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zukommen, munkelte man doch, daß sie einen guten Batzen Geld habe, aber die es versucht hatten, waren schneller zur Thür hinaus als herein gekommen, und seitdem waren die Freier ausgeblieben, und man sprach eigentlich nur mit Kopf­schütteln von derverrückten Blumen- Rosel."

Von ihrem früheren Leben wußte keiner etwas, nur soviel trat bald zu Tage, daß sie in irgend einer Beziehung zum Sonnenwirt stehen müsse, und daß sie von einem unbesiegbaren Haß gegen denselben erfüllt war.

Nach einigen Jahren starb die Mutter der Rosel, aber das änderte in deren Lebensweise gar nichts. Ob sie auch mit niemand verkehrte, wußte sie doch überall Bescheid, und wenn es ja im Dorfe einen gab, der mit dem Sonnenwirt schief stand oder etwas gegen ihn hatte, so konnte man sicher sein, daß sie an den in irgend einer Weise Annäherung suchte und zu ihm hielt.

So hatte sie zu den alten Härtels ge­halten, als die in Not und Elend kamen und des Sonnenwirts Rieke nicht mehr ihre Schwelle überschreiten durfte. Als der alte Härtel sich das Leben genommen, war sie hinter seinem Sarge hergegongen, und im Armenhause hatte sie neben dem Bett der alten Härtel gesessen, ihr die Augen zugedrückt, und von ihren schönsten Blumen einen Kranz gewunden und ihn auf das Grab der unglücklichen Frau ge­legt. Die Leute im Dorf sagten, es sei nicht Liebe, welche die Rosel dazu treibe, sondern nur der Haß gegen den Sonnen­wirt.

(Fortsetzung folgt.'.

Zur Jubelfeier der franz. Revolution.

Aus der Kirchl. Korrespondenz des Ev. Bundes.

Die Franzosen schwelgen in Jubel- erinnerungcn an die große, welterlösende Revolution, welche der Menschheit die großen Ideen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, die Menschenrechte gebracht hat. Schade, daß der alte Victor Hugo diese Tage nicht mehr erleben durfte, er hätte gewiß, den Etffelthurm zum Piede- stal seiner Muse nehmend, den Franzosen bewiesen, daß sie durch die That von 1789 so hoch über alle anderen Völker hinaus­ragen, als der Babelturm des Pariser Ingenieurs über alle Bauwerke der Welt. Für den fernstehenden Beobachter aber ist das Revolutions-Jubiläum ein will­kommener Anlaß, jenes Ereignis, über das bis heute die Urteile so weit aus­einandergehen, einer erneuten geschicht­lichen Prüfung und Würdigung zu unter­ziehen. Um die französische Revolution richtig zu verstehen, muß man die Nächst­liegende Veranlassung derselben, die Zu­stände in Frankreich selbst wohl unter­scheiden von dem idealen Einschlag, von dem treibenden Gedanken der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. In Frank­reich hatte sich die feudale Staatsver- fasfung, trotz des selbstherrlichen Despotis­mus eines Ludwig XIV. so gut erhalten, wie in den meisten europäischen Staaten. Zwei Drittel des Bodens stand im Eigen­tum von adeligen und kirchlichen Grund­herren, der Magistratur und Geldmacht.

Ein ländlicher Mittelstand fehlte ganz. Das übrige Drittel des Landes war in den Händen kleiner, meist in jämmerlicher Lage befindlicher Bauern. Die Lage der leibeigenen Bauern auf den Gütern von Adel und Klerus war zum Erbarmen traurig. Während damals in England ein Viertel des Rohertrags als hoher Pachtschilling galt, war in Frankreich die Hälfte des Rohertrags vom Land die Regel. Daneben aber weisen die Ver­zeichnisse der Herrenrechte im 18. Jahr­hundert noch genau dieselben Lasten auf, welche seit 1000 Jahren dem Bauernstand aufgelegt, schon im Mittelalter vom Jahr 1000 an immer wieder zu Bauernauf­ständen geführt haben, jene mannigfachen Zehnten und Naturalabgaben, die Ge­bundenheit an die herrschaftlichen Mühlen, Keltern, Wirtschaften, Schmieden, jene Jagdwillkür der Herren, jene zahlreichen und mannigfachen Frohnden bei der Säe- und Erntearbeit, beim Keltern, Mahlen, Wegbau rc. Es herrschte überall noch jene traurige Patrimonialgerichtsbarkeit der geistlichen und weltlichen Gutsherr- schafteu, deren ultima, ratio von jeher das Prügeln der Bauern gewesen ist. Mit andern Worten: Die Bauern waren, da ihre Tyrannen und Peiniger auch ihre Richter waren, rechtlos. Die Abschaffung dieser Lasten, vor allem aber die Gerichts­reform und gerechte Verteilung der Staats­steuern standen als Hauptforderungen auf den Wahlmanifesten des Jahres 1789. Die Steuern wurden nämlich vom Bürger- und Bauernstand allein getragen, da der Klerus und Adel steuerfrei waren. Die Kirche leistete aus ihrem ungeheuren Grundbesitz, dessen Ertrag jährlich 130 Millionen Livres ausmachte, nichts als eine freiwillige, auf den ständischen Versammlungen des Klerus festgesetzteTaille"; nimmt man nun zu diesen Rechts- und Staatsverhältnissen den sittlichen und Bildungszustand des Volkes -hinzu, wie er sich unter der Re­gierung eines Ludwig XIV. und XV. ge­staltet hatte, dann war in der That Zündstoff genug vorhanden, um eine Explosion wie die Revolution von 1789 zu verursachen.

