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Beilage M Nr. 35 des Eiythiilers.

Donnerstag den 7. April 1887.

Nronik.

Württemberg.

Stuttgart, 2. April. Ihre Maje­stäten empfingen, wie man ans Nizza mit­teilt. am letzten Mittwoch daselbst den Besuch Ihrer Königlichen Hoheiten des Herzogs und der Herzogin A l en tzo n und der Fürstin Margarethe CzartvrySki, qeb. Prinzessin von Orleans, welche gegen­wärtig in Cannes verweilen. Am ver­gangenen Montag ist der Oberkammer- präsident v. Tscherning zur Vortrags- erstattnng bei Sr. Majestät in Nizza ein- getroffen.

Stuttgart, 2. April. Der Etat des Ministeriums des Innern wurde heute ex? ledigt. Die größeren Anforderungen, welche sich ans Gehaltserhöhungen für die Straßen­wärter und Ausrüstung derselben mit Dieust- kleidern beziehen, fanden allgemeine Zn sümmung. Ebenso die Gründung einer Unterstütznngskasse für Straßcuwürter und sämtlicher niederen Diener der Straßen- nnd Wasserbauverwaltung. Man ermäch­tigte die Regierung, aus dem Prämien­fonds für Straßenwärter (-/-L 20 000) einen ansehnlichen Teil jener Kasse znzuwenden. Die Kammer vertagte sich bis zum 12. April.

Stuttgart, 2. April. Im September d. I. wird der Verband deutscher und österreichischer Bi en enzü chte rverei n e hier tagen. Mit seinen Verhandlungen oerbnndeu ist eine sehr umfassende, die Gewerbehalle wie den Vorplatz in Anspruch nehmende Ausstellung, bestehend in leben­den Völkern, in sämtlichen Apparaten und Geräten, aber auch in sämtlichen Arten Non Erzeugnissen an Honig (überaus mannigfaltig), an Wachs, an Abfällen ». s. w. Hoffentlich wird auch ein fast in Vergessenheit geratenes Produkt, der Meth, nicht fehlen.

Stuttgart, 4. April. Gestern nach­mittag fand die Abschiedsvorstellung der tviirtt. Eisenbahnkompagnie im Hofe der Jnfanteriekaserne Nr. 1 statt. Dieselbe hotte sich vor 12 Uhr in zwei Reihen ä 56 Mann ausgestellt. Als die Be­sichtigung zu Ende war, hielt der Divisions- General v. Perglas eine Ansprache an die »ach Berlin abgeheuden Württtemberger. Er betonte darin, daß nur auserlesene tüchtige Leute die Kompagnie bilden, von denen man annehmen dürfe, daß sie ihrem Baterlande durch ihr dienstliches und außer­dienstliches Verhalten zur Ehre gereichen werden. Sie mögen stets als gute Würt­tembergs in Berlin ihre Pflicht thun. Heute früh 5 Uhr 20 Min. ist die württ. Eisenbahnkompagnie mit dem Nürnberger Schnellzuge abgereist. Hoffen wir. daß es den Unsrigen in der Reichshauptstadt wohl gefallen möge. Der erste Marsch in derselben wird zum Palais des Kaisers sein.

Stuttgart, 5. April. Gestern vormittag 9'/- Uhr erfolgte im König!. Katharinenstift in der Villa Kl . welche Ehemie-Unterricht bei Hrn. Prof. Daiber hotte, bei der Darstellung von Sauerstoff

mittelst chlorsauren Kalis und Braunstein eine Explosion, welche den dozierenden Professor und einer Schülerin, Fräulein Ullmann, je eine schwere Verletzung an einem Auge zufügte; man fürchtet bei beiden den Verlust des durch Glassplitter verletzten Auges. Außerdem erhielt eine Schülerin, Frlu. Kauffmann, eine ziemlich tiefe Wunde an der Stirn, die genäht werden mußte; 1215 Schülerinnen wur­den durch die Splitter der explodierenden Retorte mehr oder weniger am Gesicht und den beiden Händen verwundet, die meisten glücklicherweise nur leicht. Die Doktoren Gärttner, Vater und Sohn, waren sofort zur Hand und.nahmen sich der Verletzten an. Ebenso waren der Rektor der Anstalt, die'Lehrer und Gou­vernanten sofort zur Stelle, auch befand sich gerade eine Diakonissin in der Anstalt. Herr Daiber befindet sich in der Anstalt von Dr. Königshöfer, Frln. Ullmann wird von Dr. Krailsheimcr behandelt. Mau vermutet die Ursache der Explosion in der mangelhaften Beschaffenheit der Retorte welche bei der Erhitzung über einer sehr schwachen Spirit'usflamme sofort einen Sprung bekam. (St.-Nnz.)

