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eine große Schlägerei. Hiebei griff der 19jährige Cigarrenmacher Ayasie zum Messer und versetzte dem verheirateten Westenmacher L'arme 8 Stiche, so daß sofort ärztliche Hilf« geholt werden mußt. >

Stuttgart, 22.Sept. WilhelmSplaA Mostobst: Aepfel 1.80 bis ^ 2 .., Aepfel und Birnen gemischt ^ 1.60. bis ^ 1.80 per Ztr. Zufuhren genügend, Verkauf langsam.

Heilbronn, 19. Sept. Eine empfindliche Strafe erhielt ein hiesiger Fuhrmann für eine Tier­quälerei. Derselbe hatte sein Pferd so lange mit dem umgekehrten Peitschenstock mißhandelt, bis das Blut dem gequälten Tier herablief. Passanten, die ihm Einhalt geboten, setzten sich den gröbsten Insulten auS. Die Polizei verhängte eine Haftstrafe von fünf Tagen gegen den Mann. Das Schöffengericht, an das er appellierte, erkannte aber auf eine Haftstrafe von 25 Tagen.

Die Wirre« i« China.

Berlin, 22. Sept. Wie das Berliner Tage­blatt aus Paris erfährt, ist die französische Antwort auf die Note Bülows bereits nach Berlin abgeganqen. Sie erklärt sich im Grund-Prinzip mit dem deutschen Vorschläge vollkommen einverstanden und macht nur einige kleine formelle Vorbehalte. Auch die Zustimmung Oestrrrcich-UngarnS und Italiens liegen hier schon vor, die Antwort Englands steht noch aus, die Kund­gebungen der Londoner inspirirten Presse lassen aber erkennen, daß an der Zustimmung Salisburys nicht zu zweifeln ist. Was Rußland anbetrifft, so decken sich die Bülow'schen Vorschläge derart mit der früher geäußerten russischen Aufaffung, daß man auch in dieser Beziehung eine divergirende Stellungnahme des Grafen Lamsdorf für ausgeschloffen hält. Die Ver­einigten Staaten von Nordamerika scheinen einen festen Entschluß noch nicht gefaßt zu haben. Die Aeußerungen der amerikanischen Presse sind verschieden, je nach ihrer Parteinahme für Mac Kinley oder Bryan, sodaß ein sicherer Anhaltspunkt für die end­gültige Entschließung der Vereinigten Staaten sich noch nicht gewinnen läßt.

Berlin, 22. Sept. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Peking vom 16. September mittags: Die deutsche Gesandschaft siedelt wahrscheinlich vorläufig von Peking nach Shangai über. Die Chinesen er­klären auf das bestimmteste, der Kaiser und die Kaiserin-Witwe würden keinesfalls wieder in ihr durch daS Eindringen derBarbaren* entweihtes Pekinger Palais zurückkehren. Vielleicht würde Nanking die neue Residenz werden. Das deutsche Expeditions- CorpS unternimmt morgen gemeinsam mit den Eng­ländern, Amerikanern und Japanern eine große Razzia nach Boxern, in nordwestlicher Richtung von Peking. Die Engländer und Amerikaner marschierten heute bereits nach GungliShi--Tscheng ab und besetzten nachts die Linie bis Thydschungshan. Die Japaner marschierten nach dem sogenannten Wildpark und be­setzten nachts die Linie bis ShydShing. Die Deutschen marschieren morgen nach Tientsin und beteiligen sich dann an dem gemeinsamen Kesseltreiben. Es sollen sich in den dortigen ehemaligen befestigten Militär­lagern und zahlreichen Tempeln viele Tausend Boxer eingenistet haben. General Groß von Schwarzkopp ist in Peking angekommen. Er kehrt Ende dieser Woche nach Tientsin zurück.

