lingen wurde somit von Cannstatt über­holt.)

Stuttgart, 18. Dez. Auch Heuer hat ein Teil des Schwarzwalds einen Aus­flug in die Residenz angetreten: in der Königs- und Hauptstätterstraße stehen die Tannenbäumchen zur hl. Weihnacht bereit, in Reihe und Glied, als ein Straßen­schmuck. Es gewährt einen gar gemütlichen Eindruck, wenn dann mittags die Militär- Kapellen, ihre heiteren Weisen spielend, durch diese Wäldchen ziehen. (S. M.)

Stuttgart, 18. Dez. Ueber die Re­sultate der Hasenjagden hört man dieses Jahr nichts wie Klagen. So wurden auf der gestern vom Kammerherrn Grafen von Leutrum-Ertingen bei Schloß Nippenburg veranstalteten Jagd nur 82 Hasen zur Strecke gebracht, während im vorigen Jahr 300 St. erlegt wurden. (W. Ldz.)

Tübingen, 17. Dezbr. (Schwur­gericht.) Schuhmacher Alb. Hornung von Reutlingen, welcher wegen Totschlags seiner Ehefrau mittelst einer Schusterkneipe ange­klagt war, wurde zur Freude seiner Mit­bürger von den Geschworenen nur der fahrlässigen Verursachung des Todes seiner Ehefrau für schuldig befunden und vom Schwurgericht zu 2 Monat Gefängnis und Zahlung der Prozeßkosten verurteilt.

Vom schwarzen Grat. 13. Dezbr. Die wiederholte bedeutende Reduktion der Milchpreise deprimiert unfern Bauernstand sehr. Während vor wenigen Jahren noch 1013 Pf. per Liter Milch bezahlt wurde, beträgt der Preis nun 78 Pf. Diese beträchtliche Differenz verursacht einem größeren Milchproduzenten einen Ausfall 20003000 (St.-Anz.)

Sindelfingen, 17. Dezember. Im städtischen Waldbezirk Sommerhofen liefen heute den Jagdpächtern 5 Wildschweine an, wovon ein Keuler von 2 Zentner und eine Bache von nahezu 2 Ztr. geschossen wurden.

Wildbad. (Ergebnis der Volkszähl­ung am 1. Dezember.) Anwesend in der Stadt und deren Parzellen: 1631 männ­liche und 1882 weibliche, zusammen 3513 Personen. Vorübergehend anwesend: 35. Gesamtzahl 3548 Personen. Stand am 1. Dezember 1880: 3572 Personen, pro 1885 weniger 24 Personen.

Ausland.

Rom, 17. Dezbr. Heute fand in Gegenwart Jakobinis sowie mehrerer Kar- dinäle die Unterzeichnung des auf Grund der Vermittlungsakte des Papstes in der Karolinenfrage vereinbarten Proto­kolls durch den kgl. preußischen, bezw. kgl. spanischen Gesandten, Schlözer und Molins, statt.

Dover, 13. Dez. Eine entsetzliche Leidensgeschichte erzählte der deutsche Ma­trose Heinrich Schwenke in Dover bei der Totenschau über die Leiche des deutschen Matrosen Heidkruger, die vorige Woche in dem Wrak des deutschen SchiffsFidelio" unweit Dover gefunden worden war. Schwenkcs Aussage zufolge war am vorigen Sonntag nachmittag auf der Höhe von Dungeneß ein unbekannter Dampfer mit derFidelio" zusammengestoben, in Folge dessen letzterer kenterte, während der un­bekannte Dampfer weiter fuhr, ohne sich um das Schicksal der 10 Köpfe zählenden

Besatzung des deutschen Schiffes zu küm­mern, die sich an den Masten und Sparren festklammerte und stundenlang in der fürchterlichsten Kälte dem Sturm und den Wellen ausgesetzt blieb. Zuerst ließ ein Schiffsjunge seinen Halt fahren und ver­schwand in der Wassergischt, dann folgte Heidkruger, darauf der Kapitän Meyer, und so ertranken nacheinander 7 Mann, bis endlich der auf der Fahrt nach Irland befindliche Dampfer City of Hamburg die 3 überlebenden Matrosen, darunter Schwenke, rettete und nach Beifast brachte, von wo aus sie nach Dover gebracht wurden, um der Totenschau beizuwohnen, die nach Feststellung der Identität der Leiche ver­tagt wurde, um womöglich den Namen des unbekannten Dampfers zu ermitteln.

New-Jork, 15 Dez. Ein fürchter­liches Unglück ereignete sich heute auf der Georgia- und Pazifik-Eisenbahn durch den Zusammenstoß zweier Personenzüge etwa 15 Meilen von Atlanta. Ein Schlaf­wagen wurde gänzlich zertümmert und von den darin befindlichen Reisenden 12 auf der Stelle getötet und 15 verletzt, 3 dar­unter so erheblich, daß ihr Aufkommen be­zweifelt wird.

MisMkn.

Aas Hintergebäude.

Erzählung von Friedrich Gerstäcker.

(Fortsetzung.»

Wo sich bis jetzt nur dunkeldräuende Wolken gezeigt, zerriß der Schleier und der blaue Himmel kam zum Vorschein Kunigunde lächelte.