Der ideale Einschlag aber zur fran­zösischen Revolution ist durchaus nicht original-französisch: Die Menschenrechte sind weder vom französischen Jesuitismus noch vom Materialismus der Encyklopä- disten erfunden. Sic sind das edle Pro­dukt des englisch-amerikanischen Protestantismus, der seit den Tagen des Vaters Penn die Stadt der Bruder­liebe, Philadelphia, und die neuenglischen Staaten zur Heimstätte der Gewissens­freiheit, der bürgerlich rechtlichen Gleich­berechtigung gemacht, der in Pennsyl- vanien und in England auf dem Boden legitimer Agitation und Rechtsentwicklung die Sklaverei abgeschafft und in das feudale Europa den Gedanken der Freiheit und der Menschenrechte herüber- gcbracht hat.Pennsylvanien wurde die Wiege der Freiheit für die Neger und für die Menschheit", sagt Hase in seiner prägnanten Kürze.

(Fortsetzung folgt.s

Aer reichste Aürst.

Preisend mit viel schönen Reden Ihrer Länder Wert und Zahl,

Saßen viele deutsche Fürsten Einst zu Worms im Kaisersaal.

Herrlich, sprach der Fürst von Sachsen,

Ist mein Land und seine Macht,

Silber hegen seine Berge Wohl in manchem tiefen Schacht.

Seht mein Land in üpp'ger Fülle,

Sprach der Kurfürst von dem Rhein,

Gold'ne Saaten in den Thälcrn,

Auf den Bergen edler Wein.

Große Städte, reiche Klöster,

Ludwig, Herr zu Baiern, sprach,

Schaffen, daß mein Land den euren Wohl nicht steht an Schätzen nach.

Eberhard, der mit dem Barte, Württembergs geliebter Herr,

Sprach: mein Land hat kleine Städte,

Trägt nicht Berge silberschwer.

Doch ein Kleinod hält's verborgen:

Daß in Wäldern noch so groß

Ich mein Haupt kann kühnlich legen

Jedem Unterthan in Schooß.

Und es ries der Herr von Sachsen,

Der von Baiern, der vom Rhein:

Graf im Bart, Ihr seid der reichste,

Euer Land trägt Edelstein.

Justinus Kerner.

Die rrimirrililg des Adomumch

für das

III. Wiertetjahr 1889

des

EnzthiUers

wollen die Leser bald möglichst bewirken, damit in der Zustellung keine Unterbrechung eintritt.

Wir werden fortgesetzt bemüht sein, durch weitere Vervollkommnung des Ge­botenen das Vertrauen zu rechtfertige», mit dem unsere Freunde die Entwicklung des Enzthälers bisher wohlwollend be­gleitet haben und bitten wir dieselben auch ferner für die Verbreitung des Blattes in ihren Kreisen sich freundlichst verwenden zu wollen.

Die Bestellungen für hier werden bei der Redaktion, für auswärts je bei den nächsten Postanstalten oder durch die Postboten gemacht. Probenummern stehen in jeder gewünschten Zahl gratis und franko gerne zu Diensten.

Der Preis des Blattes ist in Neuen­bürg vierteljährlich 1 A 10 L, monatlich 40 durch die Post im Oberamtsverkehr vierteljährlich 1 ^ 25 monatlich 45 Z, auswärts viertcljährl. 1 -4L 45 monatlich 50 wie bisher ohne weitere Kosten.

Bekanntmachungen der verschiedensten Art ist durch den Enzthäler unbestritten der beste Erfolg im Bezirk gesichert.

Heilchjon». D«lsg tler InWlm.

Mit einem Festblatt zum 25. Juni

Hie gut Württemberg allweg" als Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.