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einige Lehrer der Umgegend anwohnten beschloß die Feier.
Neuenbürg. Mit den Jubiläumsfestlichkeiten wurde hier am Dienstag auch eine Schulfeier verbunden. Die liebe Schuljugend war dazu im festlichen Gewände im Schulhause erschienen, wo Hr. Schullehrer Schramm in ansprechender verständlicher Rede zuerst einen kurzen Abriß der württembergischen Geschichte gab, sodann das Leben und die Thätigkeit Ihrer Majestäten vom Regierungsantritt an schilderte mit ihren dem Lande Württemberg so ersprießlichen und wohlthätigen Folgen. Deklamationen und Gesänge vaterländischer Gedichte und Lieder in passender Folge waren geeignet, das zu patriotischer Wärme angeregte Verständnis der Schüler noch weiter zu beleben. Möge ihnen dieser Tag zu bleibender Erinnerung dienen und sie ihre Kräfte anspannen lernen um dereinst nützliche Glieder im Dienste des Vaterlandes werden zu können.
Kayh, OA. Herrenberg, 24. Juni. Die hiesigen Einwohner, welche heute vormittag dem Gottesdienste beiwohnten, wurden in nicht geringe Aufregung und großen Schrecken versetzt. Während desselben brach ein Gewitter los, der Blitz j schlug in die Kirche und es wurde Hr. ^ Pfarrer Baumann, der eben das Vater-1 unser auf der Kanzel betete, betäubt zu Boden geworfen. Glücklicherweise erholte er sich alsbald wieder und konnte allein nach Hause gehen.
Calw, 26. Juni. Heute vormittag bewegte sich ein außerordentlich großer Zug Leidtragender durch die Straßen der Stadt, um dem so frühe dahingeschiedenen Geh. Kommerzienrat Stalin das letzte Geleite zu geben. Der Trauerwagen und das Grab waren reich mit Kränzen und Palmzweigen geschmückt, welche in großer Anzahl als Zeichen der Verehrung und Dankbarkeit, die dem Dahingeschiedenen von Nah und Fern in so reichem Maße entgegengebracht wurden, gewidmet waren.
MlMllkN.
Zur Jubelfeier der franz. Revolution.
Aus der Kirchl. Korrespondenz des Ev. Bundes.
(Schluß.)
Die Menschenrechte sind also nicht auf französischem Boden gewachsen, sie sind unzähligemale zuvor im Namen des Christentums verkündet, aber erst vom englisch-amerikanischen Protestantismus zur Wahrheit gemacht worden. Aber bleibt denn nicht wenigstens für die Franzosen der Ruhm, die Menschenrechte in Europa überallhin verbreitet, den tausendjährigen mittelalterlichen Feudalismus entwurzelt zu haben? Es hat sich was mit diesem Ruhm! Das Wasser ist für dürre Fluren ein belebendes Element, allein wenn es als tosender alles überflutender Gießbach herantobt, so ist das Unheil, welches dadurch angerichtet wird, meist weit größer, als die befruchtende, belebende Wirkung des Stromes. Man muß sehr wenig von der Geschichte des 18. Jahrhunderts kennen, um die Revolution von 1789 als Wohl-- that für Europa zu verherrlichen. Ueber- all begegnen uns vielmehr längst vor der Revolution tausendfache Ansätze
und Keime völkerverjüngenden Freiheitsstrebens. Mit dem Anfang des 18. Jahrhunderts beginnen in Preußen, in Dänemark, in den unter der habsburgischen Krone stehenden Ländern die Versuche, die Lage des Bauernstandes zu verbessern. In Holstein hat schon 1688 ein Herr v Rantzau seinen Bauern die Freiheit geschenkt, „weil er bereits seit einigen Jahren den schlechten und miserablen Zustand der ewigen Leibeigenschaft mit großem Mitleiden erwogen, und daß diejenigen in der h. göttlichen Schrift gar nicht gegründet, es auch Gottes Gebot, der Natur und der gesunden Vernunft allerdings zuwider, daß die Christen mehrer Gewalt über ihre Nebeu-Christen, Brüder und Schwestern sich gebrauchen, als bei denen Juden im alten Testament nicht mal erlaubt gewesen." Im selben Jahre 1688 erließen die ersten deutschen Einwanderer, 13 mennonitische Crefelder Leineweber, die im Jahre 1683! in Philadelphia gelandet hatten, den ersten öffentlichen Protest gegen die Negersklaverei, gegen welche sich thr christliches Gewissen empörte! Jenem Rantzau waren bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts 33 holsteinische Gutsherren mit der