Berlin, 30. April. Am 28. d. M. wurde ein Vertrag zwischen dem Sultan Chalifa von Sansibar und dem kaiser­lichen Generalkonsul Michahelles unter­zeichnet, wonach die gesamte Verwaltung einschließlich der Zölle in dem Küsten­striche, welcher vor der deutschen In­teressensphäre liegt, der Deutsch-ostafrikani­schen Gesellschaft auf die Dauer von 50 Jahren verpachtet wird. (F. I.)

Am 26. April wurde dem Reichs­kanzler das erste Exemplar der Fibel für die Volksschule in Kamerun, verfaßt von dem Lehrer Th. Christaller, (ein Württemberger), überreicht.

Der Großherzog von Mecklenburg- Schwerin verlangt für die Ueberschwemmten in der mecklenburgischen Elbniederung ständische Landeshilfe, event. die Einbe­rufung eines außerordentlichen Landtags.

Die Sammlungen, welche in Elsaß- Lothringen für die Ueberschwemmten unter dem Protektorat der Fürstin Hohen­lohe veranstaltet werden, haben bereits zu dem erfreulichen Erfolg geführt, daß bis zum 23. April 96 000 eingelaufen waren. In jedem Orte des Landes haben die Sammlungen Erfolg gehabt. Ganz kleine Dörfchen sandten Beiträge von (in einzelnen Fällen) mehreren 100 ^ ein; aus Gemeindemitteln wurden, wie die Voss. Z. meldet, in zahlreichen Orten Bei­trägen bewilligt, und hier und da ver­zichteten die Gemcindeinsassen auf die aus den gemeinsamen Gemeindeeinahmen ihnen zustehenden Beträge.

Die Gesamteinnahme des Berliner Hilfs- komites für die Ueberschwemmten betrug bis zum 27. d. einschließlich 2 734153 ^

Cassel, 29. April. Ein wild ge­wordener Ochse, von der Station Wil­helmshöhe kommend, rannte gestern auf dem Geleise dem um 2 Uhr 8 Min. von hier nach Thüringen abgehenden Zuge entgegen. Er wurde von der Maschine erfaßt und geradezu zermalmt. Die Maschine erlitt dabei aber selbst Schaden.

Der Pforzh. Beob. erfährt aus sicherer Quelle, daß es mit dem Bau einer katho­lischen Kirche in Pforzheim ernstlich vorwärts geht. Der Bau wird in roma­nischem Baustil aufgeführt und werden die Arbeiten noch im Laufe dieser oder be­stimmt in nächster Woche zur Vergebung ausgeschrieben.

Pforzheim, 28. April. An der in München stattfindenden Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung wird sich auch die hiesige Frauenarbeitsschule mit Kunst­stickereien beteiligen. Die bezüglichen Gegenstände, darunter ein prachtvoller, von der Vorsteherin der Anstalt, Fräulein B. Ries, entworfener und von derselben und Fräulein Pregizer ausgcführter Ofen­schirm, waren öffentlich ausgestellt und er­regten allgemeine Bewunderung.

Brötzingen. Montag Abend, wenige Minuten nach Abfahrt des Enzthalbahn- Zugs 7.22 gegen Birkenfcld wurden Mit­fahrende und Dienstpersonal durch das Notsignal jäh erschreckt; ein junger Mensch, anscheinend Fabrikarbeiter, hatte sich ver­mutlich in selbstmörderischer Absicht auf die Schienen gelegt und wurde, da der Zug unmöglich so rasch zum Stillstand zu bringen war, überfahren. Der Kopf sw vom Rumpfe getrennt.

Bezüglich der Umpcägung der silbernen Zwanzigpfennigstücke hat der Bundesrat beschlossen, daß für Rechnung des Reichs von den silbernen Zwanzig- Pfennigstücken ein Betrag von 5 Millionen Mark einzuziehen und je zur Hälfte in Fünf- und Zweimarkstücke umzuprägen sei.

Württemberg.

Stuttgart. Der Rückkehr II. MM. des Königs und der Königin wird auf 17. Mai, also ziemlich genau zur ge­wohnten Zeit entgegensetzen.

Stuttgart, 29. April. Der unter dem Präsidium Sr. K. H. des Prinzen Wilhelm stehende Württembergische Renn­verein hat seine Propositionen für die Frühjahrs- und Herbstrennen in Cannstatt veröffentlicht. Die ersteren finden am 13. Mai, die letzteren am 28. und 30. September statt. Neben den Geldpreisen haben sämtliche Mitglieder des k. Hauses Ehrenpreise gestiftet.

Aus Württemberg, 27. April. Wie sich der evangelische Bund in ganz Deutsch­land innerhalb eines Jahres seit der Frankfurter konstituierenden Versammlung von 10 000 Personen auf das Dreifache der Mitgliederzahl vermehrt har, so hat er auch in Württemberg von ca. 1000 Personen sich auf ca. 3500 (abgerechnet einzelne ganze Gemeinden und Ortsvereine) erhöht und hat im ganzen evangelischen Schwaben nunmehr seine Vertreter.

