da von den Schroten einige auch in die Lunge eindrangen. (S. M.)

Salmbach, 6. August. Wohl selten trägt ein Werk echt christlicher Humanität in überraschend kurzer Zeit so gute Früchte wie die Ferienkolonien. Wer es mit angesehen hat, mit welch' bleichen und verdrießlichen Gesichtern die Schaar der kleinen Pforzheimer Ferien- Kolonisten vor etwa drei Wochen in Salm­bach eingerückt ist, wird sicherlich staunen, wenn er jetzt die frischen und fröhlichen Gesichter der lieben Kleinen im Wald und auf der Heide beobachten kann. Man sieht es auf den ersten Blick, daß die Kinder wie neu belebt sind. Die gute Pflege, welche den Pforzheimer Kindern im Gasthaus zum Löwen zu Teil wurde, die reichliche und ausgezeichnete Kost, die gesunden und luftigen Schlafsäle und endlich die außerordentlich reine und er­frischende Schwarzwälder Gebirgsluft hatte also auch in diesem Jahr ihre Wirkung nicht verfehlt.

Einsender ds. interessierte sich für die Unterbringung der Kolonie im Löwen zu Salmbach und konnte sich überzeugen, daß hier für dieselben in zweckmäßigster Weise gesorgt ist. Die geräumigen Schlaf­säle im zweiten Stock beziehen ihre Luft aus erster Hand, der Ausblick gewährt eines der schönsten landschaftlichen Bilder. Morgens früh zieht die jugendliche Schar hinaus durch einen Wiesenpfad in den nahe gelegenen Gemeindewald, wo sie ein mit Sitzbänken eingerichteter besonders ge­eigneter Platz aufnimmt. Die Kinder spielen nach Herzenslust, sie bauen sich Sitzplätze aus Stein und Moos, letzteres hier üppig vorhanden, dient ihnen auch zum Formen von allerhand Figuren unter Aussicht der Lehrerin. Auf diesem schattigen, bemoosten Platze wird gefrüh- stückt und gevespert; das Mittagessen be­kommen die Kinder im Gasthaus und bald darauf geht es wieder hinaus, um bis zum Nachtessen zu verweilen. Der sommer­lichen bisher regenlosen Witterung wegen konnte das Programm ununterbrochen fortgesetzt werden, was Wunder, wenn bei solcher Lebensweise nicht ein günstiger Erfolg erzielt werden sollte. Die Ge­wichtzunahme einzelner Kinder betrügt oft mehrere Pfund.

Wir denken, die Gönner und Wohl- thäter der lieben Kleinen in Pforzheim werden ihre Freude daran haben.

Ausland.

In London ist Ende letzten Monats derPhilantrop MosesMontefiore gestorben, welcher 100 Jahre, 8 Monate und 4 Tage alt. Sein ganzes Leben war dem Wohl- thun seiner Mitmenschen gewidmet.

Miszellen.

Aie Hochzeitsreise.

Humoreske von A- von Winterfeld.

(Schluß.)

Herr Kukelberger, der über die Ver- schmähung seines Soupers sich gar nicht einmal sehr beleidigt fühlte, nahm ein Licht vom Tisch und schritt dem jungen Paar voran die ächzende, gebrechliche Treppe hinauf, bis man auf einen wüsten Boden gelangte, der von allerlei Gerumpel

angefüllt war. Oben auf das Dach hörte man die schweren Regentropfen fallen und durch die offenen oder schlechtgeschlossenen Lucken pfiff der Wind hinein, als wenn er den alten Boden einmal fegen wollte, was wohl seit vielen Jahren nicht geschehen.

Oh, mein Gott," drängte sich die junge Frau an ihren Mann;wie schreck­lich ist es hier oben!"

Ernst wollte antworten, brachte aber nur einen rauhen, verschwollenen Ton hervor der aber ganz zur Situation und Dekoration paßte.

Wir sind gleich zur Stelle," trippelte der Wirt, sorgsam mit der Hand die Flamme schützend, voran;in Ihrem Zim­mer wird es Ihnen recht behaglich sein."

Gnurr!" machte Ernst.

Einen Augenblick darauf öffnete Herr Kukelberger eine alte schwarze Thür, aus der aber ein so dicker, bitter riechender Qualm ihnen entgegenströmte, daß selbst die abgehärtete Natur des Eingeborenen ihn nicht zu ertragen vermochte, und alle Drei in ein heftiges Husten ausbrachen.

Es raucht ein bischen," hielt sich der Wirt die Brust;ich werde ein Fenster öffnen . . . dann ist es gleich vorbei."

Nein . . . lassen Sie... um Gottes­willen . . .", drückte Stappenbeck die Thür wieder zu;wier wollen wieder hinunter lieber tot, als in dem Zimmer schlafen!"

Als die Neuvermählten unten in der kalten Gaststube dicht aneinandergedrängt saßen, um sich gegenseitig zu erwärmen, dachte Stappenbeck unwillkürlich an seine reizend eingerichtete Wohnung in Berlin, an diese warmen Zimmer, mit allen ihren kleinen Bequemlichkeiten . . . Dann wandte er sich schüchtern zu seiner Frau . . ."

