462

* Die Vermählung des Erbprinzen Friedrich von Anhalt mit der Prin­zessin Marie von Baden fand am Dienstag in Karlsruhe statt.

Mannheim. DerBadische Be­obachter" erzählt folgende Gaunergeschichte : Dieser Tage kamen in einen hiesigen Juwelierladen Mutter und Tochter in der Absicht, einen Ring zu kaufen. Während beide die vorgelegten Ringe prüften und wählten, versetzte die Mutter der Tochter eine schallende Ohrfeige. Das Mädchen hatte während des Auswählens einen Ring in ihrer Tasche verschwinden lassen. Der Juwelier war durch die Zurückgabe des Ringes und das mütterliche Strafgericht befriedigt, und nachdem eines der vorge­legten Exemplare rechtmäßiges Eigentum der Mutter geworden war, verließen beide das Lokal. Nach ihrem Weggang aber bemerkte der Geschäftsinhaber, daß ihm ein sehr wertvoller Ring fehlte. Dank der schnurgeraden Richtung aller Mann­heimer Straßen konnte das Paar noch entdeckt und zurückgeholt werden. Dies­mal fand sich der vermißte Ring in der Tasche der Mutter!

Jttlingen, 1. Juli. Am Sams­tag wurde die 21jährige blühende Tochter eines Landwirts im Weinberge einen Schritt von einem kleinen Bäumchen vom Blitz getroffen und war sofort tot.

Württemberg.

Stuttgart, 4. Juli. Ihre König­lichen Majestäten haben Luch heute vor­mittag 9 Uhr mittelst Extrazuges zum Sommeraufenthalt nach Friedrichshafen begeben.

Stuttgart, 3. Juli. Zur Feier des siebzigsten Geburtstags des russischen Propsts von Basarvff wurde heute in der russischen Hofkirche ein feierlicher Dankgottesdienst abgehalten. Ihre Maje­stät die Königin empfieng vor dem Gottesdienst Ihren Beichtvater, um ihm HöchstJhre Glückwünsche und den Dank für langjährige treue Dienste aaszusprechen. 1851 wurde er zum Beichtvater Ihrer Majestät der Königin, der damaligen Kronprinzessin Olga von Württemberg berufen. Seit 38 Jahren steht er Ihrer Majestät als geistlicher Berater zur Seite, mit HöchstJhrem unwandelbaren Vertrauen beehrt.

Nach Privatmitteilungen ist die zur Feier des Allerhöchsten 25jährigen Re­gierungs-Jubiläums gestiftete Erinnerungs- Medaille in Silber u. A. verliehen worden : an C. Commerell in Höfen, C. Flax­land und Oberamtspfleger Weßinger in Neuenbürg, Stadtschultheiß Bätzner, Stadtpfarrer Härle und Dir. O. Klein- logel in Wildbad.

Stuttgart, 4. Juli. Etwa 200 Damen und Herren versammelten sich heute, Donnerstag nachm. 1'/- Uhr in den Sälen des Königsbaues, Seite nach der Fürsten­straße. Das Fest, das hier gefeiert wird, gilt der 113. Feier der Unabhängigkeit der nordamerikanischen Freistaaten.

Stuttgart. Der Verbrauch bei dem Gartenfest auf der Wilhelma war folgender: 2000 Flaschen Champagner (deutscher Schaumwein); 3000 Flaschen Untertürkheimer Rotwein und Eilfinger

Riesling aus den K. Weinbergen; 4000 Liter Bier, Helles von der Stuttgarter Brauereigesellschaft und Württembergisch- Hohenzollern'schcn Brauereigesellschaft und dunkles von der Zöppritz'schen Brauerei in Cannstatt; 3000 Stück belegte Bröt­chen; 100 Stück Wildpasteten für je 30 Personen; 200 Liter Gefrorenes; 310 Flaschen Maiwein; 2000 Brezeln; 2000 Portionen Emmenthalerkäse; lOOOOrangen; 5000 Bonbons mit den Bildnissen II. KK. Majestäten; 120 Torten (fast von allen Konditoren der Stadt); 4000 Salz­stangen; ferner Thee in Menge, Thee- waffeln, Theebackwerk, Konfekt und Bis- quits.

Stuttgart. Aus den Jubiläums­tagen. Um sich ein Bild von dem riesi­gen Verbrauch über die Jubiläumstage machen zu können, teilen wir unfern Lesern mit, daß ein hiesiges Metzgerei­geschäft, um auf dem Laufenden bleiben zu können, allein circa 140 Schweine, 70 Kälber und 25 Stück Großvieh im Ge­samtgewicht von 40 835 Pfund und im Wert von 21,900 Mark schlachtete.

Den Jagdausübenden von Oberkoll- wangen gelang es am Johannisfeiertag einen Kapitalhirsch, der schon mehrere Wochen herumstreifte, und da und dort Schaden verursachte, zu erlegen. Der­selbe, ein Zehnender, hatte das seltene Gewicht von 160 Kilo. Solches Jagd­glück ist unfern Jägdlern seit 40 Jahren nicht mehr zuteil geworden.

