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ScineKöniglicheMajestät haben vermöge Höchster Entschließung vom 20. Juni eine Anzahl Orden und Medaillen zu verleihen geruht, n. A.:
die Dekoration in Brillanten zu dem ihm früher verliehenen Großkreuz des Ordens der Württembergischen Krone: dem Präsidenten des Staatsministeriums, Staatsminister der auswärtigen Angelegen- legenheiten, Minister der Familienangelegenheiten HöchstJhres Hauses und Ordens - Kanzler Dr. Freiherrn von Mi t l n ach t ;
den Stern zum Commeuthurkreuz des Ordens der Württembergischen Krone: dem Präsidenten von Bätzner, Vorstand der Oberregierung;
das Commenthurkrenz des Ordens der Württembergischen Krone: dem Präsidenten von Luz, Vorstand der Regierung des Schwarzwaldkreijes, dem Badkommissär in Wildbad. Kammerherrn Freiherrn Wilhelm König von Königshofen;
das Commenthurkrenz II. Klasse des Friedrichsordens:
dem Vorstand der Verwaltungs- und Bauabteilung der Generaldirektion der Staatseisenbahnen Direktor v. Schall;
das Ehren-Ritterkreuz desselben Ordens:
dem Oberbaurat Leibbrand bei der Ministerialabteilnng für den Straßen und Wasserbau,
dem Medizinalrat Dr. Hermann Burck- hardt, Vorstand der chirurgischen Abteilungen des Katharinen- und Ludwigsspitals in Stuttgart,
dem Oberfvrstrat Fischbach bei der Forstdirektion,
dem Baurat Rheinhard bei der Oberfinanzkammer;
das Ritterkreuz I. Klasse des Friedrichs- Ordens:
dem Betricbsbauiuspektor Riedin gcr i» Mühlacker,
dem Oberamtmann Wendelstein in Horb,
dem Oberförster Bosch in Wildbad; ferner:
dem Forstmeister Herdcgen in Leonberg den Titel und Rang eines Forstrats und dem Landwirt Horlacher in Calw den Titel eines Oekonomierats gnädigst verliehen.
Stuttgart. Die Kammer der Abgeordneten vertagte sich bis Donnerstag den 27. Am Montag den 24. Juni werden die Stände von Sr. Mas. dem König empfangen werden.
Bei der vom 3. bis 12. Juni l. I. vorgenommcnen 1. Dienstprüsüng im Berg-, Hütten- und Salinenwesen ist der Kandidat Ernst Mayer». Pforzheim für befähigt erkannt worden.
Damit auch die „schwarze Garde" nicht fehle, wird der Württemb. Kaminfeger- Verein an dem Jubiläums-Fackelzug Dienstag abend in Stuttgart in ihrem Dienstan^ug: hoher Hut, Goller und schwarzes Beinkleid, als Ausrüstung: Eisen, Besen und Gurt sich beteiligen.
MisMen.
Der Sonnenwirt.
Bon Erich Norden.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.;
Es war jetzt gelungen, des Feuers Herr zu werden, krachend war der Dachstuhl auf der einen Hälfte des Hauses zusammengestürzt, aber des Feuers Macht war gebrochen, ein weiteres Umsichgreifen nicht mehr zu fürchten. Eine kurze Pause entstand in den Löscharbeiten, jeder wollte den Schaden überblicken und sehen, was eigentlich gerettet war.
„Wo ist denn nur die Guste, Herrgott, wo ist die Guste?" rief da die eine Magd, die das brüllende, geängstete Vieh aus der Srraße zusammengetrieben hatte.
„Wo ist die Guste? die taube Guste?" Keiner hatte an sie gedacht, sie war stocktaub, hatte wohl weder das Brüllen des Viehes, noch den Fenerlärm gehört. Entsetzen ergriff alle. Die Guste hatte ihre Schlafstätte in der Futterkammer, unter den rauchenden Trümmern der zusammen- brechenden Scheune. Lautlos begaben sich die Männer mit Haken und allen möglichen Werkzeugen an die Arbeit, Blicke voller Angst und Entsetzen folgten der Arbeit, mancher Jammerruf wurde laut, oft mußte die Arbeit unterbrochen werden, und als die Sonne aufgieng, zog man die Guste tot, unter Schutt und Balken vergraben, mit verkohlten Kleidern hervor.
2. Die Blumen-Rosel.
„Der Sonnenwirt hat das Feuer selbst angelegt!" Keiner wußte, wer eigentlich die furchtbare Anklage zuerst ausgesprochen; keiner wagte, sie laut zu wiederholen, und doch raunte sie einer dem andern zu, wenn auch kopfschüttelnd und abwehrend. Nein nein, es war nicht möglich, der Sonnenwirt konnte es nicht gcthan haben. So sagte auch der Gendarm, zu dessen Ohren die Anklage kam. und der sie selbst dem tötlich erschrockenen Wirt mitteilte, damit er sie abweise und auf irgend eine Weise darthuc, daß er mit dem Feuer in gar keiner Beziehung stehen könne.
