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Tagen eine Höhle an. Die Bauleitung ließ die Höhle sofort untersuchen. Der italienische Arbeiter, der mit der Untersuchung beauftragt wurde, Ppßte an Seilen 42 m tief hinunter gelassen werden, konnte aber die Größe der Höhle nicht feststellen. Er ist nun fragliL, ob zur Sicherheit des Tunnels nicht eiserne Tragbalken angewendet werden müssen.

Offenbach, den 15. Noo. Wie die Offenb. Ztg. meldet, werden die Leichen der bei dem Eisen­bahnunglück umS Leben gekommenen Personen morgen Freitag Nachmittags 3 Uhr auf dem Offen» bacher Friedhof beigesetzt werden. Da nur die Leiche des russischen StaatSrotS Dimitriewitsch mit Sicher­heit erkannt wurde, wird auch nur diese auswärts, und zwar in seiner russischen Heimat, beerdigt werden. Die übrigen 9 werden hier in einem gemeinsamen Grab beigesetzt. Die Ueberreste jeder Leiche werden in einem kleinen Kästchen geborgen, deren jedes in einen besonderen Sarg gebettet wird.

RegenSburg. Am vergangenen SamStag beging ein 14 I. alter Schüler der 4. Lateinklasse, Namens Hanauer, Sohn eines SchleifwerkbrsitzerS in Steinschleif, einen Selbstmordversuch, weil er, wie die übrigen Schüler, den Zirkus Barnum nicht besuchen durfte. Der Knabe versetzte seine Uhr und kaufte sich einen Revolver, mit dem er sich in die Schläfe schoß. Er liegt schwer verwundet im Krankenhaus«.

DrrS den, 13. Noo. E stern Nacht hielt der von Gößnitz nach Meerane verkehrende Personen­zug plötzlich auf freiem Felde. Erschreckt eilten die Passagiere an die Fenster und einige öffneten die Koupsthüren, um auszuschauen, ob ein Unglück passiert oder im Anzug sei. Die besorgten Gesichter heiterten sich aber sehr bald auf, ja es gab ein allgemeines Gelächter, als festgestellt wurde, doß zwei von den Jahrmarktssreuden in Gößnitz kommende Frauen in ihrem Abteil sich in die Haare geraten waren, und daß die eine, die in dem erbitterten Ring­kampf am schlechtesten wcggekommen war, die Notleine gezogen hatte. Natürlich hat der Kampf der beiden Drachen noch ein kleines Nachspiel.

Leipzig, 12. Noo. Gestern debütierte hier vor etwa 2000 Zuhörern derGenosse* Rechtsanwalt Dr. Karl Liebknecht, der kampfeeluftige Sohn deS verstorbenen ReichstagSabg. Wilhelm Liebknecht, mit dem Erfolg, daß ihm eine halbe Stunde nach dem Beginn seines Vortrages:Dir Weltmachtpolitik und die Sozialpolitik von oben* von dem überwa­chenden Polizribeamten das Wort entzogen wurde, was zu ungeheurem Tumult Anlaß gab. Liebknecht sagte u. a.: Deutschland sei nach China gegangen, um dort Land zu rauben, zu morden, zu sengen und alles, was ihm in den Weg laufe, abzuschlachten. Die fremden Gesandten in Peking haben die Chinesen auf offener Straße wie tolle Hunde niedergeschossen. Trotzdem sei drüben schon alles fertig gewesen, als Graf Waldersee dort angekommen sei. Deutschland komme überhaupt immer zu spät, «Sstehe nur

immer voran mit seinem großen Munde.* Unsre deutschen Brüder werden drüben zu entmenschten Räubern und Mördern gemacht, Graf Bülow sollte sich schämen, daß er zu einer solchen Hunnenpolitik seinen Namen hergebe. Auch in Deutschland selbst werde solch scheußliche Hunnenpolitik getrieben. Die deutsche Regierung verletze offenkundig die Verfassung. Hier erfolgte die Wortentziehung.

Hildes heim, 12. Noo. Der Vizepräsident des preußischen StaatSministeriumS, Finanzminister Dr. v. Miguel, wurde jüngst bei seiner Anwesenheit hier sehr gefeiert, wöbe, wohl der Umstand mitge­wirkt haben mag, daß Herr o. Miguel bekanntlich aus der Provinz Hannover stammt. DemBerl. Tageblatt* wird aus jenen Tagen folgende Anek­dote berichtet: In einer Straße, in der die Feuer­wehren aus den Nachbarorten Spalier bildeten, standen Hunderte Zuschauer, die Miguel lebhaft be­grüßten. Da, als die Hurrahrufs kein Ende nehmen wollten, drehte ein recht behäbiger, dicker Feuerwehr­mann sich um und sagte, zu der Menge gewendet: Kinner, schriet nich sau bulle, wenn hei süht, dat ji noch sau lut bölken könt, denn mötet ji umt Joahr dubbelt sau veel Stüer betahlen!* (Kinder, schreit nicht so toll, wenn er sieht, daß Ihr noch so laut schreien könnt, dann müßt Ihr im nächsten Jahre doppelt so viel Steuer bezahlen!)

