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Glückwünsche übersandt. Die Zahl der Telegramme wurde am Abend des 1. April aus 2 322, die Gratulationsschreiben auf 2 100 gezählt.
Berlin, 2. April. Der „Reichs-Anz." meldet: „Der Kaiser hat gestern Nachmittag 3 Uhr die Minister Dr. v. Mittnacht, Dr. Stichling, Dr. v. Lutz, Turban, Weber, Finger und Graf v. Fabrice in Audienz empfangen. — Wie die „Nat. Z." berichtet, hat der Kaiser den Ministern der deutschen Bundesstaaten bei der Audienz seine Genugthuung darüber ausgedrückt, daß sie zur Beglückwünschung des Reichskanzlers hierher gekommen seien, und damit ein bedeutungsvolles Zeichen der harmonischen Uebereinstimmung im Bundesrate gegeben haben.
Berlin, 4. April. Der Reichskanzler erließ folgende Danksagung; „Anläßlich meines siebenzigsten Geburtstages und bevorstehenden fünfzigjährigen Amtsjubiläums gingen mir so zahlreiche Kundgebungen des Wohlwollens in Gestalt von Glückwünschen und Festgaben zu, daß es mir leider nicht möglich ist, einzeln darauf zu crwiedern. Ich bitte Alle, welche am 1. April meiner freundlich gedacht haben, meinen herzlichen Dank entgegenzunehmen und versichert zu sein, daß der freudige und tiefe Eindruck so vieler reicher Beweise der Liebe meiner Mitbürger in meinem Leben nicht erlöschen wird."
Der Bundesrat hat in seiner am Dienstag abgehaltenen Plenarsitzung die Postdampfer-Borlage nach den Beschlüssen das Reichstages genehmigt.
Pfforzheim, 2. April. Gestern hatten wir, nachdem hier schon andere ähnliche vorausgegangen waren zwei Bismarckfeierlichkeiten. Am Vormittag wurde durch Veranstaltung des Gartenbauvereins eine Bismarckeiche vor dem neuerbauten Volksschulhause an der Enzstraße in feierlicher Weise gepflanzt. Abends war in der Turnhalle ein außerordentlich zahlreich besuchtes Bankett. In hochpatriotischer zündender Weise wurden von den Festrednern, den HH. Rechtsanwalt Groß, prakt, Arzt Thum und Fabkt. Ed. Bichler, Toaste auf den Kaiser, Fürst Bismarck und unfern Großherzog ausgebracht.
Pforzheim, 4. April. Gestern abend als der letzte Zug hierher die Station Unterreichenbach verlassen wollte, fiel ein Passagier, ein Mann aus Weißenstein, welcher von einem Wagen in den andern übergehen wollte, zwischen den Puffern herab unter die Wagen. Zum großen Glücke, vom richtigen Jnstikt geleitet, blieb er ruhig liegen bis die drei oder vier Wagen des sich in Bewegung setzenden Zuges über ihn hinweggefahren waren. Der Zug wurde hierauf zum Ttehen gebracht und unverletzt konnte der in etwas angeheitertem Zustand sich Befindende seine Heimfahrt fortsetzen. (Pf. B.)
Württemberg.
Calw, 2. April. Nachdem wir die eigentliche Bismarckfeier schon in Verbind ung mit des Kaisers Geburtstag gehalten haben, kam gestern Abend noch durch den zu Veranstaltung nationaler Feste hier be stehenden Verein die Illumination des Calwer Wahrzeichens, der alten Nikolaus
kapelle auf der ober« Brücke, zur Ausführung.
— Aus Wildbads Umgebung. (Eingesandt.) Einem Wirte, zugleich Krämer in Sp. wurde die Kuh von Tag zu Tag magerer und das kleine Kind schrie seit einiger Zeit Tag und Nacht. Als er Familienrat hält, wird beschlossen, aus dem benachbarten E einen Hexenbanner zu holen, denn Kind und Kuh müssen verhext sein. Der erscheint auch richtig am letzten Sonntag. Mer darf er vor solch wichtigem Werke nicht trinken, dagegen versorgt er eine ziemliche Portion Wein und Schnaps. Als er seinen Hockuspockus gemacht, versichert er, daß am dritten Tage ein Weib in den Laden kommen werde, die etwas von ihm Bezeichntes hole, das sei die schuldige Hexe. Manche finden nun den Hexenglauben nicht für so töricht, nur wundern sie sich, daß die Hexen den sonst für nicht ganz pfiffig geltenden (sanft gesagt) Hexenbanner als ihren Meister anerkennen. — Wäre es aber nicht angezeigt, mit einem solchen Krämer, durch den ja das Eine oder Andere in den Verruf der Hexerei wenigstens bei Leicht- und Abergläubigen kommen kan, ein Wörtlein zu reden?
O e st e r r e i ch.
