756

brannte und Hartenstern weit hinaus ge­laufen war bis an die Stelle, wo der neue Hafendamm gebaut wurde, da wollte ein leidiger Zufall, daß plötzlich eine lange Welle mit besonderer Wucht und Geschwindigkeit Hereintrieb und den nächt­lichen Spaziergänger bis über die Kniee herauf auf die Haut durchnäßte und ihm vor Schrecken die Zigarre in's Wasser fiel. Er war nicht in der Stimmung, derartige Unbequemlichkeiten mit philosophischer Ruhe zu ertragen, sondern er sprang mit einer wilden Verwünschung landeinwärts, schalt über den trügerischen Wogenschlag, drückte den Hut tief in's Gesicht und schleuderte fröstelnd und mißmutig in seinen Gasthof zurück.

Schulze!" rief er seinem Diener barsch in die Unterstube imHirschen" hinein, wo dieser an einem Tische unter Bürgern und Handwerkern saß, die hier ihren Schoppen tranken, und die er soeben mit einem komischen Couplet von Treumann reguliert hatte. Schulze, ein echt berlinisches Kind, strich sogleich alle jovialen Falten aus seinem Gesichte, nahm seinen gewohnten, devoten, lauernden, hämischen Ausdruck an und folgte seinem verdrossenen Herrn auf dessen Zimmer.

Schulze, dieses Nest ist verwünscht langweilig! Kleide mich um!" brummte Hartenstern. Schulze nickte zustimmend; er hielt es niemals für der Mühe wert, den Ansichten seines Herrn Widerpart zu halten; vermutlich wußte er auch, daß dies doch zu nichts geholfen hätte.Packe ein und laß Dir die Wirtsrechnung geben! wir reisen!"

Abreisen, gnädiger Herr? und wann denn?"

Sogleich noch heute Nacht!"

Schulze bat um Verzeihung; der letzte Zug war seit einer halben Stunde, das letzte Dampfschiff seit einer Viertelstunde abgegangen. Also geruhte der gnädige Herr, morgen mit dem ersten Frühzuge, 4 Uhr 45 Minuten, abzureisen,

Nein, Dummkops! nicht so frühe, aber mit dem zweiten, um halb zehn Uhr!" murmelte Hartenstern, ließ sich vollends auskleiden und warf sich im Schlafrock verdrossen auf das Sofa.

Schulze aber verzog keine Miene, wünschte unterthäuigst gute Nacht, und ging wieder in die Unterstube hinunter, um sich noch mit einem Schoppen Malanser und die anderen Gäste mit einigen weitere» komischen Liedern zu erfreuen.

Am andern Tage fuhr Hartenstern mit dem Eilzuge von den schönen Ufern des Bodan über Zürich nach Basel, reiste von hier ohne Aufenthalt nach der großen norddeutschen Stadt, die er seine Heimat nannte, und verlor sich bald in dem rauschenden Strudel des dortigen geselligen Lebens. Es wäre nutzlos, wenn wir dort seinen Schritten weiter nachgehen wollten, denn er hat mit der weitern Geschichte unseres Ehepaars nichts mehr zu schaffen, und ward an den Gestaden des Bodan nicht wieder gesehen.

Es freut mich, sagen zu können, daß Henne und seine Frau nach Beseitigung dieser ersten Störung ihres häuslichen Friedens fortan sehr glücklich und zufrieden mit einander lebten, denn wer kann zu­

friedener sein, als wer ein ehrbares, be­scheidenes Leben führt? nach einigen Jahren sah man zwei kleine Flachsköpfchen, vergnügte Ebenbilder ihrer Mutter, hinter den Scheiben des Erkerfensters oder im Garten auf dem Schoose der glücklich sichelnden Jungfer Susanne, die nun erst roh war, daß sie damalsaus der Schule geschwatzt" hatte. Wo aber Jammer oder Schmerz in einer armen Familie ihrer Umgebung eingekehrt war, da blieb ge­wöhnlich auch Frau Henne nicht lange aus; und wo sie in eine niedrige Stube trat, da war's als ob ein verkörperter Sonnenstrahl voll Trost und frohen Lichtes in dieselbe Hereinsiele, denn mit ihr kamen Zuspruch und Hilfe. Und wann hundert dankbare Herzen mit gerührter Anerkenn­ung der Wohlthaten des alten Doktors gedachten, so schlugen ebenso viele Herzen mit nicht geringerem Danke und ebenso lauten und aufrichtigen Segenswünschen für die schmucke, züchtige, holde, junge Frau Doktorin!

