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114.
Amts- Md Auzeigekkatt für den Bezirk Kalw.
75. Iahrgavg.
»rlcheiut Dienetag», vasneritag« und Samitag«. Die «sviSorig»sibShr »«trügt !m Bezirk und io nüchfter a»g«SllAg » Vs», di« Heil«, «etter entkernt iS Pfg.
Dienstag» den 25. September 1900
Bierteljührlicher Lro»nement«i>reie in der Stadt Mk. t.to in« Hau« ««bracht, Mk. 1. lb durch di« Post bezogen im Bezirk. Luster Bezirk Nk. l. SS.
-«ttiche MeLamrtmachrrnge«.
Bekanntmachung.
Dir Ortsstraße durch Röthenbach von der Wirtschaft zum Rößle bis zum Zavrlsteiner Weg ist vom 25. Septbr. d. IS. ab bis auf Weiteres gesperrt.
Calw, den 22. September 1900.
K. Oberamt.
Vo elter.
Tagesneuigkeiten.
* Calw, 23. Sept. Am Freitag abend hielt im Badischen Hof Herr Reichstagabgeordneter vr. Lehr aus Berlin einen Vortrag über die „ch inesische Frage". Im Namen der hiesigen Ortsgruppe des alldeutschen Verbandes, von der die öffentliche Einladung ergangen war, begrüßte Hr. vr. Supper die zahlreich erschienenen Damen und Herrn mit freundlichen Worten, worauf vr. Lehr in einem sehr gediegenen Vortrag die die ganze Welt berührende Frage vom Standpunkt des alldeutschen Verbandes beleuchtet« und auseinander» setzte. Eingehend bemerkte der Redner, es seien die sogenannten chinesischen Wirren allen Mächten zu früh gekommen, durch den südafrikanischen Krieg aber habe sich unsere Lage insofern günstig gestaltet, daß wir unbehelligt von England eine große Landmacht und einen großen Teil unserer Flotte in das Ausland schicken und so unsere Interessen selbst wahrnehmen können. Anfangs habe eS geschienen, als ob Deutschland mit Rußland zusammengehe, jetzt schein« eS aber mehr zu England hingedrängt zu werden. Deutschland habe keinen Rache-, oder Abenteuer- oder Kriegszug unternommen, es sei lediglich durch seine Entwicklung gezwungen, für seine Industrie neue Absatzgebiete zu suchen. Würde Deutschland in China sich zurückgezogen haben, so wäre das der erste Schritt zur Abdankung als Weltmacht gewesen. Nur wirt
schaftliche Verhältnisse hätten uns zur Besitznahme von Kiautschou geführt und eS sei nicht bloß unser Recht sondern unsere Pflicht bei dem Zusammenstoß zweier großer Kulturvölker ein Wort mitzusprechen; es sei sonst Gefahr vorhanden, daß die gelbe Raffe die weiße zurückdränge. Es wäre aber besser gewesen, wenn in der ernsten Lage Graf Waldersee den Oberbefehl nicht übernommen hätte, zumal nicht einmal feststehe, ob Waldersee auch den Oberbefehl über die Flotte habe; jedenfalls werden Deutschland eine Menge Schwierigkeiten aus dieser Stellung erwachsen. Sehr erfreulich sei, daß unsere Landsleute von den Barbaren befreit seien. Nach einer Besprechung des Räumungsvorschlags und des Rundschreibens von Graf Bülow stellte der Redner die Forderung auf, daß mit der Kaiserin unter keinen Umständen verhandelt, daß Peking und einige Kriegshäfen besetzt und eine gründliche Finanz- reform, und zwar eine Einkommenssteuer eingeführt werden sollte, dann könne China, das zu den reichsten Ländern der Erde gehöre, seine Schulden bezahlen. Der chinesische Kaiser solle von allem fremdenfeindlichen Einfluß entfernt werden und als Radikalmittel würde er (Redner) die