Wien, 1. April. Die Zeitungen feiern in warmen Worten den Geburtstag Bismarcks. Das Fremdenblatt betont, was Bismarck dem deutschen Reiche, was er der Welt geworden, sei in Worte nicht zu fassen. Die Größe seiner ethischen Ueber- zeugungen. Er sei vor allem ein Karakter Ohne daß er die Stärke des deutschen Reiches mindere, sorge er dafür, daß diese Stärke weder als Verletzung noch als Bedrohung betrachtet werde. Die Bevölkerung Oesterreich-Ungarns schließe sich aufrichtig und herzlich an. Bismarck stehe derselben so nahe, wie nur das irgend bei einem Staatsmann eines fremden Reiches der Fall sein könne. „Wenn heute der Name Bismarck viele tausendmale erklingt, wird er schwerlich außerhalb Deutschlands irgendwo mit größerer Wärme genannt werden als in Oesterreich-Ungarn." — Der Kaiser beglückwünschte den Fürsten Bismarck mit einem in warmen Worten abgefaßten Telegramme, ebenso sandte Kalnoky ein Glück- wunschtelegramm.
Miszellen.
Holzerhaltung.
(Schluß.)
Uebrigens kann in größern Wirtschaften das Jmprägnierverfahren selbst mit Erfolg angewandt werden. Dazu bedarf es nur eines eisernen Gefässes, in welchem man die zu behandelnden Hölzer genügend tief, etwas über das in die Erde einzugrabende Maß in das Oel eintauchen kann, die Füllung wird zum Siedepunkt erhitzt und abkühlen gelassen. Auf diese Weise sättigen sich tannene und kieferne Pfosten rc., soweit es verlangt wird, völlig aus dem Jm- prägnieröl und sind nun, über der Erde gestrichen, in absehbarer Zeit einer Zerstörung durch die Atmosphärilien nicht mehr ausgesetzt.
Auch die Gärtnerei hat sich mit Vorliebe der Verwendung unseres Antisepti
kums zugewanot, ist dabei aber einigen Schwierigkeiten begegnet. Es hatsich herausgestellt, daß Carbolineum nicht im Innern von Gewächshäusern in zu großen Mengen verwandt werden darf, ebenso mäßen Mistbeetkasten im Innern gestrichen lange Zeit im Freien und offen abgedünstet haben, soll nicht die Verdunstung bei Abschluß der Luft zu einem Kränkeln und Absterben vieler zarten Pflänzchen führen. Nichtsdestoweniger empfiehlt es sich sehr, die Mistbeetkasten außen tüchtig zu streichen, die Belegbretter, Schattendecken rc. damit zu konservieren und unter ganz allmähliger Anwendung bei ungehindertem Luftzutritt auch das Innere der Gewächshäuser zu schützen. Es ist ja sehr einfach, wenn die zu Neueinrichtungen bestimmte Teile lange vorher karboliniert, gründlich im Freien ausgedünstet und dann erst eingebaut werden. Es würden in diesem Falle nur die Stöße nachzu- streichcn sein und diese kleinen Flächen keine schädliche Ausdünstung bringen. Aber Baumstützen, Blumenstützen, Spaliere, Zäune und Bretterwände sollten alle tüchtig bearbeitet werden, hier nutzt es absolut und schadet gar nichts.
(Wie Fürst Bismarck seine Wette der- lor,) als er sich vom Freihandel zum Schutzzoll bekehrte, ist schon vor längerer Zeit mitgeteilt. Heute berichtet nun die „Patrie" im Anschluß an jene Anekdote von der Art, wie Fürst Bismarck sich seinem Gegner, dem bekannten Industriellen Pouyer-Quertier, freimütig als besiegt meldete. In jener Zeit, da der Kanzler im Deutschen Reichstage mit allem Nachdruck eine Politik des Schutzzolles vertrat, übermittelte er dem damaligen französischen Botschafter, Herrn v. Saint-Vallier, in einem Couvert fein eingepackt die stenographischen Berichte über die von ihm im Reichstage gehaltenen schutzzöllnerischen Reden, mit der Bitte, sie an Herrn Pouyer- Quertier weiter zu befördern. Der Botschafter kam diesem Wunsche natürlich vorzüglich nach und der französische Großindustrielle erhielt sein Paket. Er öffnete es, fand die Reden des Fürsten Bismarck und außerdem eine Karte mit den von der Hand des eisernen Kanzlers geschriebenen Worten: „Es ist besser zu leben, als zu sterben, besser seine Jrrtümer einzugestehen, als sich in dieselben zu verrennen.
Bism arck, S chutzzöllner."
Trost-Verslein
für einen Abgebrannten.
Ich habe keinen Heller Geld In meinem Portemonnaie:
Doch wenn in ein Schaufenster ich 'ner Lederhandlung seh',
Wo Portemonnaies in Menge sind, Denk' ich in meinem Sinn:
In diesen allen ist ja auch — —
Kein einz'ger Heller drin!
(Aus der Prüfung einer landwirtschaftlichen Schule.) Frage: Welches ist die richtige Zeit zum Pflücken der Aepfel? Antwort: Wenn der Bauer fortgegangen und der große Hund nicht im Garten ist.
Geldkurs der K. Staatskaffenverwallung
vom 1. April 1885.
20-Frankenstücke: . . . 16 ^ 12 ^
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.
Mt einer Netrage.