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einer Verständigung zwischen dem Staat und der katholischen Kirche in Preußen nimmermehr zum Heil gereichen kann, ist selbstverständlich und muß dies um so mehr beklagt werden, als tatsächlich seit längerer Zeit nicht das Geringste geschehen ist, was die katholische Bevölkerung in eine besondere Aufregung Hütte versetzen können.

Frankfurt. Ein veröffentlichter Bericht des Polizei-Präsidiums über die Verhaftung der 5 Engländer im Kaffee gibt eine ausführliche Darstellung des Vor­falles und widerlegt damit die entstellenden Berichte der englischen und einiger deut­scher Zeitungen. Das F. F. macht dazu die Bemerkung:Daß es sich thatsächlich um weiter nichts gehandelt hat, als daß neben den zahlreichen englischen Hoch­staplern und Gaunern, welche wegen in Deutschland verübter Verbrechen hier ver­folgt worden sind oder noch verfolgt werden, auch einmal irriger Weise unschul­dige Engländer festgenommen sind, und daß die englische Presse besser daran ge- than hätte, ihre Sprache in dieser Ange­legenheit zu mäßigen, als uns die auf deutschem Boden verübten regelmäßigen Diebstähle ihrer Landsleute in die Erinner­ung zurückzurufen. Der demokratischen Presse könnte übrigens die Vorhaltung nichts schaden, daß sie, die sich ja vorzugs­weise als die Verfechterin der Rechte des Volkes aufspielt, die häufigen irrtümlichen Sistierungen von Personen aus den ärmeren Klassen ignoriere und erst durch das Einschreiten gegen Leute mit guten Kleidern in Harnisch gebracht worden sei."

Mainz, 3. Sept. Gegenwärtig wird am Rheinufer, unter Aufsicht des Polizei- Kommissärs Schüler durch Taucher der Boden des Rheinbettes untersucht, um nach den noch fehlenden menschlichen Körperteilen in der bekannten Mordaffaire zu suchen. Bis jetzt hatten diese Arbeiten keinen Erfolg.

Württemberg.

Tübingen. Die Eröffnung der Schwurgerichtssitzungen des 3. Quartals findet am Mittwoch den 30. September, vormittags 9 Uhr, statt.

Cannstatt, 3. Sept. In der heutigen gemeinschaftlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien wurde das Gesuch des württ. Obstbauvereins, über die Dauer des Volks­festes eine Ausstellung im Kursaal halten zn dürfen, genehmigt.

Neuenbürg.

Zum 2. September.

Ans Vaterland ans theure schließ dich an rc.!

III.

Nach Schluß des Nedeprogramms er­greift der Vorsitzende Hr. Stadtschultheiß Bub das Wort, um gegenüber den Stimmen, welche sich darin gefallen die Feier des Sedantages anzufechten, die unzweifelhafte Berechtigung dieser Feier zu bejahen und bringt als Beweis der Inkonsequenz solcher Nörgeleien Aussprüche aus demokratischen Blättern über die Feier des 18. Oktober, welche mit der des 2. September in vielem gleichbedeutend war, zur Kenntnis; es geht daraus hervor, daß Worte von jener Seite bei der Feier im Jahr 1863 ebenso gut heute hätten

gesprochen werden können. Ein Wort zu seiner Zeit spricht Hr. K a d c zu Ehren des Füllten Bismarck. Blücher habe im Jahre 1813 beklagt, daß die Federn wieder verdorben, was das Schwert gut gemacht. Diesmal sei es anders gewesen; der eiserne Kanzler habe mit den Franzosen eine kräftige deutsche Sprache geredet und mit eiserner Feder den Frieden diktierend, ihnen geantwortet: was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben. Herr Oberamtmann Nestle weist in einigen sinnigen Worten hin auf die Pflicht des Vaterlandes, sich den Veteranen und ver­wundeten Kriegern in richtigem Takte dankbar zu bezeigen und gedenkt insbesondere unseres schwer verwundeten Invaliden Andräs mit den besten Wünschen für seine Zukunft. Der Letztere dankt in rührender Weise für die viele wohlwollende Teil­nahme. Hr. Lo o s dankt der Einwohner­schaft Namens des Kriegervereins für die ihm heute erwiesene Ehre und gedenkt im Rückblick auf den denkwürdigen Krieg der opferwilligen treu besorgten Mütter und Frauen während den schweren sorgenvollen Tagen. Ehre ihnen und innigen Dank!

Zwischen den Reden wechselten in gewählter Aufeinanderfolge gemeinsame Chorgesänge patriotischer Lieder; klangvolle Vorträge eines Doppelquartetts unter der originalen Direktion des Hrn. Präzeptor Wörz, Männergesänge des Liederkranzes unter Leitung des Hrn. Schull. Schramm; sie verliehen dem Abend Schmuck und Würze. Insbesondere waren es die vir­tuosen Klavier- und Sanges-Soli des Hrn. Wörz, welche in die Feier pulsierendes Leben brachten; tief ergreifend wirkte z. B. sein Vortrag von KörnersGebet während der Schlacht." Es waren Konzertgenüffe für das dankbare Auditorium. Hr. Trill- haas gibt diesem Dank an Hrn. Präzeptor Ausdruck, welchen dieser aber auf die Mitwirkenden überträgt, dagegen dem deutschen Gesang, dessen Wellen sich vor, während und nach dem Kriege von so mächtiger Wirkung erwiesen, einen ehren­den Trinkspruch weiht.

