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als Reue zeigt, noch nicht bequemt, den teuren Bissen wieder von sich zu geben, troWn großer Dosis verabreichter Purgier­mittel! Von einer gerichtlichen Bestrafung des raffinierten Gauners hat der Besitzer des verzehrten Portemonnaies Abstand ge­nommen.

Von den Ellwanger Bergen, 2. Novbr. Ein Bauer hatte einen Stier, dessen Freßlust sich von Tag zu Tag ver­minderte, weshalb ein Tierarzt konsultiert wurde, welcher dem unpäßlichen Vierfüßler eine Mixtur verschrieb. Beim nächsten Besuch des Arztes erzählte der Bauer demselben mit großer Freude, daß das Verordnete sofort gewirkt habe und der Patient vollständig hergestellt sei. Damit aber die noch übrige Arznei nicht unbenützt geblieben und nicht zu Schanden gegangen sei, habe er dieselbe vollends selbst einge­nommen, da sein Magen in der letzten Zeit nicht in der richtigen Verfassung ge­wesen wäre. Denn er habe gedacht, hat die Arznei dem Stier geholfen, so kann sie einem Menschen auch nichts schaden. Und siehe da, auch bei ihm habe sich der richtige Appetit wieder eingestellt.

lW. Ldz.)

Vom Härtsfeld, 5. Nov. Auf einem Acker des Schultheißen Schmidtner in Dunstelkingen wurde weißer Marmor gefunden. Man ist damit beschäftigt, das Lager zn öffnen und es wurden bereits einige größere Blöcke ausgegraben.

Ausland.

Der Maire von Nizza teilt mit, daß die Gesundheitsverhältnisse in Nizza, Men­tone, Cannes u. s. w. niemals besser ge­wesen seien, als in diesem Augenblick. Nirgends an der ganzen Küste zeige sich eine Spur von einer seuchenartigen Krank­heit und überall sei die Sterblichkeit im Durchschnitt geringer, als in den vorher­gehenden Jahren.

Newyork, 31. Oktbr. Neueren Be­richten über den Orkan an der Küste von Labradore zufolge sind über 70 Schiffe verunglückt und gegen 300 Menschen er­trunken. 250 gerettete Personen sind hier in trauriger Lage angekommen.

Philadelphia, 23. Oktober. Die herrliche, wohlgeratene Figur unseres Friedrich Schiller, welche der Frauen- Verein des Philadelphiaer Cannstatter Volksfestvereins anfertigen ließ, wird am 10. Novbr., dem Geburtstag des Dichters, in dem großartigen Park bei Philadelphia ausgestellt werden. Die Vorbereitungen dazu sind getroffen, und das Fest wird ein großartiges werden, denn nicht allein die Schwaben und die andern Deutschen werden sich dabei beteiligen, sondern auch die Angehörigen anderer Nationalitäten, die den großen Dichter in Ehren halten. Der Platz, der für das Denkmal ange­wiesen ist, befindet sich in der schönsten Lage des Parks, von wo man eine weite Aussicht hat.

MisMen.

Me Iran Doktorin.

(Ein häusliches Bildchen von Karl Müller.)

(Fortsetzung.)

Dieses junge Frauchen ist die Frau Doktorin, seit zwei Jahren die Gattin von

Jakob Henne, dem 'alten Doktor', wie er hier bei den Leuten heißt, nun erst recht der alte Doktor, im Gegensatz zu der bildhübschen, feinen, jungen Frau. Daß Doktor Henne, ein Fünfziger, noch geheiratet, das hat damals am ganzen Gestad, wo er allbekannt ist, große Sen­sation erregt, und männiglich in Verwunder­ung gesetzt. Die Leute lieben es nun einmal, über Andere zu staunen und es unbegreiflich zu finden, daß ihre eigenen Gedanken und Ansichten nicht auch die Gedanken und Ansichten dritter Personen sind. War's aber schon verwunderlich, daß der alte Junggeselle noch geheiratet, obschon er eine Schwester, Susanne hatte, die ihm die Wirtschaft führte auf eine tadellose, beneidenswerte Weise, so war es noch unbegreiflicher, daß er gerade diese Frau nahm. ein bloses Kind, wie die Leute sagten. Mußte er noch freien, warum nicht lieber die Jungfer Näfiger nebenan, welche doch reich, schon in ge­standenen Jahren und in jeder Hinsicht für ihn passender war? Was konnte er nur an seiner jetzigen jungen Frau be­sonders gesehen haben? fragten alle Frauen des Fleckens. Die Herren stellten die Frage anders und meinten: was in aller Welt denn sie an ihm gefunden haben könne? Das Städtchen hätte eigentlich dem Doktor ein Dankvotum zuerkennen sollen, weil er den Leuten so viel von sich zu reden gegeben hatte. Wer hätte denn je gedacht, daß er, der unverbesser­liche Junggeselle, ein Vierteljahr lang abwesend sein und dann mit einem Weib­chen zurückkehren würde, und zwar mit einem jungen und hübschen Weibchen, daß er seiner Schwester, Jungfer Susannen, die Führung des Hauswesens abnehmen werde?