In Sulz werden Vorbereitungen zum Bohren von Steinkohlen getroffen.

Aichelberg, OA. Calw, 25. April. In den beiden letzten Tagen war auf der '/- Stunde von hier entfernt liegenden Rehmühle Se. Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm von Württemberg zur Auerhahn­jagd einqekehrt. Von Sr. Königl. Hoheit wurden zwei Auerhähne und von einem Herrn seiner Begleitung ebenfalls ein Prachtexemplar geschossen.

Wildbad, 30. April. Letzte Woche wurde von den bürgerlichen Kollegien, vorbehältlich der Genehmigung der Regier­ung, beschlossen, das Stadtrevier Wildbad in staatliche Beforstung auf die Dauer von 10 Jahren zu übergeben. In einer Sitzung der kgl. Badekommission legten Baudirektor von Ehmann und Baurat Berner die von ihnen im Auftrag des kgl. Finanzministeriums ausgearbeiteten Plane zur Errrichtnng von Dampfbädern über den Thermenbädern des sog. Karls­bads vor, über deren Zweckmäßigkeit der berühmte Name ihres Entwerfers keinerlei Zweifel aufkommcn ließ. Nach dem Bei­fall der Versammlung wurde der Wunsch ausgesprochen, das kgl. Finanzministerium möge diesem Bau, der sich für Wildbad als dringendes Bedürfnis bekundet hat, zu baldiger Vorlage an die Kammer ge­langen lassen. (S. M.)

Neuenbürg, 2. Mai. In den nächstbenachbarten Amtsorten haben die Frühbäume zu blühen begonnen.

O e st e r r e i ch.

Angesichts des unendlich langen und strengen Winters hätte man glauben sollen, alles Ungeziefer wäre diesmal ein Opfer desselben geworden, allein das scheint nicht der Fall gewesen zu sein. Im benach­barten Stockerau (Mähren) treten dermalen

mit Beginn des Frühlings eine solche Menge Maikäfer und Engerlinge zu Tage , daß sich die Behörden veranlaßt sehen, für die Einsammlung dieser ver­heerenden Vielfraße 2 fl. für den Hekto­liter Maikäfer und 10 fl. für Engerlinge zu bezahlen.

MisMkn.

Mm Beginn der Keife- und Badezeit.

Humoreske von vr. Hr.

(Fortsetzung.;

Die Gesellschaft ließ sich das nicht zweimal sagen, sondern eilte in die Stube, welche zugleich als Küche diente. Bald knisterte auf dem Herd ein lustiges Feuer, um das sich Damen und Kavaliere so gut als möglich lagerten, gruppierten und heiter plaudernd das Abendbrot» ein- nahmen ; denn so ärmlich auch die Holz­hütte war, bot sie doch Schutz vor dem prasselnden Regen, vor der naßkalten Luft, welche der Abend wirklich gebracht hatte. Auch das Vieh war deshalb im Notstall unter dem Heuboden durch die Sennerin und Hiesel eingestellt worden.

Endlich mahnte die Sennerin, welche mit Hiesel in besonderer Ecke einen Schmarn" verzehrt hatte, aber jetzt mit gewaschenen Händen und Füßen, zum Schlafengehen, was auch gern befolgt wurde.

Daher begab sich die ganze Reisege­sellschaft, mit Teppichen und Polstern leidlich versehen, und von der Sennerin und dem Hiesel mit Laternen begleitet, sofort auf den verhängnisvollen Heu- voden, dessen Raum rationell ökonomisch so verteilt wurde, daß höchst anständig die Damen nach unten, die Herren aber nach oben am Heustock zu liegen kamen.

Mit einemG'segn'te Ruah!" ver- schwanden, die Führer hatten es schon längst nach allen Richtungen der Wind­rose gethan, auch Sennerin, Hiesel und Laternen, so daß schließlich die ganze Reise-Gesellschaft, Damen wie Herren, auf dem Heustock in stockfinstere Nacht gehüllt lagerten.

Dabei herrschte wirklich bald eine Ruhe, die nur mehr von vem dumpfen Geröll des mehr und mehr scheidenden Donners, von dem Gesäusel und Geträufel des reichlich fallenden Regens, sowie von dem gleichförmigen Gepick der zahlreichen Gurt- und Taschen-Uhren unterbrochen ward.

Doch nicht lang, so wurde es unter den Damen wieder lebendig. Durch eine Dachluke nämlich tröpfelte Regen in regel­mäßigen Pausen auf die zarten Gestalten nieder. Auch begannen arglistige Tierchen unermüdlich rührig sich fühlbar zu machen, weshalb die Damen mehr und mehr un­ruhig hin und her rückten, ruschten, ohne in ihrer Unruhe recht zu wissen, zu über­legen, wohin sie im Finstern denn eigent­lich geraten könnten.

Auf einmal wurde es auch im Kreise der Herren Kavaliere laut, denn ein starkes Dutzend feuriger Kugeln kam sachte vom First des Heubodens her knisternd und knurrend auf die Schläfer herange- ichlichen. Ein Sprung, ein Schrei, und die ganze Herrenschaft kollerte abwärts