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Kfingstgeöräuche.
Zur Zeit der Pfingsten, des lieblichsten der Feste, da alle Gewächse ihre Sprossen und Blätter kräftigen und sich Blüten über Blüten in Farben öffnen, die an leuchtender Kraft die zarten Töne des Lenzes überlreffen, treibt es den Städter, wie den Landmann hinaus in's Freie, sich des frischen Lebens der Natur zu erfreuen und die Gottheit in ihren Werken zu verehren.
Auf dem Pfingstanger hält der Landmann seine Pfingsttänze ab, feiert das Pfingstschießen und trinkt Pftngstbier und die Städter kommen dazu in Schaaren gezogen, sich mit ihm zu vergnügen an feinen Festen, die häufig die ganze Psingst- woche hindurch währen. Noch heute treibt man um die Zeit der Pfingsten den Pfingstochsen, — der um die in der vorchristlichen Epoche bei dem Frühlingsfeste gebrachten Opfer erinnert, — in verschiedenen Gauen unseres Vaterlandes, mit Bändern und Kränzen geschmückt, zur Weide, von welchem Brauche der Bolks- witz das Sprichwort: „aufgeputzt, wie ein Pfingstochse" herleitet und damit Menschen, die putzüberladen erscheinen, bezeichnet.
Heute noch, wie ehedem, werden in der Pfingstperiode auf den Schützenplätzen der Städte, den Pfingstwiesen der Dörfer in Sachsen, Thüringen, Schlesien und anderen Ländern die Vogel- auch Pfingstschießen genannt, abgehalten, während man im Böhmerwalde, der Lausitz sich an den Pfingstrennen ergötzte. Am Pfingstheili- genabende haben in Hessen und vielen anderen Gegenden die jungen „Bursche" bereits ihren „Mäderchens" die grünen „Maien" (meist Birken) vor das Wohnhaus gefetzt und die Dorfgassen prangen in Blumen- und Guirlandenschmuck. —
„Eier, Speck und bunte Wurst!
Gebt mir Bier, ich habe Durst!" singen auf den Dürfen des Unterharzes und im Mansfeldifchen die Burschen vor den Häusern und bei den Pfingstvolksfesten.
Dabei trägt Einer die mit bunten Bändern verzierte „Maie" und die Eierliese , ein in Frauentracht erscheinender Teilnehmer, nimmt die Gaben in feinen Tragkorb auf. Man treibt auch wohl aus dem Walde „den wilden Mann."
In Holland wird auf dem Lande ein Mädchen, auf einem kleinen Wagen sitzend, von armen Frauen umhergeführt, um von den Vorübergehenden Geld zu erbitten. Das Mädchen ist mit Blumen und Bändern auf's reichste geschmückt. Es führt nach der Pfingstlilie den Namen gioxtsr-blosiv. Auch bei uns wurde ehedem, wie Brentano in seinem Märchen „Gockel, Hinkel und Gackeleia" erzählt, in ähnlicher Weise eine mit Laub und Blumen verhüllte Pfingst- braut umhergeführt, die wie ein großer Blumenstrauß aussah. Das Gesicht war mit einem Schleier von „Siebenfarbenblumen", den Blumen der Iris, des siebenfarbigen Regenbogens, der Botin der Juno, bedeckt.
In den Waldthälern Thüringens hat man statt der Umzüge noch heute die hohe, bunt bewimpelte Pfingsttanne auf der Pfingstwiese oder inmitten des Dorfplatzes
anfgepflanzt, deren Name ganz mit Guir- landen von Pfingstblumen umwunden ist. In verschiedenen Teilen Deutschlands ist der sonst das Jahr über wenig beachtete Ginster, auch Pfingstpfrieme genannt, eine der liebsten Pfingstblumen, aus deren Ruten um die Pfingstzeit Millionen großer goldgelber Schmetterlingsblumen Hervorbrechen. Die Pfingstsonne lächelt freundlich auf diese Blütensträucher, die namentlich in Westfalen und im Rheinlands ganze Haidestriche überziehen. Die Pfingstrose dagegen ziert das dornenumhegte Gärtchen des armen Haidebauern.
Hier und da eilt am 1. Pfingstfeiertage noch manch' abergläubische Landschöne hinaus auf die Wiese, sich mit dem Pfinsttau zu waschen, der Wunder thuend die Rosenfarbe auf blasse Gesichter zaubern soll. In Schwaben findet an diesem Tage die Weihe des Taufwassers und Weihbrunnens statt, und in einzelnen Städten der Grafschaft Mansfeld wird am dritten Pfingst- feiertag ein Umzug der Schulkinder um die Kirche abgehalten, der mit den Reden einzelner Knaben am Altäre schließt.
Darauf folgt das „Pfingstsingengehen" der Lehrer mit einer Anzahl Schüler vor den Häusern des Ortes. In vielen Gegenden Deutsch-Oesterreichs werden am Pfingstsonntag die Kühe geschmückt von der Weide Heimgetrieben, wobei der Pfingstlümmel und die Pfingstbraut eine Rolle spielen. Darunter versteht man die Dirne und den Knecht, welche an diesem Tag zuletzt ankommen. Der alte echte Berliner rüstet sich zur Landpartie, deren Ziel vielfach der Gruuewald, der Spandauer Bock oder sonst ein grünes, baumbestandenes Fleckchen außerhalb des Weichbildes der Riesenstadt ist.
