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Liebe, die einem schwachen Frauenherzen solche Kraft verleiht!
Gelbe undweißeWasserrosenschwammen auf ihren breiten Blättern dicht am Ufer, und Susanna streckte die Hand danach aus, da hörte sie eine Bewegung im Gebüsche und einen schnellen, halb unterdrückten Ausruf; sie wandte sich um und bemerkte Herbert, der sogleich die Stufen hinabeilte und den Kahn ans Ufer zurückzog.
„Wie können Sie so unbesonnen sein, Sauna", rief er unwillig, indem er ihr die Hand zum Aussteigen bot, „wissen Sie nicht, daß dieses der gefährliche See ist, von dem ich Ihnen erzählte? Sehen Sie nicht dort das hölzerne Kreuz zwischen den beiden eingesunkenen Grabhügeln?"
„Ich dachte es wohl", sagte sie, an seiner Seite den Rückweg antretend, „allein der Kahn war gar zu verführerisch, und ich hatte noch niemals Seerosen gesehen."
Da wandte er sich zurück, und schnell den Kahn betretend pflückte er eine Handvoll der glänzenden Blumen und reichte sie dem jungen Mädchen.
„Sehen Sie sich satt an den Seerosen und lassen Sie sich nicht wieder von ihnen verlocken, Sauna", ermahnte er, ruhiger werdend, „geben Sie mir das Versprechen, daß Sie diesem Wasser nicht wieder zu nahe kommen werden, wollen Sie?"
„Von Herzen gern, wenn Sie es wünschen."
„Ich bin wahrlich nicht nervenschwach, aber Sie können nicht denken, welchen Schrecken es mir einslößte, als ich Sie vorhin so über den Rand des Kahns gebeugt sah. Sie müssen wissen, daß mir dieser See von Kindheit an ein unbe- zwingliches Grauen verursacht hat. ein Grauen, wie es die Geschichte unserer Ahnfrau kaum erklären kann."
-k- *
Das kleine, sonst so friedliche Dörfchen war zu einem Schauplatz der Aufregung, des Entsetzens geworden: eines der armseligsten Häuser stand in Flammen. Die Bewohner desselben waren früh auf Feldarbeit ausgegangen, ihre beiden Kinder im Zimmer einschließend, und als sie, durch den Anblick der Rauchsäule erschreckt, nach Hause eilten, erkannten sie schon aus einiger Entfernung, daß ihr kleines Besitztum rettungslos verloren war. Die Angst um die eingeschlossenen Kleinen trieb sie vorwärts, aber, sich durch die herbeieilenden Menschen einen Weg bahnend, erblickten sie auch schon den jungen Grafen, der, in jedem Arm eins der Kinder, aus dem brennenden Hause trat. Er hatte sich zufällig in der Nähe befunden, mit rascher Entschlossenheit die Thür der Hütte gesprengt und die Kinder gerettet. Nun legte er sie, das kleinere schreiend, das größere schon vom Rauche betäubt, in die Arme der Mutter und wandte sich, ihren Dankesäußerungen ausweichend, dem Feuer zu, das eine größere Ausdehnung annahm.
Er wußte nicht, welch Augenpaar bewundernd an ihm hieng. Von niemandem beachtet, halb hinter einem kleinen Gebüsch verborgen, stand Susanna unweit der Brandstätte und blickte aufmerksam hinüber. Sie hatte bei ihrem Spaziergange den wachsenden Lärm im Dorfe gehört und war herzugeeilt, gerade zu rechter
Zeit, um Herberts Rettungswerk zu sehen. Nun stand sie still, an den Stamm eines Baumes gelehnt und konnte ihre Augen nicht losreißen von dem schrecklichen Schauspiel, von der Gestalt des einen, der allein Ruhe und Besonnenheit behielt in der herrschenden Aufregung und die Männer zu helfender Thätigkeit anspornte, ihnen selbst darin vorangieng.
Aber jetzt tauchle noch eine zweite Gestalt auf, die mit gleicher Kaltblütigkeit ans Werk gieng, und auch diese schien Susanna nicht fremd, und als sie ihr nun das Antlitz zuwendete, erkannte sie den geheimnisvollen Fremden. Von Neugier getrieben, verließ sie ihr Versteck und näherte sich der Brandstätte, so weit als sie konnte, ohne in das Gewühl zu geraten und den Arbeitenden im Wege zu sein. Sie hörte Herberts Stimme die nötigen Befehle erteilen.
„Hat niemand eine Axt zur Hand?"
„Was soll's mit der Axt, Herr Graf?" fragte der Fremde, indem er mit einer solchen herzutrat.
Herbert wandte sich bei dem Ton der tiefen Stimme um und sah mit einem Ausdruck des Entsetzens in das finstere Gesicht neben ihm, dann, hatte die Ueberraschung ihn der Sprache beraubt, oder wollte er den Fremden nicht anreden, deutete er mit der Hand auf eine verschlossene Stall- thüre, hinter welcher ein ängstliches Blöken erscholl.