Ueber die Frage, ob die junge Frau Doktorin hübsch seie, erhob sich viel Streit. Ob sie hübsch ist?" pflegte Jungfer Näfiger nebenan zu sagen;du liebe Zeit, das ist sie ebba gar nicht. Sie hat sehr unregelmäßige Züge, bigott sehr unregel­mäßig. Sie ist sehr klein, weit unter mittlerer Größe und gar nicht schön ge­wachsen. Gesicht ist zwar nicht übel, aber viel zu kindisch für die Frau eines Mannes von des Doktors Jahren. Und schielt sie nicht ein wenig, und hat ihr Haar nicht einen ganz rötlichen Schein? Nein, von hübsch ist gar keine Rede!" Natürlich war aber nicht jedermann ihrer Meinung; die Herren behaupteten einmütig, die Frau Doktorin sei sehr hübsch, reizend sogar, und die fremden Gäste der Molkenkur und der Seebäder vermaßen sich allesamt hoch und theuer, noch nicht leicht eine solch gewinnende weibliche Gestalt, noch nicht bald so viel unbewußten Liebreiz gesehen zu haben.

Es kam im Grunde vor Allem nur auf die Ansichten an, welche die Leute von Schönheit im Allgemeinen hatten. Wer die Proportion der griechischen Schön­heit liebte, den mochte das frische Gesicht der Frau Doktorin nicht ganz befriedigen. Ihre Züge waren nicht regelmäßig, aber ich bestehe trotzdem darauf, daß sie schön waren. Sie hatte die zarteste Haut, einen Teint wie Perlen, mit einem bezaubernden rosigen Hauch wie ein Pfirsich angeflogen,

das hübscheste, schelmischste, mutwilligste Näschen. ein Paar reizender, lebhafter und noch seelenvoller Augen, deren Farbesschwer zu bestimmen war, man verliebe sich auf den ersten Blick in diese wunderholden Augen. Und nun erst der Mund, das beweglichste Lippenpaar, so schön geschnitten, als wären sie ein von Korallen geschnittenes Schmuckkästchen für die feinen weißen Perlen von Zähnen. Und dann das Haar um Vergebung, Jungfer Näfiger! rot war es gar nicht, sondern es hatte den schönsten Goldzlanz, den je ein aschblondes Haar haben konnte, aber es war das hart­näckigste, dasich je gesehen. Es ringelte und bauschte sich immer auf fessellose Weise, als verschmähe es trotzig und entschieden jene unwürdige Behandlung des Anklebens, Gummierens, Brennens, Aufrollens, Sal- bens und Verschränkens, welches die heutige Mode heischt. Es umrahmte das char­mante Oval des Gesichts und es geberdete sich widerspenstig gegen jede verballhornende Kultur.

Und glaubst Du, meine schmucke Leserin, daß die Frau Doktorin wirklich hübsch war? Ich behaupte kühn und bestimmt, und allen Jungfern Näfiger zum Trotz, daß die Doktorin nicht blos hübsch war, sondern von einer ganz eigentümlichen gewinnenden Schönheit. Und doch hatte ihre Schönheit etwas so Bescheidenes, Anspruchloses, das recht warm und innig zum innersten Herzen sprach.

(Fortsetzung folgt.)

sSoll man die Pferde morgens oder abends putzen?j Diese Frage beantwortet ein größerer Grundbesitzer dahin: Ich lasse schon seit langer Zeit meine Arbeitspferde statt morgens, bereits abends putzen und am Morgen nur bürsten. Ich überzeugte mich nach diesem Verfahren, daß die Pferde während der Nacht eine vollkommenere Ruhe genießen und insbesondere, daß die­selben am Morgen weit weniger Erkält­ungen ausgesetzt sind, als bei dem Putzen am Morgen. Die Anwendung des Striegels veranlaßt eine starke Reizbarkeit der Haut, und diese wird umsomehr Veranlassung zu Erkältungen geben, als der wärmeren Stall­luft unmittelbar die Einwirkung der kalten Außcnluft folgt, während beim Putzen am Abend der Hautreiz während der Nacht aufgehoben ist. Auch sei diese Neuerung daher allen Pferdebesitzern zur Beachtung empfohlen.

Ouadraträtsel.

I

L

6

I

U

N

N

0

0

k

R

II

Die Buchstaben in obigem Quadrat ergeben, richtig umgestellt, in den senk­rechten und wagrechten Reihen gleiche Wörter, welche bezeichnen: 1) eine Wüste, 2) einen Helden, 3.) eine Pflanze, 4) einen Frauennamen.R. IV.

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuen.bürg.