Zigarre zum Fenster hinauswerfen, als er von der Dame hart angefahren wird: Wissen Sie nicht, daß es nicht gestattet ist. in einem Coupe zu rauchen, in dem Damen sich befinden?"Mein Gott", er­widert der Herr,Sie sehen, ich war eben im Begriff, Ihren Wünschen zuvorzu­kommen, indessen werde ich Sie überhaupt nicht weiter behelligen" und verläßt mit stummer Verbeugung sein Gegenüber. Aergerlich nimmt er auf der Plattform eines Wagens dritter Klasse Platz und H dampft seine Havannah. Da setzt sich neben ihn ein zerlumpter, nach Zwiebeln riechender Kerl.Mein Freund", fragt er denselben,bist Du schon einmal erster Klasse gefahren?"Niemals."So komm, ich habe hier ein überflüssiges Billet, das ich nicht verfallen lassen möchte, Du kannst's benutzen." Und er führt ihn an das eben verlassene Coupe, weist ihm den Platz an schlägt die Thür zu. Im nächsten Augen­blicke ging der Zug ab. Bis Versailles wurde an keiner Station angehalten.

Zur Schlachle-Saison einige probate Wurstrezepte.

Leberw urst.

I.

Schweinslcber, die ganze Lunge, Herz und Milz, auch ein Stückchen Schweinefleisch vom Kinnbacken, und '/«KZ. Speck, wird zusammen recht weich gekocht, der Speck darf jedoch nur einigemal über­kochen, die Leber gar nicht, weil sie sonst rauh werden würde. Die rohe Leber wird ganz fein gewiegt und in eine Schüssel gethan. Hierauf wird der Speck mit 2 großen Zwiebeln fein gewiegt, in einer Pfanne abgedünstet und mit den inzwischen weich gekochten Bestandteilen sowie mit Salz, Pfeffer. Muskatnuß, feingewiegter Zitronenschale, Nelken und Majoran ver­mengt, nachdem alles dies ebenfalls zart verwiegt ist. Das Gewiegte muß wie ein dicker Brei sein und bei zu großer Festigkeit mit etwas heißer Brühe nack­geholfen werden. Nun wird die Masse in dünne Schweinsdärme gefüllt; man unter­bindet diese in beliebiger Größe, legt die so gefertigten Würste in die Brühe, in welcher die Bestandteile der Wurst gekocht wurden, und läßt sie eine gute Viertel­stunde am Feuer, ohne daß sie sieden, da sie sonst aufspringen würden. Nach dieser Zeit wird mit einem spitzigen Hölzchen in eine der Würste hineingestocken, ist der herausspritzende Saft klar, so sind sie fertig. (Bei rötlichem Aussehen des Saftes müssen sie noch auf dem Feuer bleiben.) Alsdann nimmt man die Würste heraus und trägt sie auf; die übrigen werden in kaltes Wasser gelegt, nach einer Weile herausgethan, zum Trocknen aufgehängt, um später wieder erwärmt zu werden, oder in den Kamin zum Räuchern gehängt und kalt verspeist.

Der Zug von Paris nach Versailles sollte in fünf Minuten abgehen. Ein Herr steigt eilig in ein Coupe erster Klasse, die brennende Zigarre im Munde. Im Be­griffe, sich zu setzen, sieht er sich einer älteren Dame gegenüber und will eben, als ein Mann von guter Erziehung, die

(Der Duft der Frauen.) Soeben ist ein Werk eines Dr. Galopin in Florenz erschienen. Es behandelt in sehr gründ­licher Weise den Duft der Frauen und weist nach, daß jede Frau nach einem andern angenehmen Parfüm dufte. Die Braunen duften nach Rosen, die Schwarzen nach Moschus, die Blonden nach Ambra u. s. w. Mit einem Worte, Dr. Galopin, der selbstverständlich eine feine Nase hat, ist in der Lage, ganz genau daskarkumö cko 1a komme" zu bestimmen und erklärt schließlich, daß die Männer eigentlich nicht die Frauen, sondern nur den Duft der­selben lieben.

(Stockfische geruchlos zu machen.) Be­kanntlich verbreitet der Stockfisch beim Kochen sowohl als auch beim Aufträgen einen unangenehmen Geruch. Um diesen Uebelstand zu beseitigen, werfe man in das Gefäß, in welchem der Stockfisch gekocht wird, einige glühende Holzkohlen, von welchen man vorher die etwa anhaftende Asche sorgfältig weggeblasen hat. Diese Kohlen ziehen den üblen Geruch an. Ehe man den Stockfisch anrichtet, schöpft man die Kohlen, welche obenauf schwimmen, mit einem Schaumlöffel ab. Auch andern Fischen benimmt man durch dieses Mittel den ihnen oft anhaftenden modrigen Ge­schmack. Eine Brotrinde in das Gefäß, in welchem die Fische kochen, geworfen, beseitigt auch den Modergeschmack.

(Behandlung von Pelzwerk.j Wenn Pelzwerk mehrere Monate nicht gebraucht wird, sieht es oft alt und zerdrückt aus. Um es wieder herzustellen, wendet man folgendes Verfahren an: Etwas frischeKleie oder Sägespäne werden in einer Pfanne gewärmt, ohne sie jedoch anbrennen zu lassen, und dann mit der Hand in das Pelzwerk eingerieben. Das wird zwei- oder dreimal wiederholt, dann der Pelz aus- geklvpft und gebürstet, bis er frei von Staub ist.

Auflösung des Rätsels in Nr. 187.

Ader, Eder, Oder.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.