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Ztg." gemacht hat. Derselbe schreibt dem genannten Blatte:

Vor einigen Tagen traf ich auf einer Geschäftsreise im Lippischen in einer Dorf­schenke einen ziemlich derangiert aussehen­den Mann welcher ein Gespräch mit mir anknüpfte, aus dem ich ersah, daß ich es mit einem in den Jahren 1877/78 in der Gegend von Bochum vielgenannten Sozialisten-Apostel zu thun hatte. Der Mann seines Zeichens ein Schneidergeselle aus Sachsen, war mir aus jener Zeit noch sehr gut im Gedächtnisse und ich entsinne mich seiner damaligen in vielen Orten des Bochumer Kreises gehaltenen konfusen Brandreden gegen das Kapital und weiß Gott was Alles noch ziemlich genau. Er trug sich damals sehr elegant und der Vergleich zwischen seinem jetzigen und damaligen Aussehen veranlaßte mich zu der Frage, ob er außer Kondition sei, da ich ihn früher in besseren Verhältnissen gekannt hätte.So, sie kennen mich von Bochum? ja damals war die Zeit eine bessere für mich, wir hatten damals das Sozialistengesetz noch nicht. Zu jener Zeit verdiente ich in der Partei als Agitator mehr als mit der ganzen Schneiderei. Wenn ich da einen Tagreden ging," hatte ich meine 10 M. verdient, heute ist es nichts mehr." Mich überraschte das cynische Geständnis und ich forschte weiter, ob er jetzt auch noch Sozialist sei.Ei was," erwiderte er etwas scharf,die Kerle sind ja zu dumm und zu feige, ich werde mich jetzt auch wohl hüten." Ich hatte genug von der professionsmäßigen Volks­beglückung gehört. . ."

Dazu bemerkt dieRh.-W Ztg.": Die dummen" undfeigen Kerle," wie der Sozialistenapostel unsere wackeren Arbeiter zu nennen sich erdreistet, werden es, wenn sie diese Geschichte lesen, hoffentlich dem SozialistengesetzDankwissen,daßwenigstens dieser Arbeiterfreund ihnen nicht mehr 10 M. täglich kostet.

Gera, 3. Septbr. In dem benach­barten Städtchen Zaulenroda wurde in vergangener Nacht ein gräßlicher Mord verübt. Als der Oekonom Franke Nachts gegen 1 Uhr nach Hause kam, fand er seine Frvu durch tätliche Beilhiebe ver­wundet in ihrem Bette im Blut schwim­mend. Auf das Geschrei des Mannes eilten Hausgenossen und Nachbarn hinzu. Der Verdacht fiel auf den Knecht Frankes, der sich in der Scheune neben dem Hause verbarrikadiert hatte. Die Menge er­stürmte die Scheune und machte den Knecht dingfest, welcher auch seine Täterschaft gestand. Der Beweggrund des Mords war, Rache an seinem Dienstherrn zu nehmen. Die Frau, äußerte er bei seiner Festnahme, daure ihn, seinem Herrn aber gönne er es.

Anläßlich der Anwesenheit Sr. Maj. des deutschen Kaisers findet am Donners­tag den 10. d. M. in Karlsruhe großer Zapfenstreich von sämtlichen Musikern und Spielleuten des XIV. Armeekorps statt. Von Seiten der Gr. Generaldirektion der Staatseisenbahnen ist nun die Anordnung getroffen worden, daß, sofern der um 8 Uhr beginnende Zapfenstreich bis 9 Uhr 15 Min. nicht beendet sein sollte, Zug 174 (Karlsruhe ab 10,15) erst eine halbe Stunde nach Beendigung desselben in Karlsruhe abgelassen wird.

Anläßlich des am 10. Sept. in Karls­ruhe stattfindenden großen Zapfenstreichs der Musikkorps werden die Züge 174 Karlsruhe-Pforzheim und 507 Karls­ruhe-Baden für Auswärtige zur Rückkehr in der Weise verwendbar gemacht, daß sie evcnt. eine halbe Stunde nach Beendigung des Zapfenstreichs von Karlsruhe abge­lassen werden.

Ebenso bekommen anläßlich der großen Parade bei Fvrchhcim am 11. Sept. für die Mitglieder des bad. Militärvereins- Verbandcs Anschluß die Züge Pforz­heim ab 5 vorm., Karlsruhe an 6.15, Karlsruhe ab 6.20 abends, Pforzheim an 7.45 abends. Für das übrige Publi­kum Zug ab Pforzheim 6.50 vorm., Ankunft Karl ruhe 8.5 vorm. Für die Rückfahrt des Publikums liegen die fahr­planmäßigen Züge geeignet und werden nötigenfalls durch Ergänzungszüge ver­stärkt. Für die am 12. September bei Palmbach-Stupferich stattfindenden Korps- Manöver wird an diesem Tage Zug 665 ab Pforzheim 7.75 morgens ausnahms­weise auf den Stationen Jspringen, Erstngen und Kleinsteinbach anhalten.

Eine im Pforzh. Bcob. enthaltene Be­kanntmachung des Gr. Landeskommissärs bezeichnet die Orte, bei welchen die großen Herbstmanöver in den Tagen vom 9. bis 16. September stattfinden werden und giebt die für die Zuschauer nötigen Ver­haltungsmaßregeln nebst Anweisung der für dieselben geeigneten Standpunkte.