Susanna erstarrte vor Schreck, als sie den Ausdruck tätlichen Hasses gewahrte, mit welchem der Fremde die schwere Waffe zum Schlage erhob, sie gab Herbert verloren, aber in demselben Augenblick schmetterte die Axt auf das Holzwerk nieder, und der Graf verließ den Platz.
(Fortsetzung folgt.!
(Kampf mit einem Seeuugeheuer.) In Wellington (Neuseeland) hatte ein Taucher den Auftrag erhalten, im Hafen einige Blöcke neben den Brückenpfeilern unterm Wasser zu befestigen. Der Taucher Me. Govan gieng in seinem Kautschukanzug hinunter und wurde mitten in der Arbeit von einem riesigen Polypen ergriffen, dessen Saugwarzen sich zu gleicher Zeit auf seinem Rücken und Gebälke des Pfeilers festsetzten. Me. Govan machte zuerst verzweifelte Anstrengungen sich loszuarbeiten. Je mehr er aber kämpfte, um so fester packte ihn das Seeungeheuer an. Schließlich stellte der Taucher das Kämpfen ein und bemerkte zu seiner Befriedigung nach einigen Minnten, daß die Beine des Polypen sich von dem Pfeiler losgelöst hatten. In diesem Augenblick gab er das Zeichen zum Heraufziehen und der Taucher wurde mit dem Ungeheuer auf dem Rücken in die Höhe gezogen. ' Die Extremitäten des Seetieres waren neun Fuß lang.
Zwei Freunde giengen spazieren, als der eine von ihnen vor einem Wohnhaus«? stehen blieb. „Was für ein prachtvolles Gebäude das ist!" rief er bewundernd. — „Ja", meinte der andere, „schön und geschmackvoll ist es wohl, aber sein Anblick erregt mir doch peinliche Empfindungen." — „Wie das?" — „Ich muß daran denken, daß es bei all seiner Schönheit
doch von den Thränen, den Klagen und Weherufen, dem Blute von leidenden Menschen, Männern sowohl, wie Frauen und Kindern erbaut ist." Ah so, der Erbauer war jedenfalls ein Wucherer?" „Nein, das nicht, aber ein Zahnarzt."
(Strenge bestrafte Tierquälerei.) In Taylorville, Nordamerika, ist Mitte dieses Monats ein Tierarzt, Henderson, zu achtundzwanzig Jahren Zuchthaus wegen Tierquälerei verurteilt worden. Henderson hatte während einer Wahlversammlung im Freien vierundzwanzig den Teilnehmern des Meetings gehörige augekoppelte Pferde durch Bestreichen mit Schwefelsäure und Crotonöl gemißhandelt. Der Verurteilte war geständig und die Strafe wird in Amerika nichk für zu hart gehalten.
(Zweideutig.) „Nun, lieber Freund, haben Sie sich gut amüsiert bei dem gestrigen Familienkonzert des Präsidenten?" — „Danke, es geht. Es gieng nur Alles so ein bischen durcheinander: den Thee habe ich dünn bekommen, die Musik aber dick!"
(Ein Unterschied.) — „Ihr Sohn war früher bei einem Bäcker, jetzt ist er bei einem Südfruchthändler, wie geht es ihm denn?"
— „O, da ist blos ein kleiner Unterschied — der Bäcker gab ihm immer eine Backpfeife und der Südfruchthändler giebt ihm Ohrfeigen.
(Gut gegeben.) Geck: Wie können Sie mich so lange warten lassen, glauben Sie etwa, ich habe meine Zeit gestohlen! ?
Doktor: I bewahre — man stiehlt doch knicht etwas, um es nachher totzn- schlagen.
„Ah, Frau Inspektor, freut mich, Sie zu sehen . . (ihren Mann und ihren ällesten Sohn vorstellend): „Mein Alter und hier mein Aeltester!"
Aus Will). Hertz Spruchschrein: Für Gläser und Pokale. Käme vor dem Trunk der Jammer, Tränk man Wasser in der Kammer; Doch so kommt er hinterdrein,
Und wem fiele beim Wein So etwas ein?
Für Schüsseln und Teller. Wem die Rübe wie Spargel schmeckt, Dem hat das Glück den Tisch gedeckt.
* -I-
Die ganze Weisheit läßt sich fassen In Hoffen und Genügenlassen.
Auf einem Wandkalender. Jedem Tage Stell' die Frage,
Wie man ihn vergnügt ertrage.
Gemeinnütziges.
Der kalifornische Arzt Dr. Gartoyski macht im „Lancet" bekannt, daß er seit längerer Zeit selbst in den verzweifeltsten Fällen von Diphtheritis den Genuß von möglichst frischen Zitronen oder doch deren Saft in jeder beliebigen, vom Kranken vertragenen Form, verordnet und damit fast immer bis jetzt die besten Erfolge erzielt hat.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.