580

nicht mehr ersetzen. Man hat in Bingen, Rüdesheim, Aßmannshausen u. s. w. aus einen drittel bis halben Herst zu rechueu.

Darmstadt, 8. September. Die Sitzungen der XV. Versammlung deutscher Forstmänner wurden heute um 11'/s Uhr- geschlossen. In Aachen wird im Jahre 1887 die nächste Zusammenkunft statt­finden.

Der bayerische Generalmajor Ritter v. Xylander, der württembergische Oberst Graf v. Zeppelin, Flügeladjutant Seiner Majestät des Königs von Württemberg, und der sächsische Major v. Schlicken, Militärbevollmächtigter in Berlin, sind zur Beiwohnung der großen Herbstübungen des 15. Armeekorps nach dem Elsaß abgereist.

Anläßlich der in Straß bürg statt­findenden Festlichkeiten werden am 10., 11. und 12. September Extrazüge von Karlsruhe und Freiburg nach Straßburg und zurück zur Ausführung kommen, welche auf allen Unterwegsstationen anhalten. Die Fahrpläne dieser Züge sind auf den Stationen angeschlagen.

Straßburg, 7. Septbr. In dem Preisgericht für das zu erbauende Landes­ausschuß-Gebäude befindet sich unter den Architekten Oberbaurat Dr. v. Leins in Stuttgart.

Württemberg.

Stuttgart, 8. Septbr. Morgen den 9. d. M. gehen die Herbstübungen zu Ende, und alsbald nach Schluß der Uebungen kehren die sämtlichen Fußtruppen mit der Bahn in ihre Garnisonen zurück. Auch das Grenadier-Regiment König Karl Nr. 123 und das Infanterie-Regiment König Wilhelm Nr. 124, für welche an­fänglich der Marsch in die Garnison Ulm für den 11. d. M. in Aussicht genommen war, am 10. sollen diese Regimenter Ruhe halten werden jetzt, da der Eisen­bahn-Transport sich billiger stellt, auch die Reserven infolge dessen 2 Tage früher ent­lassen werden können, noch am 9. mit der Bahn nach Ulm befördert werden. Nur die beiden Dragoner-Regimenter Nr. 25 u. 26, sowie die Feldartillerie-Regimenter Nr. 13 u. 29 und die zur Bespannung der Schanz- und Werkzeugwagen rc. ver­wendeten Train-Detachements müssen noch kleine Märsche vom 11. d. Mts. ab zur Erreichung ihrer Garnisonen zurücklegen. Die sämtlichen Fußtruppen entlassen ihre Reserven am 10. d. M., die beiden Dra­gonerregimenter und die Feldartillerie- Regimenter die ihrigen am Tage nach dem Einrücken in die Garnisonen; die berittenen Waffen verkaufen die zur Ausrangierung bestimmten Pferde schon am 13. d. Mts. (in Ulm) bezw. am 16. d. Mts. (in Lud­wigsburg) und so tritt denn in diesem Jahre bei dem größten Teile unserer Truppen gut 14 Tage früher als sonst die sogenannte Winterperiode ein zu einer Zeit, wo sonst um diese Zeit die Truppen erst zeigen sollten, was sie das Jahr über gelernt haben. (n. d. St.-Anz.)

Cannstatt, 7. Sept, Daß sich die Wirte von dem diesjährigen Volksfeste, welches 4 Tage dauert (26., 27., 28. und 29. Sept.) viel versprechen, das beweist die Versteigerung der Wirtschaftsplätze, bei welcher für die einzelnen Plätze bis zu 211 -4L gesteigert wurden. Zwei Wein­

gärtner in Fellbach haben ihren 1886 er Ertrag an einen Wirt in Stuttgart um 150 -4L pro Hektoliter verkauft.

Cannstatt, 6. Sept. Am Sonntag siel auf der untern Ziegelhütte ein jähr­iger Knabe vom dritten Stock zum Fenster heraus. Der herbeigerufene Arzt konnte nicht die geringste Verletzung entdecken und der Knabe ist munter.

Bei der gegenwärtig heißen Witter­ung sind die Feldarbeiter vor zu heftigem und zu kaltem Trinken sehr zu warnen. Ein Pfullinger Bürger trank in er­hitztem Zustande ein Glas kalten Mostes; sofort fühlte er sich unwohl und starb nach 2 Tagen au den Folgen dieses Trunkes.

Vaihingen, a. Enz, 8. September. Soeben mittags 12'/- Uhr geht über die hiesige Stadt ein mit Donner und Hagel begleiteter Wolkcnbruch nieder; in den Straßen liegen Haufen von Hagelkörnern, welche die Größe von Taubeneiern er­reichten. Eine Menge Fensterscheiben wurden durch den Hagel eingeschlagen.

Nagold, 7. Sept. Unser Bezirks- missionsverin hielt letzten Sonntag nach­mittags in hiesiger Stadtkirche sein 58. Jahresfest.

Herrenberg, 4. Sept. Im Laufe dieser Woche wurde von den hies. Hopfen­produzenten mit der Hopfenernte begonnen. Die eingeheimsten Hopfen sind eine pracht­volle Ware mit ausgezeichnetem Aroma, die Qulität ist sehr gut, die Quantität gegen voriges Jahr stark die Hälfte; überhaupt liefert mancher Hopfengarten, der vor wenigen Wochen noch gar wenig versprach, jetzt die schönsten Früchte.