Mariechen!" sagte er leise.

Lieber Ernst."

Was meinst Du, wenn wir nach Berlin zurückführen?"

O, ich würde glücklich darüber sein."

Stappenbeck stand auf und rief nach dem Wirt der auch alsbald erschien.

Wir fahren wieder nach Hause," krächzte er;lassen Sie sogleich Extrapost kommen."

Aus Oranienburg?" zuckte Kukelberger die Achseln;die könnte vor vier bis fünf Stunden nicht hier sein."

Haben Sie nicht selbst Fuhrwerk?"

Allerdings . . . aber es ist immer nicht so bequem wie eine Post."

Thut nichts . . . nur fort von hier, das ist die Hauptsache.. . lassen Sie an­spannen so schnell wie möglich."

Sic sind also nicht zufrieden mit meinem Hause?" fragte Kukelberger ein wenig beleidigt.

Das will ich gerade nicht behaupten," entgegnete Stappenbeck, vollständig heiser und mit thräneuden Augen;aber ich habe nur ein Dutzend Taschentücher mitgebracht, und ich sehe, daß sie nicht reichen würden."

Nun ... wie Sie befehlen . . . daun werde ich also anspannen lassen," entfernte sich Kukelberger.

Und die Rechnung, wenn Sie so gut sein wollen!"

Schön!"

Die jungen Leute wickelten sich wieder in ihre Plaids und warteten dann eine gute Viertelstunde, bis der Wirt meldete,

daß der Wagen vorgefahren sei und zu gleich die kleine Note übergab.

Stappenbeck las laut:

Für Souper mit Wein . . Zimmer . . zwei Heizungen . . . eine zerbrochene Scheibe . . Ausbesserung besagter Scheibe Servis, ausgenommen Portier und Haus­knecht ... Wagen nach Berlin, exklusive Chaussoegeld und Trinkgeld an den Kut­scher . . fünfzehn Thaler."

Obgleich Stappenbeck über die unver­schämte Forderung erstaunte, bezahlte er doch ohne Abzug und gab dem August, der sich als Kellner, Portier und Haus­knecht in einer Person zu erkennen gab, ein ansehnliches Trinkgeld.

So!" sagte er dann;nun leben Sie wohl, Herr Kukelberger."

Wollen sie nicht die Gewogenheit haben, sich ins Fremdenbuch zu schreiben?" präsentierte ihm der Wirt den schmierigen Folianten.

Stappenbeck zögerte einen Augenblick; dann nahm er die Feder und schrieb: Ihr, wenn Ihr Euch einst vermählet, Hochzeitsreiselust Euch quälet;

Geht nach jedem andern Lande,

Nur nicht nach dem Krug im Sande, Doch, am besten, bleibt zu Hause In der friedlich stillen Klause.

Ein junger Ehemann."

Gieb mir auch einmal die Feder," bat Marie, die über seine Schulter gelesen.

Dann schrieb sie darunter:

Aus innigster Uebcrzeugung kontrasignirt:

Eine junge Frau."

Und sie fuhren nach Berlin zurück und hatten acht Tage lang den Schnupfen, fühlten sich aber dennoch sehr glücklich.

Im Sandkrug wurde es aber immer öder und öder; in dem wüsten Garten neben dem Gehöft verwelkte allgemach das Unkraut, auf die sandige Ebene mit ihren dürren Stoppeln breitete der Schnee seine warme Decke und die grünen Haare der dürren Fichten wurden weiß und fielen schwerer auf ihre Schultern hinab.

Are Stadt des Water Jahn.

Im Thüringischen, an den romanti­schen Ufern der Unstrut, in dem Städtchen Frciburg, am Fuße des Schloßberges der Neuburg, abgesondert von den übrigen Gebäuden, liegt ein einfaches schlichtes Haus; es blickt über einen Teil der Stadt hinweg, schaut noch weit dem Laufe der Un­strut nach, und über seiner einfachen Thür stehen die Worte: frisch, frei, fröhlich, fromm! Hier hatVater Jahn" gewohnt, dessen Leib seit 1852 die Erde deckt!

Wohl Niemand lebt in Deutschlands Gauen, dem Jahn's Name fremd, der nicht bei irgend einem Volksfeste sein Ge­dächtnis hätte feiern hören; trotzdem ist der Geist dieses seltenen Mannes wenig genau bekannt. Wenige verstehen seinen wahren Wert zu schätzen, Wenige erkennen in ihm mehr als den Turnvater; und da das Turnen nicht von allen getrieben wird, erscheint er Manchem als zu wenig bedeutend, um sein Wirken näher ins Auge zu fassen. Dennoch war er ein Mann gewesen, dem das deutsche Vater­land auf ewige Zeiten verpflichtet ist. Als der heimatliche Boden unter dem welschen Joche zitterte, war Jahn einer der Wenigen, die mutvoll der Zukunft vertraut; er war