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Stuttgart. Die MarineauSstellung ist heute, Mittwoch, ganz besonders zahlreich, auch von Schulklaffen aus allen Teilen des Lande- besucht ge­wesen. Um 12 Uhr stellte sich Se. Majestät der König ein und besichtigte unter Führung des Geh. Regierungsrates Prof. Busley während anderthalb Stunden einzelne Teile der Ausstellung. Besondere Aufmerksamkeit wandte er dabei den älteren Segel, schiffen zu, an welche sich die AnfangSgeschicht« unserer Flotte knüpft, ferner den Instrumenten, welche zur Bestimmung der Länge und Breite dienen, den Vor­richtungen des Rettungswesens, dem Trockendock, den modernsten Geschützen und den Schottenvorrichtungen im Innern des Schiffs. Ein bleibender und be­lehrender Eindruck läßt sih ja bei der Masse des hochinteressannten Stoffes nur gewinnen, wen« bei wiederholtem Besuch eine derartige Einteilung der ausgestellten Gegenständ« fiattfindet.

Plattenhardt a. d. Fildern, 9. Mai. Die Obstbaumblüte von der Höhe W-idach, be­sonders aber Plattenhardt bis in die Nähe des Aus- sichtLturmes auf dem Uhlberg gewährt dieses Jahr einen wunderbaren Anblick. Auf den hiesigen großen Obstfildern prangen gegenwärtig Dausende von Bäumen im Blütrnschmuck so herrlich, rein und schön wie seit langer, langer Zeit nicht mehr. Für Natur­freunde giebt es jetzt nichts Lohnenderes als einen Gang auf unsere Höhe.

Cannstatt, 9' Mai. Gestern abend ereignete sich ein bedauerliches Unglück in der Königsstraße. Ein kleiner Knabe sprang vor einem Wagen der elektr. Bahn über die Straße, kam zu Fall und wurde von dem Wagen überfuhren, wodurch der eine Fuß am Knöchel vollständig abgcdrückt und der andere Fuß gebrochen wurde. De« Knabe mußte sofort ins Be- zirkSkrankenhauS überführt werden, wo ihm das eine Bein abgenommen wurde.

Eßlingen, 9. Mai. Ein grauen­hafter Fund wurde gestern mittog gegen 2 Uhr in dem Einlauskanal der Reparaturwerkstätte gemacht. Dortselbst kam ein schon soweit in Verwesung über­gegangener Leichnam eines Frauenzimmers zum Vor­schein, daß er beim Bergen teilweise auseinanderfiel. Da nur wenige Anhaltspunkte an dem Leichnam sich vorfanden, welche auf Alter rc. schließen könnten, so fehlt bis zur Stunde noch jeder Anhaltspunkt. Der Leichnam wurde sofort ins alte Krankenhaus überführt. Derselbe ist zweifelsohne hier ange­schwemmt worden, da aus hiesiger Gegend ein Fehlen einer auf die Ertrunkene paffenden Person nicht an­gezeigt ist.

Kirchheim u. T., 9. Mai. Nachdem die Blüte der Kirschen- und Frühbirnbäume zu Ende ge­gangen, dürfte in unserer Gegend die ApfelblÜte bis zum nächsten Sonntag den Höhepunkt erreichen. Da» Lenninger Thal in seinem herrlichen Blütenschmuck bietet gegenwärtig einen großartigen Anziehungspunkt; fast jeden Tag wird dasselbe von größeren Gesellschaften aus nah und fern besucht.

Heilbronn. Der Verein der Hundefreunde hält am 37. Mai d. I. eine internationale Spe­zialschau für rauh- und glatthaarige Pinscher und Zwergpinscher ab. Der für die Ausstellung gewählte Platz ist nicht nur außer­ordentlich günstig gelegen, sondern er bietet auch so viel gedeckten Raum, daß selbst bei de« zahlreichsten Beschickung nicht die ganze zur Verfügung stehende Hall« ausgenutzt werden wird. Der Verein ist durch seine bis jetzt veranstalteten allgemeinen Hundeschauen rühmlichst bekannt und wird es auch diesmal bei der ersten von ihm veranstalteten Spezialschau an nichts fehlen lassen, di« zur Ausstellung kommenden Hunde gut unterzubringen und zu verpflegen und das ganze Arrangement einwandfrei zu gestalten. Da bereits eine Anzahl Ehrenpreise gestiftet und fast für jede Klaffe Geldpreise ausgesetzt sind, so ist zu wünschen, daß auch di« Beschickung »ine recht zahlreiche werde. Programme und Anmeldebogen versendet der Schrift­führer des Vereins Herr Karl Stahl zu Heilbronn a. N. (Karlsstraße).