London, 21. Sept. Auf Vorstellung der Gesgndten werden weitere Strafexveditionen zur Ret- tmig chinesischer Christen und Bestrafung des Feindes in die umliegenden Gebiete von Peking organisiert. Eine amerikanische Kolonne qing nach Shanihien, 25 Meilen nordöstlich. Die Japaner entsetzten den Hungtsun-Bahnhof bei Fengtai und halfen den Eng­ländern die Bahn reparieren. Der russische Gesandt« verschob seine Abreise auf unbestimmte Zeit. Die russisch chinesische Bank hat Peking verlassen. Mor- ning Post meldet aus Peking: Ein deutscher Offizier führe di« Untersuchung gegen die Boxer und anders Chinesen, die aus verschiedenen Gründen verhaftet sind. Er hat bereits mehrere zum Erschießen ver­urteilt. In dem Gefecht bei Liangghsiang wurde ein deutscher Offizier getötet, einer verwundet.

London, 22. Sept. Morninp Post meldet aus Shangai: Der Direktor der chinesischen Eisen­bahnen, Toug, erklärte, China werde den Prinzen Tuan nicht ausliefern. Die von Deutschland vor­geschlagene Polit k würde in China eine vollständige Revolution Hervorrufen.

Washington, 22. Sept. An amtlicher Stelle wird erklärt, daß der russische Vorschlag betreffend die Zurückziehung der internationalen Truppen auS Peking noch immer so bestehe, wie er zuerst gemacht wurde. Die Peitang- fortS wurden am 20. ds. Mts. von den kom­binierten deutschen, russischen und französischen Truppen genommen.

Tokio, 22. Sept. Ein von gestern vor­mittag 9.15 datiertes Telegramm besagt: Tsching- hai wurde von den Alliierten genommen, doch sind die Boxer entwischt. Die ganze Stadt Tuliu wurde Niedergebra.» nt.

Shangai, 22. Sept. (Kabelmeldung der Paris-Nouvelles".) Der Kaiser und die Kaiserin- Witwe lehnen es ab, sich von dem Prinzen Tuan und den übrigen Führern der Boxer loS zu sagen. Während die zwei ersten kaiserlichen Edikte sich in sehr scharfen Ausdrücken gegen die Boxer bewegten, ver­rät daS jüngste vom 17. September datierte Edikt einen vollständigen Umschlag der Gesinnungen. Das­selbe lautet: Die Boxer und die Christen legen sich keine Rechenschaft von der Thatsache ab, daß sie alle- beide unser« Unterthanen sind. Wir behandeln sie alle auf dieselbe Weise. Wenn die Christen zu ihren gewöhnlichen Beschäftigungen zurückkehren, werden sie von uns beschützt und sie haben nichts mehr zu be­fürchten. Die Vizekönige und Gouverneure haben ihre Unterthanen anzuweisen, die Christen mit Güte zu behandeln und ihnen zu verstehen zu geben, daß dies unser kaiserlicher Wille ist. Wenn die Christen dies verstehen, so werden sie sich gut dabei befinden. ES ist unser Wunsch, daß sie jeden Argwohn fallen lassen und zu ihren früheren Beschäftigungen zurückkehren. Gar viele Boxer haben sich empört, man müsse aber «inen Unterschi,d zwischen den Guten und den Schlechten machen. Die Beamten sollen die Boxer auseinander- treiben und sie auffordern, nach Hause zurückzukehren. Wir treffen militärische Maßregeln von der größten Strenge gegen alle diejenigen Boxer, welche sich weigern, auseinanderzugehen und sich unserem Befehle nicht unterwerfen.

Das 50jährige Zubiliiumsfest der Freiwilligen Jeuerwehr in Calw.

E« liegt in der Natur der Sache, daß sich ein solch gemeinnütziges Institut wie eine Feuerwehr der allgemeinen Sympathie erfreut, ist doch hoch und nieder, reich und arm in gleicher Weise daran beteiligt. Alle Kreise der Bevölkerung wirken hier zusammen und arbeiten miteinander und füreinander, wie ja der Wahlspruch der Feuerwehr lautet:Einer für alle, und alle für einen.* Darum war es nicht ander» zu erwarten, als daß das 50jähr. Jubiläum der hiesigen Feuerwehr in recht schöner Weise verlaufe. Es war der Wunsch der Mitglieder, dasselbe in ein­facher würdiger Weise, ohne viel äußern Pomp zu feiern, daß aber dennoch die geladenen Gäste des Bezirks sehen können, wa» die Feuerwehr der Ober- amlsstadt mit ihrer zahlreichen Mannschaft, mit ihren schönen Geräten und mit der Wasserleitung zu leisten imstande sei. So ward denn auch das Festprogramm vom Verwaltungsrat in einfachster Weise entworfen. Von Einladungen außerhalb des Beziiks wurde Ab­stand genommen.