Den Sonnenwirt überkam ein Grauen, als er bedachte, daß die gestern abends geführten Gespräche in der Schenkstube als ein Schnldbeweis für ihn gelten könnten, und wenn gar Wilhelm Härtel gegen ihn aufstände und aussagte, daß er ihn bei derselben Scheune gesehen, in welcher eine Stunde später das Feuer ausgebrochen war. Die Haare standen ihm zu Berge und die Kniee schlotterten ihm, und er wußte nicht, was er dem Diener der Gerechtigkeit antworten sollte.
Zum Ueberfluß erschien auch Härtel plötzlich wieder auf der Brandstätte und rief dem Sonnenwirt zu: „Na, Sonnenwirt, nun gebt Ihr ja dem Sternenwirt nichts nach, dessen Glück Ihr gestern abend noch gepriesen, — hoch versichert seid Ihr ja auch, wie Ihr Euch rühmtet!"
Der Sonnenwirt wurde kreideweiß. „Hallunke!" rief er wieder.
„Weil ich Eure eigenen Worte wiederhole?" gab Härtel zurück.
Dem Gendarm wurde die Sache sehr peinlich. Die Anklage war da, er durfte sie nicht totschweigen, er mußte Anzeige
machen, ob er gleich nicht daran glaubte, daß der ehrenwerte, unbescholtene und gut situierte Sonnenwirt schuldig sein könne. Es war ein böser, sehr böser Fall, der durch die Verunglückung der tauben Guste noch sehr verschlimmert wurde. Als einige Stunden später der Agent der Feuerversicherung aus der Stadt eintraf, um den Brandschaden zu besichtigen und die Anklage auch zu seinen Ohren kam, zog er gar rauhe Saiten auf und erklärte, auch nicht einen Federstrich zu ihun, bis der Wirt sich von der Anklage befreit und gereinigt habe.
Im ganzen Dorf herrschte eine furchtbare Aufregung. Der Sonnenwirt stand bei der Brandstätte, hielt sich den Kopf mit den Händen und wußte nicht, was er sagen und thun sollte, die Angst und Furcht hatten ihm jegliche Besinnung geraubt.
Die Sonnenwirtin saß ganz gebrochen und bitterlich weinend in der Schenkstube, wo alles unter- und Übereinanderstand. Wie auch die guten Freundinnen und Nachbarinnen ihr zuredeten und sie trösteten, sie wollte sich nicht trösten lassen, klagte und jammerte mehr von Stunde zu Stunde. Rieke lag im Bett. Schreck, Angst und Aufregung hatten sie krank gemacht. Als sie nach schwerer Ohnmacht wieder zu sich kam und sich im Obstgarten im feuchten Grase fand, konnte sie sich nicht zusammenreimen, wie sie dahingekommen und was mit ihr geschehen sei. Ihr war es gewesen, als habe sie jemand beim Namen gerufen und sich über sie gebeugt, und doch war sie allein, und ein paar hundert Schritt weiter wurde ihres Vaters Hab und Gut von den Flammen verzehrt.
Niemand im Dorfe, bis auf eine, wollte an die Schuld des Sonnenwirtes glauben. Die eine war die Blumen- Rosel, die am Abend vorher Wilhelm seinem Freunde gegenüber erwähnt halte.
Die Blumen-Rosel wohnte in der Mitte des Dorfes, war einige Jahre später dort eingezogeu als der Sounen- wirt Schulz in sein Gasthaus. Damals hatte die Mutter der Rosel noch gelebt, und die Rosel war noch ein hübsches Mädchen, aber finster und menschenscheu, schloß mit keinem Freundschaft, kümmerte sich um niemand, und bei den Leuten gieng die Rede: „bei der ist's nicht ganz richtig im Kopfe."
Die Rosel hatte sich eine hübsche Wohnung gemietet, aus deren Fenstern, die nach Westen lagen, sie die lange, breite Fahrstraße übersehen konnte. Es hatte sie mal einer gefragt, warum sie just so dicht an der Landstraße wohne, da der Staub so leicht durch die Fenster jage. „Weil die Straße nach Westen geht und im Westen liegt Amerika", hatte die Rosel geantwortet, und seitdem glaubte mau, daß es bei ihr schließlich einmal zum Ueberschnappen kommen müsse.
Sommer und Winter hatte die Rosel Walter die schönsten Blumen am Fenster, sie mußte eine große Liebe für die Blumen uud eine glückliche Hand haben, und im Dorf ward sie gar bald nur mit dem Namen Blumen-Rosel benannt.
In früherer Zeit hatte wohl hin und ! wieder einer versucht, bei der Rosel an-