Berlin, 14. Noo. Heute Mittag um 12 Uhr fand im Rittersaal deS Schlosses die feierliche Eröff­nung des Reichstag» durch den Kaiser statt. Der Thron war von 2 Pagen flankiert. Die Thron­garde unter Oberstleutnant v. Berg hatte an den drei übrigen Wänden entlang Aufstellung genommen. Ihre Fahne stand gegenüber dem Thron. Zahlreiche Mitglieder deS Reichstages waren anwesend. Der Reichskanzler, die Staatssekretäre, Minister und die Mitglieder nahmen an der Fensterwand Aufstellung, die anwesenden Prinzen des kgl Hauses gegenüber. Unter großem Vorantritt und gefolgt von den Herren der Umgebung, dem Kabinettschef, der Generalität und dem Gefolge betrat der Kaiser in Gard -du-Corps- Uniform mit dem Band des Schwarzen AdlsrordenS den Saal, während die Schloßgarde präsentierte und Graf Ballestrem ein Hoch auf den Kaiser ausbrachte. Der Kaiser trat auf die oberste Stufe des Thrones, der Kronprinz in der Uniform des 1. Garderegimrnts rechts neben den Thron. Hierauf verlas der Kaiser die ihm von dem Reichskanzler überreichte Thronrede, worauf der Reichskanzler Graf Bülow den Reichstag für eröffnet erklärte und der bayrische Gesandte Graf Lerchenfeld ein Hoch auf den Kaiser ausbrachte, in das die Anwesenden wiederum einstimmten.

Die Thronrede, in welcher der Kaiser in erster Linie die Ereignisse in Ostasien eingehend er­wähnte, sei hier im Auszug wiedergegeben: Der Kaiser gedachte der ersten Meldungen aus China, der Ermordung deS deutschen Gesandten und wie dann alle Nationen Schulter an Schulter kämpften, um die Aufrührer zu unterdrücken. Gerne hätte er schon damals den Reichstag zusammenberufen, welcher

gewiß alle nötigen Kosten mit demselben Patriotismus bewilligt hätte, wie man die deutschen Krieger mit Enthusiasmus zur ihrer Ausfahrt begleitet habe. In­dessen hätten damals die Ausgaben noch nicht fest­gestanden und eS habe auch noch nicht genau festge­stellt werden können, wie hoch sich die Unkosten be­laufen. Die verbündeten Regierungen hätten das Vertrauen, daß der Reichstag auch nachträglich die notwendigen Ausgaben bewilligen werde. Die Thron­rede gedenkt ferner der neuen Gesetzentwürfe und be­tont, daß infolge natürlicher Erhöhung der Einnahmen und der in der vorigen Session beschlossenen neuen Steuern der Fürsorge für die Arbeiter und für die Landesverteidigung erhöhte Aufmerksamkeit zugewen­det werden könne. Der neue Zolltarif sei soweit be­arbeitet, doß die Vorlage im Laufe des Winter» dem BundeSrat vorgelegt werden könne. Des Weiteren werden in Aussicht gestellt eine neu« Seemanns-Ord­nung eine gesetzliche Regelung deS Privat-Versiche- rungswesens, des Urheberrechts sowie ein Unfall-Ver­sicherungsgesetzgebung für die Mitglieder deS Sol­datenstandes. Der Kaiser gedachte zum Schluffe deS schmerzlichen Verlustes durch den Tod des Königs Humbert und erwähnte auch noch die Pariser Welt­ausstellung als ein für die Entwickelung des Handels und der Arbeit segensvolles Ereignis.

Berlin, 15. Nov. Der Reichstag wählte in seiner heutigen zweiten Sitzung den bis­herigen Präsidenten Grafen Ballestrem wieder; ebenso als ersten Vicepräsidenten den Abgeordneten von Frege. Zum zweiten Vicc-Präsidenten wurde der nationalliberale Abgeordnete Büsing gewählt. Sämt­liche Gewählten nahmen die Wahl dankend an. Von den für den zweiten Präsidenten abgegebenen Stimm­zetteln lauteten 181 auf Büsing, 55 auf Schmidt- Elberfeld und 50 auf Singer. Dis Wohl der Schriftführer erfolgte ebenfalls durch Stimmzettel. DaS Ergebnis derselben wird in der nächsten Sitzung auf Vorschlag des Präsidenten Grafen Ballestrem verkündet werden. Zu Quefioren wurden vom Präsi­denten die Abgeordnete» Rintelen und Münch-Färber ernannt. Nächste Sitzung Montag 12 Uhr.

Berlin, 15. Nov. Zur Erhöhung der Be­triebssicherheit der preußischen Staatsbahnen ist in Aussicht genommen, die Verpflichtung der Lokomotiv­führer uuv Heizer, sich während der Fahrt von dem Zustand d,s Zuges zu überzeugen, auch auf die Zug­führer und Bremser auszudehnen.