Die Einwohner und die bürgerlichen Kollegien ließen sichs aber nicht nehmen, das Fest ihrer Feuer­wehr verschönern zu helfen. Die Häuser waren auch beflaggt und die Eingänge der Stadt mit Triumph­bogen und paffenden Inschriften geziert.

Auch das herrliche Herbstwetter trug daS Seine zur Verschönerung des Festes bei.

Ein großesWecken" durch die Stadtkapelle und die Feuerwehrtrommlsr verkündeten am frühen Morgen der Stadt Calw den Festtag. Vor dem Vor­mittagsgottesdienst trat die ganze Fcuerwehrmann- schaft beim Spritzenmagazin an.

Nehmt unfern Gruß mit Herz und Hand,

Die Nächstenlicb ist unser Band!" entbot hier eine Inschrift den Morgengruß. Der Commandant, Herr Glasermeister Häußler, führte sodann den Zug, mit dem Ehrencommandanten Hrn. Georgii ssu. an der Spitze, zur Kirche, wo Herr Dekan Roos in geziemender Weise des JubeltagS der Feuerwehr gedachte, deren Mitglieder jederzeit auS Nächstenliebe ihren Mut und ihre Kraft, sogar ihr Leben einsetzen, wenn dem Einzelnen oder der ganzen Stadt Gefahr droht. Die ganze Gemeinde bringe daher der Feuerwehr ihre Sympathie entgegen und danke den wackeren Männern» die vor 50 Jahren diese allgemein wohlthätige Vereinigung gründeten, und wünsche der Feuerwehr Gottes Segen zu ihrem oft so beschwerlichen Dienst. Wenn ihre Mitglieder zu Gottes Ehre ihre Pflicht thun, so sei das auch ein schönes Stück werkthätigen Christentums.

Nach dem Gottesdienst nahm das Feuerwehr- corpS auf dem Marktplatz Aufstellung. Daselbst schmückte Frl. Rosa HSußler unter folgender, von Hrn. I. Feldweg verfaßter poetischer Widmung dre Feuerwehrfahne mit einem prächtigen Fahnenbande: Wenn einstens hat die Glock ertönt Der Schreckensruf erscholl: .Es brennt",

Da waren wir auch jederzeit Zur schnellen Hilfe gern bereit.

Wir waren stets bei gutem Willen Euch Eure Spritzen rasch zu füllen.

Doch heute braucht man uns nicht mehr Der Feuereimer bleibt jetzt leer Wie Mose in der Wüste that

bei dem Mädchen, dessen Bild mir seit gestern beständig vorschwebte. Ich war von demselben so vollkommen beherrscht, daß, hätten die Alpen, infolge eines Erd­beben ihren Platz verändert und wären uns plötzlich längsseit gewesen, ich auch von diesen kaum viel Notiz genommen haben würde.

Wir kamen bei dem Hause an. ES war ein schloßartiges Gebäude, ein Quadrat mit platttem Dach, einem Turm in der Mitte, und steinernen Figuren von Engeln oder Grazien oder Musen in den Ecken.

AIS wir die Glocke an dem großen Portal zogen, erschien ein Diener in großer Livree und geleitete uns in das Empfangszimmer. Diese» war mit über­ladener Pracht auSgestattet. DaS kostbare Ameublement, die verschwenderisch mit Gold und Stuck verzierten Marmorwände, daS mächtige von künstlicher Hand ge­malte Deckengemälde, wirkten bedrückend auf mich.