Das Straßenleben in Wien dagegen erhält in der Pfingstwoche dadurch einen ganz anderen Charakter, als gewöhnlich, weil sie zugleich die Firmwoche ist. Man sieht alsdann ganze Schaaren festlich geputzter Kinder in Begleitung Erwachsener durch die Straßen ziehen und fahren, und es herrscht. zumal in der Nähe des Stephansdomes, ein überaus reges Treiben. Alle Welt aber grollt, wenn dies schöne Fest verregnet; darum wünschen wir vor Allem „gut Wetter!"
Miszellen.
(Die Kraft der Kinderschaukcl.) In Europa verfiel bisher noch Niemand auf den Gedanken, die Kraft der Kinderschaukel auszunutzen. Die Verwirklichung der großartigen Idee war den Amerikanern Vorbehalten. Unterdem Namen „Philadelphia- Waschmaschine" wird, dem „American Mai!" zufolge, eine Waschmaschine verkauft, die mit einer Kinderschaukel durch geeignete Getriebe verbunden ist. Nachdem die Wäsche hineingethan, besteigt ein Kind — ein solches ist wohl stets zu haben — die Schaukel und bringt durch die Schwungkraft die Trommel der Waschmaschine in Drehung. Nach kurzer Zeit ist das Reinigungsgeschäft vollbracht.
(Holländisches.) In Holland giebt es eine Eisenbahnstation mit dem hübschen Namen „Leest". In der holländischen
Sprache bedeutet dieses Wort auch : Bestie, Tier, Vieh, Rind, Kuh, sowie einen häßlichen Schimpfnamen. Wie nun holländische Blätter mitteilen, haben die Eisen- bahnschaffner strenge Weisung erhalten, fortan nicht mehr kurzweg bei der genannten Station den Passagieren zuzurufen: „Leost, uitstaxpen!" („Brest, aussteigen!"), sondern „Station Lssst uit- staxxen!" Das läßt tief blicken!
(Liebeslogik.) Ich gratuliere Dir zu Deiner Verlobung! Wie bist Du eigentlich zu Deiner Braut gekommen? Ich meinte, Du wolltest ledig bleiben. Ja, gewiß! Aber neulich auf einem Balle treffe ich ein junges hübsches Mädchen, wir kommen ins Gespräch, und, denke Dir, sie gesteht mir. daß sie auch ledig bleiben will. Eine schönere Harmonie kanns doch gar nicht geben, und da haben mir uns verlobt.
(Beim Wort genommen.) „Entschuldigen Sie, Herr Prozessor, ich habe meine Arbeiten nicht machen können — ich war so beschränkt mit der Zeit!" „Ja, ja, Müller — Sie werden wirklich mit der Zeit immer beschränkter!" (Fl. Bl.)
(Berechtigte Frage.) Gast: Herr Wirt, wie heißt dieser Wein? — Gastwirt: Warum denn? Gast: Nun, wenn er getauft ist, muß ec doch einen Namen haben.
Rätsel.
Aus den nachstehenden 26 Silben sind 9 Wörter zu bilden, deren Anfangsbuchstaben ein hohes Fest ergeben. Die Wörter sind: 1) Name eines Apostels, 2) Eine niederländische Provinz, 3) Stadt in 'Norddeutschland, 4) Großer Feldherr, 5) Berühmter Erfinder, 6) Philosoph des Altertums, 7) Berühmter alter Maler, 8) Alpenpflanze, 9) Eine liebliche Blume, rüs, Ins, ei, ss, §u, lolln, rveiss, lo, ni, on, üan pau, oa ss, dsrZ, nur, po, äsrn, srs, lsu, is, ns, sr, sä, na, ts.
Auflösung der Scherz-Aufgabe in Nr. 79. „Lieben Sie?"
Wie kann man aus diesen beiden Worten eine Silbe machen.
Man versetzt die Buchstaben lieben sie
123486 789 in Reihenfolge: 986572143 so entsteht: eines i l b e
Auslösung des Rätsels in Nr. 79.
Enkel — Engel.
(Gift der Maiblume.) Es dürfte Wohl angebracht sein, daraus hinzuweisen, daß die Blume, die nach dem Frühlingsmonat benannt ist, keineswegs so ganz ungefährlich ist. Wir meinen da nicht den angenehmen, aber starken Geruch, der Wohl Kopfweh erzeugen kann, wenn man große Sträuße davon in den Schlafräumen ausstellt; vielmehr ist die Blume an sich nicht ohne giftige Stoffe. Nach der Revue horticole sind die welken Blüten für Geflügel ein scharfes Gift und beim Menschen wirken die Maiblumen brechenerregend. Sie enthalten nämlich zwei Stoffe, Konvallarin und Konvallamarin, von denen der erste purgierend, der zweite brechenerregend und verlangsamend auf das Herz einwirkt. Es dürfte darum die Sitte, Maiblumen (und viele andere außerdem) beim Spazierengehen im Munde zu tragen» als das bezeichnet werden, was sie ist, als gefährliche üble Angewöhnung.
Für die Redaktion verantwortlich: Chrn. Meeh; Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.