Stuttgart. (NenesimLandes- Gewerbemuseum.) Ein sogen.Karls­ruher Zimmerthürschloß" ans Schmiedeisen mit beweglicher Falle >prd einem Schlüssel (D. R.-Patent N^.. 13 820); von I. L. Ettlinger in KarMnhc.

lieber Ostern, am 9.12. April wer­den zwischen StuttgartBietigheimHeil­bronn, StuttgartWaiblingenSchorn­dorf, StuttgartHeilßronn, Mühlacker- StuttgartEßlingen, StuttgartTübin­gen w. außerordentliche Personenzüge aus-

dalen. Das 4jährige Knäblein einer hiesigen Familie fiel in eine Dunglege und entänk. Dieselbe wollte andern Tags von hier abreisen.

In Friedrichshafen ist liebendem Pfarrhos ein von drei Familien bewohntes Haus abgebrannt. Das Feuer hatte so rasch um sich gegriffen, daß die in den oberen Wohnräumen befindlichen Personen, namentlich Kinder nur durch Leitern Sein Erstickungstode entrissen werden konnten.

Wegen des Verdachts, den letzten Brand in Friedrichshafen angcstistet zu haben, ist demOberschwüb. Anzeiger" zufolge der Inhaber eines Viktualiengeschäfts in Haft genommen worden; derselbe wohnte in dem abgebrannten Hause und war eben im Begriff auszuziehen. Das Haus war nämlich verkauft und sollte an dem dem Brande folgenden Tag dem Käufer über­geben werden; die Parteien sind nun un­eins, ob der Kauf perfekt ist oder nicht.

In Oberiflingen, OA. Freuden­stadt führten häusliche Zwistigkeiten zu einem bedauerlichen Ende. Ein -Schneider fing mit seinem Weibe wegen eines neuen Kleides für sein l4jähriges Mädchen Streit an, vor dem sich die Fra» auf die Bühne flüchtete. Hier kam sie ans Garbenloch, stürzte hinab und wnrde tot von der Stelle

getragen. In Billingsbach starb ein Kind dadurch, daß ihm aus Versehen Kar­bolsäure statt der in der Farbe ähnlichen Arznei gegeben worden war.

lieber Pfingsten wird, diesmal in Wildbad der alle zwei Jahre. statt­findende Bundestag des Württembergischen Kriegerbundes abgehalten.

Ausland.

Die Ablehnung der Beteiligung Ruß­lands an der Pariser Ausstellung wird bestätigt.

Petersburg, 2. April. DerK.Z." zufolge ist der Streit zwischen Giers und Kaikoff nach einer Audienz des Herrn v. Giers beim Zaren dahin entschieden, daß der Zar Katkoff einen Verweis er­teilen und ihm seine Unzufriedenheit hat aussprcchen lassen. Der Zar will nichts von einem Rücktritt des Herrn v. Giers wissen, scheint sich aber nicht dazu ver­stehen zn wollen, dem Wunsche seines Ministers gemäß dieMoskauer Zeitung" auf einige Zeit zu unterdrücken.

Schneestürme in Britisch-Amerika. Aus Halifax, 30. März, wird gemeldet: Infolge von Schneestürmen war der Ver­kehr auf der internationalen Eisenbahn sechs Tage lang vollständig gehemmt. Kaum aber fuhren die Züge wieder, so brach ein noch schlimmerer Schneesturm aus. Tausend Personen, welche mit dem Parisian" nach England fahren wollten, sind auf der Bahn bis nach Moneton ein­geschneit und eine ungeheure Menge Güter wartet auf Beförderung.

Nlisullen.

Karfreitag.

Ihr Töchter Salems, laßt mit euch mich

wallen

Gen Golgatha, den sauren Dornenpfad, Laßt mich mit euch und mit den Frommen

allen

Anbetend vor dem Kreuze niederfallen Und preisen Gottes große Liebesthat,

Die er auf Golgatha vollendet hat.

Auf Golgatha muß Menschenfürwitz

schweigen!

Wer kan» dies Wunder fassen und verstehn ? Der heil'ge Gott will sich zum Sünder

neigen,

Schenkt ihm der Seele Seligkeit zu eigen, Daß er in Todesangst nicht soll vergehn, Will er im Glauben nur zum Kreuz aufsehn!

Der Reine stirbt! Nun ist das Werk beendet, Vollbracht die Arbeit und der Leidenslauf! Die höchste Gnade hat uns Gott gespendet. Und die Verdammnis uns zum Heil

gewendet!

Wir sind gesühnt, erlöst ein teurer

Kauf:

Um Christi Blnt thnt sich der Himmel

ans!

I. Lehmann.