Bauerncmancipation gefolgt. Was Friedrich II. zur Verbesserung des Gerichtswesens, zur Hebung der ländlichen Bevölkerung, zur Kolonisation des Ostens gethan, ist bekannt. Weniger bekannt, aber ebenso menschenfreundlich und weise sind die Maßregeln Maria Theresias in Oesterreich selbst, in Belgien, in der Lombardei und ihres Sohnes Peter Leopold in Toscana Steuer-Kataster, gerechte Verteilung der Stenern, Einschränkung der Patrimonialgerichtsbarkeit über die Bauern, in Belgien auch ständische Vertretung des Bauernstandes, Abschaffung der ungeschriebenen, willkürlichen Lasten, Ermöglichung der Frohnablösung, Verbesserung der staatlichen Justiz — das alles sind Reformen, welche schon unter Maria Theresia durchgeführt wurden. Ebenso haben die Herzöge von Savoyen, die Kantone Solothurn und Basel in den 80er Jahren mit der Emancipation ihrer leibeigenen Bauern begonnen. Man braucht ferner nur zu erinnern an die Minister Pombal, Aranda, Strucnsee. an Joseph II. und den Papst Clemens XIV., der den Jesuitenorden für ewige Zeiten aufgehoben hat und es wird sofort klar, daß überall die Keime der Freiheit hervorsproßten, daß es nicht erst der französischen Revolution bedurfte, um die Fesseln der europäischen Völker abzu- streifen. Auch nach derselben sind es z. B. in Preußen und vielen deutschen Territorien nicht die Franzosen gewesen, welche die Emancipation gebracht haben. In Preußen war die Aufhebung der Leibeigenschaft von Anfang an von König Friedrich Wilhelm III. geplant und selbstständig durchgeführt worden.
Die französische Revolution hat den Völkern nicht die Freiheit, sondern den cynisch pietätslosen Radicalismus gebracht. Sie hat die Freiheit durch den Jacobinismus verdächtig gemacht > und auf lange Zeit unheilbar discreditiert. > Sie macht die mittelalterlichen Mächte des Feudalismus und der Hierarchie zu Mär-
- tyrern und umgiebt sie mit dem gänz-
- lich unverdienten romantischen Nimbus der „guten alten, patriarchalischen" Zeit.
! Die französische Revolution ist schuld aü , dem Erstarken der Reaktion im 19. Jahrhundert und am Ausarten der Freiheit in Radikalismus. Sie hat ferner jenes ^ Band zwischen Freiheit und Religion, welches der englisch-amerikanische ' Protestantismus so verheißungsvoll geknüpft hatte, zerrissen. Man kau» ' also in der französischen Revolution nur ein Unglück für die Menschheit beklagen, sie hat die Menschenrechte nicht erfunden. Die Freiheit hatte längst vor dem Jahr 1789 begonnen die Völker zu beglücke,, und sie wäre ohne die Schreckensscenen der Revolution heute weit unangefochtener in ihrem Besitz, fix stünde in weit innigerem Bunde mit Religion und Sittlichkeit, den Gruudwurzeln des menschlichen Glückes.
Bienenzüchter machen wir bei der gegenwärtigen Schwarmzeit darauf ausmerksam, daß nach dem rev. Entwurf eines Landeskulturgesetzes vom Jahr 1852 „das Aufstellen von mit Waben ausgebauten Bienenstöcken in der Schwarmzeit außerhalb oder auf seinem Stande dem Bienenhalter bei Strafe verboten ist." Es können also Besitzer eines Schwarmes solche gerichtlich belangen, welche einen fremden Bienenschwarm in einen mit Waben ausgebauten Bienenstock angelockt haben und nun das Eigentumsrecht beanspruchen. Diese Bestimmung hat heute noch ihre Rechtskraft.
Die Erneuerung des Abonnements
für das
III. WertetjaHr 1889
des
Cnzthälers
wollen die Leser bald möglichst bewirken, damit in der Zustellung keine Unterbrechung eintritt.
Wir werden fortgesetzt bemüht sein, durch weitere Vervollkommnung des Gebotenen das Vertrauen zu rechtfertigen, mit dem unsere Freunde die Entwicklung des Enzthälers bisher wohlwollend begleitet haben und bitten wir dieselben auch ferner für die Verbreitung des Blattes in ihren Kreisen sich freundlichst verwenden zu wollen.
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Bekanntmachungen der verschiedensten Art ist durch den Enzthäler unbestritten der beste Erfolg im Bezirk gesichert. —
Aeckchtiou «. Dttlitg rler In WlM.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.