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ein gewisses Mitglied des Gemeinderats, welches der Sitzung angewohnt hat, ver­mute, erkläre ich, daß es diesem nur darum zu thun war, sich auf Kosten der Wahrheit an mir zu reiben und für die nächste Ge­meinderatswahl seinen Anhängern wie ge­wöhnlich Sand in die Augen zu streuen.

Den 23. November 1885.

Gemeinderat Hagmayer.

Der Unterzeichnete bestätigt hiemit dem Herrn Gcmeinderat Hagmayer auf seinen Wunsch, daß dieser in der Sitzung der bürgerlichen Kollegien vom 9. November d. I. den Antrag stellte, die Verteilung von Geld als Gemeindenutzung einzustellen, und nur die Verteilung von Holz, soweit solches der Wald liefere, zuzulasscn, daß also die diesbezügliche Korrespondenz in Nr. 273 des Pforzheimer Anzeigers eine unrichtige Mitteilung enthält.

Neuenbürg, 23. Novbr. 1885.

Gemeinderatsvorstand (I-. 8.) Stadtschulth. Bub.

Ri mn Ir.

Deutschland.

Die sozialdemokratische Fraktion des Reichstages hat einen Antrag eingebracht, welcher gegenüber dem konservativen An­träge auf Ausdehnung der Legislaturperiode auf fünf Jahre verfügen will: die Legis­laturperiode des Reichstages dauert zwei Jahre und eine Auflösung desselben kann nicht stattfinden.

Berlin, 23. Nov. Der Reichsanz. meldet das Eintreffen des württ. Bundes­bevollmächtigten Regierungsrats Schicker.

Ansbach, 21. Nov. Der derzeitige Kassier des deutschen Offiziervereins in Berlin, Wilh. Löhlein, hatte in den Jahren 1881 bis 1883, wo er Direktor der hiesigen Aktienbrauerei war, 16 Ztr. Bierfarbe, 28 Pfd. Natron und 20 Pfd. Salicylsäure zur Bierbereitung verwendet. Ebenso hatte Kaufmann Bub von hier 11 Ztr. Bier­farbe für die Aktienbrauerei dahier be­zogen. Ersterer wurde gestern wegen eines Verbrechens gegen das Nahrungs­mittelgesetz zu 580 ^ Geldstrafe, event. 38 Tage Gefängnis, letzterer wegen eines Vergehens und Beihülfe zu 120 event. 6 Tage Gefängnis verurteilt. (S. M.)

Saargemünd (Lothr.) 20. Novbr. Unter den Katholiken unserer Stadt lauft gegenwärtig eine Eingabe an den Bischof- Koadjutor von Metz um, in welcher um Einführung deutscher Predigt und deutschen Gesangs beim katholischen Gottesdienste in Saargemünd gebeten wird. Die That- sache dieser Eingabe darf als ein erfreu­liches Zeichen für die Ausbreitung und Befestigung des Deutschtums auch in Lothringen betrachtet werden.

Pforzheim. Der Bezirksverein für Bienenzucht hält Sonntag 29. Novbr. mittags 2 Uhr Generalversammlung im Pfälzer Hof.

Pforzheim. Sonntag 29. Novbr., abends 8 Uhr, hält Hr. Stadtpfarrer Oehler im Protestanten-Verein im Saale zur Post einen Vortrag überdie Ursachen der häufigen Meineide und Mittel zur Bekämpfung derselben." Es hat Jeder­mann Zutritt.

Pforzheim, 25. Dezbr. Die unter den Bewohnern der Neustadt Brötzingen immer lebhafter in den Vordergrund tretende Frage wegen Anschlusses dieser Vorstadt an die Stadtgemeinde Pforzheim, nimmt nun, nach einer stattgehabten Vorbe­sprechung eine bestimmtere Gestalt an. In dieser Besprechung wurde nämlich ein Komitee gewählt, welches die zunächst er­forderlichen Schritte einleiten und sich ins Vernehmen setzen soll mit jenen beteiligten Grund- und Häuscrbesitzern, welche in der Versammlung nicht anwesend waren.

(Pf- B.)

Württemberg.

Das Württ. Gewerbeblatt bringt in Nr. 47 vom 22. Novbr. die Organisation der Unfallversicherung zur Kenntnis mit einer Nachweisung: 1) der Namen, Sitze und Bezirke der Berufsgenossenschaften, der Sektionen und der Schiedsgerichte, ferner der Namen und Wohnorte des Vor­sitzenden der Genossenschafts- und Sektions­vorstände, sowie der Schiedsgerichte; 2) der für die Heeresverwaltung, Post-, Tele­graphen-, Staats-Eisenbahnbetriebe einge­setzten Ausführungsbehörden und Schieds­gerichte, soweit dieselben Württemberg berühren worauf , wir die Interessenten aufmerksam machen.