Gmünd, 9. Mai. Gestern wurde die Prä- parandenanstalt, welche jetzt eine Staatsanstalt ist, während sie seither ein private gewesen war, feierlich eröffnet. Zu diesem Zweck erschienen als Vertreter der Oberschuldehörde die Regierungsräte Dr. Wahl und Köningrr, 2 Oberlehrer, 3 Unterlehrer und einige Fachlehrer wirken an der Anstalt, welche unter dem Rektor de» EchullehrerseminarS st-h'.. Dieselbe zählt 47 Zöglinge, welch« aber für Kost und Wohnung selbst sorgen müssen.

Sroßeislingen, OA. Göppingen, 8. Mai. Vorgestern nacht brach in der alleinstehenden Scheuer des Müller» Weyhmüller Feuer aus, welches in kurze« Zeit da» ganz« Gebäude nebst allem darin befindlichen Inventar in Asche legte. Verbrannt sind außer Futter und Stroh 3 Kühe, 2 Rinder, 3 Schwein», 20 Gänse und 9 Enten. Weyhmüller ist versichert. Zweifellos liegt Brandstiftung vor, jedoch fehlen bi» j-tzt sichere Anhaltspunkte.

Göppingen, 9. Mai. Die Sozial­demokraten der Umgegend besuchten am Sonn­tag ihren Parteigenossen Christoph Blumhardt in Bad Boll, um daselbst eine Maifeier ab­zuhalten. An dem Mittagsmahl nahmen mehrere Hundert Personen teil, und nachmittag» fanden sich gegen 1500 Parteimitglieder aus der Nachbarschaft ein. Blumhardt hielt einen Vortrag übe« die Be­deutung des I. Mai für das Proletariat. Wie verlautet, beabsichtigt Pfarrer Theophil Blum- Hardt vom Dorf Voll, sich in den Ruhestand vers-tzen zu lassen und von dort nach Liebenzell überzusiedrln. Als verdächtig, den Brand in Großeislingen gelegt zu habe», wurde ein früherer Fahrknecht des SägmüllrrS Weyhmüller, der vor 14 Tagen entlasse» worden war, verhaftet.

Ulm, 8. Mai. Wegen Jagdvergehens und Hehlerei standen gestern und heute 9 Personen vor der hiesigen Strafkammer. Es wurde verurteilt: Der

Forstwart Gottfried Zubler von Frankenhofen, O.A. Ehingen, der Rehe und Hasen teils berechtigt, teils unberechtigt geschossen und, statt ordnungsgemäß ab­zuliefern, verkauft hatte, zu 1 Jahr Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust, dessen Sohn Otto Zubler wegen gleicher Vergehen zu 8 Monaten Gefängnis, RößleS- wirt Braig von Frankenhofen und Schultheiß und Metzger Severin Dreher von Altsteußlingen als Käufer des WildeS zu je 6 Monaten Gefängnis und 1 Jahr Ehrverlust, ebenso der Handelsmann Martin Einstein von Buttenhausen zu 7 Monaten Gefängnis und 1 Jahr Ehrverlust. Wegen Beteiligung an den Wild­diebereien wurden die Taglöhner Seiffert und Schäfer zu 10 Tagen Gefängnis verurteilt; 3 Angeklagte wurden lt. N. T. freigesprochen.

Tuttlingen, 8. Mai. Dieses Jahr scheint ein Maikäferjahr zu werden. Schon zeigen sich zahl­reiche Schwärm« dieser Schädlinge. Auffallend ist das seltene Vorkommen der Schwalbe. Vielleicht tragen die ungünstigen WitterungSverhältniffe des Frühjahrs an dieser bedauerlichen Thatsache die Schuld.

Tuttlingen, 9. Mai. Die hiesigen Schmiedemeister, 6 an der Zahl, haben sich, veranlaßt infolge der Verteuerung der zum Geschäfts­betriebe erforderlichen Rohmaterialien, wie Eisen und Kohlen, durch Vermittlung des Gewerbeverein- Vorstandes für Festsetzung eines einheitlichen Grundtarifs für Arbeitleistungen und Lieferungen mit Wirkung vom 10. dS. geeinigt. Statt der bis­herigen jährlichen wird halbjährliche RechnungSauS- stellung eingeführt.

Tuttlingen, 9. Mai. Die Arbeit ist seit Ende April zur allgemeinen Befriedigung der Be­völkerung in allen Schuhfabriken wieder ausgenommen. Die aufgewendeten Streikgelder belaufen sich auf ca. 70 000 der Verlust der Fabrikanten wird auf V« des Jahresgewinns geschätzt. Die Arbeiterschaft war in der Mehrzahl anfänglich mit dem Vrrmittlungs- abschluß der soz Reichstagsabg. Bock nicht einver­standen und es hatte den Anschein, als ob der Streik fortdauern sollte, was glücklicherweise nicht eingetroffen ist. Bock verteidigt sich in dem van ihm geleiteten Schuhmacherfachblatt gegen den Vorwurf eines über­eilten Abschlusses.

