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O e st e r r e i ch.
Das Gefühl der allgemeinen Beunruhigung und Unsicherheit, welches ans ganz Europa wie eine Ahnung kommender schwerer Gefahren lastet, hat soeben von österreichischer Seite her eine neue Verstärkung erfahren. Die in Wien unter dem persönlichen Vorsitze des Kaisers abgehaltenen gemeinsamen Konferenzen der österreichischen und ungarischen Minister sind am Sonntag beendigt worden und aus dem Resume, welches das offiziöse Wiener „Fremdcnblatt" hierüber giebt, erfährt man, daß es sich in diesen Beratungen hauptsächlich um die gegenwärtige Weltlage gehandelt hat. Aus diesen Mitteilungen erhellt deutlich, daß die österreichische Regierung die allgemeine politische Situation mit sehr ernsten Augen betrachtet und sich demgemäß auf alle unvorhergesehenen Zwischenfälle und Ereignisse energisch vorbereitet. Es klingt aus aus diesen Vorbereitungen Oesterreich- Ungarns wiederum das bekannte: 8i vis pacem, para. bellum (Wenn du den Frieden willst, so rüste dich zum Krieg) hervor.
Ausland.
Paris, 3. Febr. Der „Republique franse" ging eine Depesche aus Suez zu mit näheren Nachrichten über die Niederlage der Italiener bei Massanah. Bon 480 Ansiedlern sind nur 50 am Leben geblieben. Alle Kanonen sind genommen. Die Italiener räumen sämtliche Außenstellungen. Die Abessynier griffenMassauah am 27. Januar an und erstürmten die ersten Verschanzungen.
London, 2. Februar. Neueren Berichten zufolge sank der Dampfer „Kapunda" sofort nach der Collission am 20 Januar drei Uhr morgens. Es war unmöglich die Boote herabzulassen ; nur 16 Personen wurden gerettet, 298 Personen werden vermißt. (F- I.)
Miszellen.
Malvina.
Die Rose des Nordens-,
Non Max Chambecq.
(Schluß.)
„Es war Mitternacht vorbei, als das Schloßthor sich dröhnend öffnete und drei Reiter in Mäntel gehüllt dem Meeresstrand zuritten. Die drei Reiter waren Robert, Adalbert und ich. Schweigend stellten sich die Männer hin, düsteren Schatten gleich und nur die Läufe der Pistolen blitzten im falben Mondlicht. Ich zählte mit unsicherer Stimme, die Schüsse fielen und lautlos sank Robert zu Boden. Ich beugte mich nieder zu ihm, sein Auge glühte noch im matten, verlöschenden Feuer: Axel, sprach er schwach, kann Malvina mir verzeihen? Ich glaube kaum. Grüße sie und sage ihr, daß ein böser Zauber mich umfangen hielt, daß ich sie immer namenlos geliebt. Das letzte Wort nahm ihm der Tod von der Zunge, noch einmal leuchtete schwach sein dunkles Auge auf, noch einmal zuckte seine Hand in der meinen und dann war Alles still. Als ich aufblickte war Adalbert verschwunden und ferne hörte ich die Hufschläge seines flüchtigen Rosses." Malvina war aufge
standen. Bei Robert's letzten Worten, die Axel lautlos vor sich hin sprach, zuckte ein trübes Lächeln um ihren Mund. Axel, sprach sie und ihre Wange färbte wieder ein leichtes Roth, ihr Auge glühte geisterhaft — Axel, was wird aus Iduna und wo ist Adalbert?
„Iduna, Robert's reiche Witwe, sieht dem Ende des stillen Trauerjahres sehnsüchtig entgegen, um dann ihrem Adalbert die Hand zu reichen. Robert, heißt es, ist auf der Jagd verunglückt. Adalbert, der Freund des Hauses, ist täglich aus dem Schlosse, das er täglich mit einbrechen- der Nacht verläßt."
Malvina schritt durch den Saal ihrem Zimmer zu. Axel schaute kummervoll der Scheidenden nach. Noch saß er in Gedanken vertieft da, als Malvina bereits vor ihm stand im sammte'nen Jagdkleide mit Hirschfänger und Kugelbüchse.
„Willst Du jetzt auf die Jagd? die Nacht ist dunkel Malvina," sprach Axel traurig.
„Lebe Wohl, Bruder!" war Alles, was Malvina sprach. Axel kannte die Schwester zu gut, als daß er widersprochen hätte, er ehrte ihren Schmerz — Malvina wollte allein sein, im einsamen Forst — allein mit ihren Gedanken.
Malvina war zu Pferde gestiegen, noch einmal wandte sie sich zu Axel hin und beim Schein der rötlich flackernden Kienfackel glaubte der Bruder eine Thräne in ihrem Auge zittern zu sehen. „Lebe wohl!" hallte es durch die Nacht. Roß und Jägerin barg das Dunkel, und als die letzten Hufschläge fern verhallten, trat Axel gesenkten Hauptes in den Saal.
IX.