Ist da» nicht großartig,* flüsterte mir meine Cousine zu.Und bei all dem Reichtum diese einfache, bescheidene Florence! Man sollte meinen, «in Mäd­chen, welches in solcher Umgebung lebt, müßte hochmütig werden, und sich gerade nur für Lords und LadieS gut genug haften."

I ja," erwiderte ich, indem ich mir die Malerei an der Deck« betrachtete, wo eine Dame abgebildet war, die aus einer Wolke heraus, von Blumen um­geben, auf einer Trompete blieS,ich glaube, wenn ich hier lebte, würde ich das Laufen verlernen. ES ist zum verwundern, daß sich der Vater kein höheres Ziel für die Tochter steckte, als den Sohn eines Baronrts.*

Nun, weißt du, die Morecombes sind eben von sehr altem Adel und mit einer großen Anzahl vornehmer Familien verwandt.*

Die Pest über di« ganze Sippschaft,* dachte ich und war eben im Begriff dieser frommen Seelenstimmung einen paffenden Ausdruck zu geben, als Miß Hawkr im Promenadenanzug eintrat. Sie schien überrascht und errötete. Ich hatte den Eindruck, als wenn sie, auf die Meldung des Diener» hin, erwartet hätte, meinen Onkel zu finden. Der Ausdruck der Urberraschung verwandelte sich indes sogleich in einen, welcher so nach Freude aussah, daß mein Herz laut auf­jubelte.

Sie reichte uns beiden freundlich die Hand und fragte, ob ich mit in di« Kathedrale wolle.

Wenn ich darf, ja,* erwiderte ich.Als Amalie von dem Konzerte sprach, war ich io unbescheiden zu bitten, dasselbe auch anhören zu dürfen.*

Da Sie Musik zu lieben scheinen,* entgegnete sie,thun Sie recht, sich den Genuß nicht entgehen zu lassen. Das Programm ist ein sehr gewähltes und der Chor rst gut. Ich denke dann gehen wir.*

Wir schritten davon, ich links, Amalie rechts von ihr, und eS entspann sich gleich ein lebhafte» Geplauder. Dasselbe hatte von vorn herein einen so zwang­losen Charakter, als wären wir ganz alte Bekannte. Oft lachten die Mädchen über meine hin und wieder eingestreuten seemännischen Scherze, dabei kam Miß Hawke darauf mich zu fragen, wie ich mich hätte entschließen können, daS frei« Leben auf dem Ocean aufzugeben und pries den Seemannsstand als den männ­lichsten und schönsten.

Ja, das ist er,* stimmte meine Cousine bei,der Seemann ist wie ein Soldat.*

O nein, in meinen Augen steht er weit höher, ich finde, zwischen Seemann und Soldat ist noch ein gewaltiger Unterschied, man kann beide nicht in einem Atem nennen. WaS sagen Sie dazu, Mr. Siymour, habe ich nicht recht?*

Natürlich vollkommen," gab ich entzückt zurück,wie könnte ich anders denken, aus dem Grunde meines Herzens stimm« ich bei.* Ich hätte ihr auf der Stelle um den Hals fallen mögen für ihren Ausspruch, würde ihr aber auch ebenso aus tiefster Seele beigepflichtet haben, wenn sie umgekehrt den Soldatenstand über den Seemannkstand erhoben hätte.

In meinem Glück wurde ich immer gesprächiger und auch den beiden Mäd­chen stand der Mund nicht einen Augenblick still. Wir lachten und waren froh wie Kinder. Es war unbeschreiblich schön. Ich konnte eS gar nicht fassen, daß dieses liebreizende Wesen an meiner Sette, gestern um diese Zeit noch nicht für mich existiert hatte.

Viel zu früh, nach meinem Gefühl, langten wir an unserem Ziele an.

Ich würde gern die Kathedrale von Bristol rühmen, schon allein de» Um­standes wegen, daß Florence Hawke in ihrer Nähe wohnte, aber ich kann leider weiter nicht» über sie sagen, als daß sie äußerlich ein alter Steinhaufen ist, rin« Art Festung, von innen aber ein kahler Stall. (Fortsetz, folgt.)