Furtwangen, 9. Mai. Vorgestern ereignete sich ein schwerer Unglücksfall. Der verheiratete 34jährige Elektrizitätsarbeiter Adolf Eschle von Schön­wald war an der elektrischen Leitung beschäftigt und erfaßte au» Versehen wahrscheinlich den Draht der Hauptleitung. Er konnte, erst, nachdem die Haupt­leitung abgestellt war, befreit werden. Der Unglückliche war sofort tot, seine Hände waren vollständig ver­brannt.

Kassel, 8. Mai. Nachdem gestern und heute in hiesiger Gegend ein« erdrückende Schwüle geherrscht, entlud sich heute nachmittag von 2 bis 5 Uhr ein furchtbares Unwetter über Kassel und Um-

5. Kapitel.

Das Wrack.

ES lag eine poetische Wahrheit in jener Bemerkung der MrS. Storr, daß ein einsamer Gegenstand, dem man inmitten des weiten Meere» begegnet, sei e» rin Schiff unter vollen Segeln, sei es ein Wrack oder ein treibendes Boot, das ganze Bild der See insofern verändert, als er demselben einen melancholischen Charcckter verleiht, weil die unermeßliche Oede dadurch erst recht zum Ausdruck gelangt.

Als die acht Glasenschläg« durch das Schiff vibrierten, war das Wrack noch ungefähr drei Seemeilen entfernt.

Das große Teleskop ging au» einer Hand in die andere; alle kamen überein, daß sich kein lebende» Wesen mehr an Bord de» verunglückten Fahrzeuges befinde.

Der Kasten dort käme uns eigentlich wie gerufen,* sagt« Mark Davenire zu Trollop, mit dem er bei den BesanSwanten stand.

Ich verstehe,* nickte der Hauptmann, seinen scharfen Blick über das Vor­deck der Bark gleiten lassend, als folge dem einen Gedanken rin anderer.Der Kasten rS ist oder war ja wohl «ine Brigge kommt aber etwas zu früh. Uebrigens habe ich Ihnen etwa» zu sagen,* fuhr er mit gedämpfter Stimme fort.Wir müssen auf der Hut sein, und zwar besser, als bisher; wir dürfen besonders bei Tisch nicht so viel schwatzen, wenn wir un» nicht eines schönen Tag» verraten wollen. Wir sind erst zwei Tage unterwegs; ich bin Passagier erster Klaffe, sehe au» wir ein Gentleman erster Klaffe, und doch bei meinem Herzblut! wie mein alter Oberst zu sagen pflegte hat dieser alte luch-äugig« Schiffer mich schon ein paarmal so unverschämt wegwerfend, so beleidigend und

argwöhnisch behandelt, als wäre ich ein vagabundierender Strolch und von den Matrosen alt blinder Passagier im Hellegatt aufgestöbert worden.*

WaS ich immer behauptet habe wir find unserer zuviel,* versetzte Davenire.

Jawohl; wären wir weniger, schafften wir's ebensogut.*

Das ist der Masters, ein ganz guter Kerl, aber der Schnaps hat ihm die Eitelkeit noch nicht austreiben können. Jetzt schmachtet er die Miß Mansel an, und da ist gar bald ein Wort gesprochin, eine unwillkürliche Andeutung ge­geben das Mädchen aber sieht ihm mit ihren schwarzen Augen bis in die Seele, und ihre Ohren sind immer auf dem ,Qui vive'.*

Wieso?*

Sie beobachtet un».*

Trollop schwieg. Eine Minute später ertönte die Frühflücksglocke. Das Wrack mußte in einer halben Stunde erreicht sein; die Paffagiere eilten in di« Kajüte, um zu rechter Zeit wieder an Deck sein zu können.

AIS alle um die Tafel versammelt waren, wendete sich Mrs. Peacock an den Kapitän.

Ich bin schon wieder ganz ängstlich,* sagt« sie;man muß mein Herz förmlich klopfen hören.*

Warum, Madam,* sagte der Schiffer trocken.

Mein Gott, weil uns rin« neue und vielleicht wieder recht schreckliche Auf­regung bevorsteht l* rief di« Dame.

Davon weiß ich nichts,* antwortete Benson, sich mit seinem Teller be­schäftigend.

Für mich kann es gar nicht genug Aufregungen geben,* fiel Miß Hol- royd ein, eine junge Dame von zweiundzwanzig Jahren, aber ohne persönliche Vorzüge.