So ward aus Morgen und Abend die heutige Feier des Tages von Sedan nach Form und Inhalt eine der genuß­reichsten seit 15 Jahren. Das Komite hat seine Aufgabe glücklich gelöst. Die Stadt war reich beflaggt, auch das Lokal bei A. Lutz entsprechend dekoriert. Möge es immer so sein und das Vaterland alle seine Söhne um sich rückhaltlos geeinigt sehen!

Ein Ereignis aus den jüngsten Tagen regt an dem Tag von Sedan mit seinen weltgeschichtlichen Folgen zu einigen Be­trachtungen an. Es ist dies die unter den Auspizien des deutschen Reichs in unserer Reichs - Hauptstadt versammelte Telegraphen-Konferenz, welche be­rufen ist, das Telegraphenwesen dem Weltpostverein ebenbürtig an die Seite zu stellen. Zwei Kultur- u. Friedens­werke von eminenter Bedeutung für den ganzen bewohnten Erdteil. Dabei kommt man zu der Frage, ob zur Zeit des ver­flossenen Bundestags mit seinen partiku- larische Jntriguen begünstigenden Insti­tutionen, eines Bundestags, welcher die Carlsbader Beschlüsse fassen und eine Mainzer Untersuchungskommission cinsetzen

konnte, solch großartige dem Wohle der Menschheit dienende Einrichtungen hätten ins Leben gerufen werden können? Mit nichten! Solche Werke konnten nur dem wiedergeborenen deutschen Reiche Vorbe­halten bleiben. Aber auch die Völker sind von Unterlassungssünden und negierender Parteirechthaberei nicht freizusprechen. Wir erinnern z. B. nur an die Gründung des Zollvereins in den 30ger Jahren, diesen wichtigen Förderer deutscher Ein­heit auf handelspolitischem und volkswirt­schaftlichem Gebiete. Selbst von der da­mals geistig hervorragenden Opposition der württemb. Kammer hatten nur 2 Ab­geordnete Deffner (Eßlingen) und Schott (Neuenbürg) die volle Bedeutung des Zoll­vereins erkannt und den Beitritt Württem­bergs befürwortet. Dies führt zu einer weitern Vergleichung mit der gegenwärtigen Kolonialpolitik, deren Bedeutung von denen unterschätzt und verkannt wird, welche für den Fortschritt, Freisinn und Volkswohl das alleinige Monopol zu haben glauben. Solchen Vorkommnissen gegenüber möchte mancher mit Uhland rufen:Zermalmt habt ihr die fremden Horden, doch innen hat sich nichts ge­hellt" rc.

Wer vom Tage von Sedan an die Grundlegung des deutschen Reichs, die Bestrebungen der weitblickenden Reichs­regierung für die achtunggebietende, den Frieden sichernde Machtstellung nach Außen, die Pflege nationaler Ehre, die Hebung von Handel und Industrie, die Errungen­schaften auf dem gesamten Gebiet der Bolkswohlfahrt nach Innen, die Sozial­reform, kurz den ganzen Aufschwung, wel­chem die Nachwelt ihre Bewunderung nicht versagen wird, mit patriotisch unbefangenem Auge betrachtet, wird auch zu der Üeber- zeugung gekommen sein, daß die zielbe­wußte, von höchster Vaterlandsliebe ge­tragene Politik des Reichskanzlers eine geniale, und er der rechte Mann am rechten Platze ist. Dieser Ueberzeugung ist es unbegreiflich, daß unsere Zeit noch so manche, dem Ausbau des Reichs entgegen­stehende reichs- und deutschfeindliche Be­strebungen zu verzeichnen hat. Im klassischen Altertum waren solche Feind­seligkeiten im eigenen Hause unter den Begriff Vaterlandsverrat gestellt. Das deutsche Reich, auch darin ein Reich des Friedens, kann stark auch nach Innen über Albernheiten und übelwollenden Partei- Eigendünkel zur Tagesordnung übergehen.

Stuttgart, 5. Sept. (Kartoffel- Obst- u. Krautmarkt.) Leonhardsplatz: 500 Säcke Kartoffeln a, 2 vlL L bis 2 50 per Ztr. Wilhelmsplatz: 700 Säcke Mostobst ü 2 70 bis 3 L

pr. Ztr. Marktplatz: 4000 Stück Filder- lraut zu 15 bis 18 per 100 Stück.

MisMen.

Line alte Liebe.

Erzählung von S. F.

Nachdruck verboten.

Durch die schneebedeckte Haide ritt ein einsamer Reiter; der Schnee knirschte unter den Hufen des Pferdes, es war bitter kalt. Aber die Sonne schien und der Himmel blaute und ein freudiges Festatmen ging