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Königshauses mit Leid endigt: Am 19. Juni wurde der Gemahl der belgischen Prinzessin Charlotte als Kaiser von
Mexiko in Queretaro von den Mexikanern durch Pulver uud Blei hingerichtet; am 30. Januar 1889 stirbt der Gemahl Stefanies durch eigene Hand und überläßt sie, deren Stirn die Kaiserkrone zieren
sollte, vorzeitigem Witum.
Miszellen.
Schloß Aergenhorst.
Novelle von Maria Widdern.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Halt ein, Hilda, halt ein!" keuchte
der Administrator. Seine beiden Hände
griffen nach dem bereits ergrauten Kopf. Dann aber rang es sich mühsam über seine Lippen: „Hilda, Hilda, diese Idee grenzt an Wahnsinn, sie ist die Ausgeburt Deines vielleicht von Schmerz überreizten Hirns. Aber ich verstehe Dich, Mädchen, ich verstehe Dich vollkommen, Du willst Dich an Leo rächen. Aber nimm Dich in Acht, Graf Kurt von Bergenhorst ist kein Mann, der sich von einem Weibe beherrschen läßt. Und wenn er fünfundzwanzig lange Jahre dem Andenken seiner geliebten Gattin Treue gehalten, so wird er sich jetzt, fast am Rande des Grabes schon, nicht in Deinen Netzen fangen lassen. Kind, Kind es haben Schönere noch und Vornehmere, als Du, darnach getrachtet, die zweite Frau Gras Kurt's zu werden, aber er gieng ihnen Allen unberührt vorbei."
„Vielleicht, weil es im Buche des Schicksals verzeichnet gewesen, daß — daß er noch im Spätsommer seines Lebens das treue Konterfei seiner unvergessenen Vera finden würde, ein Weib, welches, wie Du selbst sagst, auch eine Lubostrow ist, vom Scheitel bis zur Sohle", spottete Hilda. Dann wurde sie plötzlich sehr ernst und, tief in die Augen des Vaters sehend, sagte sie mit einem Tonfall ihrer schönen, vollen Stimme, aus der die ganze Energie sprach, die die Seele dieses Mädchens belebte: „Vater, ich wollte vor zwei Jahren, ein halbes Kind noch, das Herz des eleganten jungen Erben für mich gewinnen, trotzdem ich wußte, daß er schon, wenn auch ohne Wissen Graf Kurt's versprochen, und — ich gewann es. Heute hege ich anderes Wünschen, aberauch diesesWünschen wird sich realisieren."
„Hilda, Hilda — gieb Dich nicht solchen Gedanken hin! Du kennst den Grafen nicht."
„Er ist ein Mann!" lachte sie spöttisch auf. „Und wenn er auch sechzig Jahre zählt, so ist er doch ein Mann und ich —" sie schüttelte das üppige Haar, „und ich bin ein junges, schönes, interessantes Weib — das bei alledem auch noch seiner heißgeliebten, verstorbenen Gemahlin gleicht, wie kaum eine Tochter ihrer Mutter."
Der Alte hatte sich schwerfällig aus seinem Sessel erhoben; er schüttelte den Kopf: „Man scheint Dich ja in der vornehmen Pension eigentümliche Dinge gelehrt zu haben", sagte er mürrisch, setzte aber gleich darauf freundlicher hinzu: „Nun, mir soll es recht sein, wenn Du
aus Deinem glänzenden Blondhaar, dem Erben der Lubostrow's, ein Netz für den Grafen spinnst. Aber wie gesagt, ich fürchte nur, Du irrst Dich in dem Charakter des alten Herrn. Außerdem — Kind, Graf Kurt, der ja selbst der beste Mensch unter der Sonne ist, macht auch gar strenge Anforderungen an die Frauen. Seine verstorbene Gemahlin gehörte zu den edelsten ihres Geschlechts. Sie war ein Engel an Güte und gieng selbst in die schmutzigste Hütte, wenn es galt, sich hilfreich zu bewähren."
„Und deshalb", lachte Hilda chnisch, „wird seine zweite Frau ein Phänomen in dieser Beziehung sein. Aber nun auch kein Wort weiter über diese Angelegenheit", fuhr sie fort und saß wieder in aller Ruhe und Gemächlichkeit auf ihrem Platze. „Nous vsrrons, sagt der Franzose", meinte sie dann noch gleichgiltig. „Machen wir vorläufig diesen Wahlspruch
auch zu dem unseren."
* *
*
Acht Tage waren vergangen. In der Säulenhalle vor dem Stammschlosse der Bergenhorst saßen zwei Herren. Auf beiden Häuptern lag schon der Schnee des Alters und doch differierten ihre Jahre um ein Erhebliches: Graf Kurt zählte beinahe fünfzehn Herbste mehr als sein unglücklicher Halbbruder, welcher aus der zweiten Ehe der lange verstorbenen Gräfin Thea Bergenhorst stammte und den ebenfalls guten Namen der Wilchingen führte. Aber dieser Name war auch Alles, was Baron Richard besaß, da seine Mutter, laut einer Testamentsklausel ihres ersten Gemahls, erblos wurde, wenn sie sich wieder vermählte, und sein Vater ihm nur Schulden und eine entsetzliche, leider in der Familie der Wilchingen erbliche Krankheit hinterlassen hatte. Der arme Mensch litt an Epilepsie, die ihn oft Tage lang in sein Zimmer bannte. Als er seine Eltern verloren, nahm sich der Stiefbruder, der schon in sehr jungen Jahren sein stolzes Batererbe angetreten, sofort des Unglücklichen an. Damals lebte Gräfin Vera noch und die reizende kindliche Frau pflegte den armen Schwager mit rührender Hingabe für dieses traurige Amt. Aber auch als sie die Augen geschlossen, entbehrte Richard Wilchingen nichts. Der Gras trat dem Bruder seinen erprobten Kammerdiener ab und leistete dem Kranken selbst, so viel es seine sehr in Anspruch genommene Zeit erlaubte, Gesellschaft.