Der Sturm, welcher gestern mittag (8.) gegen 1 Uhr im Gefolge eines Gewitters über Stuttgart hinfegte, hat in den Obst­bäumen der umliegenden Gärten durch Abkuicken von Aesten u. s. w. empfindlichen Schaden verursacht und auch einen Teil des ohnehin in diesem Jahre nicht reich­lich vorhandenen, noch nicht völlig ausge­reiften Obstes von den Bäumen geworfen. Vom Lande liegen Nachrichten vor aus Ludwigsburg, Heilbronn, Vaihingen a. E., Urach, Heidenheim. In Neuenbürg und Umgegeu war kurz vor Ausbruch des Gewitters der Tag in Nacht verwandelt; in mehreren Häusern wurden die Lampen angezündet. Im Uebrigen blieben wir vor Hagel und Blitzschlag verschont.

Turnvater Jahn's Leben und Wirken, n.

Jphann Friedrich Ludwig Christoph Jahn wurde geboren als Sohn des Predigers Alexander Friedrich Jahn im Dörfchen La uz (Provinz Brandenburg) am 11. August des Jahres 1778. Die treffliche Mutter erteilte ihm aus der Bibel den ersten Leseunterricht, erzog ihn in strenger Zucht, gemildert durch mütterliche Liebe; der Vater unterrichtete den hoch­begabten Sohn in den Wissenschaften und pflanzte ihm ein untilgbares Gefühl von Recht und Unrecht in fein Herz. Körper­lich und geistig gedieh der Knabe. Früh nahm er an den Unterhaltungen der Er­wachsenen teil. Mit der Jugend des Dorfes hat er wenig verkehrt. Luthers Bibel war sein Lesebuch, die Thaten des großen Kurfürsten und die historischen

Werke Friedrich des Großen seine erste» Unterhaltungsbücher. Märchenbücher hat er nicht kennen gelernt. Wie im Leben bedeutender Männer auf ihre ganze spätere Lebensanschauung und Lebensrichtung die Umgebung, Land, Leute, die frühesten Jugend-Eindrücke im Elternhause einen großen, ja bestimmenden Einfluß ausübcn, so war es auch bei unseremFriedrich Ludwig", wie er sich später allein genannt hat. Jahn schreibt einmal:Der Mensch kann überall geboren werden, doch muß man hinzusetzen: aber nicht überall gleich gut; ich bin Grenzer, wirklicher Mark­mann. Im Preußischen, eine Stunde vom hannoverischen Städtchen Schnackenburg a. d. Elbe zu Hause, eine Meile vom Mecklenburgischen, habe ich als Kind schon in dreier Herren Länder gelebt. Die Einzelstaaten habe ich zum deutschen Reiche niemals anders betrachtet, als mehrere Rittergüter in einer Dorfflur. Und mein heimatliches Lanz war selbst ein kleines Deutschland, mit Gesamtgericht, Zaun­gericht, Lehnschulzen und siebenerlei Erb­gerichten. Noch ehe ich auf die Schule kam, hatte ich schon Wismar gesehen, das damals schwedisch war, und die alte Hansa­stadt Lübeck. Den Begriff der Einheit Deutschlands habe ich mir angelebt und eingelebt. Ich kenne keine Zeit, wo ich nicht von ihr beseelt gewesen."

Im Jahre 1791 kam Jahn auf das Gym­nasium zu Salzwedel und 1794 nach Berlin, doch schon 1795 zog er fort in die weite Welt hinaus. Im Jahre 1802 treffen wir ihn auf der Universität Greifswalde, wo Ernst Moritz Arndt regen Umgang mit ihm pflegte. Die welterschütterndcn Ereignisse, welche in Jahns Schul- und Universitäts­jahre fielen, hatten auch ihn gewaltig ge­packt. Napoleon's Gestirn stieg auf. Wie ein Wetter stürmte er durch die Länder. Sein eherner Fuß zertrat, zerschmetterte alles, was sich ihm in den Weg stellte. Wer konnte einem solchen Riesengeiste seine staunende Bewunderung versagen? Bald aber machte Jahn sich los von diesem Weltzertrümmerer. Schon im Jahre 1803 war er einer seiner heftigsten Gegner. Und als Napoleon das deutsche Reich ver­nichtete, als er sein heimtückisches Spiel mit Preußen begann, da wurde Jahn sein Todfeind. Endlich brach 1806 der Ent­scheidungskrieg aus. Er traf Jahn mitten in seinen gelehrten Arbeiten. Bei der ersten Kunde von der Kriegserklärung Preußens machte Jahn sich auf, um zur Armec zu eilen. Er wollte sich dem Prinzen Louis Ferdinand anschließen, da vernahm er dessen Heldentod bei Saalfeld. Zur Hauptarmee strebte Jahn jetzt hin. Der Kanonendonner von Jena wies ihm die Richtung, aber es war nicht mehr die stolze, siegesgewisse Armee, die er erreichte; sie war geschlagen, zertrümmert, vernichtet! Flüchtende, von wildem Entsetzen ergriffene Hansen kamen ihm entgegen. Vergebens suchte Jahn sie aufzuhalten, sie zu sammeln, er wurde in die Flucht mit fortgerissen. Damals, in der Nacht vom 14. bis 15- Oktober 1806 ergraute dem 29 jährigen Manne das Haar.Ich habe die Leiden des Vaterlands tiefer gefühlt wie mancher andere"; mit Recht durfte er das von sich svgen. (Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.