Nach der württ. Bevölkerungs­statistik des statistischen Landesamtes wurden 1888 in Württemberg 13 167 Ehen geschlossen, die Zahl der Geborenen inkl. Totqeborener betrug 71171, die der Gestorbenen inkl. Totgeborener 52 307, es ergiebt sich somit ein Ueberschuß der Geborenen über die Gestorbenen von 18 864. In den letzten 10 Jahren von 1878 bis 1887 wurden in Württemberg 127 832 Ehen geschlossen, 781 418 Kinder geboren, 560 464 Todesfälle und 220 954 Ueberschuß von Geburten. Es giebt dies einen 10jährigen Durchschnitt von 12 783 Ehen, 78 141 Geburten, 56 046 Todes­fällen und 22 095 Geburtenüberschuß.

Ausland

Paris, 2. Juli. Ein gestern in Pantin als Spion verhafteter Deutscher ist der 40jährige Martin Kohn aus Württemberg, ein mit zahlreichen Empfehl­ungen von Geistlichen ausgerüsteter Be­sucher von Wallfahrtsorten.

Misullkn.

Berlin, 16. Juni. Durch Freude getötet. Der erschütternde Fall, daß die lebhafte Gemütsbewegung, welche eine freudige Ueberraschung hervorruft, den Tod eines Menschen herbeigeführt, hat sich gestern hier auf offener Promenade in den Anlagen vor dem Schlesischen Thor zugetragen. Ein im Osten Berlins wohlbekannter und beliebter alter Herr, der Rentier und Hausbesitzer Bernhard O., Falkensteinstraße wohnhaft, machte in den erwähnten Anlagen seinen gewohnten Nachmittagsspaziergang. Während seiner Abwesenheit von Hause erschien daselbst

sein Bruder, der nach zwanzigjährige Fernsein unvermutet aus Australien M- rückgekehrt war. Als er hörte, daß der Bruder in den Anlagen eine Promenade mache, eilte er dorthin, traf den Bruder und trat mit dem Ausruf:Bernhard, kennst Du mich nicht mehr?» plötzlich vor ihn. Der alte Herr faßte den Sprechenden in's Auge und stürzte ihn, mit den Worten:Mein Gott, Alfred Du, mein Bruder!" in höchster freudiger Erschütterung in die Arme. Als sie sich einige Augenblicke so umschlungen gehalien, will der jüngere Bruder, beunruhigt von der Fassungslosigkeit des älteren, der kein Wort mehr spricht, sich aus dessen Umarmung losmachen, um ihn zu be­ruhigen, und bemerkt, daß derselbe bewußtlos ist. In furchtbarer Angst läßt er den Ohnmächtigen, der nicht wieder zu sich kommt, in seine Wohnung schaffen, man wendet, während nach einem Arzt geschickt wird, die zur Hand befindlichen Belebungsmittel an. aber vergeblich: ohne noch einmal zum Bewußtsein zurückzu­kehren und noch ehe ärztliche Hilfe zur Stelle ist, haucht der Kranke sein Leben aus. Ein Herzschlag hatte dem Leben des etwas korpulenten aber trotz seiner 60 Jahre noch äußerst rüstigen Herrn ein jähes Ende bereitet. Die freudige Ueberraschung darüber, daß er seinen Bruder nach zwanzigjähriger Trennung unvermutet vor sich sah, hatte ihn ge­tötet. Der bedauernswerte jüngere Bruder, der ahnungslos und schuldlos den Un­glücksfall herbeigeführt, ist so erschüttert von der Katastrophe, daß er selbst krank darniederliegt.

(Die Schädlichkeit der Eisenbahnen.) Bevor der Bau der Eisenbahn in Deutsch­land, der am 7. Dezember 1835 eröffnten Linie Nürnbcrg-Fürrh, in Angriff ge­nommen wurde, ersuchte die bayerische Regierung u. A. auch das Ober-Medizinal- Kollegium um ein Gutachten über Schäd­lichkeiten oder Unschädlichkeit des Betriebes für die Gesundheit. Dieses Gutachten, welches sich demFränk. Kurier" zufolge noch heute im Archiv der Nürnberg- Fürther Bahn befindet, lautete dahin, daß der Fährbetrieb mit Dampfwagen im Interesse der öffentlichen Gesundheit zu untersagen sei. Die schnelle Bewegung erzeugt unfehlbar eine Gehirnkrankheil bei den Passagieren, welche eine besondere Art des ävlirium turiosuin darstelle. Wollten die Fahrenden der Gefahr trotzen, so müsse der Staat wenigstens die Zuschauer schützen. Der bloße Anblick eines rasch dahinfahrenden Dampfwagens erzeuge ge­nau dieselbe Gehirnkrankheit; es fei des­halb zu verlangen, daß der Bahnkörper zu beiden Seiten mit einem dichten, min­destens fünf Ellen hohen Bretterzaun um­geben werde u. s. w. Die bayrische Re­gierung hat s. Z. wohlweislich davon Abstand genommen, das Gutachten zu ver­öffentlichen.

Bestellungen auf den KnztlMr

können täglich bei allen Postämtern ge­macht werden.

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.