Momentan befanden sich die beiden Herren auch allein in der Säulenhalle. Sie spielten Schach und waren so eifrig bei dem ihnen lieben Vergnügen, daß sie absolut nichts um sich her sahen und hörten. So entgieng es ihnen auch, wie in der breiten Thür, die in das Innere des Schloßes führte, schon seit längerer Zeit der Haushofmeister stand und sichtlich des Augenblicks harrte, wo er es wagen durfte, seinem Herrn eine Meldung zu machen. Aber der alte Mann mußte lange warten, ehe er sich in der Lage sah, dem Tischchen näher treten zu können, an dem der Graf und sein Halbbruder saßen. Endlich aber wagte der Haushofmeister ein leises Geräusch zu verursachen und sofort wandten sich die Augen des Grafen nach
der Thür: „Nun, Schmidt, was bringen Sie uns?" fragte er freundlich, wie er : stets mit seinen Beamten und Dienern zu sprechen Pflegte.
„Das Fräulein aus dem Schulhause ° ist in Begleitung der Tochter des Generaladministrators da", erwiederte der alle Mann mit tiefer Devotion. „Und die beiden Damen wollen gehorsamst gebeten haben, den ältern Flügel des Schlosses, wie auch das Palmenhaus besichtigen zn dürfen."
Derartige Ansuchen waren Graf Kun s nichts Neues. Das Schloß war wegen > fernes Alters und seiner prachtvollen inneren Ausstattung berühmt. Ebenso das : erst von dem jetzigen Besitzer erbaute Palmenhaus.
„Führen Sie die Damen nur ohne Umstände in allen Räumen, die sie zu : sehen wünschen, umher." erwiederte der s Graf freundlich. Aber als der Haushos- j meister schon halb in der offenen Thür verschwunden, rief er ihm noch nach: x „Apropos, Schmidt! Bitten Sie Fräulein ) Hart doch, nachher noch ein wenig im -! Palmenhause zu verziehen. Ich habe in, l! Betreff der Witwe Gärtner ein Anliegen ; an sie und komme nach einer Weile, uni unter der großen Fächerpalme mit ihrß zu konferieren. ^
Der Haushofmeister verneigte sich noch- I mals und die beiden Herren waren wieder L allein. Aber das Spiel war einmal ge> L stört und dem Kranken besonders schien D nicht viel daran gelegen, es wieder auf» ^ zunehmen. Die Tochter Deines General- H administrators soll ja eine vollendete Dame i) geworden sein", sagte er, „und macht auch sonst viel von sich reden. Unser ^ guter Berger (so hieß der Kammerdiener) - weiß ja gar nicht genug des Lieben und is Guten von ihr zu erzählen." h
Der Graf unterbrach seinen Bruder, f „Da haben ja die achtzehn Monate in - Berlin Wunder gewirkt", meinte er, H „Erinnerst Du Dich noch Richard, in welcher Weise man früher von der Tochter meines braven Stettmüllers sprach? Die ^ Kleine sollte ein wahre Teufelin sein, is Ihre Erzieherinnen hielten es denn auch nie länger als einige Wochen im Admini- stratorhause aus. Ich persönlich habe das s Kind nur einmal gesehen", setzte der alte : Herr schnell hinzu. „Aber sein Anblick , peinigte mich derart, daß Stettmüller, s rücksichtsvoll, Alles tyat, um mir Hilda ( nicht wieder in den Weg zu führen. Es s ist ja auch Dir bekannt, daß die ver- ^ storbene Frau meines obersten Beamt» die Tochter Lubostrows war. Nun, dir ( Natur hat ihrem Kinde auch das echte s Lubostrow'sche Gesicht gegeben, sie sieht s meiner teuren verstorbenen Vera unbe- -t schreiblich ähnlich." h
(Fortsetzung folgt.)
ZZestellüngen aus de« kurthälkk ^
Können täglich öei alten Zollämtern gemacht werden. i
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Merh in Neuenbürg.
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Nr. 23.
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1) Der am 31. Okt. 18 und Metzger Joh. von Bernbach, z. Z>
2) dcr am 14. Juli 18r Gde. Wildbad geb. F Fr. Alber in Ameri
3) der am 2. Febr. 18 borene Schreiner Gl mit unbekanntem Ar
4) der am 20. März I Bayern, geb. Müller zuletzt wohnhaft in Amerika,
5) der am 30. Nov. ) Michael Kistner von S zuletzt in Wildbad,
6) der am 11. Sept. geb. Zimmermann Gg in Amerika
werden beschuldigt, als leute II. Aufgebots aut ohne von der bevorstehei der Militärbehörde A haben. Uebertretung g des Strafgesetzbuchs.
Dieselben werden c Königlichen Amtsgerick
Freitag, den 2! vormittags vor das Königliche Sck bürg zur Hauptverhan Bei un entschuldigter dieselben auf Grund d Strafprozeßordnung v