Leilage M Nr. 177 -es „EiytlMers."
Samstag den 7. November 1885.
Amtliches.
Neuenbürg.
Mekanntmachung.
Höherer Weisung zufolge wird nachstehend die in Nr. 45 des Regierungsblattes veröffentlichte Bekanntmachung des Reichsversicherungsamtes vom 30. September d. I. betreffend den bei Unfällen von der Krankenkasse in der Zeit von der fünften bis zur dreizehnten Woche nach dem Unfall zu leistenden, seitens des Betriebsunternehmers zu erstattenden Mehrbetrag an Krankengeld (8 5, Abs. 9 des Unfallversicherungsgesetzes) zur allgemeinen Kenntnis gebracht und werden die beteiligten Krankenkaffenvorstände, Arbeiter und Betricbsunternehmer auf diese für sie wichtigen Vorschriften besonders aufmerksam gemacht.
Für die Krankenkaffenvorstände wird außerdem noch die Bemerkung beigefügt, daß die W. Kohlhammer'sche Buchdruckerei in Stuttgart und Jak. Me eh in Neuenbürg Formulare zu vorschriftsmäßigen Liquidationen der Krankenkassen mit einem auf der Rückseite befindlichen Abdruck des Textes der Bekanntmachung des Reichsversicherungsamtes zum Preis von 5^ das Stück oder 4 -/tL das Hundert vorrätig haben, deren Benützung den Krankenkassen deshalb zu empfehlen ist, weil dadurch bei den Liquidationen der erstattungspflichtige Betriebsunternehmer auf die maßgebenden Vorschriften aufmerksam gemacht wird.
Den 31. Oktober 1885. K. Oberamt.
Nestle.
Bekanntmachung,
betreffend den von der Krankenkaffe in der Zeit von der fünften dis zur dreizehnten Woche nach dem Unfall zu leistenden, seitens des Betriebsunternehmers zu erstattenden Mehrbetrag an Krankengeld, (ß 5 Abs. 9 des Unsallverfichernngsgesetzes).
Vom 30. September 1885.
Auf Grund des 8 5 Absatz 9 des Unfallversicherungsgesetzes erläßt das Reichsversicherungsamt die nachstehenden Ausführungsvorschriften:
8 1 -
Als Krankenkassen im Sinne des Z 5 Absatz 9 des Unfallversicherungsgesetzes gelten: Die Gemeindekrankenversicherung, (die Orts-, Betriebs- (Fabrik-), Jnnungs-, Baukrankenkassen, die Knappschaftskassen, sowie die auf Grund des Gesetzes vom 7. April 1876 (Reichsgesetzblatt S. 125) errichteten eingeschriebenen Hülsskassen und die auf Grund landesrechtlicher Vorschriften errichteten Hülfskassen, sofern die Mitglieder dieser Hülfskassen gemäß 8 75 des Krankenversicherungsgesetzes von der Verpflichtung, einer der vorgenannten Kassen beizutreten, befreit sind.
8 2 .
Der im § 5 Absatz 9 oit. vorgesehene Mehrbetrag an Krankengeld ist vom Beginn der fünften Woche (dem 29. Tage) nach Eintritt des Unfalls an bis zum Ablauf der dreizehnten Woche für jeden Tag zu gewähren, für welchen ein Anspruch auf Krankengeld gesetzlich oder statutengemäß besteht. Der Tag des Unfalls ist bei der Berechnung des Zeitablaufs nicht mit zu zählen.
Der Mehrbetrag ist nur dann zu gewähren, wenn der Verletzte gesetzlich oder statutengemäß gegen Unfall versichert und der Unfall beim Betriebe eingetretcn ist. (88 1 und 2 des Unfallversicherungsgesetzes.)
8 3.
Ist der Verletzte in einem Krankenhause untergebracht, und hat derselbe Angehörige, deren Unterhalt er bisher aus seinem Arbeitsverdienst bestritten hat (vergl. 8 7 Abs. 2 des Krankenversicherungsgesetzes), so ist demselben ein Mehrbetrag auf Grund des 8 5 Absatz 9 des Unfallversicherungsgefetzes insoweit zu leisten, als das neben der freien Kur und Verpflegung gewährte Krankengeld ein Drittel des bei der Berechnung desselben zu Grunde gelegten Arbeitslohnes nicht erreicht?)