Berlin, 14. Nov. Vom Schicksal eines der höchsten preußische» Orden erzählt folgende Mittei­lung: Der Schmerze Adlerorden des Kaisers von China ist bekanntlich seiner Zeit in Peking von einem Russen erbeutet und an einen Makler aus Hongkong verschachen worden. Wie jetzt aus Shangai berichtet wird, hat d-r Makler, der in Tientsin von einem rus­sischen Offizier für 3000 Dollars den Orden nebst dem eigenhändigen Schreiben deS deutschen Kaisers an den Kaiser Kwangsü kaufte, Orden und Hand­schreiben für 20000 Dollars an die deutschen Be­hörden verkauft.

dem Morecombe versetztest, war ein Meisterstreich von dir, der hat gesessen,* da nickte er mir wieder vergnügt zu und fragte neugierig:

WaS war denn eigentlich zwischen euch vorgegangen, ehe ich dazu kam?*

Ich erzählte ihm alle», worauf er meinte:Nun hat eS aber doch wahr­haftig keinen Zweck mehr, wenn du noch länger hier bleibst. Komm wieder mit mir, mein Junge.*

Im ersten Augenblick dacht« ich, er hätte eigentlich recht, dann aber wurde ich andern Sinnes. Ich lehnte sein freundliche« Anerbieten mit der Begründung ab, Mr. Hawke könnte, wenn ich nach Clifton zurückkehrte, am Ende auf den Ge­danken kommen, Florence nach einem fernen Ort zu schicken, und mir dadurch alle Aussicht rauben, von ihr überhaupt noch etwa» zu hören.

Das kann ich mir nicht denken,* wandte er ein,denn wenn der ferne Ort «ine Post hat, und Florence das Geschäft versteht, müßte es doch mit dem Henker zugrhrn, wenn ihr nicht in Verbindung bleibt. Doch thu, wie du es für» beste hältst, du scheinst eS ja zu verstehen, dir deine Karten selbst zu mischen. Also viel Glück. Damit rüstete er sich zum gehen, schüttelte dabei aber wieder­holt dm Kopf und sprach wie zu sich selbst:o, aber dieser australische Schaf­hirt«! ich, kein Gentleman!' und dann, mir die Hand reichend,und dich behandelt er wie einen Hausknecht. Das bleibt dem alten Burschen nicht ge­schenkt. Adieu, mein Kerlchen, und ärgere dich nicht weiter, der Grobian ist e» nicht wert.*

12. Kapitel.

Aer-evttches Wart««.

Der Streit mit dem altm Hawke lastet« schwer auf mir, fast noch schwerer aber wie dieser, bedrückte mich der Gedanke, daß der Mann brich in so armseliger

Umgebung gefunden hatte. Seiner Natur nach mußte dieser Umstand mich ihm geradezu verächtlich machen. Alle meine ihm entgegengeschleuderten Insulten hatten für ihn ganz gewiß nicht das Gewicht, wie die Erkenntnis meiner Armut. Unter anderen Verhältnissen hätte ich darüber ja nur di« Achseln zucken können, aber so, wie di« Sache lag, mußte ich befürchten, daß er nun erst recht di« extrem­sten Maßregeln ergreifen würde, meiner Bewerbung um seine Tochter ein Ende zu machen.

Ja, bitter bedauerte ich es, daß Mr. Hawke mich zu Haus gefunden hatte. Offenbar war der Entschluß, mich zu besuchen, von ihm in größter Erregung gefaßt, und ohne jede weiter« Ueberlegung auSgeführt worden. Nun war er noch zorniger nach Hause zurückgekehrt, als er gekommen war. Welch gräßliche» Bild würde er seiner Tochter von meiner Häuslichkeit malen, welche schreckliche Schilderung würde er ihr von dem ganzen Vorgang machen? Ich sah ihn im Geiste vor ihr stehen, wie er, als schwer beleidigt und beschimpft, an ihre kind­lichen Gefühl« appellierte. DaS aber war es, wa» ich am meisten zu fürchten hatte, wa» mit einem Schlage all meine Hoffnungen vernichten konnte. Es gab nur ein Mittel für mich, dieses Unglück abzuwenden, ich mußte an Florence schreiben, ihr einen genauen Bericht des ganzen Vorgang» geben, sie anflehen, sich durch ihren Vater nicht gegen mich einnehmen zu lassen, und dann versuchen, ihr den Brief in die Hände zu spielen, selbst wenn mich dies fünfzig Pfund kosten sollte.

Ich überlegte sofort, was ich schreiben wolle, und dabei trat mir ihr Bild lebendig vor di« Seele. Ich sah sie in einem traurigen Zustande: vom Vater mit Drohungen und Vorwürfen überschüttet, von der Schwester kalt und ver­ächtlich behandelt, die Augen von Thräne» gerötet. Die» gab mir die richtige Stimmung. Ich nahm die Feder und schrieb. Ich erzählt« ihr, wie ihr Vater mich überrascht habe, wie er gewesen wäre, wa» er gesagt, und wa» ich erwidert