Wieder bedeckte der Schnee das Land und der sternbesäete Himmel des Nordens schaute wehmütig ernst aus seinen Millionen Lichtaugen auf die Erde. Die Zinnen eines alten Bergschlosscs leuchteten im Sternenschcin weit über die Ebene hin. Es war das Schloß, in dem Robert den kurzen Traum der Liebe genossen hatte. Es war das Schloß, in dem nun Iduna mit Adalbert lebte. Ein einsamer Reiter ritt in einen Pclzrock gehüllt den Schloßberg herab. Es war Adalbert. Er schaute oft zurück, denn beim dumpfen Echo der Hufschläge war es ihm, als ritte Jemand hinter ihm. Er spornte rascher sein Pferd an, aber der Huffchlag hinter ihm erdröhnte näher und näher. Ein kalter Schauer durchfuhr ihn, Robert's Schatten war es, der ihn überall verfolgte. Wenn er an Jduna's Seite saß und sie mit leuchtendem Auge und schwellenden Lippen ihn küßte, sah er Robert's bleiches Gesicht, fühlte er die eisig kalte Hand auf seiner Schulter ruhen. Er suchte im Kreise der Freunde, beim schäumenden Becher die Thal zu vergessen, aber auch hier saß der Schatten an seiner Seite und zechte mit. Bon den Furien des Gewissens verfolgt, jagte Adalbert hin, aber dort fern jagte Robert's Schatten. Näher und näher sprengte der düstere Reiter heran. Es war kein Schatten mehr, krampfhaft zerrte Adalbert's Hand das Roß zurück, das zitternd stehen blieb. Voll Entsetzen sah Adalbert den Schattcn- reitcr vor sich halten und den Lauf der Flinte blitzen. Voll Entsetzen spannte
Adalbert den Hahn seiner Flinte und rief mit verzweifelnder Stimme: „Was willst Du von mir, schrecklicher Schatten, und wer bist Du?"
„Robert tönte es hohl zu ihm herüber.
„Laß mich meine Straße ziehn," rief Adalbert mit unsicherer Stimme, der in dem Schatten nun eine Reiterin erkannte. „Du wirst nie mehr diese Straße ziehn," antwortete die Reiterin dumpf.
„Was willst Du Weib von mir — wer bist Du," rief Adalbert von einer schrecklichen Furcht erfaßt. Malvina bin ich, die Rose des Nordens, ich komme, Robert's Blut an Dir zu rächen — fürchtest Du ein Weib? Schlag' an, Du oder ich."
„Adalberts Flinte senkte sich mechanisch, einen Augenblick erglänzten die Läufe im Sternenlicht, dann knallte ein Schuß und Adalbert sank blutend zu Boden. Wild auf bäumte sich sein Roß und sprengte durch die Nacht dahin. Malvina näherte sich dem Gefallenen, sie sah den blutgefärbten Schnee und ein wildes Feuer zuckte aus ihren schönen Augen. Noch einmal blickte sie auf das Schloß, wandte langsam das Pferd und ritt gen Norden.
X.
Axel hatte sich nach Malvina's Willen in der Residenz niedergelassen und ein einfaches Mädchen seines Landes geheiratet. Er lebte noch lange und glücklich im Kreise der Seinen, aber nie kam ein Wort über seine Lippen von seiner unglücklichen Schwester an Finnmarkens Grenze. Sie war ihm gestorben, sie wollte es so und er mochte nicht den Erinnerungsschmerz wachrufen, nicht den Seinen ein Bild vorführen, das so trübe und schrecklich war. Iduna hatte ihre Güter verkauft und Niemand wußte wohin sie gezogen.
Malvina aber? Sie saß im Saale des Kiefernhauses an der Grenze von Finnmarken ernst und ruhig. Ihr Herz schien keine irdischen Gefühle mehr zu kennen und ans ihrem Antlitz leuchtete nur der Friede, der eisige Friede des Todes.
Aber wenn es stürmte draußen und vom Forste her das Geheul der Wölfe hcrüberhallte, dann znckte wieder jenes wilde Feuer im Auge Malvina's wie damals, da sie Adalbert in seinem Blute liegen sah; sie griff nach Flinte und Messer und stieg zu Roß. Der Bär, der gefürchtete Bewohner der Waldungen wich scheu vor der wilden Jägerein zurück, denn ihre Kugel, ihr blinkendes Messer waren der Tod.
Draußen wütete und heulte der Sturm, Malvina saß am Kamin bewegungslos und ernst wie immer. Es war Robert's Sterbetag. „Anna," sprach Malvina zu ihrer alten Amme, „hole mir die Büchse, hörst Du nicht, wie der Wind die Kiefern knatternd biegt und heult — heut muß ich ein edles Wild jagen." Anna ging. Sie kam, aber Malvina's Augen waren geschlossen, sie schlummerte den letzten Schlaf, aus dem kein irdisches Erwachen mehr.
Der Honig als Nahrung.
(Schluß.)
Honig enthält gerade solchen Zucker, der am schnellsten und leichtesten die Verdauung fördert. Unter diesen Umständen empfiehlt es sich, ihn mit solchen Speisen