirektion der Staatseisenbahnen zu übertragen.
Herr v. Mittnacht beim Fürsten Bismarck. Minister Dr. v. Mittnacht hat sich von Berlin aus zum kurzen Besuche des Fürsten Bismarck nach Friedrichsruh begeben und ist am Donnerstag wieder in Stuttgart eingetroffen.
Ludwigs bürg, 22. Mai. Heute vormittag empfingen II. KK. HH. Prinz und Prinzessin Wilhelm den Geh. Rat Grafen Uxkull und den Forstrat Grafen Uxkull gemeinsam in Audienz aus Anlaß des Ablebens ihres Vaters.
Stuttgart, 22. Mai. Am 20. d. Mts. nachmittags haben 2 Metzgerburschen eines hiesigen Geschäfts mit einander Streit bekommen, wobei einer den andern durch einen Messerstich lebensgefährlich verletzte. Der Thäter wurde festgenommen und der Verletzte ins Kath.Hospital verbracht.
N a g o l d, 21. Mai. Gestern wurden wir durch die Ehre eines Besuchs seitens des Vorstands der k. w. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, Direktor v. Gaupp, erfreut. Derselbe hatte den Wunsch, die hiesige Gewerbethätigkeit in ihrem ganzen Umfang näher kennen zu lernen und besichtigte zu diesem Zweck mehrere Fabriken und sonstige gewerbliche Anwesen, dabei soll es sich, wie wir hören, zugleich um Vorbereitung für die Abhaltung einer Gewerbeausstellung hier anläßlich der Eisenbahn - Eröffnung Nagold -Altensteig gehandelt haben. k
Anläßlich der Pfingstfeiertage werden außerordentliche Personenzüge ausgeführt u. A.:
Am Pfingstsonntag den 25. Mai
Mühlacker ab 7.20 vorm.
Bietigheim ab 8.02 „
Ludwigsburg ab 8.28 „
Stuttgart an 8.57 „
Am Pfingstsonntag den 25. und Pfingstmontag den 26. Mai:
Mühlacker ab 7.35 abends
Bietigheim an 8.15 „
„ . ab 8.22 „
Ludwigsburg ab 8.52 „
Stuttgart an 9.25 „
Am Pfingstmontag den 26. Mai:
Calw ab 8.00 abends
Stuttgart an 10.05 „
Bezüglich der diesjährigen Uebungen der Ersatzreservisten u. Bo lkssch ullehr er ist Nachstehendes verfügt worden. Die erste (Ivwöchige) Uebung bei der Inf. und dem Pion.-Bat. wird vom IS. Aug. bis 23. Okt., beim Fußart.-Bat. vom I. Sept bis 9. Nov. stattfinden; beim Train- Bat. üben auch dies Jahr keine Ersatzreservisten. Zu diesen Uebungen werden die in diesem Jahre beim Aushebungsgeschäst als übungspflichtige Ersatzreservisten bezeichneten Leute eingezogen. Vom 4. Nov. ab wird voraussichtlich bei den Jnf.-Regtrn. eine Nachübung angeordnet werden. Am 15. Aug. rücken auch die in diesem Jahre zur Aushebung kommenden Volksschulleher ein, um zugleich mit den Ersatzreservisten ihre aktive Dienstpflicht, welche für diese Leute anstatt 3 Jahre nur 10 Wochen währt, abzuleisten. Die Ersatzreservisten werden in besonders formirten Kompagnien, denen auch die Volksschullehrer zugeteilt werden, ausgebildet; das Ausbildungspersonal wird dem aktiven Dienststand entnommen. Die 2. (Kwöchige) Uebung der Crsatzreservisten wird bei der Infanterie und den Pionieren vom 12. Sept. bis 23. Okt., beim Fußart.-Bat. vom 29. Sept. bis 9. Nov. dauern. Bei den Jnf.-Regi- mentern werden aus diesen Ersatzreservisten besondere Uebungskompagnien gebildet werden, zu denen auch diejenigen Volksschullehrer zu einer ersten (6wöchigen) Uebung heranzuziehen sind, welche nur eine abgekürzte aktive Dienstpflicht absolvirten, der Reserve noch angehören und noch nicht geübt haben. Die 3. (4wöchige) Uebung der Ersatzreservisten wird bei der Infanterie vom 20. Juni bis 17. Juli, beim Pion.-Bat vom 4. Juni bis 1. Juli, beim Fußart.-Bat. vom 1. bis 28. Sept. währen. Diese Ersatzreservisten werden bei den Jnf.-Regtrn. und beim Pion.-Bat. in die Linienkompagnien, beim Fußart.-Bat. in die Ersatzreservekompagnie eingestellt werden. Zugleich mit diesen Ersatzreservisten rücken bei den Jnf.-Regtrn. im Ganzen 100 Bolksschullehrer ein, welche erst eine Uebung im Reserveverhältnis mit gemacht haben, behufs Ableistung einer 2. (4wöchigen) Uebung; auch diese Leute werden in die Liniekompagnien eingeteilt. Die Uebungen finden bei den 7 Jnf.-Regtrn. in allen Garnisonen, bei den Pionieren in Ulm, bei der Fußart. in Hagenau statt; bei dem 8. Jnf.-Reg. Nr. 126 üben keine Ersatzreservisten und keine Volksschullehrer. Ersatzreservisten und Volksschullehrer werden sämtlich in den Kasernen, in Gmünd im Barackenlager, in Hagenau im Barackenlager des Art.- Schießplatzes untergebracht werden.
S ch w e i z.
Bern, 21. Mai. Der Bundesrat schlägt vor, Artikel 120a der Bundesverfassung derart zu revidieren, daß 50000 stimmberechtigte Schweizer Bürger die Aufhebung oder Abänderung einzelner Artikel der Bundesverfassung, sowie die Aufstellung neuer Vertragsbestimmungen verlangen können. Sobald folches Begehren gestellt ist, hat eine Volksabstimmung darüber zu befinden; wenn das Volk bejaht, hat die Bundesversammlung die Revision in die Hand zu nehmen.
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