Verlegung der Hauptstadt an die Küste vorschlagen. Wenn die übrigen Mächte in China zugreifen, wenn Rußland die Mandschurei, England das überaus ergiebige Aangtsethal beanspruche, solle dann Deutschland ruhig zusehen? Deutschland könne verlangen, daß eS auch nicht schlechter wegkomme als die anderen Staaten und daß eS sich nicht begnügen lasse mit Schantung und dem Meistbegünstigungsvertrag. ES sei mit stolzer Genugthuung zu begrüßen, daß Deutschland einig und daß von Süd und Nord die Kämpfenden freiwillig in großer Zahl nach China gezogen seien. Nach der Ansicht des Redners müsse Deutschland ein« dreifache Lehre aus den jetzigen Wirren ziehen: Schaffung einer AuSlandSflotte, Anlegung von Kohlenstationen und Kabeln und Aufstellung einer Kolonial- armes. Mancher möge mit Bangen in die Zukunft blicken, aber die freudige Begeisterung der China
kämpfer beweise, daß der schlachten- und sisgesfrohs Geist in unserem Volke noch fortlebe, daß das deutsche Volk seine große Aufgabe begriffen habe, daß das heutige Geschlecht wert sei der Väter und einem solchem Volke sei der Sieg gewiß. Lauter Beifall folgte diesen mit Wärme und Ueberzeugung vorgetragenen Ausführungen und Hr. vr. Supper drückte dem Redner noch den besonderen Dank der Zuhörer für seinen sachgemäßen und lichtvollen Vortrag aus.
Calw. Wir erlauben uns, Freund« kirchlicher Musik auk die musikalische Aufführung'am kommenden Mittwoch, 26. Sept., aufmerksam zu machen (s. Annoncenteil).
* Calw, 24. Sept. Der Obstmarkt am SamStag war stark befahren; die Preise gingen bis 1 ^ 50 zurück. Zu diesem Preis wird auch hier von Produzenten das Fallobst abgegeben, nur einige Eigner verlangen einen höheren Preis bis zu 2
* Calw, 24. Sept. Die Hopfenernte in den Gäuorten ist nun beendet; in nächster Zeit ist bei dem günstigen Wetter überall trockene und sackbare Ware zu haben. Die Preise bewegen sich um 100 ^ herum. Nach den jüdischen Feiertagen hofft man auf großes Leben in dem Hopfenhandel. Die Ernte ist qualitativ und quantitativ befriedigend ausgefallen. Viele Leute haben durch den reichen Ertrag eine gute Einnahme, wie auch die Hopfenpflücker einen schönen Verdienst hatten. Kinder konnten 1 ältere Leute 2 ^ und darüber samt der Kost verdienen.
* Calw, 24. Sept. Gestern mittag ent
wendete ein noch nicht der Schule entwachsener Bursche aus Althengstett in einem hiesigen Uhrenmacherladen 3 Taschenuhren. Der Diebstahl wurde sofort entdeckt und das saubere Früchtchen verhaftet. Die Uhren fanden sich noch in dessen Besitz und wurden demMgentümer wieder zugestellt. , ,
* Calw, 24. Sept. In Nsuhengstett gab «S gestern nacht um 11 Uhr in einer Wirtschaft
Nachdruck »erboten.
Iack's Brautwerbung.
Seeroman von Clark Russell.
(Fortsetzung.)
„Mir ist," begann nun meine Tante mit einer gewissen Aengstlichkeit, „mir ist — ja, — wie soll ich doch gleich sagen, — ich fürchte, Mr. Hawke könnte, — ich meine wir können nicht vorgeben nichts zu wissen von seinen Absichten betreffs . . "
„Na, immer raus damit, waS willst du eigentlich sagen, liebes Weib?"
„Nun, ich will sagen," fuhr sie unsicher fort, „er würde es vielleicht ungern sehen, daß Florence, — er würde uns wohl nicht dankbar sein, wenn wir Jack . . ."