Hat dagegen der in einem Krankenhause untergebrachte Verletzte solche Angehörige nicht, so ist demselben ein Mehrbetrag auf Grund des 8 5 Absatz 9 a. a. O. nur insoweit zu leisten, als ihm nach 8 21 Ziffer 3 des Krankenversicherungsgesetzes statutengemäß ein Anspruch auf Krankengeld zusteht, und dieses den Betrag von einem Sechstel des bei Berechnung desselben zu Grunde gelegten Arbeitslohnes nicht erreicht?)
8 4 .
Hülfskassen, welche an Stelle freier ärztlicher Behandlung und freier Arznei ein erhöhtes Krankengeld gewähren (8 75 letzter Satz des Krankenversicherungsgesetzes). haben dem verletzten Kassenmitgliede für die im 8 2 angegebene Zeit als Mehrbetrag auf Grund des 8 5 Abs. 9 oit. so viel zu gewähren, als zur Erreichung von elf Zwölfteln des bei der Berechnung des Krankengeldes zu Grunde gelegten Arbeitslohnes erforderlich ist?)
§ 5 .
Beträgt, abgesehen von dem Falle des 8 4, das gesetzliche oder statutenmäßige Krankengeld, welches der Verletzte aus einer Krankenkasse allein oder aus mehreren Krankenkassen zusammen zu beanspruchen hat, bereits zwei Drittel des bei der Berechnung desselben zu Grunde gelegten Arbeitslohnes oder mehr, so steht dem Verletzten aus 8 5 Absatz 9 oit. ein Anspruch auf einen Mehrbetrag nicht zu. Ebensowenig hat in diesem Falle die Krankenkasse auf Grund dieser Bestimmung einen Anspruch auf Erstattung gegen den Betriebsunternehmer.
8 6 .
Bestehen Bedenken gegen den Anspruch des Verletzten auf den in 8 5 Absatz 9 oit. vorgesehenen Mehrbetrag, so hat die Verwaltung der Krankenkasse dem Unternehmer desjenigen Betriebes, in welchem sich der Unfall ereignet hat, von dem Ansprüche Mitteilung zu machen und dessen Erklärung hierüber einzuholen. Können hierdurch die Bedenken nicht beseitigt werden,
Anmerkung ') Nach Z 7 Absatz 2 des Krankenversicherungsgefetzes ist neben der freien Kur und Verpflegung die Hälfte des in Z 6 daselbst festgesetzten Krankengeldes zu leisten. Wird das nach 8 6 eit. zu gewährende Krankengeld gemäß Z S Abs. 9 oit. auf zwei Drittel des Arbeitslohns erhöht, so erhöht sich entsprechend das nach 8 7 Absatz 2 zu gewährende Krankengeld auf die Hälfte von zwei Dritteln, d. i. auf ein Drittel des Arbeitslohnes.
Nach Z 21 Ziffer 3 des Krankenversicherungsgesetzes kann neben freier Kur und Verpflegung in einem Krankenhause ein Krankengeld bis zu einem Achtel des durchschnittlichen Tagelohns auch Solchen bewilligt werden, welche nicht den Unterhalt von Angehörigen aus ihrem Lohne bestritten haben. Hiernach verhält sich das dem alleinstehenden Verletzten höchstens zu gewährende Krankengeld zu dem Krankengeld, welches beim Vorhandensein von Angehörigen gemäß 8 7 Absatz 2 des Krankenversicherungsgesetzes zu gewähren ist, wie 1 zu 2. Wird nun das letztere Krankengeld gemäß der vorstehenden Anmerkung von V, auf Vz des Arbeitslohns erhöht, so erhöht sich im gleichen Verhältnis das dem alleinstehenden Verletzten zu gewährende Krankengeld von V» auf V. des Arbeitslohns.
*) Da nach tz 5 Abs. 9 eit. das Krankengeld von V- auf ^/z, also um V« zu erhöhen ist, so erhöht sich der im 8 75 letzter Satz des Krankenversicherungsgesetzes bestimmte Mindestbetrag von wovon V 4 die Stelle freier Kur vertritt, um V„ mithin auf "/»».