Stuttgart, 23. Nov. Die Kunde von einem Mord durchlief gestern die Stadt. Der Polizeibericht besagt darüber: Gestern Mittag hat der Kolporteur Matth. H. verh. und Vater von 4 Kindern, die Witwe Wilhelmine W., Mutter von 6 Kindern, mit welcher er seit 3'/r Jahren unehelich zusammmenlebte, auf dem Weg zwischen der Militär- und Forststraße er­stochen, so daß sie nach wenigen Minuten eine Leiche war. Nachher hat rc. H. sich selbst mehrere Dolchstiche in der Herzgegend beigebracht, welche nach Aussage des Arztes im Katharinenhospital, wohin er verbracht werden mußte, zum Teil gefährlich sind und für sein Leben fürchten lassen. Das Motiv zu dieser That scheint Eifersucht zu sein.

Am 20. Nov. feierte die Akademie Hohenheim ihr 67. Stiftungsfest.

Reutlingen, 22. Novbr. Gestern Abend durcheilte die Kunde die Stadt: Schuhmacher Albert Hornung hat seine Frau erstochen!" Die Sache verhielt sich nämlich so: H. hatte Holz gekauft und nach der Ansicht seiner Frau zu theuer bezahlt, weshalb sie ihm in der Werkstätte vor seinen Arbeitern heftige Borwürfe machte; sie brauchte verschiedene Schimpf­wörter, welche ihn erbittern mußten und soll ihm die Zigarre aus dem Munde ge­schlagen haben. H., der gerade Leder zer­schnitt, versetzte hierauf der keifenden Ehehälfte mit dem Schusterkneipen einen Stich, der so unglücklich traf, daß sie augenblicklich tot zusammensank. Der Thäter stellte sich selbst dem Gerichte in Begleitung seines Vaters und soll trostlos sein über seine That. Ein 8jähriges Söhn­lein trauert über den Tod seiner Mutter.

(W. Ldz.)

Tübingen, 19. Nov. Die bürger­lichen Kollegien haben Mittel bewilligt, um eine bessere Eisbahn zu beschaffen, als der durchlassende Boden des Wöhrd seither gewährt hat. Als Platz für die neue Bahn

sind lautTüb. Ehr." die Wiesen der Stiftungspflege bei dem Burgholz nördlich der Straße nach Reutlingen, wo die Steige beginnt ausersehen.

Tuttlingen, 20. Nov. Die Fest- Versammlung, welche vor 2 Jahren das Lutherfest feierte, drückte einmütig den Wunsch aus, das Gedächtsnis des großen Reformators für die nächste Zukunft jedes Jahr zu feiern. Demgemäß wurde be­schlossen, zunächst jedes Jahr im Monat November einen Familienabend zu ver­anstalten, der zum Zweck habe, sich in Wort und Lied Luthers und geistig mit demselben verwandter Männer zu erinnern. Dieser Familienabend fand nun für dieses Jahr am letzten Samstag statt.

Stuttgart, 24. Nov. (Kartoffcl- undKrautmarkt.) Leonhardsplatz: 1000 Säcke Kartoffeln ä 1 40 bis 1

80 per Ztr. Marktplatz: 1000 Stück Filderkraut g, 9 bis 12 Pr. 100 Stück.

Oesterreich.

Wien, 24. Novbr. Nach Belgrader Privatberichten ist der Rückzug der Serben vollständig. Alle Stellungen sind geräumt. Die Mächte forderten die Pforte zur Ver­mittlung auf und erhielten deren Zusage.

Wien, 24. Nov. DiePresse" meldet aus Belgrad:Gestern wurden die serbi­schen Stellungen bei Slivnitza geräumt und das serbische Heer nach Pirot zurück­gezogen, weil die Verproviantierung un­möglich sei. Die Bulgaren besetzten die Positionen kampflos, auch Bresnik, Pernik, Jzvor und Trn. Vor Zaribrod soll die bulgarischeKavallerie die serbischeKavalleric in zwei Attaquen geworfen haben."

(F. 2.)

Ausland.

London, 24. Nov. (4 Uhr nachm.) An der Börse geht das Gerücht, der König von Spanien sei gestorben.

, (F- I )

Die Pforte hat, wie englischen Blättern aus Konstantinopel, 21. Nov., telegraphiert wird, an Serbien die Aufforderung ge­richtet, unverzüglich das von serbischen Truppen besetzte bulgarische Gebiet zu räumen. Wenn sich diese Meldung be­stätigt, so wird die serbische Heeresleitung nicht säumen mit ihrem Rückzuge, denn die türkischen Truppen können sie leicht umfassen.

MisMcn.

Die Iran Doktorin.

(Ein häusliches Bildchen von Karl Müller.)

(Schluß.)

Hartenstern wußte nicht genau, wie er aus dem Hause und auf die Straße hinunter kam. Als er sich aber unten sah und die Hausthüre hinter sich zu­schlagen und von Annemarie verriegeln hörte, zerriß er das Briefchen auf Rosa­papier mit den Zähnen in tausend Stücke und schleuderte sie in den Nachlwind hinein. Er war ganz kreideweiß und zitterte vor Wut und Aufregung.Hinaus an's Gestade!" murmelte er!ich will rauchen, denn ich kann noch nicht zu Bette gehen!" Es war keine leichte Sache, bei diesem stürmischen Nordwestwinde eine Zigarre anznzünden; aber als sie endlich