Pforzheim. Dem Badischen Militür- Vereins-Verbandc sind neuerdings beige­treten der Militärverein zu Büchenbronn mit 40 und jener zu Huchenfeld mit 50 Mitgliedern. Dem Verbände gehören nun 451 Militär- und Veteranen-Vereine an.

(Pf. B.)

Pforzheim. Der Kranken-Unter­stützungs-Verein der Pforzheimer Gold­arbeiter hat Samstag den 12. September, abends 8 Uhr, Ausschußsitzung.

Rastatt. Der auf Donnerstag 10. fallende Vieh markt ist wegen israelitischen Feiertags auf Donnerstag 17. September verlegt.

f Jspringen, 8. Sept. Sonntag den 13. Sept. findet nachmittags 2 Uhr das Kinderfest hier statt, wobei die Herren Pfarrer Th. Blum Hardt von Boll und Walter von Karlsruhe An­sprachen halten werden.

Nochmals sei darauf hingewiesen, daß die im Jahr 1874 ausgegebenen Reichs- kassenscheine zu 100 ^ bis zum 15. September cingezogen werden und von da ab keine Gültigkeit mehr haben. Wer solche besitzt, gebe dieselben an eine öffent­liche Zahlstelle ab.

Württemberg.

Stuttgart, 6. Sept. Zur Kaiser­parade haben sich bis heute von fast allen Oberämtern des Landes Vereine des württ. Kriegerbundes angemeldet; die Zahl der einzelnen Krieger beträgt über 7000 mit mehr als 200 Fahnen und Standarten. Die Anmeldungen dauern noch fort.

In Tübingen hatte leider die Feier des Geburtsfestes I. Maj. der Königin ein großes Unglück im Gefolge. Wie in früheren Jahren, so svllten auch Heuer nach dem Schluß des Glockengeläutes drei

Salven durch eine Kanone auf dem Schlosse gegeben werden. Die erste Ladung gieng aber auf unerklärliche Weise rück­wärts nach unten los, wodurch einem der fünf Kanoniere ein Fuß oberhalb des Knöchels völlig abgerissen wurde. Der Unglückliche, einziger Sohn des städtischen Hopfenbauaufsehers, der bei der Artillerie diente und erst seit kurzem verheiratet ist, wurde in das akademische Krankenhaus verbracht. Die Amputation des Fußes, welche sofort vorgenommen wurde, hat so viel wir hören, einen günstigen Ver­lauf genommen.

Tübingen. Zum Vorsitzenden des Schwurgerichts im 3. Quartal ist Land­gerichtsdirektor v. Häcker dahier ernannt.

Tübingen, 3. Sept. Für Freunde der Turnerei dürfte es wohl von Interesse sein, zu erfahren, daß Tübingen diejenige Stadt unseres Schwabenlandes ist, in welcher zuerst geturnt wurde. Der erste Turnlehrer dahier war ein nachmals sehr berühmt gewordener Theologe, nämlich der spätere württemb. Hofprediger und Prälat Johann Valentin Andrea (geb. 1586 zu Herrenberg als Sohn des da­maligen Dekans, gest. 1654 zu Stuttgart als Prälat von Adelberg), welcher während seines Aufenthaltes in Tübingen Unterricht im Voltigieren erteilte.

sin gen, OA. Nagold, 3. Sept. Den Bemühungen des Herrn Pfarrers Hahn ist es gelungen, den durch eine all­gemeine Kirchenkollekte gewonnenen Kirchen­baufonds im Laufe von 6 Jahren von 7000 auf 25 000 zu erhöhen, dem neuerdings weitere 3000 vkL Geschenk von einem Joh. Adam Wagner in Paris, einem geborenen Bösinger, hinzngefügt worden sind. Da der Neubau auf 36 700 ^ ver­anschlagt ist, so stellte Herr Wagner die noch fehlenden Mittel in Aussicht, wenn der Bau sofort in Angriff genommen werde. Es werden nun in nächster Zeit die gesamten Bauarbeiten ausgeschrieben werden, nachdem die Gemeindebehörden die Inangriffnahme des Werkes beschlossen haben.

Stuttgart, 5. Sept. (Kartoffel- Obst- u. Krautmarkt.) Leonhardsplatz: 300 Säcke Kartoffeln ü 2 vkL ^ bis 2 50 per Ztr. Wilhelmsplatz: 1000 Säcke Mostobst a 2 50 bis 2 ^ 80

pr. Ztr. Marktplatz: 3000 Stück Filder- kraut zu 12 bis 15 -M per 100 Stück.

Ausland.

Paris, 6. Sept. Die zur Teilnahme an den französischen Manövern bestimmte Deputation deutscher Offiziere, bestehend aus General v. Alvenslebcn, Oberstlieute­nant v. Lütken, Major v. Klett, Major v. Malachowski, ist gestern hier einge­troffen und im Hotel de Londres (Besitzer ein Württemberger) abgestiegen.

Madrid, 5. Septbr. Das Gebäude der deutschen Gesandtschaft wird von 50 Gensdarmen bewacht. Gestern Abend sind an 200 Personen verhaftet worden, die an den Ruhestörungen beteiligt waren.

Madrid, 7. Sept. Am Samstag Morgen, noch ehe Graf Solms vou La Granja eingetroffen war, beeilte sich Canovas, dem deutschen Konsul Gwinner gegenüber sein Bedauern über die jüngsten