Der junge, bildhübsche Mensch war zu artig, als daß sie ihn hätte wohin die ersten Anzeichen allerdings mit ziemlicher Gewiß­heit deuteten forsch anfahren können und wenn sich auch Karl Bomeier bei dem kecken Vorschlag des Freundes, ihn ins Wirtshaus zu entführen etwas unbe­haglich fühlte und fast darüber erschrak, so zeigte sich seine Furcht diesinal unbe­gründet.

Herr Plessen," sagte sie, doch dabei einen Blick auf ihren äußeren eben nicht empfehlenden Menschen werfend,ich be- daure sehr, daß Sie mich gerade so bei der Arbeit finden. Hätte mir Scharle nur ein Wort gesagt (und Gnade ihm Gott, wenn er es gethan hätte,) aber ich hatte ja keine Ahnung und, lieber Gott, in einer Wirtschaft ist immer so viel zu thun, daß man vom Montag bis Sonnabend daran zu arbeiten hat man wird eben nicht fertig."

Karl Bomeier traute seinen eigenen Ohren kauin seine Frau entschuldigte sich; das war ihm in seiner Praxis noch nicht vorgekommen. Thiodvlf aber ob er selber dem Frieden nicht traute, wie lange diese liebenswürdige Laune dauern würde, oder ob er sich da drinnen in der Seifenlauge und zwischen den nassen Schürzen nicht recht wohl fühlte, sagte rasch und verbindlich:

Sie sind gerade wie meine eigene Mutter, immer thätig und unverdrossen bei der Arbeit, aber auf ihre eigene Ge­sundheit sollten sie dabei trotzdem Rücksicht nehmen Ihr Körper scheint zart und hier in diesem Zug und der feuchten Luft doch wir dürfen Ihre Zeit nicht länger

in Anspruch nehmen. Komm, Karl, setz Deinen Hut auf, es wird sonst zu spät, denn wir müssen jene Gebäude noch vor Dunkelwerden besichtigen. Ich liefere ihn richtig wieder ab, gnädige Frau ver­trauen Sie ihn mir nur auf kurze Zeit an."

Ihr Körper scheint zart," lauteten seine Worte und hatte sie es Scharle nicht iinmer gesagt, daß er sie noch unter die Erde brächte, aber sie konnte dem jungen, artigen Manne jetzt nichts abschlagen.

Na, Scharle," sagte sie,dann muß ich allein essen komm mir aber nur nicht so spät nach Hause, denn Du weißt, daß ich mich ängstige."

So verabschiedete sich Thiodvlf denn sehr höflich und unterwegs fragte er den etwas verlegenen Freund:

Gehen wir in die Krone oder den Goldenen Löwen? Ich denke im letzteren ist das Essen besser und in der Krone wird die tablo ä'iwte schon vorüber sein ich bin verteufelt hungrig geworden." Bomeier hatte eine andere Anrede erwartet. Er atmete deshalb hoch auf und sagte rasch:

Ich glaube selber wir fahren im Goldenen Löwen besser und sind auch hier dicht dabei zu Hause bei mir," fügte er zögernd hinzu,hätten wir heute doch nichts weiter als kalten Hammelsbraten bekommen und zu Dein mochte ich Dich natürlich nicht einladen."

Bester Freund," lachte Thiodvlf,es giebt im Familienleben Augenblicke wo man sich vom Schicksal nicht weit genug entfernen kann. Wenn bei uns zu Hause rein gemacht wird, betrachte ich mich eben­falls als vogelfrei und komme der elter­lichen Wohnung nicht eher wieder nahe, als bis der Sturm vorübergebraust ist."

Die tadle ä'llote, die im Goldenen Löwen anderthalb Stunden später als in der Krone begann, hatte gerade seinen Anfang genominen, und sie kamen noch zur rechten Zeit, um sich cinzufügen. Der Tisch war auch nicht übermäßig stark be­setzt. Der Goldene Löwe hatte allerdings eine Anzahl von Stammgästen, einen Regierungsrat Zcllner" mit einer blonden Perücke und einem sehr alten Gesicht, der am liebsten seine Erlebnissebei Hose" erzählte, wenn er einmal in der Residenz gewesen und zu Tafel befohlen war von gnädigen Aeußerungen, die Se. königl. Hoheit gemacht und von treffenden aber unterthänigen Bemerkungen, die er darauf erwidert dann ferner einen pensionierten Forstmeister von Adel, der immer init sich selber sprach weil er taub war und sonst keinen Anteil an der Unterhaltung nehmen konnte, und einen preußischen Hauptmann, ein paar untere Beamten, die stets in Verzweiflung gerieten, wenn der Kellner ihnen die Schüsseln zuerst brachte und nicht vorher den Herrn Regierungsrat bedienten, obgleich sie genau den nämlichen Preis dafür bezahlten, und ein paar andere gleichgültige Menschen, einen Kommerzienrat und verschiedene Reisende."

Still, mit Niemandem weiter verkehrend, saß nur noch eine ehrwürdige Gestalt am Tische, ein sehr anständig gekleideter Herr in schwarzam Frack und weißer Halsbinde, mit dem einfachen Schmuck einer Brillant-