„Ach so, — nun verstehe ich dich schon," unterbrach sie mein Onkel ziemlich heftig. „Zum Henker mit dem alten Hawke. Wa» geht uns der an? Wenn er nicht will, daß seine Tochter mit jungen Männern zusammentrifft, dann soll er sie anbinden. Ich kann Jack nicht einsperren, weil er vielleicht seine Freiheit benutzt, den Vater zu ärgern, indem er höflich zu der Tochter ist. Was thut er denn weiter Schlimmes, wenn er mit dieser und seiner Cousin«, — bedenke doch, liebes Herz, mit seiner Cousine, — ein Konzert m einer Kirche besucht."
„Ja, das ist wirklich wahr, daran kann ich auch nichts finden," nahm nun auch Sophie meine Partei.
„Siehst du, die versteht auch etwas davon," scherzte mein Onkel zu seiner Frau gewandt. „Ich bin weit davon entfernt, Wünschen entgegentreten zu wollen, die ein Vater für seine Kinder hegt, dafür bin ich selbst Familienvater, aber ich werde mich auch nicht grämen um Dinge, die ich nicht ändern kann. Ich werde nicht hingehen und Mr. Hawke sagen, daß er, meiner Meinung nach, ein Narr ist, da« Lebensglück seiner Tochter aufs, Spiel zu setzen, um einm erbärmlichen
Kerl in die Familie zu bekommen, dessen einziges Verdienst das ist, daß er nach dem Tode seines Vaters Baronet wird. Nein, das werde ich nicht thun. Aber denkst du, ich werde meines Bruders Sohn die Thür verschließen, weil Miß Hawke hier verkehrt, und der Alte sich ärgern würde, wenn sie, anstatt den Lassen zu nehmen, den er ihr bestimmt hat, an unfern Jungen ihr Herz verliert? — Dafür bin ich nicht zu haben."
Mein Gott, daß meine harmlose Bemerkung so verstanden werden konnte," seufzte meine Tante. „Niemand kann größeren Abscheu gegen Mr. HawkeS HeiratSpläne empfinden als ich. Ich wollte ja nur sagen, daß wir, als seine Bekannte und Nachbarn, — ich meine, weil Florence oft zu uns kommt..."
Hier fand sie wieder nicht weiter, und ich hielt eS nunmehr an mir daS Wort zu ergreifen:
„Warum denn diese Sorge, Tante? Will ich mich denn auf diese junge Dame stürzen und sie mit Gewalt entführen? Ich gebe zu, sie ist ein reizendes Geschöpf, und es wäre kein Wunder, wenn sich ein Gast von euch in sie verliebte, aber, wenn er sich schmeichelte sie zu gewinnen, würde ich ihn für verrückt oder für sehr eingebildet halten. Ich werde nun, da es dir nicht angenehm zu sein scheint, wenn ich . . ."
„Nein, nein!" unterbrach sie mich hastig, „ich habe nichts dagegen, wenn du mitgehst, wirklich nicht, lieber Jack. Ich wollte nur, — was ich meine ist, — ach Gott, — nein in der Thal, wenn du nicht mitgehst, werde ich ganz unglücklich sein."
Dies machte der Sache ei» Ende, und so verließen Amalie und ich bald nach dem Frühstück das Haus, um Miß Hawke abzuholen. Ich war geschmückt mit einer roten Nelke, die mir meine liebmSwürdiege Cousine Sophie in das Knopfloch gesteckt hatte, während ich in der Halle auf ihre Schwester wartete.
Unser Weg führte uns aus dem Thal des Avon heraus, und wenn man die zauberische Schlucht, die herrlichen Felsen und den blinkenden Fluß, der sich im Grunde schlängelt, verlassen hat, so bietet Clifton keinen besonder- merkenswerten Punkt mehr, sollte es sein, so bitte ich um Entschuldigung, denn dann habe ich es in augenblicklicher Zerstreutheit übersehen. Alle meine Gedanken wellten